Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 35)
Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia
Aufbruch nach Namibia
Weihnachten 2003 ist endlich der Container gepackt, alle Formalitäten erledigt und die Wohnung aufgelöst. Nachdem wir noch eine Woche bei meinen Eltern in Altena verbringen, fliegen wir am 1. Januar 2004 nach Namibia. Mit 500 Euro in der Tasche,
in eine hoffentlich bessere Zukunft.
Angela holt uns am Flughafen ab und bringt uns in unsere neue Zwei-Zimmer-Wohnung. Johan ist begeistert, dass wir sogar einen Swimmingpool haben. Die Wohnung ist zwar spartanisch, aber mit dem Notwendigsten eingerichtet. Ich warte sehnsüchtig auf meinen Container, der in vier Wochen in Namibia ankommen soll. Johan ist wie ausgewechselt. Er ist glücklich und entspannt wie lange nicht. Er trifft Freunde und Verwandte und staunt, genau wie ich, über all die Veränderungen in Windhoek. Wir staunen darüber wie teuer alles geworden ist. Teilweise kosten Lebensmittel fünfmal so viel wie in Deutschland. Selbst die Mieten sind um einiges höher.
Seine Familie, die ich bisher fast gar nicht kenne, lädt uns mehrfach zum Essen ein. Johan hat fünf Schwestern und einen Bruder. Seine Eltern wohnen inzwischen wieder auf einer Farm in Südafrika. Auch sie besucht er ein paar Tage und kommt mit Tüten voller Weintrauben und Mangos zurück. Alles scheint harmonisch zu sein. Aber das ist die äußere Fassade. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, mit Johan intim zu werden. Das versteht er nicht. Er denkt, dass alles wieder in Ordnung ist.
Ich habe andere Sorgen. Home Affairs, das Amt für Einwanderungsangelegenheiten teilt mir mit, dass die Bearbeitung von Anträgen für die permanente Aufenthaltsgenehmigung bis zu einem Jahr dauern kann. Das dauert zu lange. Außerdem kostet der Stempel im Pass um die 1000 Euro. So viel Geld besitze ich nicht. Ich konsultiere einen Anwalt, der mir rät, Domizile zu beantragen. Das Papier erhält man, wenn man mit einem namibischen Staatsbürger mindestens zwei Jahre lang verheiratet ist. Das Dokument wäre fast kostenlos. Er könnte die nötigen Schritte in die Wege leiten. In ungefähr drei Wochen hätte ich das notwendige Papier dann in Händen. Das wäre großartig. Genau passend zum vorgesehenen Arbeitsbeginn. Dazu würde er allerdings Johans Personalausweis benötigen. Mir fährt der nächste Schreck in die Glieder. Johan besitzt keinen Personalausweis. Nach Antragstellung kann es bis zu einem Jahr dauern bis ein Pass ausgestellt ist. Außerdem hat mir Petra mitgeteilt, dass sich die Finanzlage von „Chain“ gerade derart verschlechtert hätte, dass ihre Organisation mir derzeit kein Gehalt zahlen könnte. Natürlich könnte ich bei Chain arbeiten, aber bis auf weiteres ohne Geld. Ich habe jedoch nur so viel Geld, das ich noch einen Monat lang in Namibia damit die laufenden Kosten wie Miete und Nahrungsmittel bezahlen kann. Ich muss mich also schnellstmöglich um einen bezahlten Job kümmern. Die Lage ist aussichtlos bis verzweifelt. Ich erinnere mich an die Worte meines Pastors: „Da wo die Hoffnung aufhört, fängt der Glaube an.“ In der darauffolgenden Nacht habe ich einen Traum. Ich träume, dass Johan bereits vor vier Jahren einen Personalausweis beantragt hat. Ist das möglich? Habe ich das nur vergessen? Ich schicke Johan zur zuständigen Behörde. Und tatsächlich - Johan kommt strahlend mit einem niegelnagelneuen Personalausweis nach Hause!
Eine weitere gute Nachricht ist, dass Johan bei der Autovermietung Hertz eine Anstellung findet. Er fängt im März am Internationalen Flughafen bei Zweigstelle der Firma an zu arbeiten Er soll Autos an ausländische und einheimische Touristen vermieten. Wie es aussieht fühlt er sich ganz wohl in seinem neuen Job. Nun sieht es finanziell erstmal nicht mehr ganz so chaotisch aus.
Ich möchte auch noch mal umziehen, bevor der Container kommt. Unsere Wohnung ist zwar schön, aber die Flugzeuge vom nahegelegen Flugplatz Eros fliegen jeden Tag ab sechs Uhr morgens im Fünf-Minuten-Takt nur wenige gefühlte Meter über unser Haus hinweg. Das kann ich auf Dauer nicht aushalten. Zum Glück finden wir recht schnell eine bezahlbare Drei-Zimmer-Wohnung im ruhigen Stadtteil Klein-Windhoek. Unser alter Vermieter will jedoch die restlichen zehn Monate Miete haben. Es würde sich schließlich um einen Jahresmietvertrag handeln. Auch das noch! Das ist mir entgangen. Wir einigen uns auf drei Monatsmieten, die ich ihm verspreche zu zahlen, sobald ich Arbeit habe.
Passend zum Einzug in unsere neue Wohnung kommt unser Container an. Großartig! Fast hätte der Zollbeamte ihn jedoch konfisziert. Ich Döspaddel habe zwei Palmen darin eingepackt, in der Hoffnung, dass sie die Reise gut überstehen werden. Das ist jedoch verboten, da man möglicherweise Keime ins Land einschleppen kann. Das kostet irre Geldstrafen und mein Hab und Gut könnte ich vergessen. Allerdings habe ich auch eine künstliche, sehr echt aussehende Amaryllispflanze mitgenommen. Die gebe ich dem Beamten und sage: „Fassen Sie mal an. Die Pflanzen sehen alle nur sehr echt aus, sind aber aus Plastik. „Er will sich anscheinend nicht blamieren und nimmt mir meine Geschichte ab. Erst jetzt merke ich wie nassgeschwitzt ich bin. Das ist ganz klar Angstschweiß. Aber es ist ja noch mal gut gegangen.
Die Möbel passen wie maßgeschneidert in die neue Wohnung. Und bis auf eine Glastür ist auch alles heil angekommen. Zur Wohnung gehört ein herrlicher Garten in dem sich Schildkröten, Lizzards, Geckos und Tauben tummeln. Manchmal verirrt sich auch eine Schlange, ein Skorpion oder ein Chamäleon in unserem Garten. Vor dem Haus steht ein riesiger Kaktus. Derzeit blüht an ihm die „Königin der Nacht“. Der herrliche Duft von Hunderten dieser wunderschönen riesigen Blüten strömt morgens durch unsere mit Moskitonetz verkleideten Fenster. Nach der Jahrhundertflut im Januar, der aber auch der etliche Menschen zum Opfer fielen, stieg die Anzahl der Moskitos und damit die Malariagefahr enorm an. Wie gut, dass die gefährlichen Plagegeister nicht in unsere Wohnung gelangen können.
Weihnachten 2003 ist endlich der Container gepackt, alle Formalitäten erledigt und die Wohnung aufgelöst. Nachdem wir noch eine Woche bei meinen Eltern in Altena verbringen, fliegen wir am 1. Januar 2004 nach Namibia. Mit 500 Euro in der Tasche,
in eine hoffentlich bessere Zukunft.
Angela holt uns am Flughafen ab und bringt uns in unsere neue Zwei-Zimmer-Wohnung. Johan ist begeistert, dass wir sogar einen Swimmingpool haben. Die Wohnung ist zwar spartanisch, aber mit dem Notwendigsten eingerichtet. Ich warte sehnsüchtig auf meinen Container, der in vier Wochen in Namibia ankommen soll. Johan ist wie ausgewechselt. Er ist glücklich und entspannt wie lange nicht. Er trifft Freunde und Verwandte und staunt, genau wie ich, über all die Veränderungen in Windhoek. Wir staunen darüber wie teuer alles geworden ist. Teilweise kosten Lebensmittel fünfmal so viel wie in Deutschland. Selbst die Mieten sind um einiges höher.
Seine Familie, die ich bisher fast gar nicht kenne, lädt uns mehrfach zum Essen ein. Johan hat fünf Schwestern und einen Bruder. Seine Eltern wohnen inzwischen wieder auf einer Farm in Südafrika. Auch sie besucht er ein paar Tage und kommt mit Tüten voller Weintrauben und Mangos zurück. Alles scheint harmonisch zu sein. Aber das ist die äußere Fassade. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, mit Johan intim zu werden. Das versteht er nicht. Er denkt, dass alles wieder in Ordnung ist.
Ich habe andere Sorgen. Home Affairs, das Amt für Einwanderungsangelegenheiten teilt mir mit, dass die Bearbeitung von Anträgen für die permanente Aufenthaltsgenehmigung bis zu einem Jahr dauern kann. Das dauert zu lange. Außerdem kostet der Stempel im Pass um die 1000 Euro. So viel Geld besitze ich nicht. Ich konsultiere einen Anwalt, der mir rät, Domizile zu beantragen. Das Papier erhält man, wenn man mit einem namibischen Staatsbürger mindestens zwei Jahre lang verheiratet ist. Das Dokument wäre fast kostenlos. Er könnte die nötigen Schritte in die Wege leiten. In ungefähr drei Wochen hätte ich das notwendige Papier dann in Händen. Das wäre großartig. Genau passend zum vorgesehenen Arbeitsbeginn. Dazu würde er allerdings Johans Personalausweis benötigen. Mir fährt der nächste Schreck in die Glieder. Johan besitzt keinen Personalausweis. Nach Antragstellung kann es bis zu einem Jahr dauern bis ein Pass ausgestellt ist. Außerdem hat mir Petra mitgeteilt, dass sich die Finanzlage von „Chain“ gerade derart verschlechtert hätte, dass ihre Organisation mir derzeit kein Gehalt zahlen könnte. Natürlich könnte ich bei Chain arbeiten, aber bis auf weiteres ohne Geld. Ich habe jedoch nur so viel Geld, das ich noch einen Monat lang in Namibia damit die laufenden Kosten wie Miete und Nahrungsmittel bezahlen kann. Ich muss mich also schnellstmöglich um einen bezahlten Job kümmern. Die Lage ist aussichtlos bis verzweifelt. Ich erinnere mich an die Worte meines Pastors: „Da wo die Hoffnung aufhört, fängt der Glaube an.“ In der darauffolgenden Nacht habe ich einen Traum. Ich träume, dass Johan bereits vor vier Jahren einen Personalausweis beantragt hat. Ist das möglich? Habe ich das nur vergessen? Ich schicke Johan zur zuständigen Behörde. Und tatsächlich - Johan kommt strahlend mit einem niegelnagelneuen Personalausweis nach Hause!
Eine weitere gute Nachricht ist, dass Johan bei der Autovermietung Hertz eine Anstellung findet. Er fängt im März am Internationalen Flughafen bei Zweigstelle der Firma an zu arbeiten Er soll Autos an ausländische und einheimische Touristen vermieten. Wie es aussieht fühlt er sich ganz wohl in seinem neuen Job. Nun sieht es finanziell erstmal nicht mehr ganz so chaotisch aus.
Ich möchte auch noch mal umziehen, bevor der Container kommt. Unsere Wohnung ist zwar schön, aber die Flugzeuge vom nahegelegen Flugplatz Eros fliegen jeden Tag ab sechs Uhr morgens im Fünf-Minuten-Takt nur wenige gefühlte Meter über unser Haus hinweg. Das kann ich auf Dauer nicht aushalten. Zum Glück finden wir recht schnell eine bezahlbare Drei-Zimmer-Wohnung im ruhigen Stadtteil Klein-Windhoek. Unser alter Vermieter will jedoch die restlichen zehn Monate Miete haben. Es würde sich schließlich um einen Jahresmietvertrag handeln. Auch das noch! Das ist mir entgangen. Wir einigen uns auf drei Monatsmieten, die ich ihm verspreche zu zahlen, sobald ich Arbeit habe.
Passend zum Einzug in unsere neue Wohnung kommt unser Container an. Großartig! Fast hätte der Zollbeamte ihn jedoch konfisziert. Ich Döspaddel habe zwei Palmen darin eingepackt, in der Hoffnung, dass sie die Reise gut überstehen werden. Das ist jedoch verboten, da man möglicherweise Keime ins Land einschleppen kann. Das kostet irre Geldstrafen und mein Hab und Gut könnte ich vergessen. Allerdings habe ich auch eine künstliche, sehr echt aussehende Amaryllispflanze mitgenommen. Die gebe ich dem Beamten und sage: „Fassen Sie mal an. Die Pflanzen sehen alle nur sehr echt aus, sind aber aus Plastik. „Er will sich anscheinend nicht blamieren und nimmt mir meine Geschichte ab. Erst jetzt merke ich wie nassgeschwitzt ich bin. Das ist ganz klar Angstschweiß. Aber es ist ja noch mal gut gegangen.
Die Möbel passen wie maßgeschneidert in die neue Wohnung. Und bis auf eine Glastür ist auch alles heil angekommen. Zur Wohnung gehört ein herrlicher Garten in dem sich Schildkröten, Lizzards, Geckos und Tauben tummeln. Manchmal verirrt sich auch eine Schlange, ein Skorpion oder ein Chamäleon in unserem Garten. Vor dem Haus steht ein riesiger Kaktus. Derzeit blüht an ihm die „Königin der Nacht“. Der herrliche Duft von Hunderten dieser wunderschönen riesigen Blüten strömt morgens durch unsere mit Moskitonetz verkleideten Fenster. Nach der Jahrhundertflut im Januar, der aber auch der etliche Menschen zum Opfer fielen, stieg die Anzahl der Moskitos und damit die Malariagefahr enorm an. Wie gut, dass die gefährlichen Plagegeister nicht in unsere Wohnung gelangen können.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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