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"Hoch"zeiten in Namibi "Ja"

Entweder: Mit Pfeil und Noch sind wir in Windhoek, aber gleich geht es mit dem Flieger los zu einer Buschmannhochzeit im Nhoma-Camp im Buschmannland. Warum haben sich diese beiden jungen Leute entschieden, so exotisch zu heiraten, im Buschmannstil, fernab jeglicher Zivilisation?

Das Pärchen hat uns auf einer Reisemesse kennen gelernt und am Namibia-Stand einen Buschmannliebespfeil und -bogen mitgenommen. "Mit der verkleinerten Version eines echten Buschmannpfeils schießt der Bräutigam der Wunschdame in den Po", erklärte ich, "und dann wird es gefährlich: Die Frau kann dann nämlich wählen, ob sie den Pfeil zurückgibt und in eine Partnerschaft einwilligt oder ihn zerbricht." "Und wenn sie ihn zerbricht?", fragte der unsicher gewordene Zukünftige? "Dann jemanden Neues beschießen oder einen Giftpfeil hinterher." Das war überzeugend und die Hochzeit im Buschmannstil wurde besiegelt, oder - im Reiseveranstalterdeutsch gesagt - gebucht.

Selbstzweifel befleißigen mich daraufhin. Haben wir diesen Gästen das richtige empfohlen oder hätten wir mit ihnen lieber nur eine einfache Magistratstrauung in Windhoek durchführen sollen? Wir wussten ja eigentlich nur sehr wenig über diese Gäste, vielleicht ist ja deren häufigster Suchbegriff im Internet "Haftpflicht"?
Trotz unserer Bedenken traten sie ihr Hochzeitsabenteuer mit viel Enthusiasmus an. In Windhoek ging es los, ein neuer Abschnitt sollte beginnen. Wir bestiegen flugs die Cessna und nach drei Stunden landeten wir auf einer Schotterpiste in der Nähe des Khaudum-Nationalparks im Nordosten Namibias. Die Buschleute bereiteten den Gästen einen klatschenden Empfang. Voran die beiden Gast-Eltern, welche die "Kinder" aus Deutschland für diese Zeremonie adoptieren sollten. Sie überreichten die selbst hergestellte Buschmannskleidung und Braut und Bräutigam wurden mit Mangetti-Nussöl und Buschmannsparfüm eingerieben. Danach wurde die symbolische Hochzeitshütte gebaut und Pfeil und Bogen schon mal am Türeingang abgelegt.

Der Magistrat aus Tsumeb erreichte mit einem von der Tsumkwe Lodge ausgeliehenen Allrad den Ort der Trauung. Es folgte eine weltliche Begrüßung mit Handschlag und Formalitäten wie Ledigkeitsbescheinigung und Reisepasskopien wurden überprüft. Eine notariell beglaubigte Einverständniserklärung der Eltern war hier nicht nötig, da beide Gäste über 21 Jahre sind.

Während der Magistrat die notwendigen Urkunden ausfüllte, zeigte ich den Gästen, wie man anhand der Narra-Melonen im Umkreis von fünf Metern Grundwasser erkennt und den Bakterien- und Mineraliengehalt ermittelt. Nachdem ich erklärt hatte, warum Wasserentkeimungstabletten gegen die Berufsehre verstoßen, feierten wir eine Trinkwasserorgie mit Narra-Melonen - Unwissenheit ist die Mutter aller Abenteuer. Anpassungsfähigkeit ist hier gefragt, nicht schnödes Versagen der Abwehrkräfte. Über die Rentner-Gespräche über Rheuma und Bandscheibenleiden, die man in Deutschland in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit hört, kann man jetzt nur geringschätzig lächeln, hat man doch gerade dem Typhus ein Schnippchen geschlagen...
"Klick Klack Schnalz Schnulzel Schnalz", sagte der Buschmann. "Hast Du schon einmal eine Antilope erlegt?" erklärte der Übersetzer. Eine kritische Situation, denn nur wenn der Bräutigam die Ernährung seiner Familie sicherstellen kann, darf er bei den Buschleuten heiraten. "Ich habe mal mit dem Auto ein Reh angefahren", rettete der Bräutigam die Situation. Das wurde so ähnlich übersetzt und akzeptiert und das ganze Dorf zog zum großen Baobab-Baum. Der Sonnenball glühte rot, genau die richtige Atmosphäre für den Trauspruch:

"Seit vielen Monden wandern Du und Ich nun gemeinsam durch die weiten Steppen und den Busch. Mit einem Traum-Tanz am Lagerfeuer haben wir das n/o'm aktiviert, um den Göttern zu gefallen.

Wir haben alles Fleisch, was ich erjagt habe, Wir haben alle Früchte und Wurzeln, die Ich gesammelt habe, zusammen gegessen.

Der Liebespfeil, den ich heute abgeschossen habe, hat getroffen.

Ich habe Dir den Pfeil zurückgegeben und damit eingewilligt.

Nach diesem Treffer und meinen Worten: !game=gao si ta gera (willst Du meine Frau werden?) war Deine Antwort: /nam si ta ge ra (Ich liebe Dich!)
Damit sind wir jetzt Buschmann- und -frau."

Das Dorf jubelte, im Hintergrund trötet ein Elefant, und man zieht sich zum Abendessen am Lagerfeuer zurück. Früchte, Butternuss, Palmherz, Mangetti-Nüsse, Termiten und "Catch of the Day" stehen in Tsama-Früchten und Leopardenschildkrötenpanzern bereit. Es kann geschmaust werden. Heute kommt die Verbuschung gerade recht.
Ohne viel Schnickschnack"Lieber Glück in der Liebe als Pech in der Ehe", sagte Gudrun mir. Sie und Jörg reizte es, ohne viele Formalitäten in Namibia heiraten zu können. Ehe-Aufgebot oder Ehefähigkeitszeugnis wird nicht verlangt, kaum Kleingedrucktes auf der Hochzeitsurkunde, keine Mindestaufenthaltszeit oder Meldepflicht in Namibia, günstige Beglaubigungen der Hochzeitsurkunde durch die deutsche Botschaft und rasches und effizientes Erstellen der Apostille durch das namibische Justizministerium innerhalb von 24 Stunden. Sie waren beide schon einmal verheiratet und hatten ihre Scheidungspapiere mit amtlichem Vermerk der Eheauflösung in englischer Übersetzung dabei.

Wir standen jetzt vor dem Magistratsgebäude in Windhoek, Stadtteil Katutura. Um ihn die Nervosität zu nehmen, erklärte ich Jörg, dass der Allradgebrauchtwagenkauf in Namibia eigentlich so ähnlich ist wie jemanden zu heiraten der geschieden ist. Man weiß nicht genau, warum der Vorbesitzer keine Freude mehr an seinem Wagen hatte, in welchem Gelände er schon mit dem Fahrzeug gewesen ist und welchen Belastungen es ausgesetzt war. War er froh, die alte Schleuder los zu sein oder hat er sich mit zwei weinenden Augen von ihr getrennt.

Das lockerte die Spannung erfolgreich auf. Der Magistrat erkannte ebenfalls die Situation und wies darauf hin, dass er nicht viel Worte über den Sinn der Ehe machen müsse, da beide ja schon einmal verheiratet waren. Die Trauungssätze wurden konzentriert verlesen, Jörg und Gudrun antworten beide mit "Yes, I do", wir Trauzeugen unterschrieben die Hochzeitsurkunden, es wurde gestempelt und damit waren Gudrun und Jörg wieder Mann und Frau.
Heiraten auf dem Sambesi"Letzte Nacht hatte er noch 39,5 Grad Fieber. Sein Körper hat sich bis zuletzt gewehrt", scherzten wir, während wir mit wehenden Haaren in Booten auf dem Sambesifluss saßen und mit Vollgas zu einer Sandbank fuhren. Der Ponton mit einer Subiya-Sänger- und Tanzgruppe folgte dichtauf. Auf der Sandbank war bereits ein Gazebo aufgebaut, denn in Namibia muss unter einem Dach getraut werden.

Der Weg zum Trauplatz war mit Bastmatten gepflastert, um bequem und sauberen Fußes in den Schatten zu gelangen. Die Kalizo Lodge hatte zahlreiche Leckereien in einem kleinen Festzelt aufgebaut und alles war bereit. Die beiden Gäste wollten am Sambesi heiraten, weil sie erfahren hatten, dass wer einmal Sambesi-Wasser trinkt, immer wieder hierher zurückkehrt. Sie lernten sich vor zwei Jahren auf einer Safari durch den Caprivizipfel kennen und lieben. "Safari" heißt ja übersetzt "Gute Reise" und dieser große Fluss war für sie Sinnbild des Lebens: Das Wasser, in das man gemeinsam hinein steigt, ist nie das gleiche wie am Tag zuvor und jeden Tag geht es gemeinsam auf zu neuen Ufern.

Eine kurze Zeremonie durch den örtlichen Pastor wurde vollzogen, die Braut musste (Mineral-)Wasser auf dem Kopf zu Ihrem Mann transportieren. Es klappte hervorragend. Der Mann musste seine Zielsicherheit bei einem Wurf mit der Harpune beweisen. Es klappte beim dritten Mal hervorragend. Für das dort einheimische Subiya-Volk waren sie damit verheiratet. Für die deutsche Bürokratie brauchte es noch einem Besuch im Magistratsamt von Katima Mulilo, dem "Platz des ausgehenden Feuers". Im Stammesland nördlich des Veterinärzaunes gelten andere Gesetze als anderswo in Namibia. Dort muss formal im Magistratsgebäude geheiratet werden. Am Abend erforschte das frisch vermählte Pärchen weiter die Caprivi-Region.
Oder: Im Sand der NamibDie ewige, zeitlose, älteste Wüste der Welt übte schon immer seinen Reiz auf romantische Hochzeitspärchen aus. Ob dort "wo der Wolf tanzt", in den roten Dünen in der Nähe des Sossusvleis, oder dort wo die "Robbenflüsterer" mit Meerestieren und Vögeln in der Lagune von Walvis Bay sprechen - hier finden die meisten Hochzeiten von Ausländern in Namibia statt.

In der Wüste ist man reduziert und konzentriert, man ahnt, dass man doch keine 73 Anzüge und 250 Paar Schuhe braucht, keine Stirnfalten von Gucci, keinen Balkangrill mit Fernbedienung und kein sehr schönes Hautpflegeset aus Rindsleder. Man stellt eher fest, dass man im Leben zwei schattige Bäume gepflanzt und schon mal die Hängematte dazwischen hingelegt haben sollte. Hier in dieser eigentlich lebensfeindlichen Umgebung wird man sich der Bedeutung dieses Augenblicks "Ja" zu sagen, "bis das der Tod uns scheidet" besonders bewusst.

Die Magistratsrichter in Walvis Bay sind immer sehr flexibel und machten bisher jede abwechslungsreiche Trauung mit. Ob auf der "Düne Sieben", im Palmengarten, am Amphitheater oder trotz Seekrankheit auf einem Katamaran in der Lagune.

Namibia ist schließlich ein Abenteuerland - und das größte Abenteuer ist die Liebe.

Carsten Möhle

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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Katima Mulilo: 20° | 36° Rundu: 20° | 37° Eenhana: 22° | 36° Oshakati: 25° | 35° Ruacana: 22° | 36° Tsumeb: 23° | 36° Otjiwarongo: 22° | 35° Omaruru: 23° | 36° Windhoek: 23° | 34° Gobabis: 23° | 35° Henties Bay: 14° | 19° Swakopmund: 14° | 16° Walvis Bay: 13° | 20° Rehoboth: 23° | 35° Mariental: 24° | 38° Keetmanshoop: 24° | 39° Aranos: 28° | 38° Lüderitz: 13° | 25° Ariamsvlei: 23° | 40° Oranjemund: 13° | 21° Luanda: 25° | 26° Gaborone: 22° | 36° Lubumbashi: 17° | 32° Mbabane: 18° | 31° Maseru: 16° | 32° Antananarivo: 17° | 31° Lilongwe: 22° | 33° Maputo: 23° | 31° Windhoek: 23° | 34° Cape Town: 17° | 27° Durban: 20° | 25° Johannesburg: 19° | 31° Dar es Salaam: 26° | 32° Lusaka: 22° | 33° Harare: 21° | 31° #REF! #REF!