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Löwen werden zum Streitobjekt
Löwen werden zum Streitobjekt

Löwen werden zum Streitobjekt

GPS-Daten von Raubkatzen wecken Begehrlichkeiten – Farmer erheben Vorwürfe
Marc Springer
Von Marc Springer, Windhoek

Auf der einen Seite des Konflikts stehen nichtstaatliche Organisationen wie DeLRHA (Desert Lions Human Relations Aid) die im Auftrag der fünf Hegegebieten Sorris-Sorris, Torra, Arabeb, Sesfontein und Puros dafür zuständig sind, Viehverluste von Subsistenzfarmern zu verhindern. DeLRHA verlangt unter Berufung auf eine Abmachung mit dem Umweltministerium (MET) Zugang zu den Bewegungsprofilen der Löwen, die von dem Wissenschaftler Flip Stander in den vergangenen Jahren mit GPS-Trackern ausgestattet wurden und deren Position sich seither über ein Satellitensignal exakt bestimmen lässt.

DeLRHA hält eine Ortung der Löwen in Echtzeit für notwendig, damit frühzeitig festgestellt werden könne, wann sich diese menschlichen Siedlungen nähern und eine akute Gefahr für die Rinder, Schafe, Ziegen und Esel der dort lebenden Viehzüchter entstehe. „Ohne Zugang zu den GPS-Daten können wir nicht pro aktiv intervenieren und die Löwen vertreiben, sondern nur reagieren, wenn es bereits zu spät ist“, sagte der Vorsitzende von DeLRHA, Izak Smit, gestern auf Anfrage der AZ.

Für die betroffenen Farmer habe dies existenzielle Konsequenzen, weil sie abgesehen von den Folgen der Dürre nun auch ertragen müssten, dass ihre Nutztiere zur Beute der weltweit als Wüstenlöwen bekannten Raubkatzen würden. Dies sei ebenso bedauerlich, wie unnötig, weil die technischen Möglichkeiten für ein Frühwarnsystem bereits vorhanden seien. So seien an sechs strategischen Stellen, wo sich in der Vergangenheit bereits Mensch-Tier-Konflikte ereignet hätten, Sendemasten errichtet worden, über die Bewohner der Umgebung vor herannahenden Löwen gewarnt werden könnten.

Viehverluste bei Farmern

Die Masten sollten dazu dienen, eine Alarmsirene in umliegenden Siedlungen auszulösen oder SMS-Nachrichten bzw. Emails an die dort lebenden Bewohner zu verschicken, sobald Löwen eine vorher festgelegte Distanz zu der jeweiligen Niederlassung unterschreiten. Werde ein derartiger Alarm ausgelöst, könnten Vertreter von DeLRHA, bzw. freiwillige Helfer aus der örtlichen Gemeinschaft und Mitarbeiter umliegender Gästebetriebe oder dort aktiver Safariunternehmen an den jeweiligen Standort eilen und die Raubkatzen dort mit Hilfe von Knallkörpern und anderer Hilfsmittel vertreiben.

Smit zufolge sei das theoretisch hilfreiche Frühwarnsystem jedoch „reine Dekoration“, solange Stander bzw. das MET die GPS -Standorte der Löwen nicht preisgebe. Das habe für Farmer „verheerende Folgen“, weil sich das Jagdverhalten der Löwen verändert habe, nachdem DeLRHA die örtlichen Gemeinschaften dabei unterstützt habe, die Umzäunung ihrer Viehgehege soweit zu verstärken, dass Löwen nicht mehr eindringen könnten.

Seitdem würden die Raubkatzen nicht mehr nachts im Schutze der Dunkelheit das in Krälen konzentrierte Vieh angreifen, sondern tagsüber Jagd auf Nutztiere machen, wenn diese auf die Weide getrieben wurden. Weil diese Angriffe „sehr willkürlich und unvorhersehbar“ seien, könnten Viehzüchter sie nicht mehr verhindern, ohne über den Standort der Raubkatzen aufgeklärt zu sein.

Löwen „privatisiert“

Dass Stander diese Information nicht preisgeben wolle, kann sich Smit nur mit kommerziellen Interessen erklären. „Uns ist bekannt, dass er persönlich vermögende Touristen aus dem Ausland gegen erhebliche Gebühren auf Pirschfahrten begleitet und dabei anhand der Peilsender gezielt nach den Löwen sucht, um ihnen für ihr Geld etwas zu bieten“, erklärte er und ergänzte: „Außerdem wissen wir, dass er die GPS-Daten gegen Bezahlung einigen exklusiven Gästebetrieben und in dem Gebiet aktiven Reiseunternehmen zur Verfügung stellt, die diese Daten dafür nutzen, ihren Gästen eine Löwensichtung zu ermöglichen.“

Obwohl Stander diese Einnahmen vermutlich teilweise in seine wissenschaftliche Arbeit reinvestiere, sei eine derartige „Kommerzialisierung“ der Tiere in seiner vom MET ausgestellten Forschungsgenehmigung untersagt und erfolge zu Lasten der örtlichen Gemeinschaften, die unter den Folgen der exklusiven Nutzung der GPS-Daten zu leiden habe. Schließlich ließen sich Viehverluste in dem Gebiet zumindest erheblich minimieren, wenn Viehzüchter in Echtzeit über den Standort der Raubkatzen informiert wären und Vorkehrungen treffen könnten, sobald sich diese ihrem Dorf nähern.

„Sobald Löwen gemerkt haben, dass Nutztiere leichte Beute sind, werden sie immer wieder zu Dörfern von Viehzüchtern zurückkehren“, betonte er und fügte hinzu: „Wenn Farmer der Möglichkeit beraubt werden, die Raubkatzen zu vertreiben, werden sie weitere von ihnen töten und Namibia damit eine einmalige Attraktion verlieren.“ Deshalb werde DeLRHA einen Anwalt einschalten und eine gerichtliche Verfügung gegen das MET beantragen, falls jenes Stander nicht „demnächst“ zur Herausgabe der GPS-Daten verpflichten sollte.

Kommerzieller Missbrauch

In seiner Reaktion rief der für Nationalparks zuständige Vizedirektor des MET, Chris Munwela, sämtliche Interessenträger zur Geduld auf, die an der Vorbeugung von Mensch-Tier-Konflikten im Nordwesten Namibias beteiligt seien. Dabei betonte er vor allem, es werde „niemand“ Zugang zu den GPS-Daten erhalten, bevor alle am Konfliktmanagement beteiligten Organisationen nicht einen noch zu erstellenden „Verhaltenskodex“ unterschrieben hätten.

Grund dafür seien Vorwürfe, wonach einige der Interessenträger die GPS-Koordinaten der Löwen „kommerziell missbraucht“ und dafür genutzt hätten, Touristen und anderen Unbefugten eine Löwensichtung zu ermöglichen. Angesichts dieser Vorwürfe sei ihm auch „unverständlich“ warum DeLRHA „permanent und in Echtzeit“ über den Standort einzelner Löwen aufgeklärt sein wolle. Schließlich sei für deren Arbeit lediglich die Information notwendig, ob und wann sich Löwen menschlichen Siedlungen nähern, wofür keine „lückenlose Überwachung“ der Raubtiere notwendig sei.

„Wir wollen verhindern, dass Leute die Löwen suchen, verfolgen oder belästigen“, erklärte Munwela und ergänzte: „Deshalb wird niemand Zugang zu den GPS-Daten erhalten, bis wir in Rücksprache mit den beteiligten Interessenträgern beschlossen haben, wer unter welchen Bedingungen auf diese Informationen einen legitimen Anspruch hat. Schließlich haben wir Organisationen wie DeLRHA nicht offiziell beauftragt, oder um Hilfe ersucht, sondern diese ihre freiwillige Unterstützung angeboten. Als solches haben sie sich auch den Vorgaben des Ministeriums zu fügen, das als staatliche Instanz hier zweifelsfrei zuständig ist.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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