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„Ich habe so weit alles richtig gemacht“

Sportredakteur
Uwe Seeler ist eine lebende Legende. Der einstige Top-Spieler des HSV blickt zufrieden auf sein Leben. Am 5. November feiert der allseits beliebte „Uns Uwe“ seinen 85. Geburtstag.

Uwe Seeler (84) ist eine der größten Fußball-Legenden und die Ikone des Hamburger SV. In seiner Karriere spielte der Mittelstürmer nur im Trikot des HSV, für den er allein in der Bundesliga 137 Tore erzielte. In der deutschen Nationalmannschaft traf der spätere DFB-Ehrenspielführer in 72 Länderspielen 54 mal. „Uns Uwe“ ist seit fast 62 Jahren mit Ilka Seeler verheiratet und lebt in Norderstedt vor den Toren Hamburgs. Am 5. November wird der in Norderstedt lebende Seeler 85 Jahre alt.

Frage: Herr Seeler, wie geht es Ihnen?
Antwort: Es könnte besser sein. Aber ich bin zufrieden. Die Ärzte haben mir einen Vortrag gehalten. Und sie haben ja recht: Ich bin natürlich verwöhnt, weil ich früher immer schnell wieder gesund und fit war, aber im 85. Lebensjahr, da dauert das alles länger, da tut man sich schon schwerer. Aber das habe ich akzeptiert. Derzeit bin ich noch etwas schwach auf den Beinen. Das kenne ich von mir gar nicht. Aber ich sage immer: Altwerden ist nichts für Feiglinge.

Frage: Wenn man über die Gesundheit spricht, ist auch Corona ein Thema. War die Corona-Zeit für Sie sehr schwierig?
Antwort: Ja, natürlich! Wir haben ja völlig abstinent gelebt, hatten kaum Besuch. Die Zeit war schon sehr lang, in der wir praktisch im Haus-Gefängnis gelebt haben. Jetzt gehen wir schon mal wieder essen mit Freunden, aber auch das noch nicht lange. Wir selbst können ja eigentlich nicht klagen: Wir haben ein recht großes Haus, können im Garten spazieren gehen, aber sonst ist es schon eine ganz schöne Zumutung, zum Beispiel für Leute mit kleinen Wohnungen.

Frage: Wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken: Würden Sie alles noch einmal genauso machen?
Antwort: Im Grunde würde ich sagen: Ich glaube, ich habe so weit alles richtig gemacht. Ich bin zufrieden und meine Familie ist es auch. Wir können mit dem zufrieden sein, was wir geschaffen haben.

Frage: Die meisten Menschen wissen, wer Sie sind, was Sie geleistet haben. Sie sind nie abgehoben. Viele Leute sagen: Uwe ist einer von uns. Haben sie recht?
Antwort: Das Schönste auf der Welt ist doch, normal zu sein. So habe ich das immer aufgefasst. Es ist für mich normal, geerdet zu sein. Außerdem komme ich aus einem Elternhaus, das dafür gesorgt hat. Vaddern hat schon aufgepasst, dass ich normal bleibe. Und ich habe das dann auch gemacht. Ich kann gar nicht verrücktspielen. Ich kann sagen: Ich bin stinknormal, und das gefällt mir.

Frage: Ihr Verein ist und bleibt der HSV. Der ist 2018 abgestiegen. Wie sehen Sie die Entwicklung nach drei verpassten Aufstiegen?
Antwort: In den ersten Jahren nach dem Abstieg ist einiges schiefgelaufen. Aber ich sehe das auch jetzt noch kritisch. Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass es in dieser Saison klappen wird. Ich lasse mich aber gerne überraschen, weil ich mir den Aufstieg wünsche. Aber das mit den Überraschungen ist so eine Sache, das dauert immer seine Zeit. Irgendwann werden sie es aber schaffen müssen, weil ich glaube, dass es sonst immer schwerer wird.

Frage: Werden Sie wieder ins Hamburger Volksparkstadion gehen?
Antwort: Natürlich. Wenn ich wieder einigermaßen fit bin, dann gehe ich auch sofort wieder ins Stadion. Das ist klar. Im Moment bin ich aber noch nicht wieder in der Verfassung, dahin zu gehen.

Frage: Was sagen Sie zum FC St. Pauli? Ist der seit Wochen auf einem Aufstiegsplatz stehende Kiezclub jetzt die Nummer eins der Stadt?
Antwort: Noch sind sie nicht aufgestiegen, das ist auch noch ein langer Weg. Aber wenn sie aufsteigen, dann sage ich: Warum nicht? Wenn sie wie zuletzt die Spiele gewinnen, dann haben sie es verdient. Und der HSV muss sehen, dass er in die Socken kommt. Und ja, die Ergebnisse zeigen es ja, momentan ist der FC St. Pauli vor dem HSV.

Frage: Wenn Sie die Zeiten vergleichen: Wären Sie lieber heute Fußballprofi, wo man ganz andere Summen als früher verdienen kann?
Antwort: Die verdienen zwar alle mehr Geld, aber ich weiß gar nicht, ob die heutige Zeit wirklich die bessere ist. Vieles hat sich verändert: Früher hatte die Familie ein Auto, heute hat in einer fünfköpfigen Familie jeder eins. Zum Fußball: Ich will die Summen, die heute gezahlt werden, gar nicht kritisieren. Aber die Profis dürfen es nicht übertreiben, das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen. Tut es aber nicht immer, wenn man manche Ablösesumme hört. Und ich fürchte deshalb, das kann so nicht lange gut gehen.

Frage: Sie sind mehr als 60 Jahre mit Ihrer Frau Ilka verheiratet. Hat es in all den Jahren auch mal eine Krise gegeben?
Antwort: Es sind bald 62 Jahre, eine schöne Zeit. Und ich glaube, wir haben uns nur einmal richtig gestritten. Aber ich war ja auch nicht so oft zuhause, viel unterwegs. Zum Fußball kam ja noch der Beruf - da ging viel Zeit drauf. Ich bin ja im Jahr rund 70 000 bis 80 000 Kilometer gefahren mit dem Auto.

Frage: Wie werden Sie am 5. November Ihr Jubiläum verbringen?
Antwort: Wir feiern im kleinen Kreis, nur mit der Familie. Bei uns zuhause. Von morgens um 10.30 Uhr bis die Schwiegersöhne dun sind und nach Hause müssen. Aber im Ernst: Wir bleiben daheim, es gibt Roulade und Rotkohl. Und dazu Wein und Bier. Beides, nicht nur eins! Aber um die Getränke brauchen wir uns nicht zu kümmern, das machen die Schwiegersöhne, es ist alles bestellt und organisiert.

Von den dpa-Korrespondenten

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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