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Missionarin ohne Heiligenschein
Missionarin ohne Heiligenschein

Missionarin ohne Heiligenschein

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia (Teil 65)
Wiebke Schmidt
Ein Unglück kommt selten allein

Zwischendurch muss ich weiter funktionieren. Ich habe schließlich auch einen Arbeitsplatz, wo derzeit besonders viel zu tun ist, da ein Elterntag vor der Tür steht und auch ein paar neue Jugendliche und die Trägers der Jugendhilfe aus Deutschland in Namibia ankommen. Zwei Jugendliche von den Neuankömmlingen soll ich zukünftig betreuen. Der Elterntag soll genau am Tag von Jacksons Beerdigung stattfinden, am Samstag, den 5. Juni 2010. Mein Arbeitgeber will mir deswegen nicht freigeben. Ich glaube, mich verhört zu haben. Als ich auf den freien Tag bestehe, weißt man mich darauf hin, dass es sich bei Jackson nicht um einen Verwandten ersten Grades handeln würde und ich deshalb rechtlich keinen Anspruch auf einen freien Tag hätte. Ich kann nicht glauben, dass so viel Unverständnis aus dem Munde von einer Pädagogin kommen kann. Ich bin aufs Tiefste verletzt. Das kann meine Chefin nicht wieder gut machen. Es wird unsere Beziehung nachhaltig stören. Vor allem weil sie später leugnet, so etwas gesagt zu haben als ich versuche, den Vorfall mit ihr zu klären. Eine Entschuldigung hätte mir gereicht. Auch meine Kollegen kommen mir an dieser Stelle nicht zu Hilfe. Sie schweigen. Eine von ihnen wird auch nur ein Jahr später durch ein tragisches Unglück das gleiche Schicksal zuteil. Sie muss ihren langjährigen Partner, der auch ein Farbiger und begabter Musiker ist, zu Grabe tragen. Ich stehe ihr bei ihrem Verlust allerdings zur Seite.

Ich drohe in meiner Verzweiflung damit, mit sofortiger Wirkung zu kündigen, falls man auf das Verbot bestehen würde. Man sieht ein, dass man mich nicht zum Arbeiten an dem Tag zwingen können wird.

Wiedersehen mit Jackson

Bis zur Beerdigung gilt es noch viele offizielle Termine zu bewältigen. Pressetermine, Interviews und einen öffentlichen Gottesdienst im Parlament Garten, bei dem Jackson aufgebahrt wird. Ich fürchte mich vor dem Moment, ihn im offenen Sarg liegen zu sehen. Bereits der geschlossene Sarg löst Gefühle in mir aus, die ich nicht beschreiben kann. Der Staatspräsident, Premier Minister, Politiker und tausende Trauergäste sind anwesend. Nur seine (Ex-) Frau lässt sich entschuldigen. In der ersten Reihe sitzt seine Familie. Ich gehöre offenbar nicht dazu und setze mich auf die weiter hinten aufgestellten Stühle. Frau Katjavivi sitzt neben mir. Ihre Anwesenheit spendet mir Trost. Viele Reden werden gehalten. Auch ich komme im offiziellen Programm vor und darf eine Ansprache halten. Das habe ich Dave zu verdanken, Enkel eines berühmten namibischen Helden und einer der Führer der SWAPO Jugend League. Als ich aufgerufen werde, muss ich am Sarg vorbeigehen. Ich kann der Versuchung, den Sarg zu streicheln, gerade noch widerstehen. Ich möchte nicht für Stoff für einen Skandal sorgen. Darauf warten die Medien nur. Bei der Vorbereitung für meine Rede habe ich bereits sorgfältig auf jedes Wort geachtet. Ich hoffe nur, dass mir die Stimme nicht versagt.

Doch alles geht gut. Ich bin froh, wieder auf meinem Platz zu sitzen. Dann ist es soweit. Der Sargdeckel wird geöffnet. Reihe um Reihe gehen die Trauergäste am offenen Sarg vorbei. Dann bin ich an der Reihe. In dem Moment taucht meine Freundin Angela neben mir auf. Ich bin so froh, dass sie da ist, denn ich habe mich schon gefragt, wo sie bleibt. Sie schiebt ihren Arm unter meinen und wir werfen gemeinsam einen Blick auf den Mann, der mir das Liebste auf Erden ist. Nun liegt er in einem schwarzen Anzug und weißem Hemd in der braunen Holzkiste. Statt Krawatte hat man ein schwarzes Band mit einem Aufdruck von Noten verwendet. Man hat ihm die Wangen ausgepolstert, damit er nicht so ausgezehrt aussieht. So erkenne ich ihn fast nicht. Aber er wirkt friedlich. Angela rezitiert einen Bibelvers. Dann muss ich den anderen Trauernden Platz machen. Etwas abseits falle ich verzweifelt schluchzend Angela um den Hals, die meinen Schmerz mit mir aushält. Frau Katjavivi ist auch da. Als sie sieht, dass sich jemand um mich kümmert, geht sie. Angela und ich fahren ins NICE Restaurant. Komischerweise habe ich großen Hunger. Wir futtern uns durch die Speisekarte und erinnern uns an gute und auch weniger schöne Momente mit Jackson.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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