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Indaba im 1820er Siedlermilieu

Frankophonie rückt voran in die Anglophonie, derweil die Lusophonie schweigt. Oder so ähnlich kannst Du das Tonbild beschreiben, das bei dem jährlichen Journalisten-Indaba in der akademischen Provinzstadt Grahamstown in der östlichen Kapprovinz aktuell zu hören ist. Es sind alles Schrift- und Netzgelehrte, Schreiberlinge der Journaille und der Presse, Radiofritzen und Schirmsurfer - getrennt oder alles auf einmal. Nichts ist mehr exklusiv. Die Produktion geht inzwischen sehr komplexe und vor allem schnelle Wege. Auf der Highway Africa dominieren unter 100 Zungen die groÃ?en Kolonialsprachen Afrikas. Die französische Botschaft von Südafrika hat die Dolmetscher bestellt und sie für die Dauer des drei Tage dauernden Hauptprogramms in die Glas- und Hardbordbox des Plenums eingesperrt. Über 700 Medienmenschen sind von der Sahara und aus anderen Wüsten, aus Regenwäldern, aus der Savanne, aus manch wackliger Demokratie und ebenso aus der stets beliebten Diktatur angereist. Eine groÃ?e Anzahl Delegierter spricht neben vier, fünf Sprachen bewusst Französisch, denn das ist seit längerem schon das zweite Konferenzmedium.

Wer unter den chronischen Afropessimisten meint, dass auf diesem Kontinent nichts klappt, der irrt. Derart viele Delegierte aus 45 Ländern des Kontinents auf krummen Umwegen herbei zu transportieren und danach wieder loszuwerden, das is mos 'ne kontinentale Leistung. Es gibt zwar über 50 Länder, aber es wäre eine Illusion, vollzählige Vertretung zu erwarten, derweil sich die arabischen Staaten trotz Ghadaffis Integrationsbemühungen auf gleichgültige Distanz halten. Die Araber halten das mos so, dass es viel leichter war, Schwarzafrikaner als Sklaven zu verhökern, als mit ihnen eine Einheit zu bilden, derweil die arabische Einheit selbst ohnehin ein flüchtiges Ideal bleibt. Also, trotz des klangvollen Namens Highway Africa ist die breite Nordflanke des Kontinents bisher in Grahamstown nicht vertreten. Das verringert aber nicht die Tagungs- und Arbeitsthemen.

Derweil einer der Gastgeber, die Südafrikanische Rundfunk- u. Fernsehanstalt (SABC), ihren hauseigenen Zoff nicht bei der Konferenz zu Schau stellen muss und lieber digitalen Vorsprung durch Technik sowie Bereitschaft für die WM 2010 anpreist, kommen gewürzte Pointen aus politischem Kontext wie von ganz allein zur Sprache. Als Beweis für die Allgegenwart des schriftlichen (SMS) und mündlichen Mobilfunks per Telefon demonstriert der aus Simbabwe ausgewichene Dozent, dass der politische Witz, der in jeder Diktatur floriert, heute noch effektiver durch Knopf und Daumendruck verbreitet wird. Inwiefern die Mitteilungen auch noch durch aktuelle Kodierung - 1 SMS 4 ju - verschlüsselt war, hat er nicht mitgeteilt:

- Etliche Simbabwer haben während der Wahlen tatsächlich geglaubt, dass es "General Elections" waren, denn "Mugabe's Generals" hatten die Kontrolle.
- "Wenn die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl bis heute Abend nicht bekannt sind, beschaffen wir sie vom Schwarzmarkt."
- Die Auszählung der Stimmen der Parlamentswahl dauert so lange, weil vorher niemand wusste, wie schwierig es ist, das Ergebnis zu türken.
Medienschaffende aus 45 Ländern auf mehreren Empfängen mit einem Bürgermeister aus Grahamstown und einem Vizeminister aus Pretoria - und dabei ertönt keine einzige Nationalhymne, nicht einmal die Afrika-Hymne, obwohl die Vielfalt eine groÃ?e Aussage des heutigen, auch digitalen, Pan-Afrikanismus ist!? Aber die "Republic of Highway Africa", so nennt der Medienprofessor Guy Berger die Veranstaltung des 21. Jahrhunderts, lebt jenseits von Pomp, aber mit gutem Buffet. Im Lande der Braven hätten wir bei gleichem Anlass mindestens 150-mal Hymnen gesungen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-04-08

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