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Ölvorkommen seien „imaginär”
Ölvorkommen seien „imaginär”

Ölvorkommen seien „imaginär”

Börsenfirma Viceroy verurteilt ReconAfrica als eine scheinbare Betrugsmasche
Stefan Noechel
Von Frank Steffen

Windhoek

Das renommierte Börsenunternehmen Viceroy Research hat sich auf seiner Internetseite in einem Artikel unter der Überschrift „ReconAfrica - No Oil? Pump Stock” (Kein Öl? Förder-Aktienwert) mit dem kanadischen Gas- und Ölexplorationsunternehmen Reonnaissance Energy Africa (ReconAfrica) befasst. Dieses sei ein Junior-Ölexplorationsunternehmen – es sucht nach Öl und verkauft versprechende Funde an bestehende Großunternehmen -, das sich auf „die Förderung von Aktienwerten und Insider-Bereicherung spezialisiert”, urteilt Viceroy vernichtend.

„Die Bergbaurechte von RECO (ReconAfrica ist in Kanada unter diesem Börsenkürzel notiert) sind nicht hochspekulativ: Sie sind grenzwertig imaginär. Trotz einer Marktkapitalisierung von einer Milliarde Kanada-Dollar (CAD) hat RECO nahezu null Chance, an ihrem Explorationsstandort einen Abbauwert zu finden, und eine noch geringere Chance, aus irgendeinem Fund Kapital zu schlagen”, beurteilt Viceroy die geologischen Daten.



„Firmen, bei denen etwas nicht stimmt”

Viceroy beschreibt sich selbst kurz und bündig: „Viceroy Research LLC ist eine in Delaware, USA, registrierte investigative Finanzforschungsgruppe.” Die „Tagesschau” bedient sich einer Beschreibung in einem Börsenbericht des 16. Septembers 2020: „Vor ihm zittern die meisten Manager börsennotierter Unternehmen: Fraser Perring (Gründer von Viceroy Research) ist ein berüchtigter Shortseller, der immer wieder Leerverkaufsattacken gegen Firmen startet. Oft deckt der Investor dabei Missstände auf, wie zum Beispiel bei Wirecard.” Viceroy hatte in der Vergangenheit wiederholt Unregelmäßigkeiten aufgedeckt, nicht zuletzt bei dem namibischen Lesern wahrscheinlich geläufigeren Steinhoff-Unternehmen.

„Mit seiner Firma Viceroy Research sucht er nach Firmen, bei denen irgendwas nicht stimmt – in der Bilanzierung, in der Unternehmensstruktur oder bei den Projekten”, berichtete die Tagesschau. Perring rückte als berüchtigter Shortseller bereits selbst ins Visier der Bördenaufsicht, doch gibt es keine grundsätzliche Regel gegen Leerverkäufe.

Viceroy geht indessen in einem 32 Seiten umfassenden Bericht detailiert auf ReconAfricas Vergangenheit und die Ölsuche in dem ökologisch sensiblen KAZA-Hegegebiet ein – dem Kavango-Sambesi Transfrontier Naturschutzgebiet. „Das RECO-Management (einschließlich der von uns identifizierten Schattendirektoren) hat eine lange und wechselhafte Geschichte von Bestechung sowie Unternehmens- und Umweltskandalen”, gibt Viceroy bekannt. Und weiter: „RECO engagierte den namibischen Geschäftsmann Knowledge Katti, der zuvor von dem erweckten Eindruck profitiert hatte, dass Namibia über Ölvorkommen verfüge. Er prahlte in der Vergangenheit mit seiner Fähigkeit, namibische Beamte im Zusammenhang mit Öl-, Gas- und Bergbaubetrieben bestechen zu können. Das Unternehmen (ReconAfrica) behauptet, Katti für ,Medienarbeit' eingestellt zu haben, aber es gibt so gut wie keine Beweise dafür in der Zeit, in der Katti beschäftigt war.”



Dubioser Aktienhandel

Viceroy spricht von „Plünderungen und nicht offengelegten Transaktionen mit verbundenen Parteien”, indem es außerdem dem ReconAfrica-Gründer vorwirft: „Der Erwerb der Anteile von RECO in Botswana und Renaissance Energy war eine Insider-Transaktion, die Großaktionär Craig Steinke bereicherte. Steinke gründete mit RECO ein Botswana JV, nur um eine 50-prozentige Beteiligungsoption an Renaissance zu verkaufen. RECO erwarb später Renaissance, um diese Option zurückzufordern, was Steinke zu aktuellen Preisen zu einem Gewinn von 15 Mio. CAD verhalf.”

ReconAfrica soll diverse Marketing- und Medienunternehmen beauftragt haben, angebliche ReconAfrica-Erfolge zu feiern – Viceroy weist auf Interessenkonflikte hin. In Namibia stößt dies besonders auf, nachdem das Kabinett als 10-prozentiger Teilhaber der namibischen ReconAfrica-Filiale unlängst bekanntgab, dass das Ministerium für Information und Kommunikationstechnik eine Kampagne zu starten habe, damit „die Befürchtungen der Öffentlichkeit besänftigt werden”. Ein AZ-Leser wollte wissen: „Darf ich demnächst auch beim Staat anklopfen, damit dieser mir bei der Vermarktung meines Unternehmens unter die Arme greift?”



BaFin untersucht Konflikt

Indessen hat die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Erhalt einer Nachfrage seitens Andy Gheorghiu Consulting bestätigt. Gheorghiu beruft sich auf die Angaben von fünf amerikanischen Anwaltskanzeleien (AZ berichtete diesbezüglich), die sich an die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde gewandt hatten und momentan sogenannte Class Actions (Massenklagen) gegen ReconAfrica vorbereiten. Da ReconAfrica an der Frankfurter Börse notiert sei, verdiene es, von BaFin untersucht zu werden: „ReconAfrica hat Pläne, in Namibia und Botswana nach Öl und Gas zu bohren und sehr wahrscheinlich auch zu fracken – etwas, das sie jetzt verneinen, obwohl sie 2019 gerade die Schieferölpotenziale, die sich nur über die Frackingfördermethode erschließen lassen, explizit promotet haben.”

Der Hinweis fußt weitgehend auf Berichten des National-Geographic-Magazins, das ursprünglich über die Umweltrisiken einer Ölexploration berichtet hatte, bevor nähere Untersuchungen und der Austausch mit namibischen Interessenträgern zu der Erkenntnis geführt hatten, dass ein Konflikt zwischen den in ihren Geschäftsplänen erklärten Zielen (Fracking) und ihren in Namibia geleisteten Versprechen (kein Fracking) besteht. Dieses wird an der Börse als Marktmanipulation verstanden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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