Indiskret: Die NBC-Abschussliste
"Es ist Donnerstag, 14 Uhr, und es ist ein schöööner Tag, denn morgen beginnt das Wochenende!" Friethjof und Nicole johlen gutgelaunt ins Mikrofon. In Studio 5 der Namibian Broadcasting Corporation (NBC) beginnt gerade die Lifeübertragung des "Radio Club", der mittaglichen Jugendsendung des Deutschen Hörfunkprogramms der NBC.
Während die jugendlichen freien Mitarbeiter on Air gute Stimmung verbreiten, sind im Technikerraum nebenan eine Moderatorin und Techniker Wilson Maartens in ein tiefes Gespräch verwickelt. "Hast du die Liste gesehen?" "Ich hab sie gesehen, aber ich habe keine Kopie. Die ganzen Abteilungsleiter sind drauf, von jedem Sprachdienst. Nur unser Technikmanager nicht, weil die genau wissen, dass hier ohne ihn alles zusammenbricht", antwortet Wilson.
Die ominöse Liste ist das Gesprächsthema auf allen Fluren des Radiogebäudes der NBC in Windhoek. Am Morgen stand es in der Zeitung: 183 Mitarbeiter der NBC sind freigegeben zur "Schlachtung", darunter fast die ganze mittlere Managementebene der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt. Ihre Köpfe sollen rollen, wenn die NBC wegen akuter Finanzprobleme den Mitarbeiterstab von 475 Personen ausdünnen muss. Oder vielleicht doch nicht?
"Wir wissen gar nichts", sagt oben in den Büros des Deutschen Hörfunks Freddie Frewer, altgedienter Moderator beim staatlichen Radio. "Wir erfahren ja alles nur aus der Zeitung." Als die Liste vor einer knappen Woche zum ersten Mal in den Medien erwähnt wurde, hieß es, dass die darauf genannten Namen willkürlich seien, bloß eine Hochrechnung der potentiellen Einsparung durch Entlassungen und eine Abschätzung der Kosten ermöglichen sollten, die der Regierung für die Abfindung der Mitarbeiter entstehen würden. "Aber warum stehen dann alle Personalien in solchen Details darauf? Alle Gehälter und die Höhe der Abfindungssummen? Und vor allem: Wie konnte diese Liste in Umlauf geraten?", fragen sich Frewer und Kollegen.
Bisher hat noch kein Mitarbeiter des Deutschen Hörfunksprogramms die Liste mit eigenen Augen gesehen. Aber eins wissen die sechs festangestellten Redakteure: Ihre Chefin Almute Oehl ist auch drauf. Das haben sie heute in der Zeitung gelesen. "Ich finde es einfach unglaublich. Wie kann eine Personalleitung sich eine solche Indiskretion zu Schulden kommen lassen? Kein Mensch hat es verdient, auf diese Art abgefertigt zu werden!", schimpft Redakteurin Natascha Scheidt.
"Es wäre ein großer Verlust für uns, wenn Almute tatsächlich gehen muss. Bisher war sie immer diejenige, die noch versucht hat, uns Mut zu machen", meint eine weitere Redakteurin, während sie einen großen Stapel einseitig benutztes Papier im Drucker aufstapelt. "Übrigens: Unten in der Bibliothek ist noch eine ganze Menge Schmierpapier im Papierkorb, vielleicht könnt ihr etwas mitbringen, wenn ihr runtergeht", meint sie an ihre Kollegen gewandt. Kopierpapier gehört in den Büros der zahlungsunfähigen NBC inzwischen zur Mangelware. Gerade heute morgen hat die Sekretärin ihre letzte vorrätige Druckerpatrone in Gebrauch genommen. Nachschub gibt es keinen, das Lager ist erschöpft.
Im Büro der Leiterin des Deutschen Hörfunkprogramms ist die Stimmung den Umständen entsprechend. "Wir müssen halt die Zähne zusammenbeißen und weitermachen", sagt Almute Oehl gefasst. "Es war für mich ein ganz schöner Schock, aus der Zeitung zu erfahren, dass mein Name auf dieser Liste steht. Ich war heute morgen im Hauptbüro. Da standen die Kollegen alle in Grüppchen herum. Manche fingen an zu heulen. Wir wissen ja nicht, was an dieser Liste dran ist, aber was einem zu denken gibt, ist dass es bisher kein offizielles Dementi von Seiten des Generalintendanten gegeben hat", erzählt Oehl.
Es klopft an der Tür. Herein tritt Natascha Scheidt - sie hat eine Kopie der viel gefragten Liste in Händen. Oehl legt sie beiseite - als Abendlektüre. Jetzt muss sie zusehen, dass der Laden weiterläuft: The Show must go on.
Während die jugendlichen freien Mitarbeiter on Air gute Stimmung verbreiten, sind im Technikerraum nebenan eine Moderatorin und Techniker Wilson Maartens in ein tiefes Gespräch verwickelt. "Hast du die Liste gesehen?" "Ich hab sie gesehen, aber ich habe keine Kopie. Die ganzen Abteilungsleiter sind drauf, von jedem Sprachdienst. Nur unser Technikmanager nicht, weil die genau wissen, dass hier ohne ihn alles zusammenbricht", antwortet Wilson.
Die ominöse Liste ist das Gesprächsthema auf allen Fluren des Radiogebäudes der NBC in Windhoek. Am Morgen stand es in der Zeitung: 183 Mitarbeiter der NBC sind freigegeben zur "Schlachtung", darunter fast die ganze mittlere Managementebene der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt. Ihre Köpfe sollen rollen, wenn die NBC wegen akuter Finanzprobleme den Mitarbeiterstab von 475 Personen ausdünnen muss. Oder vielleicht doch nicht?
"Wir wissen gar nichts", sagt oben in den Büros des Deutschen Hörfunks Freddie Frewer, altgedienter Moderator beim staatlichen Radio. "Wir erfahren ja alles nur aus der Zeitung." Als die Liste vor einer knappen Woche zum ersten Mal in den Medien erwähnt wurde, hieß es, dass die darauf genannten Namen willkürlich seien, bloß eine Hochrechnung der potentiellen Einsparung durch Entlassungen und eine Abschätzung der Kosten ermöglichen sollten, die der Regierung für die Abfindung der Mitarbeiter entstehen würden. "Aber warum stehen dann alle Personalien in solchen Details darauf? Alle Gehälter und die Höhe der Abfindungssummen? Und vor allem: Wie konnte diese Liste in Umlauf geraten?", fragen sich Frewer und Kollegen.
Bisher hat noch kein Mitarbeiter des Deutschen Hörfunksprogramms die Liste mit eigenen Augen gesehen. Aber eins wissen die sechs festangestellten Redakteure: Ihre Chefin Almute Oehl ist auch drauf. Das haben sie heute in der Zeitung gelesen. "Ich finde es einfach unglaublich. Wie kann eine Personalleitung sich eine solche Indiskretion zu Schulden kommen lassen? Kein Mensch hat es verdient, auf diese Art abgefertigt zu werden!", schimpft Redakteurin Natascha Scheidt.
"Es wäre ein großer Verlust für uns, wenn Almute tatsächlich gehen muss. Bisher war sie immer diejenige, die noch versucht hat, uns Mut zu machen", meint eine weitere Redakteurin, während sie einen großen Stapel einseitig benutztes Papier im Drucker aufstapelt. "Übrigens: Unten in der Bibliothek ist noch eine ganze Menge Schmierpapier im Papierkorb, vielleicht könnt ihr etwas mitbringen, wenn ihr runtergeht", meint sie an ihre Kollegen gewandt. Kopierpapier gehört in den Büros der zahlungsunfähigen NBC inzwischen zur Mangelware. Gerade heute morgen hat die Sekretärin ihre letzte vorrätige Druckerpatrone in Gebrauch genommen. Nachschub gibt es keinen, das Lager ist erschöpft.
Im Büro der Leiterin des Deutschen Hörfunkprogramms ist die Stimmung den Umständen entsprechend. "Wir müssen halt die Zähne zusammenbeißen und weitermachen", sagt Almute Oehl gefasst. "Es war für mich ein ganz schöner Schock, aus der Zeitung zu erfahren, dass mein Name auf dieser Liste steht. Ich war heute morgen im Hauptbüro. Da standen die Kollegen alle in Grüppchen herum. Manche fingen an zu heulen. Wir wissen ja nicht, was an dieser Liste dran ist, aber was einem zu denken gibt, ist dass es bisher kein offizielles Dementi von Seiten des Generalintendanten gegeben hat", erzählt Oehl.
Es klopft an der Tür. Herein tritt Natascha Scheidt - sie hat eine Kopie der viel gefragten Liste in Händen. Oehl legt sie beiseite - als Abendlektüre. Jetzt muss sie zusehen, dass der Laden weiterläuft: The Show must go on.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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