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„Gupta Leaks“ könnten zu Zumas unüberwindbaren Hürde werden
„Gupta Leaks“ könnten zu Zumas unüberwindbaren Hürde werden

„Gupta Leaks“ könnten zu Zumas unüberwindbaren Hürde werden

Frank Steffen
Bisher erwies sich das südafrikanische Staatsoberhaupt, Jacob Zuma, immer wieder als Steh-auf-Männchen, egal welcher Art der Korruption er bezichtigt wurde. Die derzeitigen Vorwürfe, die sich auf tausende veröffentlichte E-Mails stützen, scheinen nun allerdings das Maß überschritten zu haben.

Korruption gehört in Südafrika inzwischen zum Alltag. Und doch erschüttern die Nachrichten, die derzeit an die Öffentlichkeit gelangen, das Land. Die indisch-stämmige Familie Gupta pflegt ein seit Jahren enges Verhältnis zu Staatschef Jacob Zuma und dessen weitverzweigter Verwandtschaft - und das beschert ihr nicht nur lukrative Staatsaufträge, sondern auch enormen Einfluss auf staatliche Institutionen.

Das zeigen zehntausende E-Mails, die kürzlich an die Öffentlichkeit gelangt und als „Gupta Leaks“ bekannt geworden sind. Der Staat am Kap ist im Griff einer schamlosen Elite.

Auch der deutsche Softwarehersteller SAP hat dazu womöglich einen Teil beigetragen: Er soll sich nach einem Medienbericht mit Hilfe der politisch bestens vernetzten Familie Aufträge des staatlichen Transportkonzern Transnet und anderer staatlicher Firmen verschafft haben. Das schreibt die investigative Journalistengruppe Ama Bhungane („die Mistkäfer“). Demnach zahlte der Dax-Konzern einer Firma, die mit der Familie in Verbindung steht, eine ungewöhnlich hohe Vermittlungsgebühr. Dies deute darauf hin, dass er den Einfluss der Guptas nutzen wollte, so die Autoren.

SAP hat nach eigenen Angaben inzwischen eine unabhängige Rechtsanwaltskanzlei mit der Untersuchung der Geschäftspraktiken beauftragt und vier Mitglieder des Führungsteams in Südafrika vorläufig beurlaubt. Zudem läuft eine interne Überprüfung. Die Firma selbst nehme die Vorwürfe sehr ernst, sagte SAP-Vorstand Adaire Fox-Martin. Bei Verstößen gegen gute Unternehmensführung gelte „null Toleranz“.

Dem Bericht der Journalistengruppe zufolge vereinbarte SAP im August 2015 einen Vertrag mit der kleinen Firma CAD House, die einem Sohn von Präsident Jacob Zuma gehört und eng mit den Guptas verbunden ist. Sie sollte eine zehnprozentige Kommission erhalten, wenn der Softwarekonzern einen lukrativen Vertrag beim Transportriesen Transnet landet. Tatsächlich bekam SAP einen Auftrag in Höhe von einer Milliarde Rand, gut 66 Millionen Euro. Die Journalistengruppe wirft dem Konzern deshalb vor, sich mit einer deutlich überhöhten Provision den Einfluss der Familie erkauft zu haben. Auch sei ein beträchtlicher Teil der Provision innerhalb weniger Tage an Firmen des Gupta-Konzerns weitergeleitet worden.

Der Fall könnte für SAP über Südafrika hinaus Folgen haben: Der deutsche Konzern ist nicht nur in Frankfurt, sondern auch in New York gelistet und muss somit die Regelungen der dortigen Börsenaufsicht einhalten - diese bestraft auch Korruption außerhalb der USA. Erst im vergangenen Jahr zahlte der Softwarehersteller wegen eines Verstoßes gegen Korruptionsregeln bei einem Geschäft in Panama 3,9 Millionen Dollar.

Eigentlich hätte SAP durch eine Reihe ähnlich gelagerter Korruptionsfälle in der Vergangenheit gewarnt sein müssen. So hatte eine Tochter des japanischen Maschinenbaukonzerns Hitachi vor einigen Jahren eine Million Dollar an die Investmentsparte des in Südafrika regierenden ANC als eine Art „Erfolgsgebühr“ überwiesen, um den Zuschlag für Heizkessel in einem Kraftwerk zu erhalten. Später wurde das Unternehmen für diesen Bestechungsversuch in den USA zu einer Strafe von 19 Millionen Dollar verurteilt.

Auch die amerikanische Unternehmensberatung McKinsey war kürzlich beim Betrug in Südafrika ertappt worden, reagierte aber auf die Vorwürfe sofort mit einer internen Untersuchung. Das Muster war ganz ähnlich wie jetzt angeblich bei SAP: Durch die Zusammenarbeit mit der Gupta-nahen Firma Trillian sicherte sich McKinsey lukrative Beraterverträge bei den vielen angeschlagenen Staatsfirmen am Kap.

Fast jeden Tag kommt am Kap derzeit solcher Dreck neu ans Tageslicht. Präsident Zuma sei im Zusammenspiel mit den Guptas dabei, sämtliche von Nelson Mandela erkämpften Errungenschaften wie die Versöhnung zwischen Schwarz und Weiß oder den Respekt vor der vorbildlichen Verfassung des Landes in Rekordzeit zu ruinieren, schimpft der Johannesburger Kolumnist Justice Malala.

Die Folge der chaotischen Politik ist ein Aufflammen neuer Spannungen zwischen Schwarz und Weiß und gleichzeitig eine Wirtschaft, die sich seit der von Südafrika ausgerichteten Fußball WM im Jahr 2010 in einem steten Sinkflug befindet. Kein Wunder, dass das Vertrauen der Geschäftswelt inzwischen auf seinen tiefsten Stand seit dem Ende der Apartheid vor über 20 Jahren gefallen ist.

Dass Zuma trotz immer neuer, zum Teil ungeheuerlicher Vorwürfe, weiter im Amt ist, liegt an seiner geschickten Klientelpolitik und einer offenbar handlungsunfähigen Regierungspartei. Unter ihm ist Südafrikas zu einem gigantischen Selbstbedienungsladen des regierenden ANC geworden. Nicht einmal der Ausbau von Zumas Privatresidenz zum Palast in dem Zuludorf Nkandla, der fast 250 Mill. Rand (damals fast 20 Mio. Euro) verschlang, brachte den Staatschef ins Wanken.

Doch mit den Gupta Leaks scheint der Wind zu drehen: Erst zur Wochenmitte hatte Vizepräsident Cyril Ramaphosa, Zumas Gegenspieler im Kampf um dessen Nachfolge, sich öffentlich distanziert. Er wolle nicht länger schweigen, sondern darauf drängen, dass die vorgebrachen Vorwürfe untersucht würden - zumal die Beweislage eindeutig erscheine. Sollte Ramaphosa seine Drohung diesmal wahr machen, könnten nicht nur die Tage des Präsidenten, sondern auch die der Guptas womöglich gezählt sein.

Wolfgang Drechsler, Kapstadt

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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