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Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 22)
Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 22)

Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 22)

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia (Teil 22)
Wiebke Schmidt
Filmprojekt

Viel Zeit verbringe ich mit der Planung und Mitarbeit des Films über unser CBR-Projekt. Noch haben wir nicht alle Gelder zusammen. Die deutsche Botschaft hat uns 50000 N$ zugesichert, die wir allerdings zurückgeben müssen, falls wir es nicht schaffen, innerhalb von drei Monaten die Gesamtsumme von 130000 N$ zusammen zu bekommen. Die Finnische Botschaft sagt uns weitere 50000 N$ zu. Dann verlässt uns unser Glück. Kein weiterer Sponsor zeigt Interesse. Die Amerikanische Botschaft weist unsere Bitte zunächst mit der Begründung ab, dass für dieses Jahr das Budget aufgebraucht sei. Kein Wunder. Die Botschaft hat gerade erst gestern eine Million N$ in eine Multi-Media-Kampagne gesteckt. Das Geld floss fast ausschließlich in die Produktion von Aufklärungspostern. Bei der Pressekonferenz war ich dabei. „Sir”, sage ich, „Sie haben eine Million N$ in die Produktion von Postern gesteckt. Können Sie mir sagen was auf einem dieser Poster zu sehen ist?“ Der Diplomat räuspert sich verlegen. Er kann es nicht. „Sie können sich nicht daran erinnern was auf Postern zu sehen ist, für die Sie eine horrende Summe ausgegeben haben? Wenn sie sich nicht daran erinnern, was glauben Sie wie erfolgreich und nachhaltig dann die Aufklärungskampagne sein wird, wenn Sie sich bereits nach einem Tag nicht mehr an die Bilder erinnern können? Ich verspreche Ihnen, dass Sie den Film, den wir produzieren möchten, nachdem Sie ihn gesehen haben, ihr ganzes Leben lang nicht vergessen werden. Und wir benötigen gerade mal 50000 N$ dafür, keine Million”, verspreche ich sehr selbstbewusst und vielleicht ein bisschen zu großpurig. Nach zwei Wochen ruft mich das Sekretariat der amerikanischen Botschaft an. „Hier ist ein Scheck für Sie hinterlegt. Bitte holen Sie sich den ab”, teilt mir die Sekretärin mit. Wir haben das Geld zusammen. Hurra! Die Kanadische Botschaft zieht plötzlich auch nach und spendet 30000 N$. Nun haben wir plötzlich zu viel Geld. Was sollen wir damit bloß anfangen? Simon kann es kaum fassen. Wir entschließen uns, einen zweiten, kürzeren Film über eine Graue Star-Operation zu drehen.

Wiedersehen mit der besten Freundin

Zwei Jahre bin ich bereits in Namibia. Nun wird es Zeit, auch mal wieder meine Heimat zu besuchen. Eigentlich bin ich gar nicht so scharf darauf, nach Deutschland zu fliegen, aber ich habe seit fast drei Jahren meine beste Freundin Kirsten nicht mehr gesehen. Sie ist ein paar Monate vor mir in die Mission gegangen. Mit dem Schiff „Doulos”, was so viel wie „Knecht Gottes“ bedeutet, war sie missionarisch weltweit unterwegs. Leider bin ich nicht seefest, sonst wäre ich vielleicht mit ihr gemeinsam über die „Sieben Weltmeere“ geschippert. Die Trennung war für uns beide sehr schmerzlich, da wir wirklich unzertrennlich sind. Aber der Missionsbefehl steht noch über unserer Freundschaft. Da sind wir uns beide einig. Seit ihrer Rückkehr arbeitet Kirsten in der Zentrale ihrer Missionsgesellschaft Organisation Mobilisation, kurz OM, in Mosbach als Systemadministratorin. Seitdem telefonieren wir über die Kontinente hinweg. Bislang haben wir uns Briefe geschrieben, die oft nicht ankamen, oder ganz altmodisch Cassetten vollgelabert und verschickt. Es gibt so viel zu erzählen. Stundenlang quatschen wir am Telefon. Die Drähte glühen. Mein Bankkonto rutscht fast ins Minus. Telekom freut sich sicherlich über meinen Monatslohn. „Für das Geld kannst du doch gleich nach Deutschland fliegen. Da ist ja ein Flugticket noch billiger“, sagt meine Freundin. Sie hat natürlich Recht. In der darauf folgenden Woche buche ich kurzentschlossen einen Flug nach Deutschland. Fünf Wochen will ich bleiben. Drei Wochen werde ich beruflich unterwegs sein und zwei privat. Ich möchte verschiedenen Spenderorganisationen, und auch meiner Missionsgesellschaft, einen Besuch abstatten. Natürlich steht auch meine Gemeinde in Bremen auf dem Programm. Meine Mutter und einige Freunde will ich auch wiedersehen. Die Reise führt mich von Windhoek nach Bremen. Von dort aus nach Bonn, Mainz, Siegen, Soest, Altena, Bensheim, Stuttgart und Mosbach. In Altena kann ich mit meiner Familie den 68. Geburtstag meiner Mutter feiern. Und in Mosbach kann ich endlich meine Busenfreundin Kirsten in die Arme schließen. Wie ich sie vermisst habe! Endlich können wir uns ausgiebig über die letzten Jahre unseres Lebens austauschen. Wir haben keine Lust auf Kälte und Schnee und verduften für zehn Tage ins mild temperierte Teneriffa.

Die Zeit in meiner Heimat tut mir gut. Obwohl ich ein bisschen überrascht bin, wie „fremd“ mir Deutschland in den letzten zweieinhalb Jahren geworden ist. Das kalte Wetter ist für mich fast unerträglich.

Die Gespräche mit den Unterstützerorganisationen waren anstrengend, aber erfolgreich. Die Gelder fürs Projekt sind erst einmal gesichert. Meine Missionsgesellschaft möchte meinen Arbeitsvertrag um zwei weitere Jahre verlängern. Ich soll zukünftig ein Büro bei Ehafo bekommen und das neue Augenprogramm zur Verhütung und Behandlung von Augenkrankheiten landesweit ausdehnen. In der Zwischenzeit soll ich einen namibischen Counterpart ausbilden, der mein Projekt nach meinem Ausscheiden weiterführen kann.

Augenklinik Pietermaritzburg

Um mehr Fachwissen für das neue Augenprogramm zu bekommen, führt mich die nächste Reise im Februar 1999 nach Pietermaritzburg, wo ich gemeinsam mit Eddy, an einem speziellen Trainingsprogramm in der Edendale Augenklinik, über Augenkrankheiten teilnehmen soll. Ein wunderbarer, deutscher Arzt hat hier die Leitung. Auch die Mitarbeiter sind großartig. Jeden Morgen kommen sie erst einmal zum Singen und Beten zusammen. So beginnt der Tag mit einer fröhlichen Stimmung, bevor wir uns all dem menschlichen Elend widmen.

Das Praktikum in der Klinik ist wirklich spannend. Als der Chefarzt mitbekommt, dass ich examinierte Krankenschwester bin, darf ich sogar im OP mitarbeiten und täglich in der Klinik Augenuntersuchungen durchführen. Leider wenden sich nicht alle Patienten gleich an einen Arzt, wenn sie Probleme mit den Augen haben. In Kwazulu Natal vertrauen die Menschen in erster Linie den Medizinmännern, von dessen Behandlung sich mehr versprechen und der neben den Ältesten die größte Hochachtung in den Dörfern genießt. Ich treffe auf viele Patienten die etliche Armbänder aus Ziegenfell tragen. Je mehr Armbänder, desto mehr Ziegen wurden geschlachtet und geopfert. Dadurch werden die Menschen immer ärmer und leider meist auch immer kränker. Wenn sie dann endlich irgendwann zur Augenarzt gehen, kommt oft jede Hilfe zu spät. Meist ist das Augenlicht unwiederbringlich verloren. Besonders Frauen haben häufig einen fiesen Hautauschlag im Gesicht, der über die Wange bis zum Auge reicht. Dabei handelt es sich um die Viruserkrankung Herpes Zoster, das man normalerweise nur bekommt, wenn das Immunsystem schwach ist. Der Bluttest beweist, dass alle diese Frauen HIV-positiv sind.

Mein zugeteilter Ausbilder flirtet mit mir so offensichtlich, dass es gleich die Runde in der Klinik macht. „Geht da was?”, werde ich neugierig von allen Seiten gefragt. Ich lächele vieldeutig, weil mich ihre Neugier amüsiert. Ich finde meinen Ausbilder zwar äußerst attraktiv und sympathisch, aber ich bin ja bereits „vergeben”. So bleibt es zum Bedauern aller beim Flirt, gemeinsamen Ausflügen, einem Abschiedskuss und einem Liebesbrief, den mir Eddy später in Namibia aushändigt.

An meinem freien Wochenende habe ich die Möglichkeit das Missionsehepaar Helga und Walter aus meiner Heimatgemeinde in Bothas Hill zu besuchen, das nicht weit entfernt liegt. Ihr Haus liegt einmalig schön am „Tal der tausend Hügel“ gelegen. Morgens steigt hier der Morgennebel auf und verwandelt die Landschaft in eine Märchenwelt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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