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Justiz übt Krisenverwaltung

Windhoek - Das geht aus dem jüngsten Jahresbericht des Justizministeriums hervor, der vor kurzem im Parlament vorgelegt wurde. Darin bringt das Ministerium seine Sorge über die kontinuierlich wachsende Anzahl anhängiger Verfahren zum Ausdruck. Dies führe unter anderem dazu, dass viele Beschuldigte "über einen langen Zeitraum" in Untersuchungshaft sitzen müssten.
Die Zunahme unbewältigter Verfahren begründet das Ministerium unter anderem mit einem Mangel an Magistratsrichtern. So seien in neun der 32 Gerichte unterer Instanz keine permanenten Magistrate angestellt, die den Rückstau ausstehender Prozesse abarbeiten könnten.
Ein ähnliches Bild bietet sich bei den Regionalgerichten, die sich 2007/08 zusätzlich zu den 1557 bereits anhängigen Verfahren mit 822 neuen Fällen beschäftigen mussten. Das Ausmaß der Herausforderung macht der Jahresbericht dabei anhand einer Statistik deutlich, wonach die Regionalgerichte des Landes in dem reflektierten Zeitraum nur 594 Fälle abgehandelt haben.
Angesichts der großen Verzögerungen bei der Urteilsfindung in Strafsachen hat das Büro des Generalstaatsanklägers eine "Säuberungsaktion" ins Leben gerufen. Ziel der Initiative ist es, bei Distrikt- und Regionalgerichten "triviale Fälle" und Verfahren mit unzureichender Beweislage einzustellen und die Urteilsfindung bei den verbleibenden Prozessen zu beschleunigen. Dazu gehört auch die Rekrutierung zusätzlicher Magistratsrichter, Staatsankläger und Dolmetscher.
Eine ähnliche Krisenverwaltung herrschte in dem untersuchten Zeitraum auch im Direktorat für Rechtsbeistand. Diese Abteilung hat 2007/08 insgesamt 5632 Anträge auf Rechtsbeihilfe erhalten, von denen 4648 genehmigt wurden. Das Ministerium räumt dabei ein, dass zu viele solcher Fälle an Privatanwälte vermittelt werden müssen, weil das Direktorat zu wenig Juristen beschäftigt, die Angeklagte ohne Rechtsbeistand vertreten könnten.
Unter vergleichbar widrigen Umständen verläuft die Rechtsprechung am Obergericht. Dort waren 2007/08 nur neun permanente Richter tätig, von denen einer für das Verfahren gegen über 100 mutmaßliche Caprivi-Separatisten abgestellt war.
In dem analysierten Zeitraum hat das Obergericht 274 Urteile gefällt und sich mit 49 Strafverfahren, 79 Berufungen, 1954 strafrechtliche Nachprüfungen, 408 Zivilverfahren, 20 arbeitsrechtlichen Prozessen und 3571 Gerichtsanträgen beschäftigt.
"Der Arbeitsaufwand von Richtern am Obergericht hat in den vergangenen Jahren soweit zugenommen, dass es der momentan vorhandenen Anzahl Richter unmöglich geworden ist, die wachsende Anzahl Fälle zu bewältigen", heißt es in dem Jahresbericht. Erschwerend komme hinzu, dass das Obergericht für die Umsetzung einer Vielzahl neuer Gesetze, wie dem Arbeitsgesetz und dem Anti-Korruptionsgesetz verantwortlich sei, die die ohnehin überlastete Justiz zusätzlich strapaziere.
Die daraus resultierenden Schwierigkeiten werden nach Darstellung des Reports durch Kapazitäts-Probleme im IT-Bereich und durch einen Mangel an Gerichtssälen und Büroplatz verschlimmert. Deshalb müssten sich Richter mitunter Amtsstuben teilen und würden wichtige Dokumente in der engen Registratur "verlegt".
Von den 949 Planstellen des Justizministeriums waren im Finanzjahr 2007/08 nur 752 besetzt. Das begründet der Jahresbericht damit, dass es "ausgesprochen schwer" sei, qualifiziertes Personal zu rekrutieren und langfristig zu halten.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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