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In lebendiges Kulturleben investieren
In lebendiges Kulturleben investieren

In lebendiges Kulturleben investieren

Betr.: Ideen zur Zukunft des Hälbich-Gebäudes in Karibib



Da ist er wieder, dieser widerliche, gnadenlose Kapitalismus, klug versteckt unter dem schützenden Deckmantel wohlwollender Entwicklungspolitik, jedoch rücksichtslos, wenn nicht sogar brutal, getrieben von unseren Geschäftsbonzen.

Was in der Hauptstraße von Karibib und mitten auf dem Weg nach Swakopmund noch vor zwei Jahren als ein stolzer Altbau prunkte, legal versehen mit der obligatorischen Denkmalschutzplakette, erscheint nur noch als ein abgewracktes, dachloses Geisterhaus. Geduldig wartet es jetzt auf den ganz großen Regen, so dass sich das alte Lehmgemäuer möglichst rasch unter der höheren Gewalt in riesige Termitenhügel verwandeln kann, die dann auch ganz vorschriftsmäßig dem Erdboden gleichgemacht werden können, damit auf diesem wunderschönen Eckgrundstück dann ein funkelnagelneues Supermarktgebäude entstehen kann; bestimmt weit weniger ästhetisch, dafür aber neu und nur noch zweckgemäß!

Dem einfältigen Zeitgeist unserer namibischen Unternehmerkultur dürfte dieser skrupellose Unternehmergeist als brillante Lösung entsprechen, so braucht sich der Entwicklungsbonze doch nicht einmal mit den labilen Denkmalschutzbehörden zu befassen. Wer kann schon etwas gegen höhere Gewalt schützen? Immerhin, so eine Gebäuderestaurierung kann teuer werden, und so eine große Investition war dann doch nicht vorgesehen für das kleine, gottverlassene Nest. Wahrscheinlich wird hier erstmal an schnelles „Absahnen“ und überhaupt gar nicht daran gedacht, was manch Alteinwohner unseres Dorfes wohl über derart erbarmungslose Abwrackmethoden unseres wunderschönen Hälbich-Gebäudes hier denken mochte.

Es ist schon recht traurig und beschämend, wie wenig unsere sogenannte gehobene Gesellschaftsschicht unsere eigenen historischen Gebäude pflegt: Dabei sind es gerade diese Architekturstrukturen, die den Touristen hier so gefallen.

Was könnte man nicht alles Schönes anbieten in diesem stolzen Altbau! Eine Kunstgalerie zum Beispiel! Mit einem Boulevard Café oder Restaurant gleich nebenan, und um die Ecke einen richtigen, anheimelnden Tante-Emma-Laden! Alles so richtig gemütlich und einladend zum Klönen und Verweilen! Ganz so wie in den guten alten Zeiten; nur die Menschen dann werden sich neu entdecken lernen können, mit zeitgenössischer Musikuntermalung und modernen Kunstwerken an den alten Wänden. Und auf dem großen Hof wäre genügend Platz für ein lebendes Museum, bestehend aus all den einheimischen Wohnkulturen, vom Kral bis hin zur Ovahimbahütte, und auch für den alten Ochsenwagen von Herrn Liedtke wäre da auch noch ein Platz! Und die Lage als einzigartige Touristenattraktion? Einfach genial! Mitten auf dem Weg nach Swakopmund und zurück nach Windhoek!

Unsere gehobene Gesellschaft ist hier einmal mehr gefordert, weniger hyperkommerziell, dafür aber mehr sozial zu denken! Und attraktive Kulturstätten im historischen Gemäuer bieten sich immer gut dafür an. Eine derartige Investition wäre nicht nur eine kulturelle Bereicherung für unsere ganze moderne Gesellschaft, sondern gleichzeitig auch eine extravagante Idee mit viel sozialem Entwicklungspotenzial, und definitiv ein „Out of the Box thinking“!, oder etwa nicht? Vielleicht träumt der eine oder andere Künstler ja auch von solch einem tollen Projekt? Man sollte sich auf jeden Fall endlich etwas mehr Gedanken zu dem Thema „Wie erhalten wir unsere Altbauten“ machen, oder schämen wir uns derer etwa? Eine neue Woermann, Brock-Filiale kann man ja auch woanders bauen, es muss dafür ganz bestimmt nicht gleich unser schönes altes Hälbich-Gebäude geopfert werden!

Dieses gierige Kapitalistengeschrei nach noch mehr Geld, noch höherer Kapitalverzinsung, noch größeren Entwicklungsfeldern für unsere Kapitalistenetage und immer neuer Konsumzwang auf Kosten des kämpfenden Mittelstandes! Es wird langsam einfach langweilig, todlangweilig! Was wir jetzt dringend brauchen ist wieder mehr soziales Engagement und richtig zünftige Kulturstätten, in denen man sich wieder gern trifft und das Besondere so richtig genießen kann! Dafür bietet sich unser Hälbich-Gebäude in Karibib doch gerade an, und nicht für ein neues hässliches Supermarktgebäude! Allerdings muss jetzt gerettet werden, was eben noch zu retten ist!

One Namibia, One Nation! Das sollte die Triebfeder hinter diesem Gedanken sein, und nicht: Wie können wir hier schnell noch richtig fett absahnen! Man muss auch mal in unser lebendiges Kulturleben gut investieren, wenn man nicht als lokaler Kapitalistenbonze angeprangert werden will! Es wird wahrlich nur sehr, sehr wenig Gutes getan, um unsere verschiedenartigen Kulturen auf einem Grundstück anzubieten, und somit auf gemeinnützige Weise zu hegen und zu pflegen, und gleichzeitig auch auf nationaler Ebene zu fördern. Es gibt sehr viel Nachholbedarf auf diesem Gebiet! Die Verwandlung unseres Hälbich-Gebäudes in ein nationales Kulturzentrum wäre ein wunderschöner Anfang. Auch so kann man Harambee motivieren. Wir ziehen alle in eine Richtung, um unsere Geschichte und Kultur zu erhalten und zu schätzen, damit auch unsere Nachwelt aktiv daran teilhaben kann. One Namibia, One Cultural Experience! Warum denn nicht?



Bianca Foelscher, Karibib

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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