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Keine Chance - der Erste Weltkrieg in Namibia Teil 4

Wiebke Schmidt
DER FELDZUG
In Port Nolloth, 80 Kilometer südlich der Oranje-Mündung, landete am 31. August 1914 unter dem Kommando von Brigadegeneral Sir Henry Lukin die erste UDF-Abteilung, die General Botha für den Einmarsch nach Deutsch-Südwestafrika vorgesehen hatte. Durch die südliche Namib ging es per Bahn weiter bis Steinkopf und von dort zu Fuß flussaufwärts am Oranje entlang.
Zur ersten militärischen Aktion gegen die deutsche Kolonie kam es am 13. September: Lukin befahl einer seiner Einheiten, den 4th South African Mounted Rifles (SAMR) unter Oberstleutnant Dawson, den deutschen Grenzposten und die Polizeistation bei Ramansdrift auf dem nördlichen Ufer des Oranje anzugreifen und zu besetzen. Somit drangen UDF-Streitkräfte erstmals auf deutsches Territorium vor und brachten den Ersten Weltkrieg nach Deutsch-Südwestafrika.
Am folgenden Tag bombardierte der Hilfskreuzer Armadale Castle ohne jede Warnung Swakopmund.
Sandfontein
Das erste größere Gefecht im Südwestafrika-Feldzug fand am 26. September bei Sandfontein statt, rund 43 Kilometer nördlich von Ramansdrift. Oberstleutnant von Heydebreck war über die Feindbewegungen informiert. Er rechnete damit, dass die UDF als nächstes versuchen würde, die Wasserstellen bei Sandfontein zu besetzen, um dann weiter nach Warmbad vorzudringen. Von Heydebreck beschloss, dem Geg­ner eine Falle zu stellen. Es sollte so aussehen, als ob die Schutztruppe die Wasserstellen von Sandfontein bereits geräumt hätte.
Eine Schwadron der 1st South African Mounted Rifles unter Hauptmann Welby wurde ausgeschickt, um Sandfontein zu besetzen. Sie traf auf keinerlei Widerstand. Welby informierte Brigadegeneral Lukin, dass die umliegenden Hügel besetzt werden sollten, um die Wasserstellen zu sichern. Allerdings gehe ihm der Proviant aus. Lukin versicherte ihm, dass die Truppe bei Ramansdrift dazu ausreiche und dass ihm Oberstleutnant Grant Rückendeckung geben werde.
Grant erhielt Anweisung, die Schwadron in Sandfontein mit drei Mannschaften aus seinem Regiment, den 4th South African Mounted Rifles, sowie zwei 13-Pfünder Artilleriegeschützen und einer Maschinengewehrabteilung zu verstärken. Nach den Geheimdienstinformationen der UDF befanden sich zwar Schutztruppen-Einheiten in der Gegend, aber sie seien Grants Truppenstärke unterlegen, hieß es. Bei Bedarf stehe weitere Verstärkung aus Ramansdrift zur Verfügung. Natürlich lagen die geheimdienstlichen Meldungen hoffnungslos daneben.
Oberstleutnant von Heydebreck hatte beschlossen, Lüderitzbucht nicht zu verteidigen. Stattdessen wollte er die Bahnverbindung ins Inland zerstören, um den feindlichen Vormarsch aufzuhalten, und sich auf den Einmarsch vom Oranje her konzentrieren.
Zur Vorbereitung auf den Angriff auf Sandfontein hatte von Heydebreck eilends Truppen per Zug aus Keetmanshoop herbeibeordert und Verstärkung von der östlichen Grenze in die Nähe geholt. Ahnungslos rückten die UDF-Einheiten nach Sandfontein vor und tappten in eine gut geplante Falle.
Oberstleutnant Grant war die ganze Nacht durchgeritten und traf am Morgen des 26. September in Sandfontein ein. Seine Männer saßen noch im Sattel, als ein Wachposten auf einem Hügel, von dem er die Wasserstellen überblicken konnte, den Anmarsch einer Schutztruppenkolonne von Nordost meldete. Grant stieg selbst auf den Hügel, um sich ein Bild von der Lage zu machen, und sah zwei weitere Kolonnen anrücken. Wenige Minuten später nahte eine vierte Kolonne von Südwesten und schnitt somit seinen Rückzugsweg ab.
Zwanzig Minuten nach seiner Ankunft fand sich Grant vollständig umzingelt – von einer überlegenen Truppe, die mit großem Geschick und mit enormer Schnelligkeit aufgeboten worden war. Von Heydebreck wusste, dass ihm der Sieg sicher war, solange keine weitere Verstärkung aus Ramansdrift anrückte. Aber auch darauf hatte er sich vorbereitet. Er brachte die Artillerie am westlichen Fuße des Hügels in Stellung. Die Maschinengewehr-Abteilungen bezogen den südlichen Bergsporn und hatten von dort ein gutes Schussfeld zum Hügel hin.
Grants Abteilung war eine halbe Stunde nach ihrer Ankunft gefechtsklar und eröffnete mit ihren Geschützen das Feuer auf die Schutztruppenstellungen im Süden. Die Schutztruppe erwiderte den Beschuss umgehend mit den Kanonen, die auf einem Höhenrücken im Nordosten in Position gebracht worden waren, und kurz darauf auch mit der Artillerie im Westen und Südwesten. Die Truppe hatte sich um den Hügel herum verteilt und war zwischen den Felsen und in Erosionsrinnen in Deckung gegangen. Bald feuerten ihre Gewehre und Maschinengewehre aus allen Richtungen. Die Geschütze waren vor allem auf die gegnerischen Kanonen gerichtet.
Die UDF hatte sich am Hügel verschanzt und versuchte die Schutztruppe mit einem Kugelhagel in Schach zu halten. Doch dann wurde eine ihrer Kanonen und eine Maschinengewehrstellung getroffen. Der UDF-Batteriekommandeur meldete, dass er die zweite Kanone nicht mehr bedienen könne, da der größte Teil der Geschützmannschaften tot oder verletzt sei. Oberstleutnant Grant ordnete an, dass sich der Rest der Batterie zurückziehen sollte. Der Batteriekommandeur löste zuvor noch den Keilverschluss. Unterdessen hatte die Artillerie der Schutztruppe begonnen, die UDF-Stellungen mit Schrapnell einzudecken, um einen Angriff vorzubereiten. Grant wurde ins Bein getroffen und wollte das Kommando an Hauptmann Welby übergeben. Daraus wurde jedoch nichts, denn Grant befand sich auf dem Hügel und Welby unten am Fuße.
Als Gefechtslärm aus Richtung Sandfontein zu hören war, entsandte Brigadegeneral Lukin eine Schwadron, die Oberstleutnant Grant gegebenenfalls zu Hilfe kommen sollte. Doch bald geriet die Verstärkung aus Ramansdrift in die Schusslinie der Maschinengewehr-Abteilung, die von Heydebreck wohlweislich in Stellung gebracht hatte, um Unterstützung für Grant zu verhindern. Als Lukin von dem Hinterhalt erfuhr, wurde ihm klar, dass die Schutztruppe zwischen ihm und Sandfontein lag. Er machte sich mit 130 Mann und zwei Geschützen auf den Weg zum Kampfplatz. Unterwegs verstummte das Feuer der Verstärkung. Der Hügel wurde weiterhin von der Schutztruppe beschossen. Lukin wusste, dass er und seine Abteilung auf sich selbst angewiesen waren.
Am Nachmittag ordnete Oberstleutnant von Heydebreck die Intensivierung des Artilleriebeschusses an. Später sollte ein Bajonettangriff erfolgen. Doch Oberstleutnant Grant ging bereits die Munition aus und seine Männer waren in schlechter Verfassung. Während des anhaltenden Beschusses war es unmöglich, die Verwundeten zu bergen. Kurz vor dem Bajonettangriff ging auf dem Hügel die weiße Flagge hoch. Grant ergab sich.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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