Kann legaler Handel mit Hörnern das Überleben der Nashörner sichern?
Von Jürgen Bätz, dpa
Klerksdorp (dpa) – Hunderte Nashörner weiden friedlich auf einer Farm in Südafrika – als wären sie übergroße Kühe mit einem spitzen Horn. Die Tiere sind John Humes ganzer Stolz: Der 77-Jährige hat die weltweit größte Nashorn-Zucht aufgebaut. Er sieht sie als Weg, die Wilderei von Nashörnern zu stoppen und deren Aussterben zu verhindern - obwohl ihn das Vorhaben an den Rand des Ruins gebracht hat. Um seine Herde zu erhalten, will er die Hörner der Rhinozerosse verkaufen. Tierschützer verteufeln Hume deswegen und werfen ihm Profitgier vor.
Der internationale Handel mit Nashorn-Hörnern ist verboten. Doch in Asien, vor allem in Vietnam und China, ist Horn als Zutat der traditionellen Medizin beliebt und kostet etwa so viel wie Gold. Das hat zu einem Boom der Wilderei geführt, obwohl die Hörner vor allem aus Keratin bestehen - wie menschliche Fingernägel. Doch der Aberglaube an die heilende Wirkung ist hartnäckig.
„Die Wilderei wird aufhören, sobald der Handel mit Hörnern legal ist“, verspricht Hume. Bei der Cites-Artenschutzkonferenz in Genf will unter anderem eSwatini eine Erleichterung des Handels erreichen. Das frühere Swasiland will seine Lagerbestände von 330 Kilogramm Horn nach Asien verkaufen für insgesamt rund 10 Millionen Dollar. Von den Erlösen soll der Kampf gegen Wilderei finanziert werden. Auch Hume hofft auf eine Cites-Genehmigung.
„Die Hörner sind ein nachwachsender Rohstoff“, sagt Hume. Auf seiner knapp 600 Hektar großen Farm im Nordwesten des Landes hält er rund 1750 Breitmaulnashörner. Ihre Hörner werden alle paar Jahre unter Betäubung zurückgeschnitten. Ein Wilderer, der ein Tier töte, erbeute einmalig ein paar Kilogramm, erklärt er. „Aber wer ein Nashorn für seine rund 40 Lebensjahre behält und pflegt, der kann leicht 70 bis 80 Kilogramm Horn gewinnen.“ Damit könnten die Tiere für ihren eigenen Unterhalt sorgen, der Besitzer verdiene etwas und der Bestand der Art werde gesichert.
Tierschützer hingegen meinen, legaler Handel würde zu mehr Nachfrage und Wilderei führen. „Damit würden sie Öl ins Feuer der Wilderer gießen“, sagt Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife. „Hume ist vor allem durch wirtschaftliche Interessen motiviert.“ Der Artenschutz sei nur ein Vorwand.
Katharina Trump vom WWF Deutschland erklärt, jeglicher Handel mache es schwierig, legal erwirtschaftetes von gewildertem Horn zu trennen. Die Verfügbarkeit von mehr Horn würde den Preis wohl senken und Hörner weniger attraktiv machen als Statussymbole, erklärt die Expertin für illegalen Artenhandel. Doch selbst wenn sich der Preis halbiere, wäre es für Wilderer in Afrika immer noch ein lukrativ. Die Nachfrage sei zu hoch. „Wir werden nicht in der Lage sein, die Märkte in Asien nur mit legalem Horn bedienen zu können.“
Hume glaubt, dass die Wilderei zurückgehen würde, sobald Anwohner Nashörner nicht mehr nur als Beute, sondern als Einnahmequelle sehen würden. Er tue mit seiner riesigen Nashornherde mehr für den Artenschutz als der WWF und andere Organisationen.
Michael ‘t Sas-Rolfes von der Universität Oxford hält einen streng überwachten Hornhandel für möglich. „Es gibt die Technologien, einen geschlossenen Markt herzustellen“, sagt er. Mit Hilfe von DNA-Nachweisen und anderen Techniken könne verhindert werden, dass gewildertes Horn in den legalen Markt gelange.
Der WWF wiederum verweist auf Erfahrungen mit einer Lockerung des Handelsverbots von Elfenbein, das zu mehr Elefanten-Wilderei geführt hat. Hume und andere Befürworter des Handels zitieren hingegen den Handel von Krokodilleder aus Aufzuchtstätten, die von Cites zertifiziert wurden. Damit sei die Jagd auf den natürlichen Tierbestand reduziert worden. Letztlich weiß niemand, wie sich eine Legalisierung des Hornhandels auswirken würde. „Aber es ist die Frage, ob man hier ein Risiko eingehen möchte: Es gibt weltweit nur noch rund 23 500 Nashörner“, sagt WWF-Expertin Trump. „Die Basis für Experimente ist gering.“
In Afrika soll es Zahlen aus dem Jahr 2010 zufolge noch rund 20 000 Breitmaulnashörner geben, etwa 90 Prozent davon in Südafrika. Die genügsamen Pflanzenfresser lassen sich gut in Gefangenschaft halten. Spitzmaulnashörner hingegen eignen sich kaum für die Zucht und sind akut vom Aussterben bedroht. Es soll noch rund 5000 Tiere geben. Trotz Anstrengungen der Behörden töten Wilderer in Südafrika jährlich Hunderte Nashörner. 2017 waren es 1028 Tiere, 2018 noch 769. Das Umweltministerium räumte im Juli ein, die Bestände in den großen Nationalparks seien teilweise rückläufig.
Humes Experiment steht nun vor dem Scheitern: Obwohl er Tonnen des wertvollen Horns gebunkert hat, setzt ihm das Handelsverbot zu. Vor einem Jahr warnte er, dass er in wenigen Monaten bankrott sein würde. Seither sucht er einen vermögenden Investor – bislang ohne Erfolg.
Nach langem Rechtsstreit musste Südafrika 2017 den nationalen Handel mit Hörnern erlauben. Hume organisierte damals eine Online-Auktion, verkaufte allerdings nur acht Hörner. Seine letzte Hoffnung scheint nun eine Cites-Genehmigung als Zuchtstätte zu sein. Mit dem Nachweis, dass mehrere Generationen seiner Tiere nicht aus freier Wildbahn stammen, will er als erste Zuchtstätte weltweit eine Handelsgenehmigung bekommen.
Klerksdorp (dpa) – Hunderte Nashörner weiden friedlich auf einer Farm in Südafrika – als wären sie übergroße Kühe mit einem spitzen Horn. Die Tiere sind John Humes ganzer Stolz: Der 77-Jährige hat die weltweit größte Nashorn-Zucht aufgebaut. Er sieht sie als Weg, die Wilderei von Nashörnern zu stoppen und deren Aussterben zu verhindern - obwohl ihn das Vorhaben an den Rand des Ruins gebracht hat. Um seine Herde zu erhalten, will er die Hörner der Rhinozerosse verkaufen. Tierschützer verteufeln Hume deswegen und werfen ihm Profitgier vor.
Der internationale Handel mit Nashorn-Hörnern ist verboten. Doch in Asien, vor allem in Vietnam und China, ist Horn als Zutat der traditionellen Medizin beliebt und kostet etwa so viel wie Gold. Das hat zu einem Boom der Wilderei geführt, obwohl die Hörner vor allem aus Keratin bestehen - wie menschliche Fingernägel. Doch der Aberglaube an die heilende Wirkung ist hartnäckig.
„Die Wilderei wird aufhören, sobald der Handel mit Hörnern legal ist“, verspricht Hume. Bei der Cites-Artenschutzkonferenz in Genf will unter anderem eSwatini eine Erleichterung des Handels erreichen. Das frühere Swasiland will seine Lagerbestände von 330 Kilogramm Horn nach Asien verkaufen für insgesamt rund 10 Millionen Dollar. Von den Erlösen soll der Kampf gegen Wilderei finanziert werden. Auch Hume hofft auf eine Cites-Genehmigung.
„Die Hörner sind ein nachwachsender Rohstoff“, sagt Hume. Auf seiner knapp 600 Hektar großen Farm im Nordwesten des Landes hält er rund 1750 Breitmaulnashörner. Ihre Hörner werden alle paar Jahre unter Betäubung zurückgeschnitten. Ein Wilderer, der ein Tier töte, erbeute einmalig ein paar Kilogramm, erklärt er. „Aber wer ein Nashorn für seine rund 40 Lebensjahre behält und pflegt, der kann leicht 70 bis 80 Kilogramm Horn gewinnen.“ Damit könnten die Tiere für ihren eigenen Unterhalt sorgen, der Besitzer verdiene etwas und der Bestand der Art werde gesichert.
Tierschützer hingegen meinen, legaler Handel würde zu mehr Nachfrage und Wilderei führen. „Damit würden sie Öl ins Feuer der Wilderer gießen“, sagt Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife. „Hume ist vor allem durch wirtschaftliche Interessen motiviert.“ Der Artenschutz sei nur ein Vorwand.
Katharina Trump vom WWF Deutschland erklärt, jeglicher Handel mache es schwierig, legal erwirtschaftetes von gewildertem Horn zu trennen. Die Verfügbarkeit von mehr Horn würde den Preis wohl senken und Hörner weniger attraktiv machen als Statussymbole, erklärt die Expertin für illegalen Artenhandel. Doch selbst wenn sich der Preis halbiere, wäre es für Wilderer in Afrika immer noch ein lukrativ. Die Nachfrage sei zu hoch. „Wir werden nicht in der Lage sein, die Märkte in Asien nur mit legalem Horn bedienen zu können.“
Hume glaubt, dass die Wilderei zurückgehen würde, sobald Anwohner Nashörner nicht mehr nur als Beute, sondern als Einnahmequelle sehen würden. Er tue mit seiner riesigen Nashornherde mehr für den Artenschutz als der WWF und andere Organisationen.
Michael ‘t Sas-Rolfes von der Universität Oxford hält einen streng überwachten Hornhandel für möglich. „Es gibt die Technologien, einen geschlossenen Markt herzustellen“, sagt er. Mit Hilfe von DNA-Nachweisen und anderen Techniken könne verhindert werden, dass gewildertes Horn in den legalen Markt gelange.
Der WWF wiederum verweist auf Erfahrungen mit einer Lockerung des Handelsverbots von Elfenbein, das zu mehr Elefanten-Wilderei geführt hat. Hume und andere Befürworter des Handels zitieren hingegen den Handel von Krokodilleder aus Aufzuchtstätten, die von Cites zertifiziert wurden. Damit sei die Jagd auf den natürlichen Tierbestand reduziert worden. Letztlich weiß niemand, wie sich eine Legalisierung des Hornhandels auswirken würde. „Aber es ist die Frage, ob man hier ein Risiko eingehen möchte: Es gibt weltweit nur noch rund 23 500 Nashörner“, sagt WWF-Expertin Trump. „Die Basis für Experimente ist gering.“
In Afrika soll es Zahlen aus dem Jahr 2010 zufolge noch rund 20 000 Breitmaulnashörner geben, etwa 90 Prozent davon in Südafrika. Die genügsamen Pflanzenfresser lassen sich gut in Gefangenschaft halten. Spitzmaulnashörner hingegen eignen sich kaum für die Zucht und sind akut vom Aussterben bedroht. Es soll noch rund 5000 Tiere geben. Trotz Anstrengungen der Behörden töten Wilderer in Südafrika jährlich Hunderte Nashörner. 2017 waren es 1028 Tiere, 2018 noch 769. Das Umweltministerium räumte im Juli ein, die Bestände in den großen Nationalparks seien teilweise rückläufig.
Humes Experiment steht nun vor dem Scheitern: Obwohl er Tonnen des wertvollen Horns gebunkert hat, setzt ihm das Handelsverbot zu. Vor einem Jahr warnte er, dass er in wenigen Monaten bankrott sein würde. Seither sucht er einen vermögenden Investor – bislang ohne Erfolg.
Nach langem Rechtsstreit musste Südafrika 2017 den nationalen Handel mit Hörnern erlauben. Hume organisierte damals eine Online-Auktion, verkaufte allerdings nur acht Hörner. Seine letzte Hoffnung scheint nun eine Cites-Genehmigung als Zuchtstätte zu sein. Mit dem Nachweis, dass mehrere Generationen seiner Tiere nicht aus freier Wildbahn stammen, will er als erste Zuchtstätte weltweit eine Handelsgenehmigung bekommen.
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Allgemeine Zeitung
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