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Karneval-Schatz im Turm

Windhoeker Karneval-Museum gibt Einblick in 67-jährige Geschichte
Praktikant Praktikant
Fremde verirren sich wohl nur selten in das Windhoeker Karneval-Museum. Versteckt im Turm der alten Brauerei in der Gartenstraße liegen die gesammelten Schätze aus 67 Jahren Fastnacht in Namibia. Besucher folgen den roten Schildern durch schmale Gänge und verwinkelte Treppen hinauf, bis in das Turmzimmer. Der Narrenkopf eine Etage unter dem Museumseingang verrät, dass man sich auf der richtigen Spur befindet. Ganz oben angekommen, betritt man die heiligen Hallen der Windhoeker Karnevalisten. In der Mitte des Raums stehen quadratische Tische überzogen mit knalligen gelb-roten Hansa-Draught-Beer-Tischdecken – umringt von bunt-zusammengewürfelten Stühlen. Die Wände sind bedeckt von Schaukästen mit vergilbten und ausgeblichenen Postern und Fotos, die an die lange Geschichte der Karnevalsgesellschaft Windhoek 1952 sowie die der weiteren Karnevalsvereine in Namibia erinnern. Unter der Decke reihen sich die Portraits ehemaliger Karnevals-Präsidenten; die Wände schmücken alte Urkunden und Orden in allen Größen und Farben.

An der Bar sitzt Heiner Dillmann – auf einem gedrechselten Barhocker, dessen Sitzfläche mit rotem Samt überzogen wurde. Besucher, die sich im Museum umschauen möchten, müssen sich vorher bei ihm oder einem seiner Kollegen anmelden – das WiKa-Museum öffnet seine Türen nämlich nur auf Anfrage. Für regelmäßige Öffnungszeiten sei der Andrang nicht groß genug. Dillmann sieht den Raum deshalb auch eher als Klubraum, denn als richtiges Museum.

Schaukästen aus Glas geben dem Raum, in dem sich Kisten und Kartons stapeln, ein wenig Struktur. Sie zeigen Prinzen- und Funkenmariechen-Kostüme, Uniformteile – „alle möglichen Memorabilien“, sagt Heiner Dillermann und winkt ab. Im WiKa-Museum gibt es so viel zu stöbern – da weiß selbst der Kurator nicht immer, wo er mit seiner Führung beginnen soll. Er geht zu einem Schrank am hinteren Ende des Raumes. Dillmann schlägt ein Album auf – darin die Prinzen und die Prinzessinnen der letzten Jahre. „Es wird immer schwieriger Kandidaten für den Prinzen zu finden“, erzählt Heiner Dillmann, „aber bisher haben wir immer einen gefunden – niemand musste es zweimal machen.“ Auch sonst seien es schwere Zeiten für den Karneval, sagt er. „Die Besucherzahlen lassen nach; Sitzungskarneval ist nicht mehr unbedingt gefragt.“ Teilweise lasse sich das auf die Übersättigung durch das Fernsehen zurückführen, glaubt Dillmann. Warum für eine Büttenrede bezahlen, wenn die auch umsonst übertragen werden? Mehr Zulauf hätten da noch die kleineren Veranstaltungen, wie Sundowner oder Frühschoppen.

Heiner Dillmann erinnert sich noch an Zeiten, in denen es wenig Konkurrenz gab für das närrische Treiben. „Als Kind hat mein Vater immer abends die Nachrichten im Röhrenradio gehört – über die Deutsche Welle. Mehr Unterhaltung gab es nicht“, erzählt er. Ein Schulfreund seines Vaters, der gebürtiger Mainzer war, zeichnete dann einmal im Jahr die Sendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ auf Tonband auf und schickte die Rollen per Post von Mainz nach Namibia. „Wir haben drei oder vier Wochen darauf gewartet“, erinnert sich Dillmann. Vielleicht haben das lange Warten und die Vorfreude seine Liebe zum Karneval gestärkt. Bis heute fühlt er sich dem Mainzer Karneval sehr verbunden. Dort gehe es noch politischer zu, als in Köln, findet er.

Die Idee zum Karneval Museum entstand im Jahre 2003. „Die Brauerei war umgezogen, hier stand alles mehr oder weniger leer und man wusste nicht, was man damit machen sollte“, erinnert sich Heiner Dillmann. Den ersten Impuls habe damals Karnevalsmitglied Heinemann Reinert gegeben. Von Werner List bekam er dann den Zuschlag für die Räumlichkeiten – für das Turmzimmer, in dem das WiKa-Museum heute noch sein Zuhause hat.

Von der Decke hängen die überdimensionalen Masken der Gugge-Gruppe. „Eine Gugge-Gruppe macht Waschbrettmusik – möglichst laut und unmusikalisch“, sagt Dillmann und lacht. Über die Jahre hat sich einiges angesammelt im WiKa-Museum. An einer Wand steht das alte Mischpult „aus dem alten Saal, im alten SKW, aller möglicher Quatsch der hier rumsteht.“

Wenn in Deutschlands Karnevalhochburgen die närrische Zeit am Aschermittwoch zu Ende geht, stehen die Windhoeker Karnevalisten erst in den Startlöchern. Hier findet der Karneval traditional erst Anfang April statt. Anders als in Deutschland läutet er nicht die Fastenzeit ein. Heiner Dillmann weiß, warum die Karnevalsuhren in Namibia anders ticken: „Der Aschermittwoch fällt hier genau in die Regenzeit, außerdem ist es im April schon etwas kühler.“ Ein dritter Grund seien die Gastauftritte von Künstlern aus Deutschland. Würde Namibia gleichzeitig mit Köln und Mainz Fastnacht feiern, dann würde sich das nicht koordinieren lassen, glaubt Dillmann.

Was in Deutschland aus einer christlichen Tradition heraus entstanden ist, wird hier in erster Linie als deutsches Kulturgut verstanden – da kommt es auf den Tag nicht an. Im April geht es mit dem Schlachtruf des Windhoeker Karnevals „WiKa-WiKa-WiKa“ los – ab dann wird jeden Monat woanders gefeiert. Allerdings startet alle zwei Jahre der „Oska“ des Karnevalsvereins in Witvlei, bereits einen Monat zuvor in die fünfte Jahreszeit. „Im Juni sind die Swakopmunder dran, im Juli Otjiwarongo – in Namibia feiern wir eigentlich das ganze Jahr Karneval“, sagt Dillmann. Dabei gehe es aber nicht nur darum, die deutschen Traditionen hoch zu halten. „Wir bemühen uns auch, ein namibisches Element hinein zu bringen – sei es bei den Themen der Umzugswagen oder den Sitzungen“, betont der Kurator. So gebe es zusätzlich zu den deutschen Büttenreden auch zwei internationale Abende, die auf Englisch und Afrikaans abgehalten werden.

Auch unter Namibias Karneval-Vereinen herrscht reger Austausch. Und die meisten von ihnen haben ihren Platz im WiKa-Museum gefunden – „im Herzstück“ – gleich neben der Eingangstüre, wie Dillmann sagt. Er deutet auf eine Pinnwand hinter Glas. „Hier hängen die Orden des Windhoeker Karnevals, da unten Swakopmund, Oshakati, Okahandja, Witvlei, Stellenbosch und Pretoria“, erklärt er, „und hier ist noch Lüderitzbucht.“ In eigenen Schaukästen haben die anderen Vereine außerdem die Möglichkeit sich selbst zu präsentieren. Momentan klafft zwischen den Glaskästen aber eine Lücke – der Schaukasten aus Otjiwarongo fehlt. „Wir haben beschlossen, dass es Zeit geworden ist für ein paar neue Bilder und frische Infos“, erklärt Heike Dedig vom Verein Otji-Helau. Sobald der Schaukasten neu bestückt ist, soll er allerdings wieder zurück ins Museum. Momentan ruht das bunte Treiben, doch am 11. Oktober beginnt für alle Karnevalvereine dann die neue Saison.

Von Theresa Lang

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-16

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