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Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 29)
Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 29)

Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 29)

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia
Wiebke Schmidt
Schwere Entscheidung

Die letzte Möglichkeit besteht darin, in den nächsten Wochen meine Sachen zu packen und das Land zu verlassen. Hier stellt sich jetzt die emotional schwierige Frage: Mit oder ohne Johan? Johan kann in Deutschland nur einreisen, wenn wir verheiratet sind. Eigentlich möchte ich einen Mann nach nur acht Monaten Beziehung nicht heiraten. Auch meine Pastorenfreundin Angela, bei der ich mich ausheule, findet das nicht ratsam. Mich setzt die ganze Situation enorm unter Druck. Johan dagegen sieht das Ganze ganz entspannt. Er freut sich darauf, mich so schnell wie möglich seine Ehefrau nennen zu dürfen. Er fragt mich sowieso ständig, wann wir endlich heiraten.

Schweren Herzens entscheide ich mich dazu, das Land zu verlassen. Ich bedanke mich in einem letzten Meeting herzlich bei Ehafo für die Zeit, die ich mit ihrer Organisation zusammenarbeiten durfte. Die Blindenschule gebe ich vertrauensvoll in Londis Hände. Er wird die Schule bestimmt besser leiten als ich. Da habe ich ein gutes Gefühl. Ansonsten bin ich sehr niedergeschlagen.

Nach langen Gesprächen mit Angela und vielen inneren Kämpfen habe ich mich bezüglich Johan zu einer Entscheidung durchgerungen. Jede Ehe stellt ein Risiko dar, auch wenn man sich vorher noch so lange kennt. Ich bin bereit, das Risiko einzugehen.

Ich sage „Ja”

Beim nächsten Heiratsantrag erhält Johan ein „Ja”. Er schaut mich ungläubig an. Bei den ganzen „Neins”, die er vorher immer bekommen hat, hat er wohl schon gar nicht mehr damit gerechnet. Er rennt zu meiner Belustigung sofort los, um einen Termin beim Standesamt zu arrangieren. Mit einem Termin für den 18. August 2000 in der Tasche kommt er glücklich zurück. Nun wird es ernst. Alle nur möglichen und unmöglichen Papiere müssen beantragt und besorgt werden. Das wird die größte Herausforderung werden. Alleine die Bearbeitung eines polizeilichen Führungszeugnisses dauert normalerweise bis zu einem Jahr. Die Kirche muss gebucht werden, das Hochzeitskleid genäht, eine geeignete Location gesucht und die Gäste eingeladen werden. Gleichzeitig muss die Wohnung aufgelöst, 450 kg Besitz verpackt, die Möbel verkauft und der Frachttransport meines Hab und Guts organisiert werden. Ein befreundetes Ehepaar, das sich derzeit in Pakistan befindet, bietet uns an, erst einmal kostenlos in ihrem Haus in Delmenhorst zu wohnen. Ein fester Wohnsitz hilft sehr ein Einreisevisum für Johan zu bekommen, das wir innerhalb von nur zwei Wochen von der Deutschen Botschaft ausgehändigt bekommen. Überhaupt haben wir mehr Glück als Verstand und bekommen alle notwendigen Papiere rechtzeitig. Nach zwei Monaten Vorbereitung und Rumrennerei steht nun unserer Hochzeit nichts mehr im Wege.

Besiegeln der Entscheidung

Die standesamtliche Zeremonie ist eher etwas befremdlich. Keine Rede, kein feierlich geschmückter Raum, keine gutgelaunte Standesbeamtin. Die Zeremonie dauert ganze zwei Minuten. Kurz und nüchtern! Nachdem wir einen Eid geschworen und die Papiere unterzeichnet sind, sind wir verheiratet. Zum Glück bestätigen uns unsere Trauzeugen, Angela und Johans Schwager, das alles seine Richtigkeit hat. Es geht zum Kaffee trinken mit unseren Trauzeugen ins Craft Café, wo wir einfach gemütlich beisammen sitzen und leckeren Kuchen schlemmen. Dann fährt jeder für eine kurze Pause und zum frisch machen nach Hause. Johan verschwindet mit dem Auto und taucht erst zum geplanten Abendessen mit den Trauzeugen wieder auf. Mir ist schleierhaft, wo er sich die ganze Zeit aufgehalten hat. Angeblich bei seiner Schwester. Warum konnte ich da nicht mit? Ich bin echt sauer. Mir kommen die ersten Zweifel, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Trotzdem wird es noch ein netter Abend bei Gathemann, einem renommierten Restaurant in der Windhoeker Innenstadt. Die Wildgerichte dort sind eine kleine Sensation. Für die Hochzeitsnacht buchen wir eine Suite im Kalahari Sands Hotel, mitten im Zentrum Windhoeks. Im dortigen Restaurant wollen wir am folgenden Abend auch unsere zwölf Gäste empfangen. Für eine klassische Hochzeitsnacht bin ich nicht in Stimmung. Die Aktion von Johan am Nachmittag hängt mir emotional noch nach. Ich möchte mich aber auch nicht streiten. Zum Glück ist Johan zu müde, um mich noch zum Zärtlichkeiten-Austausch überreden zu wollen. Am folgenden Morgen müssen wir bereits früh aus den Federn. Nach einem sensationellen Frühstück mit meinem frisch angetrauten Ehemann muss ich zum Friseur. Sie soll mich in eine wunderschöne Braut verwandeln. Johan ruft ständig an, weil er irgend etwas sucht. Ein Zeichen dafür, dass er aufgeregt ist. „Schatz, setz dich doch einfach mit deinem Schwager zusammen und trinkt etwas an der Bar”, bitte ich ihn.

Dann treffen wir uns, kurz bevor wir zur Kirche fahren, im Hotel wieder. Als er mich, fertig geschminkt, mit Hochsteckfrisur und Brautkleid sieht, sagt er: „Oh Gott. So schön habe ich dich noch nie gesehen!” Ich bin heilfroh, dass ich ihm als Braut gefalle. Wir werden von meiner Freundin Angela in der deutschen Christuskirche getraut. Angela hält eine lange und gefühlvolle Predigt.

Am Nachmittag haben wir unsere Gäste zum Kaffeetrinken in die Stadtmission eingeladen. Mein Hauskreis hat fleißig Kuchen gebacken. Wunderschön ist auch meine dreistöckige Hochzeitstorte geworden, die nicht nur großartig aussieht, sondern auch so schmeckt.

Mit unserer kleinen Hochzeitsgesellschaft feiern wir abends im Kalahari Sands Restaurant. Dort gibt es ein riesiges warmes Buffet mit den verschiedensten nationalen und internationalen Gerichten, das alle Gäste begeistert. Es ist ein nettes Beisammensein. Die Feier ist um Mitternacht zu Ende, da das Restaurant schließt. Das ist uns ganz recht. So können wir uns endlich ausgiebig unserer Hochzeitsnacht widmen. Am Morgen müssen wir wieder früh aus den Federn, da wir ein letztes Mal am Gottesdienst in der Stadtmission teilnehmen wollen, bevor wir nach Deutschland fliegen.

Abschied von meinen beiden großen Lieben

In zwei Tagen heißt es dann endgültig, von Namibia Abschied zu nehmen.

Einen Tag bevor wir abfliegen, läuft mir zufällig mein Freund, der Botschafter, in der Stadt über den Weg. Ich wusste noch nicht mal, dass er in Namibia ist. Aber ich freue mich natürlich sehr, ihn wiederzusehen. Mein Herz schlägt Purzelbäume. Ich fühle mich immer noch sehr zu ihm hingezogen, wie ich mir eingestehen muss. Er will sich natürlich unbedingt mit mir treffen. „Das geht leider nicht. Ich verlasse morgen Namibia für immer. Ich kehre nach Deutschland zurück.” „Was? Wieso denn das?”, fragt er mich völlig überrascht. Ich erkläre ihm kurz was in Bezug auf meine Anstellung bei meiner Missionsgesellschaft geschehen ist. „Dann können wir uns doch heute noch treffen. Du reist doch erst morgen ab. Und wenn du erst einmal in Deutschland bist, treffen wir uns dort”, schlägt er vor. Nun muss ich wohl oder übel Farbe bekennen. „Es tut mir leid. Das wird auch nicht gehen. Ich habe vorgestern geheiratet.” „Das glaube ich dir nicht. Das kann nicht wahr sein!”, sagt er fassungslos. Ich zeige ihm zum Beweis den Ehering, der an meinem Ringfinger glänzt. Zu meiner Bestürzung sehe ich, wie mein ehemaliger Freund leichenblass wird und anfängt zu schwanken. Ich habe Sorge, dass er in Ohnmacht fällt und halte ihn am Arm fest. Er fängt sich zum Glück wieder. Dass es ihm so viel ausmacht, überrascht mich etwas. Das habe ich nicht erwartet. In diesem Augenblick sehe ich Johan strahlend auf mich zukommen. Auch das noch! „Mein Mann kommt da gerade. Bitte sei ihm gegenüber höflich. Er weiß nichts von uns”, bitte ich ihn. Spätestens als Johan den Botschafter begrüßt, merkt er dass etwas nicht stimmt. Auch Männer scheinen intuitive Antennen zu haben. Ich erkläre es Johan später, woraufhin er mit einer Eifersuchtsszene reagiert. „Johan. Ich habe dich geheiratet. Nicht den Botschafter. Das sollte dir genug Beweis meiner Liebe zu dir sein”, versuche ich ihn zu überzeugen. Gegen dieses schlagende Argument hat er kein Gegenargument mehr und beruhigt sich wieder. Noch mehr Stress kann mein Herz echt nicht mehr verkraften. Andererseits bin ich froh, dass die Beziehung zu meinem Freund nun endgültig geklärt ist.

Wir haben immer noch 120 kg Gepäck übrig. Das sind 70 kg zu viel. 30 kg können wir noch kurzfristig zu unserer Seefracht mit aufgeben. Der Rest muss so mit. Wir hoffen darauf, dass Air Namibia mit einem frisch vermählten Ehepaar Erbarmen hat und uns so durchlässt, ohne horrende zusätzliche Gepäckkosten bezahlen zu müssen.

Kerstin van Wyk, stories, Jackson Kaujeua, Missionarin ohne Heiligenschein, WAZon

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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