Jobkiller oder Jobbringer - Welche Stellenbilanz hat die E-Mobilität?
Berlin/München/Hannover (dpa) - Der Wandel in Richtung E-Mobilität bringt der deutschen Kernbranche gewaltige Umwälzungen und schlägt auf den Arbeitsmarkt durch. Zigtausende Stellen werden in den kommenden Jahren wegfallen, Zigtausende an anderer Stelle entstehen. Eine Studie der Denkfabrik Agora Verkehrswende und der Boston Consulting Group (BCG) stellt nun ein kleines Plus von 25 000 Jobs in Aussicht. Andere Analysen waren zuletzt weniger optimistisch.
Der aktuellen Untersuchung zufolge dürfte die Elektromobilität im Vergleich der Jahre 2020 und 2030 bei den Herstellern unterm Strich 70 000 Arbeitsplätze kosten, weil die Produktion weniger aufwendig wird. Auf den Antriebsstrang konzentrierte Zulieferer verlieren demnach 95 000 Jobs, weil ihre Produkte seltener benötigt werden. Weitere 15 000 Arbeitsplätze verschwinden in den Werkstätten, weil Elektroautos in der Regel wartungsärmer sind als Verbrenner.
Aber der Umbruch hat auch positive Seiten. So erwarten die Autoren etwa 95 000 neue Jobs bei anderen Zulieferern, beispielsweise für Batterien. Zudem muss die Ladeinfrastruktur entstehen und genügend Strom produziert werden, was für 95 000 Jobs in Energieinfrastruktur und -herstellung sorgen soll. Weitere 15 000 dürfte es demzufolge bei Anlagenbau und Dienstleistungen geben, weil Autowerke umgebaut werden müssen. Unter dem Strich bliebe also ein Plus von 25 000 Jobs.
Andere Vorhersagen verbreiteten in den vergangenen Monaten weniger Zuversicht. So warnte das Münchner Ifo-Institut im Mai, dass bis 2025 durch schrumpfende Verbrenner-Produktion mehr Stellen wegfielen, als Beschäftigte in Rente gingen. Bis zu 221 000 Jobs stünden auf der Kippe. Die Ökonomen hatten sich in der vom Branchenverband VDA in Auftrag gegebenen Studie auf die Autoindustrie selbst konzentriert.
Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation war Ende 2020 im Auftrag des Nachhaltigkeitsbeirats von Volkswagen zu dem Ergebnis gelangt, dass E-Mobilität und Vernetzung insgesamt „sehr viel geringere" Folgen für die Beschäftigung im Konzern hätten als bei früheren Betrachtungen angenommen: In den sechs analysierten Werken werde der Bedarf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um 2900 sinken, der Großteil im Karosseriebau oder in der Montage bliebe erhalten.
„Die automobile Arbeitswelt wird sich im kommenden Jahrzehnt fundamental wandeln", so Kristian Kuhlmann von BCG. „Hier entsteht ein großer Bedarf an Umschulung und Weiterbildung der Arbeitnehmer." Für fast die Hälfte der heute rund 1,7 Millionen Stellen in der Branche und angrenzenden Industriezweigen ändere sich das Berufsbild. Bei einer halben Million Arbeitnehmern bestehe Weiterbildungsbedarf.
Dabei kommt es sehr darauf an, ob ein Weltkonzern, ein Mittelständler oder ein kleiner Zulieferer den Umschwung für die Belegschaft organisieren muss. Großunternehmen wie Volkswagen, BMW oder Daimler stecken bereits viel Geld in Maßnahmen zur „Transformation". Die Gewerkschaften und Regierungen der drei deutschen Haupt-Autoländer Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg haben das Thema ebenfalls längst erkannt. Niedersachsen etwa hat sich an der Bildung regionaler „Hubs" beteiligt, um den Austausch vor allem für weniger finanzstarke Zulieferer zu erleichtern und mehr Fortbildungen anzuschieben.
„Die Transformation der Jobs ist kein Automatismus, sondern hängt an den richtigen Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen», sagt auch ein Sprecher des VDA zu der aktuellen Analyse. Die Bundesagentur für Arbeit richtet sich auf Probleme bei kleineren Zulieferern ein. „Es werden sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gehen, damit müssen wir rechnen", sagte BA-Chef Detlef Scheele Anfang Juni. Insgesamt erwartet er aber, dass der Transformationsprozess „aller Voraussicht nach relativ gut gelingen" werde.
Eine Alternative zum Umbau sieht man bei der Agora Verkehrswende nicht: Am Verbrennungsmotor festzuhalten, sei sicherlich kein Weg, der Arbeitskräfte sichere, betonte Direktor Christian Hochfeld. „Die Elektromobilität ist in dieser Dekade das einzig valide Zukunftsszenario für den Pkw." Zudem warnte er: „Wenn die Politik den Wandel verschleppt, hätte das für die Wirtschaft einen höheren Preis: den Verlust von Marktanteilen und damit auch von Beschäftigung."
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wirbt dagegen für „Technologieoffenheit". Er will neben batteriebetriebenen Fahrzeugen auch auf Brennstoffzellenautos sowie Fahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen setzen. VW-Chef Herbert Diess hält wenig davon - er setzt voll auf den Hochlauf reiner Stromer, hält die Energieeffizienz sowie die Kostenstrukturen anderer Antriebe für klar unterlegen.
Zu den Gewinnern des anstehenden Wandels könne insgesamt der Osten Deutschlands gehören, sagt Kuhlmann. Er verwies auf die Ansiedlung etwa von Werken zur Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos. Im Einzelnen geht die Studie in der Region von 16 000 zusätzlichen Jobs aus. In Westdeutschland erwartet sie demgegenüber ein Plus von 6000, in Norddeutschland von 5000. Verlierer wären eher Bayern und Baden-Württemberg mit prognostizierten Rückgängen um je 2000 Jobs.
Der aktuellen Untersuchung zufolge dürfte die Elektromobilität im Vergleich der Jahre 2020 und 2030 bei den Herstellern unterm Strich 70 000 Arbeitsplätze kosten, weil die Produktion weniger aufwendig wird. Auf den Antriebsstrang konzentrierte Zulieferer verlieren demnach 95 000 Jobs, weil ihre Produkte seltener benötigt werden. Weitere 15 000 Arbeitsplätze verschwinden in den Werkstätten, weil Elektroautos in der Regel wartungsärmer sind als Verbrenner.
Aber der Umbruch hat auch positive Seiten. So erwarten die Autoren etwa 95 000 neue Jobs bei anderen Zulieferern, beispielsweise für Batterien. Zudem muss die Ladeinfrastruktur entstehen und genügend Strom produziert werden, was für 95 000 Jobs in Energieinfrastruktur und -herstellung sorgen soll. Weitere 15 000 dürfte es demzufolge bei Anlagenbau und Dienstleistungen geben, weil Autowerke umgebaut werden müssen. Unter dem Strich bliebe also ein Plus von 25 000 Jobs.
Andere Vorhersagen verbreiteten in den vergangenen Monaten weniger Zuversicht. So warnte das Münchner Ifo-Institut im Mai, dass bis 2025 durch schrumpfende Verbrenner-Produktion mehr Stellen wegfielen, als Beschäftigte in Rente gingen. Bis zu 221 000 Jobs stünden auf der Kippe. Die Ökonomen hatten sich in der vom Branchenverband VDA in Auftrag gegebenen Studie auf die Autoindustrie selbst konzentriert.
Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation war Ende 2020 im Auftrag des Nachhaltigkeitsbeirats von Volkswagen zu dem Ergebnis gelangt, dass E-Mobilität und Vernetzung insgesamt „sehr viel geringere" Folgen für die Beschäftigung im Konzern hätten als bei früheren Betrachtungen angenommen: In den sechs analysierten Werken werde der Bedarf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um 2900 sinken, der Großteil im Karosseriebau oder in der Montage bliebe erhalten.
„Die automobile Arbeitswelt wird sich im kommenden Jahrzehnt fundamental wandeln", so Kristian Kuhlmann von BCG. „Hier entsteht ein großer Bedarf an Umschulung und Weiterbildung der Arbeitnehmer." Für fast die Hälfte der heute rund 1,7 Millionen Stellen in der Branche und angrenzenden Industriezweigen ändere sich das Berufsbild. Bei einer halben Million Arbeitnehmern bestehe Weiterbildungsbedarf.
Dabei kommt es sehr darauf an, ob ein Weltkonzern, ein Mittelständler oder ein kleiner Zulieferer den Umschwung für die Belegschaft organisieren muss. Großunternehmen wie Volkswagen, BMW oder Daimler stecken bereits viel Geld in Maßnahmen zur „Transformation". Die Gewerkschaften und Regierungen der drei deutschen Haupt-Autoländer Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg haben das Thema ebenfalls längst erkannt. Niedersachsen etwa hat sich an der Bildung regionaler „Hubs" beteiligt, um den Austausch vor allem für weniger finanzstarke Zulieferer zu erleichtern und mehr Fortbildungen anzuschieben.
„Die Transformation der Jobs ist kein Automatismus, sondern hängt an den richtigen Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen», sagt auch ein Sprecher des VDA zu der aktuellen Analyse. Die Bundesagentur für Arbeit richtet sich auf Probleme bei kleineren Zulieferern ein. „Es werden sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gehen, damit müssen wir rechnen", sagte BA-Chef Detlef Scheele Anfang Juni. Insgesamt erwartet er aber, dass der Transformationsprozess „aller Voraussicht nach relativ gut gelingen" werde.
Eine Alternative zum Umbau sieht man bei der Agora Verkehrswende nicht: Am Verbrennungsmotor festzuhalten, sei sicherlich kein Weg, der Arbeitskräfte sichere, betonte Direktor Christian Hochfeld. „Die Elektromobilität ist in dieser Dekade das einzig valide Zukunftsszenario für den Pkw." Zudem warnte er: „Wenn die Politik den Wandel verschleppt, hätte das für die Wirtschaft einen höheren Preis: den Verlust von Marktanteilen und damit auch von Beschäftigung."
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wirbt dagegen für „Technologieoffenheit". Er will neben batteriebetriebenen Fahrzeugen auch auf Brennstoffzellenautos sowie Fahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen setzen. VW-Chef Herbert Diess hält wenig davon - er setzt voll auf den Hochlauf reiner Stromer, hält die Energieeffizienz sowie die Kostenstrukturen anderer Antriebe für klar unterlegen.
Zu den Gewinnern des anstehenden Wandels könne insgesamt der Osten Deutschlands gehören, sagt Kuhlmann. Er verwies auf die Ansiedlung etwa von Werken zur Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos. Im Einzelnen geht die Studie in der Region von 16 000 zusätzlichen Jobs aus. In Westdeutschland erwartet sie demgegenüber ein Plus von 6000, in Norddeutschland von 5000. Verlierer wären eher Bayern und Baden-Württemberg mit prognostizierten Rückgängen um je 2000 Jobs.
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Allgemeine Zeitung
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