Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 17)
Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia
Veränderungen
Zwei leitende Mitarbeiter unserer Hauptsponsoren statten uns einen Besuch ab. Ich freue mich sehr, dass ich den „verrückten” Geert wiedertreffe, der den Trainingskursus in Tansania geleitet hat. Die Herren Sponsoren wünschen sich Veränderungen. Das Projekt in der gegenwärtigen Form sei zu teuer. Eigentlich wollen sie das Jürgen-Wahn-Heim finanziell nicht mehr unterstützen, beziehungsweise die Spendengelder drastisch kürzen. Ihrer Meinung nach haben wir zu viele zeit- und kostenverursachende Schwerstbehinderte im Projekt. Das würde auch für mein CBR-Projekt Onyose zutreffen. Mit dem Geld könnte man in Indien Hunderten von Menschen, die durch den Grauen Star blind geworden sind, das Augenlicht wiedergeben. Im Gegenzug zu einer Handvoll behinderter Menschen in unserem Heim. Wir sind bestürzt. Von der Perspektive der Effektivität her betrachtet haben die Sponsoren natürlich Recht, aber vom menschlichen Gesichtspunkt her betrachtet? Es würde den Tod vieler unserer uns anvertrauten Heimbewohner bedeuten. Mit Engelszungen versuche ich ihnen das zu verdeutlichen. Letztendlich lege ich das Leben unserer Schützlinge in ihre Hände. „Sie müssen mit dem Wissen weiterleben, dass sie mit solch einer Entscheidung den Tod von diesen Menschen mit verursachen. Wenn Sie das können, dann stelle ich mich hinter ihre Entscheidung”, gebe ich anscheinend auf. Sie können es nicht. Wir finden einen Kompromiss. In Zukunft soll der Schwerpunkt in meinem CBR-Projekt auf der Entdeckung von Blinden liegen, deren Sehverlust durch eine Linsentrübung, dem Grauen Star, verursacht wird. Die Erkrankung lässt sich durch eine 20-minütige Operation beheben. Der Blinde bekommt sein Augenlicht zurück. Damit wäre ein Behinderter in kürzester Zeit, mit geringfügigen finanziellen Mitteln fast vollständig rehabilitiert. Auch für Spenderorganisationen gilt das wirtschaftliche Modell des Kosten-Nutzen-Prinzips. Das musste ich heute lernen.
Ich muss als Managerin des Projektes nun umdenken. Die Schwerpunktverlagerung fällt mir aus emotionaler Sicht schwer, da in der Zukunft eine große Anzahl an behinderten Menschen durch unser Hilfsangebotsraster fallen wird. Ich kann die Hilferufe doch nicht einfach ignorieren, nur weil sie nicht mehr ins Programm passen. Ich bin hier in Namibia in erster Linie als Missionarin. Da gelten auch noch andere Prinzipien.
Verstörendes
Was soll ich z.B. mit Jakobus machen? Wir hören von Nachbarn, dass da eine Mutter sein soll, die ihren Sohn seit seiner Geburt im Haus einsperrt. Sie selbst hat eine geistige Behinderung. Die Menschen in Katutura halten sie allerdings für eine Zauberin. Sie haben Angst vor ihr. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Geschichte wahr ist. Als wir die besagte Familie gefunden haben, verhält es sich tatsächlich so. Wir bitten die Schwester eindringlich, uns die Tür zu öffnen. Das macht sie dann zögerlich und verängstigt. Der Anblick ist schockierend. Jakobus liegt hinter der Tür in einer dunklen Ecke. Völlig abgemagert. Sein kleiner Körper zeigt Druckgeschwüre und Gelenkversteifungen. Er ist völlig apathisch, schläft vor Schwäche immer wieder ein. Laut seiner Schwester wird er nur mit Milch gefüttert. Dabei ist der Junge nach meiner Einschätzung mindestens zwölf Jahre alt. Ich täusche mich. Er ist 21 Jahre alt, wie ich später herausfinden werde. Aber das Verstörenste ist, das der Junge vollkommen nackt ist. Er liegt auf einer Art Plastikfolie und ist mit einem Gürtel angebunden, damit er nicht „wegläuft”. Im Raum stinkt es nach Urin. Das ist alles sehr entwürdigend. Jakobus spricht nicht und ich bin auch nicht sicher, ob er uns versteht. Er hat zudem eine geistige Behinderung, die wahrscheinlich durch eine unbehandelte Epilepsie verursacht wurde. So eine schlimme Form der Verwahrlosung ist mir bisher in meiner Karriere als Sozialarbeiterin noch nicht begegnet. Ich rufe unverzüglich im Krankenhaus an und bitte die zuständige Gemeindeschwester, die ich - Gott sei Dank - persönlich kenne, einen Hausbesuch zu veranlassen und den Jungen stationär aufzunehmen, damit er nicht stirbt. Sie verspricht in ein paar Tagen, bei der Familie vorbeizugehen. Das Zauberwort heißt ab jetzt: Delegieren. Verantwortung an andere abgeben. Die behinderten Menschen, die wir entdecken, anderen Hilfsorganisationen oder auch der Namibischen Regierung zu übergeben. Immerhin obliegt dem Staat die Aufgabe Kinder zu schützen und für deren Kindeswohl zu sorgen, wenn die Eltern an der Stelle versagen. Dieser „Fall“ wird mich allerdings noch weiterhin beschäftigen. Da ich immer mal wieder Interviews über meine Projekt in den verschiedenen Medien gebe, erzähle ich bei einer dieser Gelegenheiten von Jakobus und über die Lebensbedingungen in denen manche behinderte Menschen leben müssen. Die afrikaanse Zeitung Republikein will sich unbedingt selbst ein Bild machen. Sie fotografieren Jakobus, nachdem die Mutter dem zugestimmt hat, und schreiben einen bewegenden Artikel, der es auf die erste Seite ihrer Zeitung schafft. Die Überschrift lautet: „Schockierende Bilder des Leidens”.
Als ich am Morgen mein Büro erreiche, habe ich den Artikel noch nicht gelesen. Das Telefon klingelt. Der Ministerpräsident der Khomas Region John Pandeni ist am Apparat. Er ist total aufgebracht. „Was fällt Ihnen ein, so einen Artikel zu veröffentlichen?“, regt er sich auf. „Ich weiß garnicht wovon Sie reden! Was ist denn passiert?”, hake ich nach. „Auf der Titelseite steht die Geschichte eines behinderten Jungen. Mit Foto. Darauf ist der Junge nackt abgebildet!”, erklärt er verärgert. „Nun geben Sie mir erst einmal die Chance, den Artikel zu lesen. Ich möchte mir erst einmal eine Zeitung besorgen, dann können wir in ein paar Minuten noch einmal miteinander telefonieren”, bitte ich ihn. Damit erklärt er sich einverstanden.
Ich besorge mir an bei dem Straßenverkäufer um die Ecke ein Exemplar vom Republikein. Bereits im Auto lese ich neugierig und auch ein wenig aufgeregt den Artikel. Ich bin erleichtert. In dem Zeitungsbericht steht nichts Falsches. Der Inhalt entspricht vollkommen der Wahrheit. Zudem bin ich froh, dass auf dem Foto die Scham von Jakobus nicht zu sehen ist. Kaum bin ich zurück in meinem Büro, klingelt das Telefon erneut.
Ärger mit dem Gouverneur
„Haben Sie nun endlich eine Zeitung?”, fragt mich der Gouverneur gereizt. „Ja. Ich habe den Artikel gelesen. Aber ich verstehe immer noch nicht wo das Problem liegt“, sage ich gelassen. „Wo das Problem liegt? Ich bin politisch verantwortlich für das Gebiet. Wie sieht das denn aus? In ein paar Wochen sind Wahlen. Außerdem hätten Sie mich ja mal kontaktieren können“, schreit er ins Telefon. Aha. Daher weht der Wind. Der Politiker hat anscheinend Angst davor, Stimmen zu verlieren. „Ich finde den Artikel gelungen. Dort steht in einfühlsamen Worten die Geschichte von Jakobus. Jedes Wort entspricht der Wahrheit. Und außerdem habe ich mehrfach versucht, Sie in Ihrem Büro zu kontaktieren. Ich habe um Rückruf gebeten, der leider nicht erfolgt ist“, sage ich weiterhin entspannt.
Jetzt verliert der Politiker ein wenig die Fassung. Er fängt an, mich zu bedrohen. „Davon weiß ich nichts. Wollen Sie das Land verlassen? Das geht schneller, als Sie sich vorstellen können“, fragt er mich provozierend. Nun bin ich verärgert. Ich lasse mir keine Angst einjagen. „Wollen Sie morgen erneut eine Schlagzeile auf der Titelseite lesen? - Politiker bedroht Missionarin? Lassen Sie uns bitte vernünftig miteinander reden. Wir brauchen Lösungen und keine Drohungen. Kommen Sie doch einfach mal mit in die Community und besuchen Sie die Familie. Ich würde Sie gerne einmal mitnehmen und Ihnen auch noch ein paar andere Familien aus unserem Projekt vorstellen. Sie als Politiker könnten eine riesige Ermutigung für die behinderten Menschen und ihre Angehörigen sein”, versuche ich zu schlichten. So langsam beruhigt sich Herr Pandeni. „In Ordnung. Machen Sie einen Termin mit meiner Sekretärin aus“, meint er nun versöhnlicher. Ich bin erleichtert, dass das Gespräch diese Kehrtwendung genommen hat. Das hätte auch anders ausgehen können.
Ein paar Tage später besuchen wir gemeinsam ein paar behinderte Menschen aus meinem Projekt. Der Gouverneur hat sogar dicke Säcke Maismehl als Geschenk für die Familien dabei. Er ist als ehemaliger politischer Gefangener von Robben Island ein Held. Außerdem fühlen sich die Familienmitglieder geehrt, dass so eine hoch gestellte Persönlichkeit sie besucht. Der Gouverneur erreicht, wofür wir wahrscheinlich monatelang hätten arbeiten müssen. Die Mutter von Jakobus zeigt sich kooperativ. Sie erlaubt, dass die Nachbarschaft während ihrer Abwesenheit, sich tagsüber um Jakobus kümmert. Wir besorgen eine Matratze und Kleidung. Das mitgebrachte Maismehl hilft, ihn weiter aufzupäppeln. Auch der Politiker ist begeistert darüber zu erleben welchen Einfluss er hat, und wie schnell er alleine durch seine bloße Anwesenheit eine große Veränderung im Leben der behinderten Menschen bewirken kann. Von diesem Tag an ist unsere Beziehung von großem gegenseitigem Respekt gekennzeichnet.
Zwei leitende Mitarbeiter unserer Hauptsponsoren statten uns einen Besuch ab. Ich freue mich sehr, dass ich den „verrückten” Geert wiedertreffe, der den Trainingskursus in Tansania geleitet hat. Die Herren Sponsoren wünschen sich Veränderungen. Das Projekt in der gegenwärtigen Form sei zu teuer. Eigentlich wollen sie das Jürgen-Wahn-Heim finanziell nicht mehr unterstützen, beziehungsweise die Spendengelder drastisch kürzen. Ihrer Meinung nach haben wir zu viele zeit- und kostenverursachende Schwerstbehinderte im Projekt. Das würde auch für mein CBR-Projekt Onyose zutreffen. Mit dem Geld könnte man in Indien Hunderten von Menschen, die durch den Grauen Star blind geworden sind, das Augenlicht wiedergeben. Im Gegenzug zu einer Handvoll behinderter Menschen in unserem Heim. Wir sind bestürzt. Von der Perspektive der Effektivität her betrachtet haben die Sponsoren natürlich Recht, aber vom menschlichen Gesichtspunkt her betrachtet? Es würde den Tod vieler unserer uns anvertrauten Heimbewohner bedeuten. Mit Engelszungen versuche ich ihnen das zu verdeutlichen. Letztendlich lege ich das Leben unserer Schützlinge in ihre Hände. „Sie müssen mit dem Wissen weiterleben, dass sie mit solch einer Entscheidung den Tod von diesen Menschen mit verursachen. Wenn Sie das können, dann stelle ich mich hinter ihre Entscheidung”, gebe ich anscheinend auf. Sie können es nicht. Wir finden einen Kompromiss. In Zukunft soll der Schwerpunkt in meinem CBR-Projekt auf der Entdeckung von Blinden liegen, deren Sehverlust durch eine Linsentrübung, dem Grauen Star, verursacht wird. Die Erkrankung lässt sich durch eine 20-minütige Operation beheben. Der Blinde bekommt sein Augenlicht zurück. Damit wäre ein Behinderter in kürzester Zeit, mit geringfügigen finanziellen Mitteln fast vollständig rehabilitiert. Auch für Spenderorganisationen gilt das wirtschaftliche Modell des Kosten-Nutzen-Prinzips. Das musste ich heute lernen.
Ich muss als Managerin des Projektes nun umdenken. Die Schwerpunktverlagerung fällt mir aus emotionaler Sicht schwer, da in der Zukunft eine große Anzahl an behinderten Menschen durch unser Hilfsangebotsraster fallen wird. Ich kann die Hilferufe doch nicht einfach ignorieren, nur weil sie nicht mehr ins Programm passen. Ich bin hier in Namibia in erster Linie als Missionarin. Da gelten auch noch andere Prinzipien.
Verstörendes
Was soll ich z.B. mit Jakobus machen? Wir hören von Nachbarn, dass da eine Mutter sein soll, die ihren Sohn seit seiner Geburt im Haus einsperrt. Sie selbst hat eine geistige Behinderung. Die Menschen in Katutura halten sie allerdings für eine Zauberin. Sie haben Angst vor ihr. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Geschichte wahr ist. Als wir die besagte Familie gefunden haben, verhält es sich tatsächlich so. Wir bitten die Schwester eindringlich, uns die Tür zu öffnen. Das macht sie dann zögerlich und verängstigt. Der Anblick ist schockierend. Jakobus liegt hinter der Tür in einer dunklen Ecke. Völlig abgemagert. Sein kleiner Körper zeigt Druckgeschwüre und Gelenkversteifungen. Er ist völlig apathisch, schläft vor Schwäche immer wieder ein. Laut seiner Schwester wird er nur mit Milch gefüttert. Dabei ist der Junge nach meiner Einschätzung mindestens zwölf Jahre alt. Ich täusche mich. Er ist 21 Jahre alt, wie ich später herausfinden werde. Aber das Verstörenste ist, das der Junge vollkommen nackt ist. Er liegt auf einer Art Plastikfolie und ist mit einem Gürtel angebunden, damit er nicht „wegläuft”. Im Raum stinkt es nach Urin. Das ist alles sehr entwürdigend. Jakobus spricht nicht und ich bin auch nicht sicher, ob er uns versteht. Er hat zudem eine geistige Behinderung, die wahrscheinlich durch eine unbehandelte Epilepsie verursacht wurde. So eine schlimme Form der Verwahrlosung ist mir bisher in meiner Karriere als Sozialarbeiterin noch nicht begegnet. Ich rufe unverzüglich im Krankenhaus an und bitte die zuständige Gemeindeschwester, die ich - Gott sei Dank - persönlich kenne, einen Hausbesuch zu veranlassen und den Jungen stationär aufzunehmen, damit er nicht stirbt. Sie verspricht in ein paar Tagen, bei der Familie vorbeizugehen. Das Zauberwort heißt ab jetzt: Delegieren. Verantwortung an andere abgeben. Die behinderten Menschen, die wir entdecken, anderen Hilfsorganisationen oder auch der Namibischen Regierung zu übergeben. Immerhin obliegt dem Staat die Aufgabe Kinder zu schützen und für deren Kindeswohl zu sorgen, wenn die Eltern an der Stelle versagen. Dieser „Fall“ wird mich allerdings noch weiterhin beschäftigen. Da ich immer mal wieder Interviews über meine Projekt in den verschiedenen Medien gebe, erzähle ich bei einer dieser Gelegenheiten von Jakobus und über die Lebensbedingungen in denen manche behinderte Menschen leben müssen. Die afrikaanse Zeitung Republikein will sich unbedingt selbst ein Bild machen. Sie fotografieren Jakobus, nachdem die Mutter dem zugestimmt hat, und schreiben einen bewegenden Artikel, der es auf die erste Seite ihrer Zeitung schafft. Die Überschrift lautet: „Schockierende Bilder des Leidens”.
Als ich am Morgen mein Büro erreiche, habe ich den Artikel noch nicht gelesen. Das Telefon klingelt. Der Ministerpräsident der Khomas Region John Pandeni ist am Apparat. Er ist total aufgebracht. „Was fällt Ihnen ein, so einen Artikel zu veröffentlichen?“, regt er sich auf. „Ich weiß garnicht wovon Sie reden! Was ist denn passiert?”, hake ich nach. „Auf der Titelseite steht die Geschichte eines behinderten Jungen. Mit Foto. Darauf ist der Junge nackt abgebildet!”, erklärt er verärgert. „Nun geben Sie mir erst einmal die Chance, den Artikel zu lesen. Ich möchte mir erst einmal eine Zeitung besorgen, dann können wir in ein paar Minuten noch einmal miteinander telefonieren”, bitte ich ihn. Damit erklärt er sich einverstanden.
Ich besorge mir an bei dem Straßenverkäufer um die Ecke ein Exemplar vom Republikein. Bereits im Auto lese ich neugierig und auch ein wenig aufgeregt den Artikel. Ich bin erleichtert. In dem Zeitungsbericht steht nichts Falsches. Der Inhalt entspricht vollkommen der Wahrheit. Zudem bin ich froh, dass auf dem Foto die Scham von Jakobus nicht zu sehen ist. Kaum bin ich zurück in meinem Büro, klingelt das Telefon erneut.
Ärger mit dem Gouverneur
„Haben Sie nun endlich eine Zeitung?”, fragt mich der Gouverneur gereizt. „Ja. Ich habe den Artikel gelesen. Aber ich verstehe immer noch nicht wo das Problem liegt“, sage ich gelassen. „Wo das Problem liegt? Ich bin politisch verantwortlich für das Gebiet. Wie sieht das denn aus? In ein paar Wochen sind Wahlen. Außerdem hätten Sie mich ja mal kontaktieren können“, schreit er ins Telefon. Aha. Daher weht der Wind. Der Politiker hat anscheinend Angst davor, Stimmen zu verlieren. „Ich finde den Artikel gelungen. Dort steht in einfühlsamen Worten die Geschichte von Jakobus. Jedes Wort entspricht der Wahrheit. Und außerdem habe ich mehrfach versucht, Sie in Ihrem Büro zu kontaktieren. Ich habe um Rückruf gebeten, der leider nicht erfolgt ist“, sage ich weiterhin entspannt.
Jetzt verliert der Politiker ein wenig die Fassung. Er fängt an, mich zu bedrohen. „Davon weiß ich nichts. Wollen Sie das Land verlassen? Das geht schneller, als Sie sich vorstellen können“, fragt er mich provozierend. Nun bin ich verärgert. Ich lasse mir keine Angst einjagen. „Wollen Sie morgen erneut eine Schlagzeile auf der Titelseite lesen? - Politiker bedroht Missionarin? Lassen Sie uns bitte vernünftig miteinander reden. Wir brauchen Lösungen und keine Drohungen. Kommen Sie doch einfach mal mit in die Community und besuchen Sie die Familie. Ich würde Sie gerne einmal mitnehmen und Ihnen auch noch ein paar andere Familien aus unserem Projekt vorstellen. Sie als Politiker könnten eine riesige Ermutigung für die behinderten Menschen und ihre Angehörigen sein”, versuche ich zu schlichten. So langsam beruhigt sich Herr Pandeni. „In Ordnung. Machen Sie einen Termin mit meiner Sekretärin aus“, meint er nun versöhnlicher. Ich bin erleichtert, dass das Gespräch diese Kehrtwendung genommen hat. Das hätte auch anders ausgehen können.
Ein paar Tage später besuchen wir gemeinsam ein paar behinderte Menschen aus meinem Projekt. Der Gouverneur hat sogar dicke Säcke Maismehl als Geschenk für die Familien dabei. Er ist als ehemaliger politischer Gefangener von Robben Island ein Held. Außerdem fühlen sich die Familienmitglieder geehrt, dass so eine hoch gestellte Persönlichkeit sie besucht. Der Gouverneur erreicht, wofür wir wahrscheinlich monatelang hätten arbeiten müssen. Die Mutter von Jakobus zeigt sich kooperativ. Sie erlaubt, dass die Nachbarschaft während ihrer Abwesenheit, sich tagsüber um Jakobus kümmert. Wir besorgen eine Matratze und Kleidung. Das mitgebrachte Maismehl hilft, ihn weiter aufzupäppeln. Auch der Politiker ist begeistert darüber zu erleben welchen Einfluss er hat, und wie schnell er alleine durch seine bloße Anwesenheit eine große Veränderung im Leben der behinderten Menschen bewirken kann. Von diesem Tag an ist unsere Beziehung von großem gegenseitigem Respekt gekennzeichnet.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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