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Hannes Smith war totaler Pressemensch

Mit dem Abtritt von der Lebensbühne am frühen Dienstagmorgen, 5. August 2008, hat Hannes Smith (Smittie), 75, ein Kapitel der Pressegeschichte Namibias abgeschlossen. Sein Hauptlebenswerk, die wöchentliche Ausgabe des häufig umstrittenen, mindestens einmal von der südafrikanischen Verwaltung vor 1990 verbotenen, Windhoek Observer, ist während der letzten Monate in die Hände seiner Tochter Janna übergegangen und dürfte fortbestehen.

Hannes Smith selbst hat ein zweimaliges Zeitungssterben sowie einen Autounfall überlebt. Im Dezember 1996 ist er mit Schrammen aus seinem schwer beschädigten Personenwagen herausgekrochen, der sich mehrere Male überschlagen hatte. Durch Armut geprägtSeine Berufslaufbahn begann in den fünfziger Jahren in Windhoek als Eisenbahnarbeiter und Dieselmechaniker, aber er sattelte um und stieg als Reporter bei der oppositionellen Zeitung Die Suidwes-Afrikaner ein, wo er zuletzt auch unter dem bekannten Redakteur Josias, eher bekannt als Angel, Engelbrecht diente, der ihn "Jakkals" (Schakal) nannte. Die Suidwes-Afrikaner war ein Organ der oppositionellen Vereinigten Partei unter den Weißen und stand somit dem Hausblatt der Nationalen Partei (NP), dem Suidwester, gegenüber. Smith wusste um die Bedeutung des Englischen als Sprache politischer Emanzipation und als internationales Medium. Als gebürtiger Bure in einem südwestafrikanischen Bezirk, wo man in seiner Kindheit nur Afrikaans, etwas Deutsch sowie Otjiherero und Khoekhoegowab hörte, bemühte er sich ohne weitere formale Bildung um die Fremdsprache, mit der er als Reporter und Redakteur des Windhoek Advertiser und des Windhoek Observer sein Leben lang sein Brot verdienen sollte.

1933 wurde Smittie in eine arme Familie repatriierter Angolaburen im Bezirk Grootfontein hineingeboren, die Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts von der damaligen Unionsregierung von Südafrika bei Grootfontein, Outjo und Gobabis angesiedelt wurden, nachdem sie 50 Jahre in dem Nachbarland gelebt hatten. Hannes Smiths leidenschaftliche Kritik an der Verschwendung von Staatsgeldern und am Missbrauch von Staatseigentum sowie seine explizite Ablehnung der häufig maßlosen Anspruchshaltung neureicher Eliten, ganz gleich ob es sich um politisch Begünstigte des Apartheid- oder des SWAPO-Regimes handelte, hatte stets einen impliziten Bezug auf seine Kindheit in Armut.

Smith hat sich keinem herkömmlichen Medienraster zuordnen lassen. Dennoch hat er hat die Essenz des Pressewesens, samt Sensationsmeldungen, mit kontinuierlicher Schärfe bis ins Extreme verfolgt und dabei die Grenzen der Ästhetik und der Medienethik auf eine Weise strapaziert, dass er mitunter Leser vergrämt und verloren, aber stets auch Neue hinzugewonnen hat. Seine Überzeugung und seinen Stil hat er bis ins Gericht verfolgt und notfalls verteidigt und hinter Gittern durchgestanden. Kriminalität, Sex, Eheskandale, Gerichtsentscheide, mancherlei Nachrichtenleck, das die politische Führung immer wieder in Verlegenheit gebracht hat, sowie ständiges Mahnen gegen die schamlose Verschwendung öffentlicher Mittel und der chronische Hang zur Selbstbereicherung der Eliten gehörten unter seiner Regie zum kontinuierlichen Hauptmenü des Windhoek Advertiser und des Windhoek Observer. Die Zeitung und die Inhalte, die er herausgab und als Redakteur gestaltete, waren stets unverwechselbar von seiner Person, seinen Vorzügen und Abneigungen geprägt, leidenschaftlich und häufig emotional.

Mit Freude am Voyeurismus hat Smith Apartheidtabus durchbrochen, indem er bar- und vollbusige weiße Frauen auf der Rückseite des Windhoek Observer veröffentlichte und die Kritik von Kirchen und Politikern mit dem Hinweis auf ihre Heuchelei abwehrte, dass sie einheimische barbusige schwarze Frauen für Touristen und die Öffentlichkeit auf Postkarten und Kalendern gelten ließen. Rundum die Uhr für die Zeitung daSmith hat der Medienbranche einen Arbeitseifer vorgelebt, der in der namibischen Pressegeschichte wohl einmalig bleibt. In der früheren Stübelstraße (die ehemalige "Fleet Street" von Windhoek mit den Redakteuren Kurt Dahlmann von der Allgemeinen Zeitung, Angel Engelbrecht vom Suiwes-Afrikaner und Smith vom Windhoek Advertiser - heute Werner List Straße), konnte man ihn morgens um 6 Uhr noch vor dem Berufsverkehr aus der Redaktion des Windhoek Advertiser deklamieren hören. Das Diktat sensationeller Nachrichten vermittelte er der Sekretärin stets lautstark und melodramatisch, so dass der Fußgänger, der zu der morgendlichen Stunde schon auf den Beinen war, auf der Straße stehen blieb und einen Vorgeschmack der Zeitung erhielt, die gegen 14 Uhr aus der Meinertschen Druckerei auf die Straße kam. Smitties Redaktionsfenster öffnete Parterre direkt auf den Bürgersteig. Sekretärinnen hielten es bei ihm, seinem Temperament und seinem Produktionstempo in der Regel nicht lange aus. Wenn es eine schaffte, seine Anforderungen zu erfüllen und länger zu bleiben, feierte er ihren Namen und Fleiß als Idol noch Jahre nach ihrem Abgang in seiner wöchentlichen Kolumne und Glosse, in der er auch gern über seine und die amourösen Erlebnisse anderer phantasierte und schöne Frauen verehrte.

Die Totalität der Person Hannes Smith als "chief reporter" - er zog diesen Titel der Rangbezeichnung "Redakteur" vor - hat ihn zu Lebzeiten schon zu einer exzentrischen Legende gemacht. Hannes Smith hat ein akribisches historisches Gedächtnis gepflegt und ein beispielloses Redaktionsarchiv angelegt. Bewusst oder unbewusst hat er auf diese Weise vorgebaut, so dass der Alzheimer-Angriff auf sein Gedächtnis und Bewusstsein sein Vermächtnis nicht mehr zunichte machen konnte. Nicht Verehrung und ruhmreiche Nachrede aus dem Mediensektor sind im Sinne von Hannes Smith. Sein Vermächtnis liegt viel eher im Ansporn zur furchtlosen Reportage, zur ehrgeizigen Unabhängigkeit der Medien und in der schonungslosen Kritik an den Miss-Ständen von Staat und Gesellschaft.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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