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Meer aus Sand und Farben

Der Tag der offenen Tür der Wüstenforschungsstation Gobabeb, der morgen stattfindet, steht in diesem Jahr zum Beispiel ganz im Zeichen des Dünenmeeres: „Unser Welterbe, unser Stolz: Wir feiern das Weltnaturerbe Namib Dünenmeer“ lautet das Motto. Zu den Höhepunkten gehören Tag- und Nachtwanderungen, Livemusik bei Sonnenuntergang in den Dünen sowie das Fahrrad-Rennen „Goba-Dash” im Anschluss an den Tag der offenen Tür am Sonntag, 22. September. Zudem stehen verschiedene Vorträge auf dem Programm - natürlich auch über Namibias neues Welterbe. Auch in der Ausbildungs- und Trainingsarbeit des Forschungszentrums ist das Namib-Dünenmeer ein wichtiger Bestandteil. Kürzlich fand auf Gobabeb der dritte Jugend-Umweltgipfel (YES) statt. Rund 40 Jugendliche aus den Regionen Erongo und Ohangwena waren angereist, um eine Woche lang Feldforschung zu betreiben und mit Hilfe von Forschern Mini-Studien zu erstellen. Die Schüler beschäftigten sich mit der Überwachung des neuen Welterbes, den Auswirkungen der Dürre, der Landverödung und der Bodennutzung im Rivier. Sie untersuchten unter anderem die Biodiversität des Dünenmeeres und stellten Fallen auf, um verschiedene Tiere zu fangen. Ihre Ergebnisse werden die Jugendlichen beim Tag der offenen Tür auf Gobabeb präsentieren. Das Namib-Dünenmeer existiert seit über 20 Millionen Jahren. Sein einzigartiges Erscheinungsbild erhält es vom Aufeinandertreffen von Wüste und Atlantikküste. Die Natur dort ist über die Jahrtausende hinweg beinahe unberührt geblieben. In diesem Umfeld leben einige von Namibias einzigartigen endemischen Spezies wie der „Goldene Maulwurf“, und es soll rund 300 Toktokkiearten geben. Der Status Weltnaturerbe soll dazu beitragen, dass diese Biodiversität auch weiterhin nachhaltig geschützt wird. Eventuell bekommt das Weltnaturerbe den nächsten Jahren noch weitere Arten dazu. Denn es gibt Pläne, die geschützten Grenzen des Dünenmeeres zu vergrößern. Ein mögliches Gebiet der geografischen Erweiterung wäre Richtung Süden bis zum Sperrgebiet und Richtung Norden bis zum Skelettküsten-Park. Eine solche Erweiterung wäre eine große Bereicherung für das Welterbe, so Eugène Marais, Chefkurator des Nationalmuseums: „In diesen Gebieten gibt es noch weitere Mikroorganismenarten und zum Beispiel weiße Toktokkies im Norden.“ Laut der bekannten Forscherin Dr. Mary Seely könnten erste Gespräche über diese Pläne bereits morgen beim Tag der offenen Tür auf Gobabeb geführt werden. Ein solcher Erweiterungsprozess würde dann jedoch mindestens fünf Jahre in Anspruch nehmen. Denn es gebe Vieles zu beachten, bestätigt auch Marais. „Ein Problem ist zum Beispiel der Diamantabbau im nördlichen Sperrgebiet.“ Dr. Joh Henschel, der bis 2011 Direktor von Gobabeb war, hält eine Erweiterung für „wünschenswert“, gibt aber gleichzeitig zu bedenken: „Zunächst haben die Regierung und die von ihr beauftragten Institute - unter anderem Gobabeb - jetzt viel zu tun, um den neuen Verantwortungen gerecht zu werden.“ Die nächste große Veranstaltung sei zum Beispiel die offizielle Anerkennung des Dünenmeer-Status durch Präsident Hifikepunye Pohamba, sagt Marais. Ein Termin dafür stehe aber noch nicht fest. Derzeit gebe es auch noch einige Berbaulizenzen, die jedoch in den nächsten Monaten ausliefen und dann nicht mehr erneuert würden, so Dr. Gabi Schneider vom Nationalen Komitee für die Weltkulturerbe-Konventionen. Seely ergänzt, dass alle großen internationalen Unternehmen ihre Lizenzen (Exclusive Prospecting License, EPL) bereits zurückgezogen hätten, als klar wurde, dass das Dünenmeer ein Weltnaturerbe wird. „Die namibischen Unternehmen behielten aber ihre spekulativen EPLs, weil die meisten nicht wirklich den Wert verstehen, den ein Welterbe hat.“ Ebenso sei auch nicht allen Menschen klar, was der Status bedeute, auch wenn sich alle, mit denen sie gesprochen habe, positiv über die Entwicklung äußerten - „von Mitgliedern der Wissenschaftlichen Gesellschaft über deutschsprachige Namibier bis hin zu Studenten und den Teilnehmern der COP 11-Konferenz“. Alle warteten mit Spannung darauf, was nun alles passiere. „Aber die meisten lehnen sich zurück und warten ab. Es bedarf aber des Handelns Aller, um die Vorteile der Inskription zu realisieren.“ Zu diesen gehörte zum Beispiel die Möglichkeit, mehr Radtouren, Informationsbroschüren sowie Wander- und Übernachtungstouren von der Ostgrenze aus anbieten zu können. Der Status Weltnaturerbe bringt auch Verpflichtungen mit sich. Zum Beispiel werde eine Gruppe zur Überwachung des Dünenmeeres eingerichtet, damit der langfristige Erhalt des Welterbes gesichert werden könne, erläutert Marais. „Sie wird auch alle fünf Jahre einen Bericht über die Vorkommnisse und Entwicklungen schreiben.“ Zudem muss das Areal ordentlich verwaltet werden. Dafür ist laut Dr. Gabi Schneider das Ministerium für Umwelt und Tourismus (MET) verantwortlich. „Die Infrastruktur sollte verbessert werden. Zum Beispiel sollten Übernachtungsmöglichkeiten am Namibrand eingerichtet werden“, sagt sie. „Auch die Straße von Sesriem nach Sossusvlei sollte verbessert und die Lüderitz-Walvis Bay-Touren reglementiert werden. Es gibt dort einfach zu viel Verkehr.“ Für die Erstellung eines Tourismusplanes für das Dünenmeer hat das MET die Umwelt-Experten Stephanie Fennessy, die im Prozess der Antragsstellung bei der UNESCO involviert war, Wolfgang Schenck und Victor Mufita - beide seit rund 20 Jahren als Berater für das MET tätig - beauftragt. Der Plan sei fertig und zur Prüfung bei der UN-Organisation namplace eingereicht worden, so Schenck. „Eigentlich liegt für jeden Nationalpark in Namibia ein solcher Tourismusplan vor, für den Namib-Naukluft-Park fehlte er allerdings noch.“ Die Erstellung des Planes sei durch den Welterbe-Status des Dünenmeeres, das im Park liegt, schwieriger geworden. „Das ist schon eine Herausforderung. Wir müssen die Natur schützen, sie aber gleichzeitig zugänglich für die Menschen machen. Denn was nützt ein Welterbe, wenn es keiner sieht“, so Schenck. Der Tourismusplan sieht die Einteilung des 30000 Quadratkilometer großen Dünenmeer-Gebietes in verschiedene Zonen vor. „Es soll Abstufungen geben“, sagt Schenck. „Von gesperrten Zonen (no go areas), die weltweit biologisch und geologisch einzigartig sind, über beschränkte Zonen, die nur Reiseleiter mit kleinen Gruppen betreten können, bis zu für Touristen öffentlich zugängliche Zonen wie zum Beispiel Sossusvlei.“ Für diese Salz-Ton-Pfanne regt der Tourismusplan die Durchführung einer Belastbarkeitsstudie an. „Es sollte untersucht werden, wie viele Fahrzeuge und Menschen das Gebiet pro Tag verträgt. Außerdem könnte ein Shuttle eingerichtet werden, damit Privatpersonen nicht mehr alleine durch Sossusvlei fahren“, sagt Schenck. Wichtig sei auch, die allmorgendliche Schlange vor den Toren zu reduzieren. Dazu schlägt er ein System vor, das einem Parkhaus ähnelt: Zu Beginn bekommt der Besucher eine Eintrittskarte sowie Infos zu Strecke und Verhaltensregeln, und bezahlt würde beim Verlassen des Gebietes. In Bezug auf die Dünentraversen zwischen Lüderitzbucht und Walvis Bay, die für Allradfahrzeuge zugänglich und „manchen ein Dorn im Auge sind“, schlägt Schenck vor, diese Wege nachhaltig und umweltbewusst zu nutzen. „Die Frequenz der Touren sollte generell eingeschränkt werden.“ Außerdem könnte per GPS eine feste Route vorgegeben werden - derzeit gebe es nur grobe Richtwerte. Die zahlreichen Pläne zeigen, dass in den nächsten Monaten und Jahren noch einiges an Arbeit auf alle involvierten Organisationen zukommen. Interessierte, die das Dünenmeer näher erkunden wollen, haben unter anderem beim Tag der offenen Tür auf Gobabeb die Gelegenheit dazu. Das Programm gibt es auf der Webseite der Forschungsstation (http://www.gobabebtrc.org/). Von Maike Geißler Zahlen & Fakten Das Namib-Dünenmeer liegt im Namib-Naukluft-Park. Es erstreckt sich vom Kuiseb-Rivier im Norden zum Sperrgebiet-Nationalpark im Süden. Im Osten reicht es bis nach Sesriem. Insgesamt hat das Welterbe eine Fläche von 30000 Quadratkilometer. Die UNESCO hat das Namib-Dünenmeer in allen vier nominierten Kategorien anerkannt: 1. Die außerordentliche Schönheit, 2. Aktive geologische bzw. geomorphologische Prozesse von Weltrang, 3. Ökologische Dynamik, welche die evolutionäre Prozesse im Namib-Dünenmeer weiterhin fördert, 4. Außergewöhnliche Artenvielfalt

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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