„Limit is the sky“
Von Simon Kunert, Windhoek
Dröhnende Motoren, Bier- und Benzingeruch. In den Ohren „Danger Zone“: Schon beim Betreten des Hosea-Kutako-Flughafens fühlt man sich in die Achtziger zurückversetzt. In die Zeit, als Tom Cruise und Kelly McGillis mit „Top Gun“ Kinosäle füllten.
Die erste Flugshow auf einem internationalen Flugplatz in Afrika war im Vorfeld mit großen Vorschusslorbeeren gestartet. Die Veranstalter rund um Cheforganisator Reinhard Gärtner hatten das größte Event in der jüngeren namibischen Geschichte und ein Programm der Superlative angekündigt. Schon am Samstag ist klar: Sie haben nicht zu viel versprochen.
Alle fünf Minuten steigt ein neues Flugzeug in den Himmel auf. Über 20 Luftakrobaten aus Südafrika und Namibia sorgen für einen „Wow-Moment“ nach dem anderen. Allen voran Kunstflieger Nigel Hopkins, der seine wendige, rote Maschine bis an die Grenze des Machbaren treibt. Loopings, Rollen, Tiefflüge: Hopkins zeigt sein ganzes Repertoire. Der absolute Höhepunkt: der senkrechte Steilflug bis an die Belastungsgrenze seines MX2-Motors. Quasi am Propeller hängend lässt sich Hopkins rückwärts gen Boden fallen. Sein Flugzeug gerät ins Trudeln, der worst case für jeden Piloten. Doch Hopkins fängt sein Gerät mit einer Rolle ab und lässt eine Schraube mit Überschlag folgen. Ein beeindruckendes Manöver, das für kollektives Raunen im Besucherraum sorgt.
„Für Soloflüge ist Nigel sicherlich einer der besten der Welt“, erklärt mit Arnie Meneghelli ein Mann, der es wissen muss. Der 66-Jährige kann auf mehr als 5500 Flugstunden zurückblicken und fliegt seit 16 Jahren Flugshows mit der Eqstra-Staffel – den „Flying Lions“. Mit seiner Ray-Ban-Brille und seinem Fluganzug steht er in lässiger Fliegerpose im Besucherraum und beantwortet die Fragen der Besucher. Kurz zuvor war er mit seinen Kollegen Scully Levin, Sean Thackwray und Ellis Levin im Formationsflug durch die Luft gewirbelt und hatte weiße Rauchbahnen in den strahlend blauen Himmel gemalt. „Ist das nicht gefährlich?“, fragt ein Besucher. „Nein“, sagt Meneghelli, „wir fliegen schon so lange zusammen. Wir verstehen uns blind. Es ist wahrscheinlich ungefährlicher als wenn Sie mit dem Auto von A nach B fahren.“ Voraussetzung sei jedoch die perfekte Planung und die Professionalität der Boden-Crew. „Wir fliegen jedes zweite Wochenende eine Airshow. Diese hier ist mit Sicherheit eine der bestorganisierten, die ich je gesehen habe.“
Sicherheit an erster Stelle
Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, hat sich der Verband der Allgemeinen Luftfahrt in Namibia Expertise von außen dazu geholt. Sicherheitsfachleute aus Südafrika wurden hinzugezogen, um Airboss Mike Böttger und Groundboss Peter Keil dabei zu unterstützen, alle Flugzeuge koordiniert und wohlbehütet in die Luft und wieder auf den Boden zu bringen. Die lange Start- und Landebahn des internationalen Flughafens hilft ihnen dabei. „Dadurch haben wir eine riesige Flightbox zur Verfügung. Das macht es einfacher“, erklärt Meneghelli.
Die Flightbox beschreibt den Flugraum, in dem sich die Kunststücke abspielen. Verlässt sie ein Pilot, hat der Spaß ein Ende. „Dann muss er sofort landen und eine Strafe zahlen. Das Risiko für die Besucher ist ansonsten viel zu groß. Das würden wir nicht tolerieren“, erklärt Wendy Mueller, die als Sicherheitschefin des Flughafens ebenso in die Planungen mit einbezogen ist wie zwölf Ministerien und öffentliche Einrichtungen.
In der Zwischenzeit folgen Flugeinlagen von Pitt Specials, von Harvards, einer L39, einem Airbus A320, einer Buccaneer, einer Hawker Hunter, einer Nanchang K8s , einer Huey, einer Bell 222, Airbus-Hubschraubern, einer H145, Aerocomanders und einer Trojan T28. Der südafrikanische Ansager Brian Emmenis beschreibt die geflogenen Manöver und gibt in Deutsch, Englisch und Afrikaans Hintergrundinfos. Die Hubschrauberstaffel der Windhoeker Polizei zeigt eine Befreiungsaktion aus der Luft. Den Besuchern bleibt kaum Zeit zum Durchatmen. Allerorten ist das Klicken von Kameras zu hören. Als die Piloten der namibischen Luftwaffe beim Vorbeiflug die Nachbrenner ihrer F7-Jets einschalten, stellen sich auch beim letzten Zuschauer der 14500 Besucher die Nackenhaare auf.
„Probefliegen“ auf der Ausstellung
Wer vom Staunen mittlerweile einen steifen Nacken bekommen hat, der kann sich auf dem Static Display umsehen. Auf einer Fläche von drei Fußballfeldern sind Fluggeräte aller Art ausgestellt: Leichtflugzeuge, Helikopter, Militärmaschinen, Lufttransporter, Airbusse und Kunstflugzeuge. Besonders die Kinder kommen dabei auf ihre Kosten. Jedes darf hinter den Steuerknüppeln Platz nehmen und „Probe fliegen“.
Rund 1500 waren auf Einladung der Trustco-Gruppe und des Transportministeriums aus dem ganzen Land an den Flugplatz gekommen. TransNamib brachte sie mit Sonderzügen kostenlos aus der Innenstadt hierher. Noch im Zug bekamen sie einen Rucksack mit T-Shirt und Süßigkeiten. Vor Ort warten Führungen durch Flugzeuge und ein kostenloses Mittagessen auf sie. „Es war uns ein großes Anliegen, die Kinder mit ins Boot zu holen. Wir wollen möglichst viele für die Luftfahrt begeistern. Das war unsere Mission“, erklärt der Präsident der allgemeinen Luftfahrt in Namibia (AOPA), Reinhard Gärtner, strahlend. „Ich habe von vielen gehört, dass sie Pilot werden wollen. Mission accomplished“, zwinkert Gärtner.
Am Ende des Vormittagsprogramms brummt eine Mustang P51 durch die Flightbox. Ein ehemaliges Militärflugzeug, das die Amerikaner während des Koreakrieges eingesetzt hatten. Gärtner blickt stolz nach oben. „Ein Flugzeug dieser Art fliegt heute zum ersten Mal in namibischen Luftraum. Großartig, dass das geklappt hat.“
Nur das Handynetz macht Probleme
Nicht nur deshalb wird der AOPA-Präsident am Ende des Tages ein rundum positives Fazit unter seine erste Airshow ziehen. „Wir wissen jetzt von staatlicher Seite, dass es das größte logistische Projekt in der Geschichte unseres Landes war. Der Verkehr lief super, die Besucher haben sich sehr gut verhalten und vor allem gab es keinen Unfall. Was will man mehr?“
Sucht man krampfhaft nach etwas Negativem, fallen einem lediglich die langen Schlangen an den Bier- und Wurstständen sowie das abgestürzte Handynetz ein. „Bei ein paar Sachen brauchen wir ja noch Luft nach oben“, schmunzelt Gärtner.
Laut Polizei hat es bis auf einen Unbelehrbaren, der unbedingt im abgesperrten Bereich parken wollte, und einen alkoholisierten Fahrer keine Probleme gegeben. Ebenso wie mit der medizinischen Versorgung. „Sechs Leute haben zu wenig Wasser getrunken und sind zusammengeklappt. Ansonsten ist mir nichts bekannt“, erklärt Gärtner.
Besonders stolz macht den Organisator, dass die gesamte Ausrüstung wie Zelte, Stühle bis hin zu Gläsern und Lautsprecher aus Namibia kam. „Wir haben gezeigt, dass es Namibia drauf hat. Auch wir können Megaevents!“ Gerade deshalb kam auch von allerhöchster Stelle Lob. „Ich habe ein bisschen mit Präsident Geingob gesprochen. Er hat uns sehr gelobt“, sagt Gärtner.
Transportminister Alpheus !Naruseb ließ sich in seiner Begrüßungsanspreche sogar zur Frage hinreißen, wann es die nächste Show gebe. „Die kommt bestimmt“, sagt Gärtner. „Aber nicht vor 2017. Wir müssen es als Rarität halten. Sonst sind die Leute schnell übersättigt.“
Zu lange sollten Gärtner und sein Team aber nicht warten. Zumal die Ziele für das nächste Mammutevent schon jetzt feststehen. „Limit is the sky. Ich will die Show noch internationaler machen. Es sollen noch mehr Toppiloten und Zuschauer kommen“, erklärt Gärtner. Vielleicht schaut dann ja auch Tom Cruise vorbei.
Dröhnende Motoren, Bier- und Benzingeruch. In den Ohren „Danger Zone“: Schon beim Betreten des Hosea-Kutako-Flughafens fühlt man sich in die Achtziger zurückversetzt. In die Zeit, als Tom Cruise und Kelly McGillis mit „Top Gun“ Kinosäle füllten.
Die erste Flugshow auf einem internationalen Flugplatz in Afrika war im Vorfeld mit großen Vorschusslorbeeren gestartet. Die Veranstalter rund um Cheforganisator Reinhard Gärtner hatten das größte Event in der jüngeren namibischen Geschichte und ein Programm der Superlative angekündigt. Schon am Samstag ist klar: Sie haben nicht zu viel versprochen.
Alle fünf Minuten steigt ein neues Flugzeug in den Himmel auf. Über 20 Luftakrobaten aus Südafrika und Namibia sorgen für einen „Wow-Moment“ nach dem anderen. Allen voran Kunstflieger Nigel Hopkins, der seine wendige, rote Maschine bis an die Grenze des Machbaren treibt. Loopings, Rollen, Tiefflüge: Hopkins zeigt sein ganzes Repertoire. Der absolute Höhepunkt: der senkrechte Steilflug bis an die Belastungsgrenze seines MX2-Motors. Quasi am Propeller hängend lässt sich Hopkins rückwärts gen Boden fallen. Sein Flugzeug gerät ins Trudeln, der worst case für jeden Piloten. Doch Hopkins fängt sein Gerät mit einer Rolle ab und lässt eine Schraube mit Überschlag folgen. Ein beeindruckendes Manöver, das für kollektives Raunen im Besucherraum sorgt.
„Für Soloflüge ist Nigel sicherlich einer der besten der Welt“, erklärt mit Arnie Meneghelli ein Mann, der es wissen muss. Der 66-Jährige kann auf mehr als 5500 Flugstunden zurückblicken und fliegt seit 16 Jahren Flugshows mit der Eqstra-Staffel – den „Flying Lions“. Mit seiner Ray-Ban-Brille und seinem Fluganzug steht er in lässiger Fliegerpose im Besucherraum und beantwortet die Fragen der Besucher. Kurz zuvor war er mit seinen Kollegen Scully Levin, Sean Thackwray und Ellis Levin im Formationsflug durch die Luft gewirbelt und hatte weiße Rauchbahnen in den strahlend blauen Himmel gemalt. „Ist das nicht gefährlich?“, fragt ein Besucher. „Nein“, sagt Meneghelli, „wir fliegen schon so lange zusammen. Wir verstehen uns blind. Es ist wahrscheinlich ungefährlicher als wenn Sie mit dem Auto von A nach B fahren.“ Voraussetzung sei jedoch die perfekte Planung und die Professionalität der Boden-Crew. „Wir fliegen jedes zweite Wochenende eine Airshow. Diese hier ist mit Sicherheit eine der bestorganisierten, die ich je gesehen habe.“
Sicherheit an erster Stelle
Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, hat sich der Verband der Allgemeinen Luftfahrt in Namibia Expertise von außen dazu geholt. Sicherheitsfachleute aus Südafrika wurden hinzugezogen, um Airboss Mike Böttger und Groundboss Peter Keil dabei zu unterstützen, alle Flugzeuge koordiniert und wohlbehütet in die Luft und wieder auf den Boden zu bringen. Die lange Start- und Landebahn des internationalen Flughafens hilft ihnen dabei. „Dadurch haben wir eine riesige Flightbox zur Verfügung. Das macht es einfacher“, erklärt Meneghelli.
Die Flightbox beschreibt den Flugraum, in dem sich die Kunststücke abspielen. Verlässt sie ein Pilot, hat der Spaß ein Ende. „Dann muss er sofort landen und eine Strafe zahlen. Das Risiko für die Besucher ist ansonsten viel zu groß. Das würden wir nicht tolerieren“, erklärt Wendy Mueller, die als Sicherheitschefin des Flughafens ebenso in die Planungen mit einbezogen ist wie zwölf Ministerien und öffentliche Einrichtungen.
In der Zwischenzeit folgen Flugeinlagen von Pitt Specials, von Harvards, einer L39, einem Airbus A320, einer Buccaneer, einer Hawker Hunter, einer Nanchang K8s , einer Huey, einer Bell 222, Airbus-Hubschraubern, einer H145, Aerocomanders und einer Trojan T28. Der südafrikanische Ansager Brian Emmenis beschreibt die geflogenen Manöver und gibt in Deutsch, Englisch und Afrikaans Hintergrundinfos. Die Hubschrauberstaffel der Windhoeker Polizei zeigt eine Befreiungsaktion aus der Luft. Den Besuchern bleibt kaum Zeit zum Durchatmen. Allerorten ist das Klicken von Kameras zu hören. Als die Piloten der namibischen Luftwaffe beim Vorbeiflug die Nachbrenner ihrer F7-Jets einschalten, stellen sich auch beim letzten Zuschauer der 14500 Besucher die Nackenhaare auf.
„Probefliegen“ auf der Ausstellung
Wer vom Staunen mittlerweile einen steifen Nacken bekommen hat, der kann sich auf dem Static Display umsehen. Auf einer Fläche von drei Fußballfeldern sind Fluggeräte aller Art ausgestellt: Leichtflugzeuge, Helikopter, Militärmaschinen, Lufttransporter, Airbusse und Kunstflugzeuge. Besonders die Kinder kommen dabei auf ihre Kosten. Jedes darf hinter den Steuerknüppeln Platz nehmen und „Probe fliegen“.
Rund 1500 waren auf Einladung der Trustco-Gruppe und des Transportministeriums aus dem ganzen Land an den Flugplatz gekommen. TransNamib brachte sie mit Sonderzügen kostenlos aus der Innenstadt hierher. Noch im Zug bekamen sie einen Rucksack mit T-Shirt und Süßigkeiten. Vor Ort warten Führungen durch Flugzeuge und ein kostenloses Mittagessen auf sie. „Es war uns ein großes Anliegen, die Kinder mit ins Boot zu holen. Wir wollen möglichst viele für die Luftfahrt begeistern. Das war unsere Mission“, erklärt der Präsident der allgemeinen Luftfahrt in Namibia (AOPA), Reinhard Gärtner, strahlend. „Ich habe von vielen gehört, dass sie Pilot werden wollen. Mission accomplished“, zwinkert Gärtner.
Am Ende des Vormittagsprogramms brummt eine Mustang P51 durch die Flightbox. Ein ehemaliges Militärflugzeug, das die Amerikaner während des Koreakrieges eingesetzt hatten. Gärtner blickt stolz nach oben. „Ein Flugzeug dieser Art fliegt heute zum ersten Mal in namibischen Luftraum. Großartig, dass das geklappt hat.“
Nur das Handynetz macht Probleme
Nicht nur deshalb wird der AOPA-Präsident am Ende des Tages ein rundum positives Fazit unter seine erste Airshow ziehen. „Wir wissen jetzt von staatlicher Seite, dass es das größte logistische Projekt in der Geschichte unseres Landes war. Der Verkehr lief super, die Besucher haben sich sehr gut verhalten und vor allem gab es keinen Unfall. Was will man mehr?“
Sucht man krampfhaft nach etwas Negativem, fallen einem lediglich die langen Schlangen an den Bier- und Wurstständen sowie das abgestürzte Handynetz ein. „Bei ein paar Sachen brauchen wir ja noch Luft nach oben“, schmunzelt Gärtner.
Laut Polizei hat es bis auf einen Unbelehrbaren, der unbedingt im abgesperrten Bereich parken wollte, und einen alkoholisierten Fahrer keine Probleme gegeben. Ebenso wie mit der medizinischen Versorgung. „Sechs Leute haben zu wenig Wasser getrunken und sind zusammengeklappt. Ansonsten ist mir nichts bekannt“, erklärt Gärtner.
Besonders stolz macht den Organisator, dass die gesamte Ausrüstung wie Zelte, Stühle bis hin zu Gläsern und Lautsprecher aus Namibia kam. „Wir haben gezeigt, dass es Namibia drauf hat. Auch wir können Megaevents!“ Gerade deshalb kam auch von allerhöchster Stelle Lob. „Ich habe ein bisschen mit Präsident Geingob gesprochen. Er hat uns sehr gelobt“, sagt Gärtner.
Transportminister Alpheus !Naruseb ließ sich in seiner Begrüßungsanspreche sogar zur Frage hinreißen, wann es die nächste Show gebe. „Die kommt bestimmt“, sagt Gärtner. „Aber nicht vor 2017. Wir müssen es als Rarität halten. Sonst sind die Leute schnell übersättigt.“
Zu lange sollten Gärtner und sein Team aber nicht warten. Zumal die Ziele für das nächste Mammutevent schon jetzt feststehen. „Limit is the sky. Ich will die Show noch internationaler machen. Es sollen noch mehr Toppiloten und Zuschauer kommen“, erklärt Gärtner. Vielleicht schaut dann ja auch Tom Cruise vorbei.
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Allgemeine Zeitung
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