Krise in Simbabwe: Gähnend leere Regale in Supermärkten
Harare (dpa) - In Simbabwe greift die Verzweiflung um sich. Die Menschen stehen oft stundenlang an, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen: In Supermärkten gibt es kein Brot mehr zu kaufen, Grundnahrungsmittel wie Speiseöl und Reis sind Mangelware. Apotheken gehen wichtige Medikamente aus, an Tankstellen bilden sich lange Schlangen. Doch in Simbabwe herrscht kein Krieg, es ist auch kein Hurrikan an der Misere schuld. Das Land steckt nach jahrelangem Missmanagement in einer schweren hausgemachten Wirtschaftskrise.
Den Preis dafür zahlen einfache Simbabwer wie Theresa Mlambo, die in Harare ratlos vor einem Supermarkt steht. „Ich habe jetzt seit drei Tagen ohne Erfolg nach Zucker und Speiseöl gesucht“, sagt sie. „Jetzt muss ich die teurere Margarine kaufen, weil es kein Öl mehr gibt“, erklärt sie. Auch der 27-jährige Kundai Gore ist erschöpft vom Abklappern der Supermärkte. „Ich will Wasserflaschen kaufen, aber sie wurden auf maximal zwei pro Person rationiert“, schildert er.
Der Ursprung der Misere ist, dass das Land im südlichen Afrika eine Währung nutzt, die es nicht selbst drucken kann, den US-Dollar. Das ist seit einer Wirtschaftskrise so, die 2008-2009 zu einer Phase der Hyperinflation führte. Zum Einkaufen brauchte man Schubkarren voll Geld. Scheine über 100 Milliarden Simbabwe-Dollar waren bald wertlos.
Dann führte die Regierung des damaligen Langzeitpräsidenten Robert Mugabe zähneknirschend den US-Dollar als Währung ein. Der freie Fall der Wirtschaft wurde gestoppt. Doch die einstige Notlösung fühlt sich inzwischen an wie Simbabwes Sargnagel: Das Land nimmt durch Exporte nicht genug US-Dollar ein, deswegen gibt es im Land kaum mehr Banknoten. Die Banken geben Kunden keine US-Dollar mehr. Die Regierung hat daher Schuldscheine eingeführt, sogenannte bond notes. Per Gesetz entspricht diese Parallelwährung eins zu eins dem US-Dollar. Doch darauf verlässt sich inzwischen kaum mehr jemand: Für 100 US-Dollar bekommt man nun mitunter bis zu 400 bond notes.
Für Unternehmer ist das Gift: sie müssen Importe teuer in US-Dollar zahlen, die Kunden begleichen ihre Rechnungen aber in den immer wertloseren bond notes. Keine Firma macht gerne Miese, deswegen hat zum Beispiel die US-Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) ihre Restaurants in Simbabwe bis auf weiteres geschlossen. Viele Geschäfte weigern sich inzwischen, Kartenzahlungen oder bond notes anzunehmen. Nur wer Zugang zu US-Bargeld hat, kann noch alles kaufen.
Die 66-jährige Emilia Honde war extra aus dem Umland nach Harare gekommen, weil sie Medikamente zur Behandlung ihrer chronischen Krankheit braucht. Doch mit Bankkarte und bond notes hatte sie keinen Erfolg. „Sie haben gesagt, sie nehmen nur US-Dollar“, seufzt sie. Ein anderer Kunde klagt, er habe seine Gastritis-Medizin nicht bekommen können. „Ich bin Lehrer und werde in bond notes bezahlt, wo soll ich US-Dollar her haben?“ fragt der 39-jährige Admire Gute.
Manche Geschäfte verlangen nun je nach Zahlungsart unterschiedlich Preise für die gleiche Ware, obwohl das illegal ist. Wenn jemand zum Beispiel ein Auto-Ersatzteil kaufen will, würde der Händler bei Barzahlung 100 US-Dollar verlangen, bei Bezahlung mit Karte oder bond notes eher 150 oder gar 200 US-Dollar. Die Regierung hat kürzlich noch Öl ins Feuer gegossen und eine Steuer von zwei Prozent auf alle elektronischen Zahlungen eingeführt. Das heizt die Inflation weiter an. Simbabwer fürchten bereits eine Wiederkehr der Hyperinflation.
Ähnlich wie im Krisenland Venezuela versucht die Regierung, sich mit strengen Gesetzen und der Polizei zu behelfen. Geldwechsler werden festgenommen, Preiserhöhungen in Supermärkten will die Regierung mit Schließungen von Geschäften bestrafen. Die Restriktionen haben zu einem blühenden Schwarzmarkt geführt. Einzelhandelspräsident Denford Mutashu sagt, die Unternehmer seien machtlos. „Viele Supermärkte haben seit Tagen keine Grundnahrungsmittel mehr, weil Lieferanten und Produzenten keine Devisen mehr haben, um Rohstoffe zu importieren.“
Das Militär drängte Präsident Mugabe (94) vor einem Jahr zum Rücktritt. Sein Nachfolger Emmerson Mnangagwa (76) will Investoren anlocken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Doch ohne die Einführung einer eigenen Währung, kann die Regierung Experten zufolge nur die Symptome behandeln, nicht die Krankheit selbst. Doch die Menschen vertrauen Regierung und Zentralbank nicht mehr, sie würden eine Welle der Inflation befürchten. Zudem würde die Währung gegenüber dem US-Dollar sofort abgewertet werden. Alle Kredite wären aber weiter in US-Dollar zu bedienen – das Rezept einer schmerzhaften Schuldenkrise.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) wäre bereit zu helfen, doch erst mal müsste die Regierung dort seit langem fällige Schulden begleichen. Eine eigene Währung würde auch voraussetzen, dass die Regierung die Ausgaben drossle und ihren Haushalt mit „eiserner Entschlossenheit“ unter Kontrolle behalte, erklärt Analyst Jee-A Van der Linde vom südafrikanischen Beratungshaus NKC African Economics. „Realistisch gesehen hat Simbabwe nicht das nötige wirtschaftliche Fundament, den Simbabwe-Dollar wieder einzuführen.“
Von Problem Masau und Jürgen Bätz, Deutsche Presse-Agentur (dpa)
Den Preis dafür zahlen einfache Simbabwer wie Theresa Mlambo, die in Harare ratlos vor einem Supermarkt steht. „Ich habe jetzt seit drei Tagen ohne Erfolg nach Zucker und Speiseöl gesucht“, sagt sie. „Jetzt muss ich die teurere Margarine kaufen, weil es kein Öl mehr gibt“, erklärt sie. Auch der 27-jährige Kundai Gore ist erschöpft vom Abklappern der Supermärkte. „Ich will Wasserflaschen kaufen, aber sie wurden auf maximal zwei pro Person rationiert“, schildert er.
Der Ursprung der Misere ist, dass das Land im südlichen Afrika eine Währung nutzt, die es nicht selbst drucken kann, den US-Dollar. Das ist seit einer Wirtschaftskrise so, die 2008-2009 zu einer Phase der Hyperinflation führte. Zum Einkaufen brauchte man Schubkarren voll Geld. Scheine über 100 Milliarden Simbabwe-Dollar waren bald wertlos.
Dann führte die Regierung des damaligen Langzeitpräsidenten Robert Mugabe zähneknirschend den US-Dollar als Währung ein. Der freie Fall der Wirtschaft wurde gestoppt. Doch die einstige Notlösung fühlt sich inzwischen an wie Simbabwes Sargnagel: Das Land nimmt durch Exporte nicht genug US-Dollar ein, deswegen gibt es im Land kaum mehr Banknoten. Die Banken geben Kunden keine US-Dollar mehr. Die Regierung hat daher Schuldscheine eingeführt, sogenannte bond notes. Per Gesetz entspricht diese Parallelwährung eins zu eins dem US-Dollar. Doch darauf verlässt sich inzwischen kaum mehr jemand: Für 100 US-Dollar bekommt man nun mitunter bis zu 400 bond notes.
Für Unternehmer ist das Gift: sie müssen Importe teuer in US-Dollar zahlen, die Kunden begleichen ihre Rechnungen aber in den immer wertloseren bond notes. Keine Firma macht gerne Miese, deswegen hat zum Beispiel die US-Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) ihre Restaurants in Simbabwe bis auf weiteres geschlossen. Viele Geschäfte weigern sich inzwischen, Kartenzahlungen oder bond notes anzunehmen. Nur wer Zugang zu US-Bargeld hat, kann noch alles kaufen.
Die 66-jährige Emilia Honde war extra aus dem Umland nach Harare gekommen, weil sie Medikamente zur Behandlung ihrer chronischen Krankheit braucht. Doch mit Bankkarte und bond notes hatte sie keinen Erfolg. „Sie haben gesagt, sie nehmen nur US-Dollar“, seufzt sie. Ein anderer Kunde klagt, er habe seine Gastritis-Medizin nicht bekommen können. „Ich bin Lehrer und werde in bond notes bezahlt, wo soll ich US-Dollar her haben?“ fragt der 39-jährige Admire Gute.
Manche Geschäfte verlangen nun je nach Zahlungsart unterschiedlich Preise für die gleiche Ware, obwohl das illegal ist. Wenn jemand zum Beispiel ein Auto-Ersatzteil kaufen will, würde der Händler bei Barzahlung 100 US-Dollar verlangen, bei Bezahlung mit Karte oder bond notes eher 150 oder gar 200 US-Dollar. Die Regierung hat kürzlich noch Öl ins Feuer gegossen und eine Steuer von zwei Prozent auf alle elektronischen Zahlungen eingeführt. Das heizt die Inflation weiter an. Simbabwer fürchten bereits eine Wiederkehr der Hyperinflation.
Ähnlich wie im Krisenland Venezuela versucht die Regierung, sich mit strengen Gesetzen und der Polizei zu behelfen. Geldwechsler werden festgenommen, Preiserhöhungen in Supermärkten will die Regierung mit Schließungen von Geschäften bestrafen. Die Restriktionen haben zu einem blühenden Schwarzmarkt geführt. Einzelhandelspräsident Denford Mutashu sagt, die Unternehmer seien machtlos. „Viele Supermärkte haben seit Tagen keine Grundnahrungsmittel mehr, weil Lieferanten und Produzenten keine Devisen mehr haben, um Rohstoffe zu importieren.“
Das Militär drängte Präsident Mugabe (94) vor einem Jahr zum Rücktritt. Sein Nachfolger Emmerson Mnangagwa (76) will Investoren anlocken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Doch ohne die Einführung einer eigenen Währung, kann die Regierung Experten zufolge nur die Symptome behandeln, nicht die Krankheit selbst. Doch die Menschen vertrauen Regierung und Zentralbank nicht mehr, sie würden eine Welle der Inflation befürchten. Zudem würde die Währung gegenüber dem US-Dollar sofort abgewertet werden. Alle Kredite wären aber weiter in US-Dollar zu bedienen – das Rezept einer schmerzhaften Schuldenkrise.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) wäre bereit zu helfen, doch erst mal müsste die Regierung dort seit langem fällige Schulden begleichen. Eine eigene Währung würde auch voraussetzen, dass die Regierung die Ausgaben drossle und ihren Haushalt mit „eiserner Entschlossenheit“ unter Kontrolle behalte, erklärt Analyst Jee-A Van der Linde vom südafrikanischen Beratungshaus NKC African Economics. „Realistisch gesehen hat Simbabwe nicht das nötige wirtschaftliche Fundament, den Simbabwe-Dollar wieder einzuführen.“
Von Problem Masau und Jürgen Bätz, Deutsche Presse-Agentur (dpa)
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