Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 24)
Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia (Teil 24)
Von der evangelischen Missionsgesellschaft wurde Kerstin van Wyk nach Namibia entsandt, wo sie von 1996 bis 2012 lebte und wirkte.
Sambia
Im Mai gibt es massenhaft Feiertage in Namibia, die ich dazu nutzen möchte, ein paar Tage ins Nachbarland Sambia zu reisen. Gemeinsam mit der Arbeitstherapeutin Beate, die für ein halbes Jahr in meinem Projekt mitarbeitet. In Lusaka haben Freunde von mir, die ich bei dem Trainingskursus in Tansania kennengelernt habe, ein sehr erfolgreiches CBR- und Augenprojekt aufgebaut. Das möchte ich mir unbedingt ansehen. Die Dienst/Urlaubsreise hält gleich am ersten Tag eine Überraschung bereit. Wir fliegen nach Katima Mulilo. Wir kommen mit einigen Stunden später in Katima an, weil der Flughafen aufgrund eines Flugzeugabsturzes einer kleinen Maschine länger gesperrt war. Nach zwei Stunden Flug sind wir da. Die restliche Strecke wollen wir mit einem Mietauto durch den Caprivistreifen, dann durch den herrlichen Chobe-Nationalpark und weiter zur Sambesi-Lodge fahren, wo wir die erste Nacht gebucht hatten. Kurz bevor wir unser Quartier erreichen, brüllt Beate plötzlich los: „Halt. Stopp. Halt sofort an!“ Ich kann zwar keine Gefahr ausmachen, aber vielleicht bin ich auch zu müde nach der langen Fahrt, um Gefahren ausmachen zu können. Also lege eine Vollbremsung hin. Sie steigt wie von der Tarantel gestochen aus dem Auto aus, rennt los und fällt einem jungen Mann um den Hals, der ahnungslos am Straßenrand entlang geht. „Jetzt ist sie durchgedreht“, denke ich. Bis ich beim Näherkommen erkenne, dass es sich bei dem jungen Mann um Beates Affäre handelt, von der sie mir bereits die ganze Fahrt über in den Ohren hängt. Was macht der denn hier? Wollte der nicht nach Sansibar? Egal. Beate ist ganz aus dem Häuschen über das unerwartete Wiedersehen. Wie praktisch, dass wir in dieser Lodge ausnahmsweise Einzelzimmer gebucht haben.
Am nächsten Morgen müssen die beiden sich wieder trennen. Unser Ziel ist Lake Kariba, wo wir einige Tage bleiben möchten. Wir unterschätzen die benötigte Fahrzeit und müssen ordentlich auf die Tube drücken, um noch über die Grenze zu kommen. Wir schaffen es in allerletzter Minute, die Grenze nach Sambia noch zu erreichen, bevor sie dichtmacht. Langsam wird es dunkel und wir sind noch lange nicht am gebuchten Hotel angekommen. Wir müssen noch ein paar Stunden durch die stockfinstere Nacht fahren, über Straßen die mehr aus Löchern als aus Asphalt bestehen. Ab und zu wird das Dunkel um uns herum durch einige Lagerfeuer im Busch erhellt. Wir machen uns langsam Sorgen, ob wir überhaupt richtig sind. Die Nacht im Auto zu verbringen, wo wir nicht wissen, was oder wer um uns herum ist, wollen wir auch auf gar keinen Fall. Also fahren wir weiter, bis wir endlich gegen 23 Uhr an einem Hotel am Lake Kariba ankommen. Unser gebuchtes Hotel liegt auf der anderen Seite vom See, in Simbabwe. Um dahin zu gelangen müssen wir erst wieder eine Grenze passieren. Das geht aber nicht mitten in der Nacht. Gott sei Dank sind noch Zimmer in dem Hotel frei.
Gefahren aus dem Wasser
Wir bleiben drei Tage an diesem wunderschönen See. Irgendwie erinnert er mich an den Gardasee in Italien. Nur, dass dort keine Nilpferde und Krokodile im Wasser herumschwimmen. Es lauern dort jedoch noch ganz andere Gefahren, von denen wir leider erst nach unseren ausgiebigen Badetouren im See erfahren. Vor der Reise hatten wir uns im Reisebüro erkundigt, ob man bedenkenlos im See schwimmen gehen kann, was uns bestätigt worden ist. Das Wasser ist ist jedoch mit Schistosomiasis-Erregern verseucht. Diese mikroskopisch kleinen Parasiten befinden sich besonders in Gewässern, die keinen Wasserzu- und -ablauf haben. Die Parasiten dringen durch die Haut in den menschlichen Körper ein. Zuvor muss jedoch ein Wirtswechsel stattgefunden haben. Ein bereits infizierter Mensch scheidet durch seinen Stuhl oder seinen Urin Eier dieser Erreger aus, die so ins Wasser gelangen und Wimpernlarven freisetzen. Die Wimpernlarven sind nur begrenzt überlebensfähig ohne einen sogenannten Zwischenwirt. Den finden sie in einer Schneckenart, die im Wasser lebt. Von da aus werden sie auf den Menschen übertragen, wenn diese in befallenen Gewässern schwimmen gehen. Es entwickelt sich eine Bilharziose, die Darm und Blase befällt. Sind die Larven erst einmal in einen Körper eingedrungen, docken sie sich an die Venenwände an, wachsen und scheiden Eier aus, die auf dem Blutweg zu den Organen geschwemmt werden. Unbehandelt verursachen die Würmchen mit der Zeit Krebs an den befallenen Organen. Tropenkrankheiten haben es in sich. Man wird sie so leicht nicht los und oftmals sind sie letal. Außerdem zeigen sich bei einigen Tropenkrankheiten lange Zeit keinerlei oder kaum wahrnehmbare Symptome, was die Menschen in falsche Sicherheit wiegt. Wir nehmen uns vor, nach unserem Urlaub einen Bluttest zu machen. Jetzt im Urlaub wollen wir von Krankheiten erst einmal nichts wissen.
Meine Freunde Kordelia und Peter warten bereits in Lusaka auf uns. Sie wohnen in einem sehr schönen Haus mit Swimmingpool. Dagegen ist die Armut der Menschen in Sambia erschreckend. Ich dachte, ich hätte bereits gewusst, was Armut bedeutet, aber hier bekommt das Wort noch einmal eine ganz andere Dimension. Das Leben in Namibias Townships ist dagegen fast als luxuriös zu bezeichnen. Im Township in Lusaka liegt bergeweise der Müll herum. Kinder spielen darin und suchen nach etwas Essbarem. Fließend Wasser gibt es nur in wenigen Haushalten. Überall riecht es nach Urin, da die Notdurft direkt vor den Häusern und in den Flussbetten verrichtet wird. Durch die unzureichenden hygienischen Verhältnisse ist erst vor ein paar Tagen die Cholera ausgebrochen, der bereits viele Menschen zum Opfer gefallen sind. Hinzu kommt, dass die medizinischen Versorgung katastrophal ist. Medikamente sind schwer zu bekommen. Wir machen gemeinsam mit Kordelia Hausbesuche, bei denen sie als Physiotherapeutin behinderte Kinder behandelt. In den meisten Häusern befindet sich lediglich eine Strohmatte. Die Menschen, die wir besuchen sind bettelarm. Wie sie an etwas Essbares kommen, ist mir ein Rätsel. Die Menschen und vor allem die Kinder freuen sich sehr über unseren Besuch. Sie kommen neugierig angerannt. Wenn wir mit ihnen „Karussell“ spielen, quietschen sie vergnügt und können gar nicht genug bekommen. Wir freuen uns über die fröhlichen Kindergesichter, denen man so einfach ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann. Peter zeigt uns „seine“ Augenklinik. Ich bin beeindruckt davon, wievielen Menschen hier in kürzester Zeit das Augenlicht wiedergegeben wird. Mit neuen Ideen für die eigene Arbeit fahren wir nach einer Woche wieder den ganzen Weg nach Namibia zurück.
Sambia
Im Mai gibt es massenhaft Feiertage in Namibia, die ich dazu nutzen möchte, ein paar Tage ins Nachbarland Sambia zu reisen. Gemeinsam mit der Arbeitstherapeutin Beate, die für ein halbes Jahr in meinem Projekt mitarbeitet. In Lusaka haben Freunde von mir, die ich bei dem Trainingskursus in Tansania kennengelernt habe, ein sehr erfolgreiches CBR- und Augenprojekt aufgebaut. Das möchte ich mir unbedingt ansehen. Die Dienst/Urlaubsreise hält gleich am ersten Tag eine Überraschung bereit. Wir fliegen nach Katima Mulilo. Wir kommen mit einigen Stunden später in Katima an, weil der Flughafen aufgrund eines Flugzeugabsturzes einer kleinen Maschine länger gesperrt war. Nach zwei Stunden Flug sind wir da. Die restliche Strecke wollen wir mit einem Mietauto durch den Caprivistreifen, dann durch den herrlichen Chobe-Nationalpark und weiter zur Sambesi-Lodge fahren, wo wir die erste Nacht gebucht hatten. Kurz bevor wir unser Quartier erreichen, brüllt Beate plötzlich los: „Halt. Stopp. Halt sofort an!“ Ich kann zwar keine Gefahr ausmachen, aber vielleicht bin ich auch zu müde nach der langen Fahrt, um Gefahren ausmachen zu können. Also lege eine Vollbremsung hin. Sie steigt wie von der Tarantel gestochen aus dem Auto aus, rennt los und fällt einem jungen Mann um den Hals, der ahnungslos am Straßenrand entlang geht. „Jetzt ist sie durchgedreht“, denke ich. Bis ich beim Näherkommen erkenne, dass es sich bei dem jungen Mann um Beates Affäre handelt, von der sie mir bereits die ganze Fahrt über in den Ohren hängt. Was macht der denn hier? Wollte der nicht nach Sansibar? Egal. Beate ist ganz aus dem Häuschen über das unerwartete Wiedersehen. Wie praktisch, dass wir in dieser Lodge ausnahmsweise Einzelzimmer gebucht haben.
Am nächsten Morgen müssen die beiden sich wieder trennen. Unser Ziel ist Lake Kariba, wo wir einige Tage bleiben möchten. Wir unterschätzen die benötigte Fahrzeit und müssen ordentlich auf die Tube drücken, um noch über die Grenze zu kommen. Wir schaffen es in allerletzter Minute, die Grenze nach Sambia noch zu erreichen, bevor sie dichtmacht. Langsam wird es dunkel und wir sind noch lange nicht am gebuchten Hotel angekommen. Wir müssen noch ein paar Stunden durch die stockfinstere Nacht fahren, über Straßen die mehr aus Löchern als aus Asphalt bestehen. Ab und zu wird das Dunkel um uns herum durch einige Lagerfeuer im Busch erhellt. Wir machen uns langsam Sorgen, ob wir überhaupt richtig sind. Die Nacht im Auto zu verbringen, wo wir nicht wissen, was oder wer um uns herum ist, wollen wir auch auf gar keinen Fall. Also fahren wir weiter, bis wir endlich gegen 23 Uhr an einem Hotel am Lake Kariba ankommen. Unser gebuchtes Hotel liegt auf der anderen Seite vom See, in Simbabwe. Um dahin zu gelangen müssen wir erst wieder eine Grenze passieren. Das geht aber nicht mitten in der Nacht. Gott sei Dank sind noch Zimmer in dem Hotel frei.
Gefahren aus dem Wasser
Wir bleiben drei Tage an diesem wunderschönen See. Irgendwie erinnert er mich an den Gardasee in Italien. Nur, dass dort keine Nilpferde und Krokodile im Wasser herumschwimmen. Es lauern dort jedoch noch ganz andere Gefahren, von denen wir leider erst nach unseren ausgiebigen Badetouren im See erfahren. Vor der Reise hatten wir uns im Reisebüro erkundigt, ob man bedenkenlos im See schwimmen gehen kann, was uns bestätigt worden ist. Das Wasser ist ist jedoch mit Schistosomiasis-Erregern verseucht. Diese mikroskopisch kleinen Parasiten befinden sich besonders in Gewässern, die keinen Wasserzu- und -ablauf haben. Die Parasiten dringen durch die Haut in den menschlichen Körper ein. Zuvor muss jedoch ein Wirtswechsel stattgefunden haben. Ein bereits infizierter Mensch scheidet durch seinen Stuhl oder seinen Urin Eier dieser Erreger aus, die so ins Wasser gelangen und Wimpernlarven freisetzen. Die Wimpernlarven sind nur begrenzt überlebensfähig ohne einen sogenannten Zwischenwirt. Den finden sie in einer Schneckenart, die im Wasser lebt. Von da aus werden sie auf den Menschen übertragen, wenn diese in befallenen Gewässern schwimmen gehen. Es entwickelt sich eine Bilharziose, die Darm und Blase befällt. Sind die Larven erst einmal in einen Körper eingedrungen, docken sie sich an die Venenwände an, wachsen und scheiden Eier aus, die auf dem Blutweg zu den Organen geschwemmt werden. Unbehandelt verursachen die Würmchen mit der Zeit Krebs an den befallenen Organen. Tropenkrankheiten haben es in sich. Man wird sie so leicht nicht los und oftmals sind sie letal. Außerdem zeigen sich bei einigen Tropenkrankheiten lange Zeit keinerlei oder kaum wahrnehmbare Symptome, was die Menschen in falsche Sicherheit wiegt. Wir nehmen uns vor, nach unserem Urlaub einen Bluttest zu machen. Jetzt im Urlaub wollen wir von Krankheiten erst einmal nichts wissen.
Meine Freunde Kordelia und Peter warten bereits in Lusaka auf uns. Sie wohnen in einem sehr schönen Haus mit Swimmingpool. Dagegen ist die Armut der Menschen in Sambia erschreckend. Ich dachte, ich hätte bereits gewusst, was Armut bedeutet, aber hier bekommt das Wort noch einmal eine ganz andere Dimension. Das Leben in Namibias Townships ist dagegen fast als luxuriös zu bezeichnen. Im Township in Lusaka liegt bergeweise der Müll herum. Kinder spielen darin und suchen nach etwas Essbarem. Fließend Wasser gibt es nur in wenigen Haushalten. Überall riecht es nach Urin, da die Notdurft direkt vor den Häusern und in den Flussbetten verrichtet wird. Durch die unzureichenden hygienischen Verhältnisse ist erst vor ein paar Tagen die Cholera ausgebrochen, der bereits viele Menschen zum Opfer gefallen sind. Hinzu kommt, dass die medizinischen Versorgung katastrophal ist. Medikamente sind schwer zu bekommen. Wir machen gemeinsam mit Kordelia Hausbesuche, bei denen sie als Physiotherapeutin behinderte Kinder behandelt. In den meisten Häusern befindet sich lediglich eine Strohmatte. Die Menschen, die wir besuchen sind bettelarm. Wie sie an etwas Essbares kommen, ist mir ein Rätsel. Die Menschen und vor allem die Kinder freuen sich sehr über unseren Besuch. Sie kommen neugierig angerannt. Wenn wir mit ihnen „Karussell“ spielen, quietschen sie vergnügt und können gar nicht genug bekommen. Wir freuen uns über die fröhlichen Kindergesichter, denen man so einfach ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann. Peter zeigt uns „seine“ Augenklinik. Ich bin beeindruckt davon, wievielen Menschen hier in kürzester Zeit das Augenlicht wiedergegeben wird. Mit neuen Ideen für die eigene Arbeit fahren wir nach einer Woche wieder den ganzen Weg nach Namibia zurück.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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