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Griechischer Wein von Mozart

Der Veranstaltungsort war gut gewählt, denn ist die Talsohle einmal erreicht, reichen auch flache Witzchen um ein herausragendes Ergebnis zu erzielen. Schon mit dem ersten Spruch ("Es geht bergab: Jetzt spiele ich schon in der Talstraße") brachte Kabarettist André Hartmann das Windhoeker Publikum zum Lachen - nein, Brüllen oder Wiehern wären wohl die passenderen Ausdrücke - und erkannte selbst erstaunt: "Sie sind ja schnell zu beeindrucken."

Der Komiker vom Starnberger See ("Ich hab mir sagen lassen, hier nennt man das Norddeutschland!") war in Namibia mit seinem Kabarett-Programm "Neid of the Proms" zu Gast, mit dem er Prominente von gestern und heute auf die Schippe nahm. Als Stimmimitator mimte er Boris Becker und Udo Lindenberg, Nena und Inge Meysel, Helge Schneider und immer wieder Altbundeskanzler Gerhard Schröder. Mit kerniger Stimme knurrte er dessen typische Lache ins Mikrofon - nur fragte man sich zuweilen, wer knapp drei Jahre nach Ende von Schröders Amtszeit wirklich noch eine Schröderparodie hören will, zumal die zahlreichen Gerd-Shows deutscher Radiosender zu Hochzeiten der rotgrünen Amtsperiode den Kanzler um einiges lebensechter darzustellen wussten als Hartmann.

Das namibische Publikum schien indes - von weiteren Schröder-Imitationen bislang offenbar verschont geblieben - hoch beeindruckt von den Hochdeutsch-Künsten des Bayern und klatschte auch bei Angela-Angola-Wortspielen oder dem xten Witz über das Pferdegebiss von Frau Schröder-Köpf. Wortspiele waren generell eher Hartmanns Stärke, als intelligente oder bissige Satire. So war der hartmannsche Schröder "mit Clinton putzen" oder verkaufte als "Gas-Arbeiter" in Russland "Gerd-Gas". Am überzeugendsten aber war wohl der Auftakt der Altkanzler-Parodie: Mit den Worten "Hallo liebes Ex-Volk" begrüßte Hartmann die anwesenden Südwestler und erntete verdienterweise wogende Lachsalven als Antwort.

Urteilten bundesdeutsche Medien in der jüngeren Vergangenheit zuweilen scharf über das eher maue komödiantische Talent Hartmanns ("abgenudelt", "unsägliche Peinlichkeiten"), profitierte der Comedian in Namibia vom profunden Schlager-Wissen seiner Gäste und davon, dass qualitativ höherwertige Kabarettisten wohl noch nicht häufig den Weg ins südliche Afrika gefunden haben. Denn wer einmal Helge Schneider live erlebt hat, konnte über Hartmanns albern-näselnde Schneider-Darstellung beim besten Willen nicht mehr lachen.

Wirklich gut aber präsentierte sich der Gast aus Bayern, der an der Hochschule für Musik und Theater in München studierte und als Pianist bereits auf allen sechs Kontinenten gespielt hat, am Klavier. Nicht nur, dass er seinem Publikum jeden reingerufenen Liedwunsch erfüllen und kompetent umsetzen konnte. Er zeigte auch ein enormes Improvisationstalent. Herausragend war seine Suche nach dem "wahren Komponisten" von Udo Jürgens' Hit "Griechischer Wein": Meisterhaft variierte er den bekannten Schlager auf absonderlichste Weise und gab auf Zuruf mal eine mozartsche Version mit Alberti-Bässen, dann wieder eine Cembalo-Variante á la Bach oder melodisch-blubbernden Chopin. So konnte man gegen Ende seines Auftritts tatsächlich noch staunen über das Geschick Hartmanns, verschiedenste Epochen und Genres miteinander zu fusionieren, wie er selbst es ausdrückte. Da ging auf einmal Louis Armstrongs "What a Wonderful World" eine beachtliche Symbiose mit Beethovens "Mondscheinsonate" und Elementen der neunten und fünften Symphonie ein.

Dank dieser bewundernswerten musikalischen Improvisationsgabe verzieh man es Hartmann auch, dass sein Boris Becker außer dem permanenten "äh"- und "öh"-Gestammel stimmlich wenig mit dem Ex-Tennisstar gemein hatte und dass sein Frank Sinatra-Cover auf Oshivambo mit albernem Geschnalze vielleicht noch als Damara hätte durchgehen können, mit Oshivambo aber in etwa so viel gemein hatte wie Französisch mit Chinesisch. Seine "griechische" Version vom Schlager "Aber bitte mit Sahne" war da schon charmanter dargeboten - linguistisch sicherlich ebenfalls streitbar, dafür aber mit einem wirklich komischen "Tzatziki" an der Stelle, an die Udo Jürgens Sahne gesprüht hätte.

So schien das Windhoeker Publikum (ebenso wie das Swakopmunder, das begeisterte Kommentare in Hartmanns Online-Gästebuch hinterließ) den Abend mit dem bayerischen Gast wahrhaft zu genießen. "Über dem Volke muss ein Schatten von Schlagertum sein", reimte Hartmann auf die Melodie von Reinhard Mey's "Über den Wolken" und brachte damit die Stimmung im Saal gekonnt auf den Punkt. Am Ende konnte er sich vor Zugabe ("Mugabe!")-Rufen kaum noch retten, was zeigte wie ausgehungert die Namibier auf deutsches Bühnenprogramm warten.

Man dankt dem jungen Bayer dafür, dass er für einige Abende zu amüsieren wusste und hofft im Stillen, dass eines Tages vielleicht jemand vom Schlage eines Helge Schneider oder Hape Kerkelings nach Namibia kommen und zeigen möge, dass Bundesdeutsche entgegen ihrem Ruf tatsächlich auch lustig sein können. Und wer wirklich eine weitere Schröder-Parodie hören will, der möge doch bitte Elmar Brandt einladen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-26

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