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Löws kniffliger Weg zur neuen Titelreife
Löws kniffliger Weg zur neuen Titelreife

Löws kniffliger Weg zur neuen Titelreife

Sportredakteur
Hamburg (dpa) - Ganz alleine spazierte Joachim Löw im Hamburger Nieselregen über den Rasen des Millerntor-Stadions und wartete ungeduldig auf seine Spieler. Der wieder gesunde Bundestrainer konnte es am Dienstagvormittag kaum erwarten, nach seiner Zwangspause im Juni endlich wieder ein Training der DFB-Auswahl aktiv zu leiten und mit der Vorbereitung auf das wegweisende Qualifikations-Topspiel gegen die Niederlande den Countdown zur EM 2020 zu starten.

Schon im kommenden Sommer will Torwart Manuel Neuer nach dem WM-Crash 2018 und dem von Löw erst mit Verzögerung vollzogenen Radikalumbruch wieder eine titelreife DFB-Elf als Kapitän anführen. „Wir stehen im Moment gut da, dafür dass wir uns diese Mannschaft aufgebaut haben“, verkündete Neuer nach dem Training. Man werde bei der EM-Endrunde in zwölf Ländern „versuchen, den bestmöglichen Erfolg anzustreben“.

Das hieße im Erfolgsfall, nach 1972, 1980 und 1996 zum vierten Mal Europameister zu werden. „Der EM-Titel ist für uns alle ein großer Traum“, sagte Neuer, der damit auch persönlich seine DFB-Karriere sechs Jahre nach dem WM-Triumph 2014 krönen könnte - und vollenden? „Ich denke nicht über den Sommer hinaus“, sagte der 33-Jährige und wich damit einer klaren Antwort auf die Frage nach seiner persönlichen DFB-Planung über das Turnier 2020 hinaus aus.

Der Mannschaftsprozess unter der Kennung „Zurück in die Weltspitze“ ist derweil voll im Gange. „Wir haben noch Zeit bis zum Sommer. Wir müssen natürlich versuchen, jetzt da zu sein“, sagte Neuer mit Blick auf die anstehenden Punktspiele gegen Holland am Freitag (20.45 Uhr) im ausverkauften Volksparkstadion und drei Tage später auswärts in Belfast gegen den Überraschungs-Tabellenführer Nordirland. Es gehe aber vor allem darum, die stark verjüngte Mannschaft bis zum Juni 2020 „so aufzubauen, dass wir dann wirklich eine tolle Mannschaft sind, um um den Titel zu spielen“, betonte der erfahrene Kapitän.

Löw weiß, dass viel Arbeit ansteht. In einer längeren Ansprache stimmte er das Team um Geburtstagskind Niklas Süle (24), für den es Applaus der Kollegen gab, zu Trainingsbeginn auf eine „spannende und interessante Woche“ ein. Dann ging es aktiv zur Sache, mit allen 22 Akteuren und einem intensiven Kleinfeld-Turnier Sechs gegen Sechs.

Dass der Chef zurück ist, wird ausnahmslos begrüßt. „Wir haben ihn auf jeden Fall vermisst beim letzten Mal, auch wenn es erfolgreich war und Marcus Sorg die Sache super gemacht hat“, sagte Oliver Bierhoff. Der DFB-Direktor ist total gespannt auf den Neustart gegen die Holländer, die „etwas gerade rücken“ wollen, wie er warnte: „Jetzt kommt der nächste harte Prüfstein!“

Das befreiende 3:2 vom Hinspiel in Amsterdam muss bestätigt werden, um tatsächlich wieder höhere Turnier-Ansprüche formulieren zu können. „Wir sind im Entwicklungsprozess. Wir zählen nicht mehr garantiert zu den Top 4 wie von 2010 bis 2018“, betonte Bierhoff. „Gerade am Anfang einer Saison ist es schwierig, Prognosen zu stellen“, weiß Bierhoff. Im Zuge des Generationenwechsels habe sich in den vergangenen Monaten allerdings vieles zum Positiven verändert: „Die Einstellung zur Nationalmannschaft stimmt, der Spaß, die Freude, der Stolz, hier zu sein.“

Insgesamt nur drei Trainingseinheiten bleiben Löw, um die Antwort auf eine zentrale Personalfrage zu finden: Wer ersetzt Leroy Sané? Der noch vor der WM ausgemusterte Außenstürmer von Manchester City hatte sich zuletzt zum Erfolgsgaranten entwickelt. Nun fehlt er nach seinem Kreuzbandriss.

Ein Kandidat hat sich mit einem Turbostart in die Saison und schon fünf Bundesliga-Toren förmlich aufgedrängt: Timo Werner. „Man fühlt sich immer sehr gut, wenn man trifft“, sagte der 23-jährige Leipziger, dem beim 3:1 in Gladbach gerade erstmals im Profifußball drei Tore in einem Spiel glückten: „Ich freue mich, dass es jetzt so gut klappt.“

Löws Wochenplanung beinhaltet zwei Siege, mit denen im Idealfall mit dann 15 Punkten in Gruppe C das EM-Ticket schon gelöst sein könnte. „Wenn wir beide Spiele gewinnen, haben wir einen großen Schritt gemacht“, sagte der 59-Jährige. Jedes Erfolgserlebnis sei gerade für ein junges Team in der Entwicklung enorm wichtig. Und darum soll in der vierten Kraftprobe mit den Holländern innerhalb von elf Monaten der positive Trend nach dem 0:3 und 2:2 in der Nations League sowie dem 3:2 vom vergangenen März fortgesetzt werden. „In der zweiten Halbzeit in Amsterdam haben wir schon gemerkt, dass wir noch nicht so stabil sind, da haben wir auch gewackelt“, erinnerte Löw.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-16

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