Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 1)
Neue Wege
Auf welchem Kontinent würden Sie am liebsten arbeiten?”, höre ich die Projektleiterin der Missionsgesellschaft in meine Gedanken hinein fragen. Afrika. Die Antwort konnte nur so lauten. Warum gerade Afrika? Ich wusste es nicht. Vielleicht hatte meine Tante Elfriede, die Schwester meines Vaters, einen Einfluss auf meine Vorliebe für den schwarzen Kontinent. Ich liebte die Briefe und die Fotos, die sie immer an meinen Vater schickte.
Geschichten von Frauen, die ihre Kinder einfach mal so auf dem Feld bekamen. Schwarze muskulöse Körper. Tiefrote Erde. Sie lebt dort seit über 40 Jahren. Ausgewandert als junge Frau. Eine Möglichkeit, vielleicht die einzige, den Fingerzeigen der Dorfgemeinschaft zu entgehen. Ein uneheliches Kind zu haben. Welche Schande. Und das Getuschel. Da kam der Bahnangestellte Klaus gerade recht. Zwar noch verheiratet. Aber seine Frau saß in der Psychiatrie in Südafrika fest. Null Chance auf Entlassung. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn sie erst einmal weg waren, würde das Gerede auch bald aufhören. So hofften sie jedenfalls. Wäre meine Tante auch mitgegangen, wenn sie gewusst hätte, dass ihr neuer Freund dem Alkohol zusprach? Hatte sie eine Wahl?
Ich hatte sie. Man bot mir an, entweder nach Kambodscha oder nach Namibia zu gehen. Kambodscha war nun wirklich keine Alternative. Damit assoziiere ich nur ganze Katakomben voller menschlicher Schädel. Eine Galerie des Grauens. In einem Land, wo durch die Schreckensherrschaft eines Machthabers so viele Menschen ihr Leben lassen mussten, möchte ich nicht arbeiten. Es macht mir Angst.
„Sie haben acht Tage Zeit sich zu entscheiden ob Sie unser Angebot annehmen. In Namibia wären Sie im Township Katutura für die Rehabilitation behinderter Menschen zuständig. Als Sozialarbeiterin können sie das ja sicherlich. Sie müssen dort Englisch und Afrikaans sprechen”, höre ich die Projektleiterin sagen.
Ich fühle mich etwas überfordert. In nur acht Tagen soll ich über meine Zukunft entscheiden? Ich bin gerade erst mit dem Studium fertig. Im Sprachelernen bin ich auch nicht gerade eine Leuchte. Und außerdem weiß ich noch nicht mal wo Namibia überhaupt genau liegt auf der Weltkarte.
Das muss sich ändern. Ein Atlas muss her. Leider kann ich dort kein Namibia finden. Wo wollen die mich hinschicken? Das Land gibt es überhaupt nicht! Wer kann mir an dieser Stelle weiterhelfen? – Das Reisebüro. Die müssen das wissen. Die dritte Angestellte bringt Licht in unser aller Dunkel. „Das ist doch das frühere Deutsch-Südwest, eine ehemalige deutsche Kolonie. Seit 1990, also gerade mal fünf Jahre, unabhängig. Namibia liegt über Südafrika. Man kann Non-Stopp in zehn Stunden Flug da sein“, informiert sie uns.
Das alleine ist für mich schon Grund genug, niemals nach Namibia zu gehen. Zehn-Stunden-Flug. Das geht auf gar keinen Fall. Bei meiner Flugangst.
Meine Mutter ist entsetzt. „Wenn du ins Ausland gehst, rede ich nicht mehr mit dir”, sagt sie am Telefon und knallt den Hörer auf. Viele Gründe, die mir spontan einfallen, sprechen dagegen mich für drei Jahre in Namibia nieder zu lassen. Was habe ich zu verlieren?
Ich muss meine Wohnung auflösen, meine Möbel verkaufen. Ich muss mich für ein paar Jahre von Freunden und Verwandten verabschieden. Was gewinne ich? Einen festen Arbeitsplatz. Die Möglichkeit Sprachen zu lernen, neue Erfahrungen zu machen in einem anderen Kulturkreis. Neue Leute kennenlernen. Immer gutes Wetter. Wenn ich jetzt nicht gehe, wo ich Single und unabhängig bin, dann gehe ich wohl nie ins Ausland. Die Positivliste ist eindeutig länger. Aber ganz abgesehen davon, fühle ich mich von Gott aufs Missionsfeld berufen. Das kann ich nicht mit logischen Argumenten erklären. An der Stelle kann ich nur auf mein Herz hören. Außerdem will ich mein Leben auch nicht von meinen Ängsten bestimmen lassen.
Meine Gemeinde und mein Pastor finden die Idee gut und sichern mir ihre volle Unterstützung zu.
Ich sage kurz vor Ablauf der Frist zu.
Noch muss ich mich ein bisschen gedulden. Und Afrika auch. Bibelschule in Manchester/England, Sprachstudium und Reisedienst stehen noch auf der to-do-Liste der Missionsgesellschaft.
Geschichten von Frauen, die ihre Kinder einfach mal so auf dem Feld bekamen. Schwarze muskulöse Körper. Tiefrote Erde. Sie lebt dort seit über 40 Jahren. Ausgewandert als junge Frau. Eine Möglichkeit, vielleicht die einzige, den Fingerzeigen der Dorfgemeinschaft zu entgehen. Ein uneheliches Kind zu haben. Welche Schande. Und das Getuschel. Da kam der Bahnangestellte Klaus gerade recht. Zwar noch verheiratet. Aber seine Frau saß in der Psychiatrie in Südafrika fest. Null Chance auf Entlassung. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn sie erst einmal weg waren, würde das Gerede auch bald aufhören. So hofften sie jedenfalls. Wäre meine Tante auch mitgegangen, wenn sie gewusst hätte, dass ihr neuer Freund dem Alkohol zusprach? Hatte sie eine Wahl?
Ich hatte sie. Man bot mir an, entweder nach Kambodscha oder nach Namibia zu gehen. Kambodscha war nun wirklich keine Alternative. Damit assoziiere ich nur ganze Katakomben voller menschlicher Schädel. Eine Galerie des Grauens. In einem Land, wo durch die Schreckensherrschaft eines Machthabers so viele Menschen ihr Leben lassen mussten, möchte ich nicht arbeiten. Es macht mir Angst.
„Sie haben acht Tage Zeit sich zu entscheiden ob Sie unser Angebot annehmen. In Namibia wären Sie im Township Katutura für die Rehabilitation behinderter Menschen zuständig. Als Sozialarbeiterin können sie das ja sicherlich. Sie müssen dort Englisch und Afrikaans sprechen”, höre ich die Projektleiterin sagen.
Ich fühle mich etwas überfordert. In nur acht Tagen soll ich über meine Zukunft entscheiden? Ich bin gerade erst mit dem Studium fertig. Im Sprachelernen bin ich auch nicht gerade eine Leuchte. Und außerdem weiß ich noch nicht mal wo Namibia überhaupt genau liegt auf der Weltkarte.
Das muss sich ändern. Ein Atlas muss her. Leider kann ich dort kein Namibia finden. Wo wollen die mich hinschicken? Das Land gibt es überhaupt nicht! Wer kann mir an dieser Stelle weiterhelfen? – Das Reisebüro. Die müssen das wissen. Die dritte Angestellte bringt Licht in unser aller Dunkel. „Das ist doch das frühere Deutsch-Südwest, eine ehemalige deutsche Kolonie. Seit 1990, also gerade mal fünf Jahre, unabhängig. Namibia liegt über Südafrika. Man kann Non-Stopp in zehn Stunden Flug da sein“, informiert sie uns.
Das alleine ist für mich schon Grund genug, niemals nach Namibia zu gehen. Zehn-Stunden-Flug. Das geht auf gar keinen Fall. Bei meiner Flugangst.
Meine Mutter ist entsetzt. „Wenn du ins Ausland gehst, rede ich nicht mehr mit dir”, sagt sie am Telefon und knallt den Hörer auf. Viele Gründe, die mir spontan einfallen, sprechen dagegen mich für drei Jahre in Namibia nieder zu lassen. Was habe ich zu verlieren?
Ich muss meine Wohnung auflösen, meine Möbel verkaufen. Ich muss mich für ein paar Jahre von Freunden und Verwandten verabschieden. Was gewinne ich? Einen festen Arbeitsplatz. Die Möglichkeit Sprachen zu lernen, neue Erfahrungen zu machen in einem anderen Kulturkreis. Neue Leute kennenlernen. Immer gutes Wetter. Wenn ich jetzt nicht gehe, wo ich Single und unabhängig bin, dann gehe ich wohl nie ins Ausland. Die Positivliste ist eindeutig länger. Aber ganz abgesehen davon, fühle ich mich von Gott aufs Missionsfeld berufen. Das kann ich nicht mit logischen Argumenten erklären. An der Stelle kann ich nur auf mein Herz hören. Außerdem will ich mein Leben auch nicht von meinen Ängsten bestimmen lassen.
Meine Gemeinde und mein Pastor finden die Idee gut und sichern mir ihre volle Unterstützung zu.
Ich sage kurz vor Ablauf der Frist zu.
Noch muss ich mich ein bisschen gedulden. Und Afrika auch. Bibelschule in Manchester/England, Sprachstudium und Reisedienst stehen noch auf der to-do-Liste der Missionsgesellschaft.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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