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Leute

"Singt, dann spürt Ihr nicht den Schmerz!"

Einst waren sie die offizielle Motivationstruppe der Swapo und haben revolutionäre Songs für die Soldaten der Befreiungsbewegung gesungen. Heute ist die Ndilimani Cultural Troupe immer noch gern gesehener Unterhalter bei Veranstaltungen der regierenden Partei, hat sich aber zu einer politisch und finanziell unabhängigen Musikgruppe mit eigenen Zielen gemausert. Das alte Credo von damals ist für Ndilimani jedoch immer noch gültig: "Sing, dann spürst du den Schmerz nicht!"





Als Jessy Nombanza als 13-jähriger Knirps in eines der Rebellen-Auffanglager der Swapo in die angolanische Provinz Kwanza Zul kam, da hat es für ihn und andere Jungen immer wieder diese Momente des Heimwehs gegeben. "Irgendwann kommt dieses Gefühl hoch, dass du deine Mutter vermisst", erzählt der ehemalige Freiheitskämpfer und Ndilimani-Bandleader. "In solchen Augenblicken hilft dir die Musik."


Sich und anderen Mut zusingen - das ist es, was Jessy Nombanza mit der Ndilimani Cultural Troupe einmal hauptberuflich gemacht hat. Die Gruppe wurde 1980 in Lubango, Angola von der South West Africa People"s Organization (Swapo) gegründet - mit dem ausdrücklichen Ziel, die Menschen des ehemaligen Südwestafrika durch Gesang und Tanz für den Befreiungskampf zu mobilisieren. Ihren Namen entlehnte sie dem damaligen Verteidigungssekretär der People"s Liberation Army of Namibia (PLAN), dem militärischen Arm der Swapo: "Ndilimani", auf Deutsch "Dynamit", so lautete der Deckname für PLAN-Kämpfer Petrus Nanyemba.


Ndilimani sollte die Soldaten unterhalten, sollte die Bewohner der Swapo-Flüchtlingslager in Angola motivieren, war regelmäßig auf dem Underground-Radiosender "Voice of Namibia" zu hören. 1985 zog die Truppe von ihrem Wohnsitz in Lubango nach Luanda um. Dort wurde Papa Fransua aus Kongo/Brazzaville, heute Musikdozent an der Universität von Namibia, von der Swapo als Lehrmeister für Ndilimani engagiert. Unter seiner Leitung verfeinerte die Truppe ihr vielseitiges Repertoire: traditioneller Tanz, Gesang, Trommelspiel, Gedichte rezitieren - Ndilimani konnte alle Wünsche erfüllen.


Bald waren es auch nicht mehr nur die Freiheitskämpfer, die in den Genuss der Kulturvorstellungen von Ndilimani kamen. Die Gruppe sollte auch in anderen Afrikaländern und in Übersee die Botschaft verbreiten, dass das namibische Volk unter dem Apartheidsregime unterdrückt wird und die Unabhängigkeit von Südafrika fordert. Ndilimani bereiste Ghana, Sambia, Kongo/Brazzaville und Angola, später auch die skandinavischen Länder, Holland, Deutschland, die ehemalige Sovietunion und die USA.


Mit der Unabhängigkeitwerdung Namibias änderte sich einiges für die Kulturtruppe. Ihre Mitglieder kamen 1989 gemeinsam mit der ersten Exilantengruppe, darunter auch Ex-Premierminister Hage Geingob, nach Namibia zurück. Da hieß es, für die Wahlkampagne von Swapo aktiv zu werden. "Wir haben das ganze Land bereist", erinnert sich Jessy Nombanza. "Aber das erste Ziel war bald erreicht war: die Unabhängigkeit und der Wahlsieg der Swapo. Jetzt arbeiten wir auf kommerzieller Basis weiter."


Zehn Mitglieder zählt Ndilimani zur Zeit. Unter ihnen Vertreter fast aller Volksgruppen Namibias: Ovambo, Herero, Damara/Nama, Caprivi, Tswana, Kavango. "Nur Afrikaaner und Deutsche fehlen uns noch", lacht Jessy. "Wir würden das Bild gerne vervollständigen!"


In seinem gepflegten grauen Anzug mit dem silbernen Aktenkoffer unterm Arm macht Nombanza mehr den Eindruck eines seriösen Geschäftsmannes als den eines idealistischen Musikers. Mit wohlüberlegten Worten schildert er, wie Ndilimani sich von der ehemals Swapo-finanzierten Kulturgruppe zu einer selbstständigen Band entwickelt hat. Vor allem Firmen und Privatpersonen sind es heute, die die Truppe für Liveauftritte bei Festen und offiziellen Veranstaltungen engagieren. "Wenn die Swapo oder die Regierung uns brauchen, dann stellen sie wie jeder andere einen Antrag, wir schicken einen Kostenvoranschlag, und wenn alle zufrieden sind, dann haben wir einen Deal", erklärt Jessy.


Ob Ndilimani denn als Liebling der regierenden Partei künstlerische Freiheit genießen kann? "Natürlich", meint der Bandleader. "Es wäre wohl moralisch nicht richtig, in unseren Songs explizite Kritik an individuellen Partei- oder Regierungsmitgliedern zu üben. Aber wir kritisieren Korruption, wir singen gegen Gewalt und Aids an, wir fordern, dass die Regierung mehr für die Entwicklung der Musikszene tut - alles Dinge, die zu unserer Pflicht als Künstler gehören."


Dabei passt Ndilimani sich bereitwillig den Wünschen des Auftragsgebers an. "Wir wissen genau, was wir wo spielen können", sagt Jessy. "Wir bleiben eine Swapo-Gruppe; aber Sie können uns vor Gericht schleppen, sollten wir jemals bei einer privaten Fete unaufgefordert auch nur einen einzigen Swapo-Song spielen!"


Ndilimani hat inzwischen sieben Alben auf dem Markt. Ende 1990 nahm die Gruppe ihre erste Kassette auf: "Ndilimani No. 1" enthält Lieder aus dem Befreiungskampf. 1992 folgte "Ngaduwane" (Let us unite) - ein in Dänemark aufgenommenes Album, das den Aufbau einer vereinten namibischen Nation propagiert.


In "Africa We Don"t Want the Danger" (1993) geht es um Themen wie HIV/Aids, Gewalt und das moderne Leben in Namibia. "Ein Song ("Hey Mama") handelt von einem namibischen Studenten, der nach seinem Studium in Übersee mit einer europäischen Ehefrau nach Hause zurückkommt", erzählt Jessy. "Seine Familie will, dass er traditionell heiratet - eine Frau, die ihm schon lange versprochen ist. Aber er lehnt sich dagegen auf. Es geht um das moderne Leben und dass die Traditionalisten dieses akzeptieren müssen."


1999 erschien "Osire", ein sehr populäres Album, das allen Flüchtlingen auf dem afrikanischen Kontinent gewidmet ist. Ein Jahr später veröffentlichte Ndilimani seine erste CD. Sie enthält vier Songs zum Thema SADC, eine Art Aufklärungskampagne über die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika, gesungen auf Portugiesisch, Französisch, Englisch und verschiedenen namibischen Sprachen.


Jetzt hat Ndilimani brandneu ein Doppelalbum herausgebracht: "Sam Ouli Peni" (Sam, wo bist Du) heißt der erste Band, "Let us unite" der zweite. Beide Alben enthalten ausschließlich Songs des Befreiungskampfes. Ndilimani hat die im Rahmen der Rebellenbewegung entstandenen Lieder neu arrangiert und den ursprünglich reinen Chorgesang mit Instrumentalbegleitung unterlegt.


Ein Album mit Swapo-Kriegsliedern, 13 Jahre nach der Unabhängigkeit? "Das sollte keinesfalls als Widerspruch zur Politik der nationalen Versöhnung gesehen werden", heißt es in dem Heftchen zur CD. "Tatsache ist, dass man nur weiß, wo man steht und wohin man sich bewegt, wenn man weiß, wo man herkommt", ergänzt Jessy. "Geschichte sollte aufgezeichnet werden, das ist wichtig für jede Nation. Wir wollen, dass Jugendliche nicht nur vom Hörensagen wissen, welche Lieder im Befreiungskampf gesungen wurden."


Etwas von der Aufbruchstimmmung von damals will Ndilimani mit diesen "revolutionary songs" vermitteln. "Das waren Lieder, die die Moral der Soldaten aufrechterhalten haben", erklärt Jessy. Und wenn sich Ndilimani heute auch ganz anderen, nämlich sozialen Themen widmet, so glaubt die Gruppe immer noch an den tröstenden, ermutigenden Effekt, den damals die Musik für Exilanten und Befreiungskämpfer hatte.


"Selbst in den Kämpfen (struggles), die wir heute führen, kann Musik helfen", glaubt Jessy Nombanza. Im Kampf gegen die Armut und Arbeitslosigkeit beispielsweise. Weshalb der Bandleader hin und wieder mit Arbeitssuchenden spricht, sie auffordert, Musik zu machen, während sie auf Arbeit warten. "Stell dir vor, eine Gruppe von Arbeitslosen tut sich einfach zusammen und singt - die haben doch gleich einen Bonus, weil jeder sieht, dass sie nicht nur tatenlos herumhängen, sondern Initiative ergreifen", sinniert Jessy. "Außerdem baut Musik ungemein auf. Ich rate ihnen immer: Singt, dann spürt Ihr den Schmerz nicht!"





((im Kasten:))


Die beiden neuen Alben von Ndilimani wurden mit Geldern finanziert, die die Windhoeker Stadtverwaltung nach einer von Castle Breweries gesponserten musikalischen "Roadshow" eingenommen hat. Der Profit sollte kulturellen Entwicklungsprojekten zugute kommen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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