„Jede Rolle eine Herausforderung“

Von Nina Cerezo, Windhoek/Kapstadt„Ach Gott, was mach ich bloß mit meinem Leben!“ Wenn Benike Palfi heute an die Zeit nach ihrem Schulabschluss zurückdenkt, kann sie dies mit einem Lächeln auf den Lippen. Damals aber stellte sie sich diese Frage wieder und wieder, geprägt von der Angst, einen falschen Weg einzuschlagen. Das Herz schlug von klein auf an für Schauspielerei und eigentlich konnte sie sich nichts anderes vorstellen, als diesem Traum nachzugehen. Hier bündelte sich von jeher ihre Leidenschaft, ihre Faszination für Filme und Darsteller, ihr Enthusiasmus. Doch der Kopf riet ihr davon ab und drängte sie, einen „vernünftigen und richtigen“ Beruf zu wählen. Zum Glück, das wissen Sabine und Benike heute, haben bei ihnen Herz und Kopf schließlich doch zusammengefunden.Ein KindheitstraumSabine Palfi erinnert sich noch genau, wie sie als kleines Mädchen mit ihren Eltern einen Film sah und dabei sofort dachte: „So etwas will ich auch einmal machen.“ Ihrer jüngeren Schwester Benike ging es nicht anders und so nahmen die beiden jede der wenigen in Namibia existierenden Chancen wahr, um ein Gefühl für die Schauspielerei zu entwickeln. Sobald die beiden in Windhoek zur Schule gingen, nahmen sie in Theaterkursen am College of the Arts teil und auch während ihrer Zeit an der Deutschen Schule in Kapstadt nutzten sie das Angebot der Schule. Die „Vernunft“ setzte sich bei den beiden dann doch noch einmal kurz durch und ließ Sabine zunächst Produktionsdesign studieren und Benike Literatur. Dann aber räumten sie ihrem Traum doch den notwendigen Stellenwert ein. Aller Anfang ist schwer Obwohl die beiden Schwestern ihre Heimat Namibia lieben, wussten sie, dass die Film- und Werbebranche hier einfach zu klein für eine Schauspiellaufbahn ist. So zogen die beiden nach Kapstadt um, nahmen weiter am Schauspiel-Unterricht teil und stürzten sich ins Abenteuer. Kapstadt gilt im südlichen Afrika als Hochburg für Werbeproduktionen und wird auch oft von internationalen Film- und TV-Unternehmen besucht. „Die Stadt hat einfach einen europäischen Look, der vielseitige Kulissen bietet“, erklärt Benike. Und doch ist aller Anfang schwer. „Man probiert's einfach“, erzählt Sabine von dieser Zeit. Man müsse sich erst einmal einen Namen schaffen, um den Stein ins Rollen zu bringen. Und doch passiert für die beiden Schwestern genau dies. Immer wieder erhalten sie kleinere und schließlich auch größere Rollen. Nach wie vor wissen aber beide: „Es ist und bleibt ein schwieriger Beruf“, in dem man gute und schlechte Jahre hat. Trotz der „schwierigen Filmwelt“, wie Benike sie nennt, verlieren die beiden aber nicht den Mut. Man merkt, wie sehr sie in genau dieser Welt zu Hause sind und sich eine andere wohl nicht mehr für sie vorstellen können. „Es macht einfach immer Spaß“, lacht Sabine und das merkt man ihr an. Jede Rolle eine HerausforderungDass beide mit Herzblut bei der Sache sind, wird auch dann deutlich, wenn sie über ihre Rollen sprechen. Erst vor kurzem haben beide in der ARD-Produktion „Aufbruch ins Ungewisse“ mitgespielt, in der eine deutsche Familie vor einer rechten Diktatur über Namibia nach Südafrika fliehen. Sabine spielt darin eine der Hauptrollen, die sie als „emotional sehr anspruchsvoll“ beschreibt. Denn die verkörperte Figur Carolin raucht, was Sabine normalerweise nicht tut, sie ist stets dreckig und zudem noch durch eine Vergewaltigung schwanger geworden. Sabine muss sich in diese Belastungen hineinversetzen, um sie glaubhaft darzustellen und so verwundert es nicht, dass ihr jene Szene, in der Carolin schließlich ihr ungeborenes Kind mit Schlägen in den Bauch abtreiben will, im Kopf geblieben ist. „Jede Rolle ist eine Herausforderung“, sagt die Namibiern und erklärt weiter, dass genau darin auch die Stärke von Schauspielern liegt. „Man muss andere Menschen verstehen können. Denn jeder tut, was er tut, weil er denkt, dass es richtig ist“, so Sabine. Ihr „offenes Herz“, das sie für ihre Arbeit als absolut wichtig benennt, hat sie damit eindrucksvoll bewiesen.Wasserkrise hemmt FilmbrancheDass die deutsche Produktion in Namibia und Südafrika gedreht wurde, hätte auch anders kommen können. Denn die Wasserkrise in Kapstadt hält mehr und mehr internationale Firmen fern, wie Benike erklärt. „Die Stadt sieht zu trocken aus, da lassen sich manche Kulissen nicht mehr nachstellen“, so die Schauspielerin. Außerdem sei es für viele dadurch zu teuer und die Unternehmen würden daher auf andere Länder ausweichen. Um trotzdem an Rollen zu gelangen nehmen die Schwestern daher auch an vielen E-Castings teil. Durch ihre Mehrsprachigkeit haben die beiden ein größeres Umfeld potenzieller Auftraggeber und so bewerben sie sich auf digitalem Wege auch oft in Deutschland. Dabei halten die beiden immer zusammen; Sie unterstützen sich bei der Vorbereitung auf Rollen, helfen sich beim Aufnehmen der Clips, üben verschiedene Akzente oder machen einfach gemeinsam Sport. Bis es dann irgendwann wieder einmal so weit ist und sie sich selbst im Fernsehen sehen. „Und das ist bei Filmrollen total komisch“, lacht Benike.

„Jede Rolle eine Herausforderung“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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