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Körperschmuck für die Ewigkeit

Mit schwitzigen Händen und nervösem Gesichtsausdruck beobachtet Stefan Steyn, wie Andy van Zyl seine Arbeitsutensilien auf einem Tisch ausbreitet. Gleich wird der Tätowierer die Spitze der Nadel auf den Arm des 33-jährigen Musikers setzen und mit seinem Kunstwerk beginnen. Das Bild, ein Muster aus Schuppen und Federn, die sich um Stefans Oberarm winden, wird seinen Körper ein Leben lang schmücken - darauf hat Andy ihn zuvor mehrfach hingewiesen, nur um sicher zu gehen.
Doch Stefan hat seine Entscheidung getroffen und nimmt tapfer auf einem alten Friseurstuhl Platz. "Einfach zurücklehnen und entspannen", empfiehlt Andy und zieht sich weiße Latex-Handschuhe über. Er rasiert und desinfiziert Stefans Oberarm und trägt Vaseline auf. Dann beginnt er die Umrisse der Federn und Schuppen mit einem Filzstift auf die Haut zu malen. Schließlich nimmt er die Tätowiermaschine zur Hand, tunkt die Spitze in ein Farbtöpfchen und setzt sie auf den Arm. Stefan ballt seine Hände zur Faust und schließt die Augen. Dann ertönt ein Summen.
"Ich hab' Schlimmeres erwartet", sagt Stefan überrascht, nachdem die Tätowiermaschine die ersten Millimeter zurückgelegt hat. "Es fühlt sich an, als ob mir jemand Strom durch den Arm jagt und gleichzeitig mit einer Nähnadel über die Haut kratzt. Nicht sehr schmerzhaft, eher irritierend."
Bis zu 120 mal in der Sekunde bewegt sich die Nadel auf und ab, durchsticht die obersten Hautschichten und bringt Farbstoffe darunter. Stößt sie zu tief in die Haut, kann die Farbe durch Blutungen ausgewaschen werden. Gerät die Tätowierung hingegen zu flach, wächst das Tattoo mit der Zeit aus und wird vom Körper abgestoßen. Um das zu vermeiden, ist jede Menge Finger-, oder besser: Nadelspitzengefühl, gefragt.
Doch Andy van Zyl ist hochkonzentriert bei der Sache. Der namibischstämmige Tätowierer blickt auf eine lange Berufserfahrung zurück, seine Karriere begann vor zwanzig Jahren in Südafrika. "Damals habe ich als Polizist gearbeitet", erzählt er, "aber mein Traum war es schon immer, Menschen Gemälde für die Ewigkeit auf ihre Haut zu zaubern."
Als er in das Handwerk einstieg, gab es in Südafrika gerade einmal sieben professionelle Tätowierer. Einer davon war "Elaine", Andys Mentor und Lehrer. "Ich musste ihn Jahre lang nerven, bis er mir endlich einen Ausbildungsplatz gab", erzählt Andy. Für ein Jahr bestand seine Aufgabe zunächst darin, das Studio seines Meisters ordentlich und sauber zu halten, die elektrischen Tätowier-Maschinen zu säubern und zu desinfizieren, Nadeln zu wechseln und Sekretär zu spielen. "Ich war meinem Ziel so nah und doch so fern", erzählt Andy augenzwinkernd. Doch gerade bei einer dauerhaften Angelegenheit wie einem Tattoo sind die Grundlagen wichtig: In dieser Zeit lernte Andy, wie sich Hautirritationen und Entzündungen vermeiden lassen, unter anderem durch den Gebrauch von Tattoo-Farben, die ausschließlich auf Kohlenstoff basiert sind.
"1995, fünf Jahre nach Beginn meiner Ausbildung, habe ich dann zum ersten Mal an einem Tätowier-Kongress teilgenommen", erinnert sich Andy. Dort räumte er mehrere Preise ab und seine Karriere kam ins Rollen. Im Jahr darauf wanderte er nach England aus, wo er gleich zwei Tattoo-Studios eröffnete. "Dann bekam ich Heimweh nach Südafrika und zog dahin zurück."
In seinem neuen Atelier in Randburg, im Norden Johannesburgs, wurde er mehrmals von den Mitgliedern eines namibischen Motorradclubs aufgesucht, die ihre Haut "schmücken" wollten. "Das hat mich veranlasst, 2007 für die jährliche Windhoeker Ausstellung nach Namibia zu kommen. Dort habe ich eine Woche lang täglich von 9 bis 22 Uhr die Mitglieder des Motorradclubs tätowiert. Das war Stress pur", erzählt der Künstler. Bei dieser Gelegenheit entdeckte er den großen namibischen Markt: "Hier laufen viele Menschen mit verpfuschten oder stümperhaften Tattoos herum. Da habe ich meine Chance gewittert", sagt Andy.
Einmal gemachte Fehler wollte er hier vermeiden: "Mein erster Tattoo-Laden ähnelte sehr einer Arztpraxis. Wer fühlt sich da schon wohl?", übt sich Andy in Selbstkritik. Im vergangenen Jahr trat Stefan Nel, der Eigentümer von "Dark Avenue Music", mit einem spannenden Vorschlag an ihn heran: ein gemeinsamer Laden in Windhoek, in dem Stefan seine Musikartikel für Metalfans anbietet und Andy Piercings und Tätowierungen. "Ich war begeistert, schließlich will ich, dass sich meine Kunden wie zu Hause fühlen. Das hilft gegen die Nervosität", sagt Andy.
Der Schuppen- und Federschmuck, den Andy mit der Nadel Punkt für Punkt und Linie für Linie um Stefan Steyns Oberarm schlingt, ist eines der letzten Tattoos, die noch im Übergangsstudio im Südlichen Industriegebiet entstehen. Der Umzug in den neuen Laden ist so gut wie abgeschlossen , heute ab 10 Uhr hat das Tattoo-Studio in der Maerua Mall geöffnet. Dort bietet er seinen Kunden kompletten Service rund um ihre Tätowierung: Er berät sie vorher über sämtliche Risiken und entwirft die Tattoos nach individuellem Wunsch. Und wenn ein Tattoo einmal während des Heilungsprozesses vernarbt und der Kunde unzufrieden ist, korrigiert Andy die Schönheitsfehler gratis. "Schließlich ist jede meiner Tätowierungen meine Visitenkarte", sagt Andy. "Ich kann es mir nicht leisten, dass es schlecht aussieht."

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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