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Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 38)
Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 38)

Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 38)

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia
Wiebke Schmidt
Karriereaufbau

Ich möchte mich nun erst einmal auf mich selber konzentrieren. Zu lange hat sich alles fast ausschließlich um Johan gedreht. Das hat viel Kraft gekostet.

Seit einem Monat arbeite ich nun bereits für das Johanniter Hilfswerk. Diese Arbeitsstelle ist wirklich wie maßgeschneidert für mich. Ich kann alle meine Gaben und Berufserfahrungen dort bestens einsetzen. Der Höhepunkt des vergangenen Monats war sicherlich unsere offizielle Schließung eines drei-monatigen Trainingskurses in Home-Based-Care, Hauskrankenpflege. 60 Gäste, Presse und verschiedene Hilfsorganisationen waren unserer Einladung gefolgt. Weiterhin kümmere mich intensiv um die Betreuung der sieben Projekte der Johanniter, die im ganzen Land verstreut sind, die Ausbildungsprogramme und die Ausbildung unserer Hauskrankenpflegeschüler, um die Öffentlichkeitsarbeit und das Ressort Spenden.

Ein anderes Highlight ist die Einladung zu einem Abendessen bei Kerzenschein mit dem ehemaligen Präsidenten von Sambia, Dr. Kenneth Kaunda. Als Einstieg seiner Ansprache singt er total schief, aber herzzerreißend berührend, ein Liebeslied für seine Frau. So locker könnte meiner Meinung nach jede Rede eines Politikers beginnen.

Das alles macht mir total viel Spaß, da die Aufgaben abwechslungsreich sind und ich viele interessante Menschen kennenlernen kann. Ich bin wirklich froh, dass ich meine Stelle noch einmal gewechselt habe. Durch meine Arbeit blühe ich auf. Auch meine Freundinnen bemerken wie ich mich positiv verändere. Mein Humor und meine Lebensfreude kehren zurück.

Wie ich inzwischen durch Johans Bruder Frank erfahren habe, ist Johan nach Deutschland zurückgeflogen. Leider sind alle Versuche, sich einvernehmlich scheiden zu lassen, gescheitert. Aber das Wichtigste ist für mich, dass Johan erst einmal weit weg ist. Ich kann mich endlich wieder sicher fühlen. Seit langem schlafe ich das erste Mal tief und fest. Beruflich läuft auch alles bestens. Ich erlebe viele großartige Momente.

Begegnung mit einem Prinzen

Ich habe dieses Vergnügen aufgrund meiner Anstellung bei den Johannitern. Das Johanniter Hilfswerk, bei dem ich nun bereits seit drei Monate arbeite, feiert sein 30-jähriges Bestehen in Namibia. Zu diesem feierlichen Anlass ist unter anderem Seine Königliche Hoheit Dr. Oskar Prinz von Preußen, ein Enkel Kaiser Wilhelms, eigens aus Deutschland angereist. Er ist der Herrenmeister des Johanniterordens in Deutschland. Nebenbei bemerkt ein sehr netter Mann in den besten Jahren. Aufgrund der Verwandtschaft zum Kaiser ist sein Besuch politisch brisant. Die Hereros sind vor fast 100 Jahren durch den Befehl Kaiser Wilhelms von Leutnant van Trotta fast vollständig ausgerottet worden. Dieser Genozid ist noch immer aktueller politischer Brennstoff.

Meine Aufgabe ist die Organisation der Festlichkeiten. 125 Gäste kommen von nah und fern, um gemeinsam mit uns zu feiern. Ich habe mich durchgesetzt. Die Feierlichkeiten sind zum Großteil auf englisch. Ich will auf keinen Fall eine deutsche Feier. Schließlich sind wir hier in Afrika. Außerdem ist es eine fantastische Gelegenheit, die Johanniter bekannter zu machen und zur Namibischen Regierung Vertrauen und Beziehungen aufzubauen. Da ich die geladenen Gäste alle kenne, wird mir die Aufgabe zuteil, den Prinzen den Gästen bei ihrer Ankunft vorzustellen. Ich darf sogar am Tisch des Prinzen sitzen, worüber sich später einige Mitglieder der Johanniter aufregen. Zum ersten Mal wird mir der Standesdünkel bewusst, den so manche Johanniter hegen und pflegen. Ich komme aus keiner adeligen Familie und bin dazu noch eine Frau. Da sind zwei gute Gründe, die mich disqualifizieren. Als Neuling bei den Johannitern bin ich sehr beeindruckt, was die Kollegen in den verschiedenen Projekten in den vergangenen Jahren alles auf die Beine gestellt haben - TB-Kliniken, ein Schülerheim, eine Buschschule, Home-Based-Care-Kurse, Erste- Hilfe-Ausbildung, Katastrophenhilfe, Hospizarbeit, Krankenpflege, Kindergärten und Waisenheime. Dabei arbeiten viele Mitarbeiter seit Jahren ehrenamtlich. Für mich ist es als Managerin der verschiedenen Projekte eine große Hilfe, einmal einen Gesamtüberblick und Einblick in die Johanniterarbeit zu bekommen.

Nach den Feierlichkeiten geht es dann erst richtig los. Das Nationale Fernsehen NBC ruft an und lädt mich in seine “Guten- Morgen-Namibia - Show“ ein. Hinzu kommen etliche Radio- und Zeitungsinterviews.

Momentan bereite ich einen sechswöchigen Kursus in Home- Based-Care vor, der Ende September starten soll. Bis dahin werde ich noch viel im Land herumreisen. Ich liebe das Autofahren durch die herrlichen Landschaften Namibias, bis an die Küste nach Swakopmund oder in den Norden an die angolanische Grenze. Aber es ist auch ist immer sehr ermüdend. Man fährt ca. acht Stunden mit dem Auto nach Rundu und vier Stunden ans Meer. Ich kann auch wieder unterrichten und führe verschiedene Workshops durch. Über Langeweile kann ich mich nun wirklich nicht beklagen, obwohl ich seit meiner Trennung von Johan nun viel mehr Zeit habe. Ich gehe nun auch wieder regelmäßig in den Sportklub. Am Ende jedes Trainingszirkels belohne ich mich mit einem Saunagang.

Apropos Johan - er lebt nun tatsächlich wieder in Bremen. Wie er- wartet, bei einer seiner Geliebten. Über die Kontinente hinweg wird eine Scheidung erheblich komplizierter. Ich habe glücklicherweise einen ausgezeichneten Rechtsanwalt gefunden, der mich diesbezüglich berät und sich um alles kümmert. Leider wird es noch drei volle Jahre dauern bis ich endlich meine Scheidungsurkunde in den Händen halten werde. Vorerst muss ich mich damit begnügen, die Gravierungen aus meinem Ehe- und Verlobungsring entfernen zu lassen. Den ich im Übrigen selbst bezahlt habe. Außerdem verkaufe ich Johans Ehering und seine dagelassene Kleidung zu Schleuderpreisen. Ich möchte zumindest die äußeren Dinge, die mich an Johan erinnern, so schnell wie möglich loswerden. Leider lassen sich so manche hässliche Erinnerungen aus einer Ehe nicht so leicht entfernen.

Obwohl es unverschämt teuer ist, bestelle ich mir ein neues Bett in Deutschland, dass ich einfliegen lasse. In Namibia gibt es leider keine Betten mit Lattenrost zu kaufen. Durch meine langjährige Arbeit als Krankenschwester ist mein Rücken nicht mehr der Beste. Da muss dieser Luxus einfach mal sein. Meine Mutter teilt mir mit, dass ich über 3800 Euro Steuern erstattet bekommen habe. Zu einem besseren Zeitpunkt hätte das Geld gar nicht kommen können. Finanziell sorgt Gott immer großartig und zum absolut passenden Zeitpunkt für mich!

In Namibia sein zu können, macht mich glücklich. Ich habe hier viele Freunde. Und ich finde das Leben in Namibia mit seinen Möglichkeiten spannend.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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