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Großer Machtkampf um namibische Diamanten zeichnet sich ab

Namibia könnte in den kommenden Monaten und Jahren zu einem der wichtigsten Schauplätze eines Machtkampfes zwischen zwei Diamantgesellschaften, die zu den Größten der Welt gehören, werden.

Die beiden Antagonisten in diesem Machtkampf sind der weltgrößte Diamantproduzent De Beers, mit dem die Regierung das 50/50 Partnerschaftsunternehmen Namdeb teilt, und die aufstrebende israelische Leviev-Gruppe.


Namdeb ist auch der größte Diamantproduzent in Namibia und genießt durch seine De Beers-Beteiligung Rückendeckung des englisch/südafrikanischen Bergbaugiganten Anglo American. Die israelische Leviev Gruppe ist eines der größten Diamanten-Verarbeitungsunternehmen (Schleifen und Polieren) der Welt. Sie hat auch ein festes Standbein im Diamantverkauf.


Zwischen diesem Newcomer und dem Veteranen De Beers, seit 1920 die unangefochtenen Nummer Eins in der hiesigen Diamantindustrie, bahnt sich nun ein Konkurrenzkampf internationalen Formats an, prognostiziert das Windhoeker Institute for Public Policy Research in einer gestern vorgestellten Publikation zur namibischen Diamantindustrie. Die Regierung werde dabei zwangsläufig zwischen die Fronten geraten.


Die Leviev-Gruppe engagierte sich erstmals in Namibia im Jahr 2001 mit der Übernahme der Mehrheitsbeteiligung der inzwischen liquidierten Namibia Minerals Corporation (Namco). Allerdings reichte auch eine Finanzspritze in Höhe von 30 Millionen US-Dollar nicht mehr aus, den durch eine Liquiditätskrise ausgelösten Niedergang von Namco zu stoppen. Inzwischen hat die Leviev-Gruppe sich in Form der Sakawe Mining Corporation (Samicor) in Namibia neu positioniert. Samicor hat einige Offshore-Konzessionen sowie zwei Minenschiffe von Namco übernommen und will sich auf den Offshore-Abbau von Diamanten, ein Präzedenzfall für die Leviev-Gruppe, sowie die Verarbeitung von Rohdiamanten in Namibia konzentrieren. Um Letzteres zu realisieren, soll in Windhoek eine Schleiferei entstehen, in der 500 Menschen beschäftigt werden. "Die Frage ist, wie diese Schleiferei ausgelastet werden soll. Um 500 Leute zu beschäftigen, müssen mindestens zwei Millionen Karat Rohdiamanten pro Jahr geliefert werden. Das ist mit zwei Minenschiffen unmöglich", so Robin Sherbourne vom IPPR. "Angesichts der Tatsache, dass von insgesamt sechs Schleifereien in Namibia nachweislich nur die Namdeb-Tochtergesellschaft Namgem in Okahandja Profite abwirft, bleibt die Frage offen, was Leviev mit einer weiteren Schleiferei bezweckt."


Das IPPR spekuliert unter anderem, dass Levievs neues Engagement in Namibia darauf ausgerichtet ist, die weitgehende De Beers-Monopolisierung des hiesigen Marktes, der über die qualitativ hochwertigsten Diamanten der Welt verfügt, zu brechen. Dazu müsste jedoch die Regierung ihre bis dato erfolgreiche Partnerschaft mit De Beers einer Belastungsprobe unterziehen. Beispielsweise durch die Durchsetzung einer Klausel im Diamantgesetz von 1999, nach der Minen-Gesellschaften dazu gezwungen werde können, einen festen Teil ihrer Produktion an Schleifereien innerhalb der Landesgrenzen zu verkaufen, gegebenenfalls auch an die Konkurrenz. Solch eine Aktion würde beim bislang verlässlichsten und stärksten Partner der Regierung in der Diamantindustrie schlecht ankommen. So produzierte Namdeb im Jahr 2002 82 Prozent aller Rohdiamanten in Namibia (1,55 Millionen Karat). Diese Diamanten wurden exklusiv an die in London ansässige De Beers-Verkaufsstelle Diamond Trading Corporation (DTC) verkauft - was Namdeb zwar fette Gewinne, hiesigen Schleifereien jedoch einen chronischen Versorgungs-Engpass, besorgt hat.


"Die Regierung hat versucht, mehr Außenseiter zu involvieren, aber oftmals, wie im Fall von Namco, schlechte Erfahrungen damit gemacht", so Sherbourne. Für eine weitere Stärkung des Gemeinschaftsunternehmens Namdeb spreche zudem, dass der Export von Rohdiamanten, beispielsweise an die DTC, dem Fiskus höhere Steuereinnahmen bringt als die Ausfuhr geschliffener Steine. Namdeb ist derzeit obendrein der größte Steuerzahler Namibias. Auch die vertraulich gehaltene Gewinnbeteiligung der Regierung an den Geschäften von Namdeb spricht nach Ansicht der Analysten des IPPR dafür, dass De Beers einen weiteren Trumpf in der Hand hält, der schon im nächsten Jahr, wenn das Gewinnbeteiligungs-Abkommen neu ausgehandelt werden muss, ausgespielt werden könnte.


Die Stärke der Leviev-Gruppe, die bislang unter anderem angolanische Diamanten exklusiv vermarktet hat und weltweit Schleifereien besitzt, ist nach Einschätzung des IPPR vor allem die Unternehmensstruktur. "Die Leviev-Gruppe ist ein vertikal integriertes Unternehmen, das besonders in der Verarbeitung und dem Verkauf von Diamanten unabhängig von De Beers agieren kann. Allem Anschein nach will sie sich nun auch stärker in der Diamantproduktion, dem Kerngeschäft von De Beers, involvieren. Diese Offensive wird durch Samicor in Namibia gestartet", so Martin Boer, Analyst beim IPPR. Samicor will nach einem Jahr Explorationsarbeiten vor der Südküste Namibias möglicherweise schon im März 2004 mit der Diamantproduktion beginnen. Das Unternehmen, eine Tochtergesellschaft der in Rotterdam registrierten Leviev-Firma LL Mining Corporation, will 25 Prozent seines Aktienkapitals der Regierung, Angestellten und "Black Empowerment"-Gruppen zur Verfügung stellen.


"Ob dies reicht, sich als Newcomer durchzusetzen und die Partnerschaft zwischen De Beers und der Regierung zu lockern, wird sich zeigen. Es ist jedoch auch durchaus denkbar, dass die Regierung sich an einem zweiten großen Diamant-Unternehmen beteiligen wird und beide Firmen nebeneinander koexistieren müssen", sind sich die Analysten einig.


Der Beitrag der Diamantproduktion zum Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2002 war 2,99 Milliarden Namibia-Dollar (oder 9,8 Prozent des BIP). Das IPPR geht davon aus, dass Offshore-Produktion und verstärkte Verarbeitung von Rohdiamanten innerhalb der Landesgrenzen der Industrie, als Rückgrat der Wirtschaft, weiteren Glanz verleihen werden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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