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Kann Sprache verfallen?
Kann Sprache verfallen?

Kann Sprache verfallen?

Praktikant Praktikant
Von Dr. Julia Augart, Windhoek


In Namibia, ehemals deutsche Kolonie, gibt es bis heute eine sehr präsente deutschsprachige Gemeinschaft mit ca. 20000 Sprechern, die ca. einen Prozent der Bevölkerung ausmachen. Deutsch ist aber nicht nur Teil der namibischen Sprachlandschaft, sondern prägt auch die Kultur und das Leben des Landes im südlichen Afrika. Deutsch in Namibia unterscheidet sich vom Standarddeutschen in Grammatik und auch Lexik, insbesondere durch Einflüsse aus dem Englischen und Afrikaansen, aber auch aus anderen namibischen Sprachen. Verschiedene Untersuchungen und Forschungen zum Namibiadeutsch in seiner Ausprägung sowie ob und inwieweit es ein Dialekt oder eine eigene Sprache ist, beschäftigen nach wie vor die Sprachwissenschaftler, aber auch die Namibier.


Der Abendvortrag in der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Thema „Kann Sprache verfallen?“ setzte sich jedoch nicht mit der Bestimmung der Sprache auseinander, sondern warum sich Sprache verändert und ob das Deutsch, das in Namibia gesprochen wird, als Verfall zu bezeichnen ist, da man „nicht selten in Namibia die mutlose Aussage hört“, so Zappen-Thomson, „dass das Deutsch hier mehr und mehr verfällt, früher dagegen man noch richtig Deutsch gehört und gesprochen hat“.


Stark durch Englisch beeinflusst


Die Referentin präsentierte zunächst beeindruckende Zahlen nicht nur der deutschen Muttersprachler, sondern gerade auch die zunehmende Zahl an Fremdsprachenlernern in Namibia, stellte verschiedene Positionen dar, wie über Sprachveränderung in der Forschung und den Medien diskutiert wird, die zwischen Konservierung und Aktualisierung oszillieren. Ferner zeigte sie auf, dass gerade auch das Deutsch in Deutschland und nicht nur in Namibia sehr stark durch Englisch beeinflusst und auch verändert wird.


Zappen-Thomson führte durch verschiedene sprachwissenschaftliche Konzepte, die gerade auch für die Sprachbeschreibung in Namibia von Bedeutung sind, wie beispielsweise Codeswitching, das Wechseln von Sprachen, das auf der sozialen Ebene als positiv zu bewerten sei, Sprachmischung, was die Referentin als kreative Form bewertetete, die nicht zu streng reglementiert werden sollte, aber ein Sprachbewusstsein gefördert werden sollte, sowie die Interferenz von Sprachen, die sich im Transfer von Regeln zeigt. An weiteren Beispielen wurde illustriert, dass sich Sprache von jeher verändert hat und sich zwangsläufig auch heute verändert. Als Ursachen werden in der Forschung neue Realitäten, Sprachkontakt und Verbesserung durch den Menschen sowie Ökonomie, Expressivität aber auch ein Verlangen nach Ordnung aufgeführt. Vieles, so zeigte die Vortragende, trifft auch für das Deutsch in Namibia zu, das einerseits durch vielfältigen Sprachkontakt geprägt ist und in Namibia auch neue oder andere Realitäten oder andere Wörter erforderten.


„Kalt gekriegt“


Sätze wie „Als wir an die Grenze kamen, mussten wir links abdrehen, weil da noch an der Pad gearbeitet wurde. Die Form einzufüllen war nicht schlimm, aber ich hab so kalt gekriegt, es war schließlich Winter. Dabei hatte meine Mutter extra noch gesagt: ,Pass dich gut auf, und zieh immer deine Jacke an.` Leider war es auch schon dunkel, so dass wir keine Fotos vom Oranje nehmen konnten, der ja ein Fluss und kein Rivier ist“ sind nach Zappen-Thomson demnach kein Sprachverfall, sondern Resultate von Sprachkontakt oder neuen Realitäten und zeigen, dass sich die Sprache wandelt. Dass sich das Deutsch in Namibia verändert hat und verändert, dessen ist sich die Sprachforscherin sicher; dass es verfällt, kann sie nicht bestätigen.


Entgegen dem sonst eher kleinen Rahmen der Veranstaltungen der GfdS in Windhoek war der Vortrag sehr gut besucht und zeigte, dass das Interesse der Deutschnamibier an ihrer Sprache groß ist. Der Abend endete nach einer langen und lebhaften Diskussion fröhlich und mit neuen Erkenntnissen, ob sich Sprache nun verändert oder verfällt, ob es nun heißt „ein Foto machen“ oder „ein Foto nehmen“ und dass man in Deutschland nicht weiß, was eine „Pad“ oder ein „Rivier“ ist.


Bewusstsein für Deutsch vertiefen


Die Gesellschaft für deutsche Sprache ist eine politisch unabhängige Vereinigung zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache und sieht sie es als ihre Aufgabe an, in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für die deutsche Sprache zu vertiefen und ihre Funktion im globalen Rahmen sichtbar zu machen. Die GfdS hat sich zum Ziel gesetzt, die Sprachentwicklung kritisch zu beobachten und auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung Empfehlungen für den allgemeinen Sprachgebrauch zu geben.


Der GfdS-Zweig in Windhoek wurde 2008 ins Leben gerufen und bietet regelmäßig in Kooperation mit dem Goethe-Zentrum Windhoek und in dessen Räumlichkeiten Vorträge zur deutschen Sprache, aber auch Literatur und Kultur von Referenten aus Deutschland wie auch Namibia an. Unterstützt wird die Arbeit einerseits durch die GfdS in Deutschland, andererseits durch Mitglieder in Namibia. Wer Interesse an Veranstaltungen oder auch einer Mitgliedschaft hat, kann sich bei der Zweigvorsitzenden Dr. Julia Augart (jaugartunam.na) melden.


Die nächsten Veranstaltungen sind für Februar zum internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar geplant und zwar Vorträge und Workshops zum Thema „meine Muttersprache - deine Muttersprache“ und zur Sprachenvielfalt in Namibia.


Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-25

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