Herbe Schönheiten zwischen Lagen gruseliger Erinnerung
Bis Samstag, 23. August, ist in der Windhoeker Nationalgalerie noch die ansprechende multimediale Ausstellung - Kunstfotografie, Video-Film und „Alt-Südwester Wohnzimmer“ - der gebürtigen Namibierin Nicola Brandt zu sehen. Obwohl die Eröffnung von Prof. Peter Katjavivi, MP und Historiker, durchgeführt wurde und sich auch der politische Analytiker Prof. André du Pisanie dazu öffentlich geäußert hat, findet die Ausstellung erst kurz vor ihrem Ende die öffentliche Beachtung, die sie verdient.
Der vielschichtige Gegenstand schroffer, strukturreicher, weiträumiger Wüstenlandschaften um Swakopmund und Lüderitzbucht, meisterhaft von der Künstlerin teils in Triptychon-Anordnung eingefangen, erhält einen historischen und zeitgenössishcne Link und Fokus mit der einsam reflektierenden Gestalt einer Hererofrau im traditionellen wilhelminischen Kleid. Nicola Brandts erste Solo-Ausstellung erweitert und ergänzt auf ihre Art ein kürzlich vorgestelltes, sorgfältig zusammengestelltes erzählendes Filmdokument von Richard Pakleppa „Paths to Freedom“. Zeitzeugen erinnern sich darin an die Anfänge des nationalistischen Freiheitskampfes an Namibias Nordgrenze 1966.
Bei Nicola Brandt sind es verwehte Gräber des Kolonialkrieges 1904 - 1908 und Erinnerung an Gefangenenlager, die in den faszinierenden Wüstenlandschaften, sorgsam nach Künstlerblick ausgewählt, Bewusstseinslagen hervorrufen. Erinnerungen, die nach wie vor je nach sprachlicher und politischer Zugehörigkeit unter Nachfahren des Krieges sehr unterschiedlich aufgearbeitet, verzerrt oder auch verdrängt werden. Brandt webt in die Fotografien und in den Film drei Frauengestalten ein: eine Hererofrau als Fotomotiv für Touristen, eine Heimkehrerin (eventuell Nicola selbst, sie lebt in London) und eine 90-jährige deutschsprachige Namibierin, die an alten Erinnerungen und Werten hängt. Und dann steht ein traditionelles, deutsch-namibisches Wohnzimmer im Raum. Alles ist miteinander verbunden und doch auf seltsame Weise getrennt. „Nicola zieht Bilder heran, die unterschiedlichen Publikumsgruppen bestimmte Signale vermitteln“, beschreibt Peter Katjavivi die Vielschichtigkeit. Nach seiner Besprechung des künstlerischen Umgangs mit der Materie (Mensch, Landschaft, Geschichte) kommt er auf den namibischen Alltag zurück: „Wenn wir die Politik nationaler Aussöhnung vertiefen wollen, müssen wir aufeinander zugehen.“ Die Künstlerin zeige persönliche Selbsterkenntnis, verstehe es, Landschaften zu lesen sowie der Vergangenheit nachzuspüren, um die Zukunft einzubinden.
An Brandt und Pakleppa zerschellt der Vorwurf, dass junge weiße Namibier „generell“ politisch desinteressiert wären und im Gegensatz zu ihren schwarzen Zeitgenossen historische Apathie zeigten. Sie agieren zwar nicht auf parteipolitischer Ebene. Dafür kennt ihr künstlerisches Engagement keine Berührungsangst mit der aufreibenden historisch-politischen Materie. Ihr Engagement zeigt ästhetische Reife und differenzierten Durchblick. Sie bringen frischen Wind, wenn auch mit begrenzter Wirkung, in die gegenwärtig verkrustete Gesellschaft, die im parteiverordneten infantilen Heroismus zu erstarren droht, dessen prominentester Ausfluss im Unabhängigkeitsdenkmal zu sehen ist. Eberhard Hofmann
Der vielschichtige Gegenstand schroffer, strukturreicher, weiträumiger Wüstenlandschaften um Swakopmund und Lüderitzbucht, meisterhaft von der Künstlerin teils in Triptychon-Anordnung eingefangen, erhält einen historischen und zeitgenössishcne Link und Fokus mit der einsam reflektierenden Gestalt einer Hererofrau im traditionellen wilhelminischen Kleid. Nicola Brandts erste Solo-Ausstellung erweitert und ergänzt auf ihre Art ein kürzlich vorgestelltes, sorgfältig zusammengestelltes erzählendes Filmdokument von Richard Pakleppa „Paths to Freedom“. Zeitzeugen erinnern sich darin an die Anfänge des nationalistischen Freiheitskampfes an Namibias Nordgrenze 1966.
Bei Nicola Brandt sind es verwehte Gräber des Kolonialkrieges 1904 - 1908 und Erinnerung an Gefangenenlager, die in den faszinierenden Wüstenlandschaften, sorgsam nach Künstlerblick ausgewählt, Bewusstseinslagen hervorrufen. Erinnerungen, die nach wie vor je nach sprachlicher und politischer Zugehörigkeit unter Nachfahren des Krieges sehr unterschiedlich aufgearbeitet, verzerrt oder auch verdrängt werden. Brandt webt in die Fotografien und in den Film drei Frauengestalten ein: eine Hererofrau als Fotomotiv für Touristen, eine Heimkehrerin (eventuell Nicola selbst, sie lebt in London) und eine 90-jährige deutschsprachige Namibierin, die an alten Erinnerungen und Werten hängt. Und dann steht ein traditionelles, deutsch-namibisches Wohnzimmer im Raum. Alles ist miteinander verbunden und doch auf seltsame Weise getrennt. „Nicola zieht Bilder heran, die unterschiedlichen Publikumsgruppen bestimmte Signale vermitteln“, beschreibt Peter Katjavivi die Vielschichtigkeit. Nach seiner Besprechung des künstlerischen Umgangs mit der Materie (Mensch, Landschaft, Geschichte) kommt er auf den namibischen Alltag zurück: „Wenn wir die Politik nationaler Aussöhnung vertiefen wollen, müssen wir aufeinander zugehen.“ Die Künstlerin zeige persönliche Selbsterkenntnis, verstehe es, Landschaften zu lesen sowie der Vergangenheit nachzuspüren, um die Zukunft einzubinden.
An Brandt und Pakleppa zerschellt der Vorwurf, dass junge weiße Namibier „generell“ politisch desinteressiert wären und im Gegensatz zu ihren schwarzen Zeitgenossen historische Apathie zeigten. Sie agieren zwar nicht auf parteipolitischer Ebene. Dafür kennt ihr künstlerisches Engagement keine Berührungsangst mit der aufreibenden historisch-politischen Materie. Ihr Engagement zeigt ästhetische Reife und differenzierten Durchblick. Sie bringen frischen Wind, wenn auch mit begrenzter Wirkung, in die gegenwärtig verkrustete Gesellschaft, die im parteiverordneten infantilen Heroismus zu erstarren droht, dessen prominentester Ausfluss im Unabhängigkeitsdenkmal zu sehen ist. Eberhard Hofmann
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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