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Mehr Land erschließen statt Häuser bauen

IPPR-Bericht nimmt Wohnsituation unter die Lupe: Übereinstimmiger Ansatz fehlt
Clemens von Alten
Von Clemens von Alten, Windhoek

Der Bericht „Housing in Namibia: Rights, Challenges and Opportunities“ des Instituts öffentlicher Politforschung (IPPR) schildert umfangreich die Wohnsituation der Namibier: „Auf dem Markt herrscht ein wesentliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, das einem veralteten, komplizierten und einengenden Rahmenwerk ausgesetzt ist, während sich verschiedene Interessenvertreter kaum austauschen und koordinieren“, erklärte am Dienstag Mitautor Dietrich Remmert, als er in Windhoek die Ergebnisse der Untersuchung präsentierte, die von der Bundesrepublik Deutschland mit einer Summe von 612000 N$ finanziell unterstützt wurde. Das zentrale Problem ist die Erschwinglichkeit angesichts einer zunehmenden Verstädterung.

IPPRs Empfehlungen

Der erste Rat von Remmert bezieht sich auf den Gesetzesvorschlag ländlicher und städtischer Planung (Urban and Rural Planning Bill), der laut dem IPPR-Forscher „viel Potenzial besitzt“, die Landentwicklung voranzutreiben. Ratsam sei auch, dass die Regierung dem Wohnsektor und der städtischen Entwicklung mehr Mittel zur Verfügung stell. „Dabei sollte die Priorität allerdings auf dem Erschließen von Bauland liegen, anstatt physische Häuser zu errichten“, so Remmert. „Wohnungsinitiativen hingegen sollten sich auf einkommensschwache Gruppen konzentrieren.“

Ferner empfiehlt der IPPR-Forschungsmitarbeiter, die Kommunikation in dem Sektor zu verbessern: „Es herrscht ein gutes Verständnis für die Probleme, doch bei der Lösung fehlt es an Einigkeit.“ Außerdem müssen die Ortsverwaltungen in die Verantwortung genommen werden: „Lokalbehörden müssen genügend Ressourcen und Unterstützung erhalten, damit sie auch Land erschließen, städtische Planung durchführen und Wohnprogramme in Angriff nehmen können“, erklärte Remmert. Gleichzeitig müsse von Seiten der Behörden sichergestellt werden, dass die Bauvorschriften und Verordnungen eine „integrierte, flexible, kostengünstige und nachhaltige Wohnentwicklung“ ermöglichen, so der IPPR-Forscher. „Leider erhalten umweltfreundliche und nachhaltige Aspekte nur geringfügige Aufmerksamkeit.“ Auch würde Namibia alternative bzw. günstigere Baumaterialien und -methoden vernachlässigen.

Der Status quo

Rückblickend auf eine ähnliche, im Jahr 2011 veröffentliche IPPR-Studie sagte IPPR-Direktor Graham Hopwood: „Dinge haben sich in den vergangenen Jahren bewegt, doch die meisten unserer Empfehlungen haben noch immer Bestand. Namibia packt die Situation an, allerdings ist der Ansatz möglicherweise nicht wirksam.“ So kritisiert Remmert beispielsweise das von Pohambas Regierung eingeführte und von Präsident Hage Geingob auf Eis gelegte Wohnungsbauprogramm: „Es gibt Bedenken, dass die staatliche Mass-Housing-Initiative letztendlich auf die Mittelklasse zielt, statt die Bedürfnisse der Armen zu erfüllen“, so der IPPR-Forscher, der von den politischen Entscheidungsträgern den nötigen Weitblick vermisse: „Dem Land fehlt eine klare Vision für das Wohnwesen – wie stellen wir uns unsere Städte der Zukunft vor?“, fragt Remmert. Entweder seien die Politdokumente und Strategien zu allgemein, oder „zu detailliert und technisch“.

Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 315 Personen gefragt, die unter diversen Umständen in Otjiwarongo, Walvis Bay und Windhoek leben. „Generell bevorzugten die Befragten, Land bzw. eine Wohnung zu kaufen, statt zu mieten – außer in Walvis Bay, wo sich viele Saisonarbeiter aufhalten“, berichtete die IPPR-Forscherin und Mitautorin Pauline Ndhlovu, die unterstrich, dass der Landbesitz dem Kauf von Immobilien vorgezogen werde. „Das deutet darauf hin, dass wir eher Land bereitstellen sollten, anstatt Häuser zu bauen, um die Lage zu lindern“, so Ndhlovu. Dass die meisten Befragten nicht den Landtitel des Bodens besäßen, auf dem sie wohnten, mache die Wohnsituation unsicher. „Aus der Umfrage ging aber hervor, dass die Personen eher geneigt wären, zu investieren, wenn ihnen das Grundstück gehöre“, erklärte die Forschungsmitarbeiterin.

„Komplexe“ Angelegenheit

Als Ehrengast wurde der Vizeminister für städtische und ländliche Entwicklung Derek Klazen eingeladen, der zum Teil der Studie widersprach: „Wir sind eher skeptisch, Leuten Land zu geben, da gerade die Häusernot so groß ist“, erklärte der stellvertretende Ressortleiter, der vor einer Ansammlung improvisierter Behausungen bzw. „Hütten“ warnt. Ebenso bezweifelt Klazen, dass sich alternative Baumaterialien durchsetzen können: „Die herkömmliche Methode ist einfach die Beste“, sagte der Vizeminister und fügte hinzu: „Sollten sich die Alternativen allerdings in anderen Ländern bewähren, dann sehe ich keinen Grund, warum das nicht auch hier möglich ist.“

Auch die Mass-Housing-Kritik wollte der Politiker nicht so stehen lassen: „Es handelt sich um ein sehr vielseitiges Projekt und ja, es gibt Bereiche, die auf die Mitteklasse zielen. Doch ebenso gibt es auch eine soziale Komponente.“ Klazen zufolge überabeitet die Regierung zurzeit dieses Vorhaben. „Das Kabinett hat beschlossen, dass mehr Wohnungen für einkommensschwache Gruppen reserviert werden sollen, für Haushalte, die weniger als 6000 N$ verdienen“, so der Vizeminister.

„Die Wohnungssituation in Namibia ist eine sehr komplexe Angelegenheit“, führte Klazen fort, der hofft, dass diese Forschungsarbeit von IPPR einen konstruktiven Beitrag zur Debatte leistet. „Es gibt klaren Bedarf, das regulatorische Regelwerk zu überholen, um die Planung schneller, effizienter und effektiver zu gestalten“, sagte der Vizeminister. „Das soll die sogenannte Urban and Rural Planning Bill erreichen.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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