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„Mach' den Norman leiser“

Eine Zeitreise durch eine persönliche namibische Radiogeschichte
Anne Odendahl
Von Anne Odendahl

An sein erstes Radio erinnert sich Norman Kotze noch genau. Auf der Farm seiner Eltern ist er den Garten wässern gegangen: In einer Hand den Eimer, in der anderen das große Radio. „Wo ich war, da war das Radio.“ Er hörte LM-Radio aus Mosambik heute Radio-Maputo. „Wenn meine Füße anfangen zu wippen, dann finde ich ein Lied gut. Wenn es gute Laune macht, finden meine Zuhörer es gut“, antwortet Kotze als ich frage, bei welchem Lied er das Radio ganz laut dreht? Er sagt das so, weil es für ihn immer zwei Geschmäcker gibt, den persönlichen und den „on air“.

Mit Worten glücklich machen

„Als Kind wollte ich immer ein Entertainer werden, nur leider war ich nicht gut aussehend genug, um zu schauspielern. Also hatte ich die Idee mich hinters Mikrofon zu setzen. Ich habe sowieso schon immer gerne mit Worten gespielt und geschaut, welche Wirkung sie haben“, erzählt der Radiomoderator. Aufgewachsen ist Kotze in den 50er Jahren in Springbok in Südafrika mit drei Geschwistern. Platz für Träume gab es reichlich, Geld nur wenig. „Aber mein Vater wollte immer, dass wir eine gute Ausbildung bekommen. Zur damaligen Zeit war die naheliegende Lösung Lehrer zu werden. Aber sobald ich das hinter mir lassen konnte, bin ich in den Journalismus gewechselt,“ sagt Kotze.

Falsche Aussprache

Zunächst jedoch erfolglos. „Beim Vorsprechen beim südafrikanischen Rundfunk SABC gab es ein Problem: Meine Aussprache. Die wollten von mir ein akzentfreies Afrikaans, das mit der Aussprache eines Namaqualänders nicht möglich war, weswegen ich komplett durchfiel. Nicht weil ich das nicht konnte, sondern weil ich das nicht wollte! Für mich hörte sich das zu gekünstelt an. Ich wollte authentisch sein.“ Bei der Musik, die er später machen sollte, war es ähnlich. Er war der einzige, der behaupten durfte, er könne nicht singen. Wenn jemand anderes das sagte, bekam er „eins auf die Mütze“, erklärt Norman. In seine Arbeit lässt er sich nicht reinreden auch wenn er nie eine professionelle Sprecher- oder Musikerausbildung genoss.

Die Norman Kapelle

Den Traum von der Musik gab er so schnell aber nicht auf. In den späten 70ern traf er auf der Straße in Windhoek eine frühere Klassenkameradin wieder und erinnerte sich, dass sie Klavier spielen konnte. „Dann bin ich ihr vor die Füße gesprungen und habe sie mit der Idee überfallen, eine Band zu gründen. Sie war wohl zu erschrocken, um Nein zu sagen“, meint Norman und lacht. Sie suchten sich noch einen Gitarristen und nannten sich „Die Norman Kapelle“. Sie spielten Country-Musik in ganz Namibia. „Ich habe dann angefangen, Lieder auf Afrikaans zu schreiben, die ich „Suidwes se Kind“ (Südwester Kind) nannte. Eingespielt habe ich sie mit einem gesamten Orchester in Südafrika“, sagt Kotze, der sich hier als Pionier begreift. Denn nachdem sein Album dort erfolgreich wurde, hätten es ihm weitere namibische Sänger nachgetan.

Das Mädchen, Dalene, das er damals auf der Straße ansprach, wurde später seine erste Frau und ist die Mutter seiner Söhne Norman und Quintin. Norman-Junior lebt in Vancouver und Quintin tritt in die Fußstapfen seines Vaters. Seine jetzige Frau, Carol, kümmert sich um die Buchhaltung der Radiosender.

Während des Interviews im Radiosender sind auch sie und Sohn Quintin im selben Raum. Ab und zu, wenn Kotze lange nachsinnt, springt sein Sohn ein. Als ich frage, wann die Norman-Kapelle gegründet wurde, fragt Quintin, ob er schon geboren war? „Na klar, du lagst in einem Körbchen unterm Tisch während der Aufnahmen“, entgegnet Norman. „Dann muss es in den späten 70ern gewesen sein, Papa“, meint der Sohn.

Richtig Stimmung gemacht

Besonders genossen hat Kotze die „Karnevals-Ära“. „Ich habe sehr viele deutsche Lieder gesungen, dabei kann ich gar kein Deutsch. Ich habe bloß alles nachgesungen. Und obwohl mir ein deutscher Freund sagte, mein Deutsch klänge wie Griechisch, und wir die Karnevalslieder in fürchterlicher Klangqualität aufgenommen haben, hat sich das Album ‚Südwest-Stimmung' wie verrückt verkauft“, sagt der Mann, der mit Karneval eigentlich gar nichts anfangen konnte. Die nächsten Alben hießen „With a Blonde and a Beer“ und „In the Midnight Hour“.

Gesicht und Stimme von Radio 99

Als Namibia, damals Südwest-Afrika entschied, seine eigene Rundfunkanstalt SWABC zu gründen, war Kotze als Musiker unterwegs; spielte in Hotels und Clubs. Dann bekam er einen Anruf, dass SWABC in Windhoek jemanden suchte, der sich mit Musik auskennt. „Und wenn ich über eine Sache Bescheid wusste, dann war es Musik“, erinnert sich Kotze. „Ich durfte zuerst im Plattenlager arbeiten. Zu der Zeit lagen die Tonträger noch in langen Regalreihen.“ Seine erste eigene Sendung hatte er sonntagsabends mit der Country-Musik-Show. „Trotzdem dachte ich mir, ich müsste noch einiges dazulernen. Deshalb bin ich in die USA gereist und da ist mir die Radiowelt erst richtig aufgegangen. Ich war so begeistert. Als ich zurückkam, traf ich zwei Deutsche, Rolf und Mario, die Radio-99 gegründet hatten. Eigentlich war es Radio-Antenne, aber ich habe ihnen gesagt, Radio-99 ist besser, weil die Hörer dann nicht nach der Frequenz zu suchen brauchen. Das hatte ich in den USA gelernt. Ich war überglücklich, weil ich nun Vollzeit im Radio arbeiten konnte“, erzählt Kotze. So wurde er zur Stimme von Radio-99. Ein Zuhörer erzählte ihm einmal, dass in den Blütezeiten von Radio-99, als keiner mehr den Staatsfunk von NBC hören wollte, es den Ausdruck gab „Mach' den Norman leiser“, wenn das Radio zu laut war. So sehr haben die Zuhörer Kotze mit dem Radio verbunden.

Drei Radiosender gegründet

Nach einigen Jahren wollte er seinen eigenen Radiosender gründen. Gesagt, getan: Radio Kudu wurde im November 1998 geboren. 2002 gründete er einen weiteren Sender, Radio Omulunga. Bis heute sei Radio Omulunga, der in Oshivambo sendet der meistgehörte Sender in Namibia, sagt Kotze. Als der Zensus Zahlen veröffentlichte, dass knapp über 50 Prozent der Bevölkerung unter 19 Jahren alt ist, fragte er mich, welches Radio sie wohl hören. Daraufhin wurde 2007 Sender Nr.3 „Fresh-FM“ aus der Taufe gehoben. „Unsere DJs gewinnen sogar bei den NAMAs“, sagt Kotze nicht ohne Stolz. Deren Popularität ist natürlich auch für Werbekunden attraktiv, denn ein Radiosender lebt von Werbung. Insgesamt 25 Sender senden aus Windhoek, aber mindestens zehn weitere warten auf eine Frequenz. Es ist ein umkämpfter Markt.

Kotze als Mentor

Auf Letzterem mischt heute ein ehemaliger Schüler Kotzes mit. Wilfried Hähner von Hitradio nennt ihn seinen Mentor. „Alles, was ich heute über Radio weiß, hat er mir beigebracht. Unsere erste Begegnung werde ich nie vergessen: Der Stuhl, auf den er sich gesetzt hat, ist gebrochen. Und bei meiner ersten Sendung hat er mich vors Mikrofon gesetzt, gesagt ich solle ihn nicht anrufen und ist abgedüst. So habe ich Radio gelernt“, erzählt er. „Ich schätze ihn sehr, auch wenn es manchmal nicht einfach war, denn der Mann hat seine Prinzipien“, sagt Hähner, der sich noch heute manchmal fragt „Was würde Norman jetzt tun?“.

Sein Wissen hat Kotze weitergegeben. Seine Radiostationen, zusammengefasst unter der Gruppe „Planet Radio“ übernimmt sein Sohn. Die Stimme ist rau geworden, er muss sich viel räuspern. Ein guter Zeitpunkt, um in Rente zu gehen. Er plant viele Reisen, unter anderem nach Israel. Und auch nach unserem Interview verabschiedet er sich wie in seinen Sendungen: „Danke fürs Zuhören“.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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