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"Gute Freunde sind nie allein" - WM-Notizen vorm Finale

Das Lied, mit dem es Franz Beckenbauer in einem einmaligen Versuch, eine Schlagerkarriere zu starten, im Jahr 1966 immerhin auf Platz 31 der Charts brachte, könnte der Leitfaden der deutschen Elf bei dieser WM gewesen sein. Die Deutschen standen als geschlossenes Team auf dem Feld, jeder bereit, für den anderen einzuspringen. Was in den ersten K.o.-Runden gegen England und Argentinien zu einem Torreigen führte, kam jedoch am Mittwochabend gegen Spanien nicht in Gang und führte zum Ausscheiden von Jogis Jungs.

Fanpark Grand Parade, Kapstadt, 19 Uhr: Die Schlangen an den Eingängen halten sich noch in Grenzen. Wir sind auf Nummer sicher gegangen und haben online Karten für die Tribüne gekauft. 250 Rand für einen gesicherten Tribünenplatz und Essens- und Getränkegutscheine im Wert von um die 100 Rand. Nicht billig aber bequem, weil man nicht anstehen muss und sowohl sitzen als auch sehen kann. Die Verkaufsstände haben merklich abgespeckt, mit dem Verbleib der letzten Teams leuchten die noch zu erstehenden Flaggen, Schals und Vuvuzelas in den Farben der Abendsonne: Orange, rot, gelb mit einem Schatten von schwarz. Am nächsten Tag wird auch der Schatten verschwunden sein.

Auf den ersten 20 Metern vor der Bühne mit der Leinwand drängen sich bereits deutsche und spanische Fans. Die Tribünen sind noch so gut wie leer. Der Aufbau des Fanparks erinnert ein bisschen an die üblichen Veranstaltungen in und um Kapstadt. Vielleicht liegt es an den weißen Zelten, die übers Jahr ihre Kreise um Kapstadt ziehen, ob Pferderennen, Käse, Wein- oder Food-Festival. Das Essenangebot ist dementsprechend: Fisch, French Fries, Hot Dog, Boerewurst-Brötchen, Burger, Samoosas - eben das Übliche. Der Fisch ist ein Reinfall, das Hot Dog auch, aber egal, die Unterhaltungen mit anderen Fans in der Schlange machen es wett und die mit Kapstadt- und Fußballmotiven bedruckten Plastikbecher geben ein gutes Souvenir. Zwei Frauen hinter uns, in Spanien-Flaggen gehüllt sowie mit Südafrika-Mützen und -Schals ausgestattet, sind extra aus Hermanus angereist.
Wie schon beim Halbfinale der Niederländer gegen Uruguay am Tag zuvor ist auffällig, dass es weniger Touristen werden und die Masse der in entsprechenden Farben gekleideten Fans aus Südafrika zu kommen scheint. Dass sich die Kapstädter ohnehin gerne verkleiden, ob für Privatpartys, Mottopartys in Clubs oder besagte exklusive Pferderennen, fiel besonders auf, als Holland spielte. Inspiriert von den Fans der Oranje beim Gruppenspiel in Kapstadt vor zwei Wochen hatten sich die Südafrikaner ganz orange in Schale geworfen, angereichert mit blonden Zöpfen, Holzschuhen, Flaggen oder Mützen in blau-weiss-rot. "Mein Herz schlägt für Bafana Bafana, mein Kopf sagt Deutschland aber mein Körper sagt Holland!" strahlte ein Kapstädter mit leuchtend orangenem Gesicht.

Dass es weniger ausländische Besucher sind, die in Fanmontur kommen, als noch bei den Gruppenspielen, ist auch daran erkennbar, dass kaum jemand die Nationalhymnen mitsingen kann. Zugegeben, selbst wenn man Melodie und Text kennt, ist das Mitsingen schwer, denn die Verzögerung zwischen Ton und Bild bei der Übertragung macht einen einheitlichen Gesang unmöglich. Die Fans aus Uruguay - oder war es Argentinien? Auf jeden Fall eines der südamerikanischen Teams in Blau - haben es sich da leichter gemacht: Die haben auf ihre Melodie einfach nur laut "aaaaaahlalalalalaaaaa" gesungen und im Takt ihre Fahnen und Schals in die Luft gestreckt. Das hat sich richtig gut angehört, aber genützt hat es ihnen nichts.

Im Gegensatz zum Dienstagsspiel im Geenpoint-Stadion, wo es uns zur Abwechslung mal egal war, wer gewinnt, ist der Mittwochabend im Fanpark angespannt. Wir versuchen es mit Singen und Tanzen, aber die Stimmung auf der Tribüne will, ähnlich der deutschen Nationalelf, nicht so richtig in Gang kommen. In der zweiten Halbzeit fällt das Gegentor und am Schluss hat sich Paul, der Oktopus aus Oberhausen, leider wieder nicht getäuscht.

Die Spanier tanzen auf der Grand Parade vor Kapstadts historischem Rathaus mit dem Balkon, von dem Nelson Mandela nach seiner Entlassung vor der wohl größten Menschenmasse, die die Grand Parade bis heute gesehen hat, seine Ansprache gehalten hat. An diesem Abend stehen Polizisten auf dem Balkon, um den Überblick zu behalten oder gute Sicht auf die Leinwand zu haben.

Enttäuschung auf den Gesichtern der Fans in Schwarz-rot-gold. Und was die deutsche Nationalelf angeht: Hoffen wir, dass sich Jogi Löw und sein Team auch an die zweite Strophe von Beckenbauers Schlager aus den 60rn hält: "Lass doch die andern reden, was kann uns schon geschehn? Wir werden heut und morgen nicht auseinander geh'n."

Angela Naumann, Kapstadt

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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