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Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 39)
Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 39)

Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 39)

Autobiografie eines außergewöhnlichen Lebens in Namibia
Wiebke Schmidt
Namibische „Tierwelt”

Manches Mal kann sogar die Begegnung mit einer Kakerlake spannend sein. Mir rettet ein Exemplar dieser Plagegeister sogar das Leben.

Als ich spät abends von einem guten Konzert von der in christlichen Kreisen bekannten Beate Ling nach Hause komme, ziehe ich mir im Dunkeln die Schuhe aus und will in meine Pantoffeln schlüpfen, als ich eine ungeheuer große Kakerlake hinter meinem Schreibtisch erblicke. Sofort erwacht mein Jagdinstinkt. Schließlich will ich vermeiden, demnächst auch noch den Kindersegen in meinem Hause zu verköstigen. Also mache ich erst einmal das Licht im Flur an, um die Fluchtwege besser überblicken zu können. Durch das Licht besser sichtbar, entdecke ich dann zufällig, dass sich unter meinem Hausschuh ein Handteller großer Skorpion versteckt hat. Hätte ich im Dunkeln meine Hausschuhe angezogen, wäre ich garantiert auf den Skorpion in seinen giftigen Stachel getreten. Ich kann den Skorpion ins Jenseits befördern, was ich ursprünglich der Kakerlake zugedacht hatte. Als Konsequenz aus dieser Geschichte verbarrikadiere ich nun auch meine letzte offene Wand mit Fliegengittern und inspiziere jedes Paar Schuhe auf ungebetene Gäste, bevor ich sie anziehe.

Geschäftlich reise ich nach Swakopmund, wo 30 Vorstellungsgespräche durchgeführt werden müssen, um geeignete Kandidaten für meinen Hauskrankenpflegekursus zu rekrutieren. Gleichzeitig spende ich dem Swakopmunder Museum ein paar alte medizinische Geräte, die dort ausgestellt werden sollen. Die Johanniter haben vor Jahren von der deutschen Bundeswehr ein komplettes, voll funktionstüchtiges Lazarett aus dem zweiten Weltkrieg geschenkt bekommen. Sogar ein Röntgengerät war mit dabei. Was man in Deutschland nicht gebrauchen kann und loswerden will, schickt man anscheinend nach Afrika.

Die Vorstandsvorsitzende des Museums besitzt eine kleine Kamelfarm. So ergibt es sich, dass sie mich zusätzlich zum Kaffee trinken auch auf einen Kamelritt in der Namib Wüste einlädt. Dabei wird es ein bisschen später. Auf dem Rückweg nach Windhoek komme ich in die Dunkelheit. Es ist sehr gefährlich in der Dämmerung Auto zu fahren, da dann insbesondere Wildschweine und Kudus die Fahrbahn überqueren. Und prompt habe ich dann auch eine Kollision mit einer Kudukuh. Zum Glück mir ist nichts passiert. Da hat Gott wieder ganz besonders gut auf mich aufpasst!

Arbeit und Vergnügen

Jeden Monat steht ein Besuch in Tuberkulosekliniken der Johanniter in Rundu, an der angolanischen Grenze gelegen, an. Meine Freundin und Vorgängerin Petra hat hier wirklich eine erstklassige Aufbauarbeit geleistet. Die Tb-Kranken haben Gärten angelegt, dessen Gemüse und Obst von der Köchin frisch verarbeitet und als gesunde Beilage dem Essen beigefügt wird, um das Immunsystem der an Tuberkulose erkrankten Patienten zu stärken und die Medikamentenaufnahme erträglicher zu machen. Auf nüchternen Magen erbrechen viele Patienten die Tabletten wieder. Viele Tb-Kranke haben nicht das Einkommen, um regelmäßige warme, oder überhaupt irgendwelche Nahrung, zu sich zu nehmen. Da ist unsere „Suppenküche“ wichtiger Bestandteil der Therapie. Das Essen wird täglich nur an die Tb-Kranken ausgeteilt, die sich ihre Medikation abholen.

Um mir was Gutes zu gönnen, hänge ich einen Tag Urlaub an die Geschäftsreise dran und fahre zu den Popa-Wasserfällen im Caprivi. Ich unternehme eine Bootstour auf dem Kavangofluß. Es ist herrlich die Nilpferde zu beobachten und ihnen auch zu entkommen, wenn sie wütend hinter einem herjagen. Besonders schön finde ich, ist es in dem kleinen Mahango-Park am Okavango Delta an der Grenze zu Botswana. Es ist einfach wunderbar, diese unglaublich unberührte Natur mit ihrer Vielfalt an Pflanzen und Tieren zu erleben. Und sich auf einer Lodge mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen zu lassen. Von nun an wird es mir zur lieben Gewohnheit, einen Tag Urlaub an meine Geschäftsreisen dranzuhängen und somit Arbeit und Vergnügen miteinander zu verbinden.

In einem Hauskrankenpflegekursus bilde ich 30 Studenten aus den verschiedensten Landesteilen aus, hauptsächlich in den Bereichen Krankenpflege, HIV/Aids und Behindertenarbeit. Immerhin zehn Studenten schließen den Kursus erfolgreich ab, ebenso viele finden sofort einen Arbeitsplatz. Da Unterrichten zu meinen Lieblingsaktivitäten gehört, wo ich so richtig meine Kreativität ausleben kann, ist es mein persönliches Arbeits-Highlight dieses Jahres.

Wer mich ein bisschen besser kennt, weiß, dass die Presse und das Fernsehen bei solchen Aktivitäten nicht fehlen dürfen. So wird der Kurs mit Persönlichkeiten aus Politik und öffentlichem Leben offiziell eröffnet und auch beendet. Meist kann ich für die Ansprachen einen Minister gewinnen. Die kommen besonders gerne, wenn die Presse anwesend ist.

Die Kursteilnehmer sind so begeistert, dass es sich wie ein Lauffeuer in Namibia rumspricht, dass die Johanniter solche Kurse anbieten. Es erreichen uns hunderte von Anfragen aus dem ganzen Land, wann wir diesen Kursus wiederholen würden.

Ich entwickele ein Konzept, um Krankenschwestern und Berater im HIV-Bereich adäquat auszubilden, die bei den vielen Gesundheitsproblemen im Land dringend benötigt werden.

„Mysteriöse Krankheit“

Krankheiten wie HIV oder auch Tropenkrankheiten wie Malaria sind hier immer noch eine echte Geißel. Und sie trifft nicht nur die schwarze Bevölkerung, diesem Irrglauben erliegen viele Weiße, eine Erfahrung, die ich ganz persönlich erleben durfte.

Angela ruft mich an. Sie hätte fürchterliche Kopfschmerzen und hohes Fieber und würde sich auch sonst ganz elend fühlen. Ich bitte sie, sofort zu mir zu kommen. Als sie bei mir eintrifft, bricht sie zusammen.

Ich beobachte und versorge sie für ein paar Tage bei mir Zuhause. Ins Krankenhaus will sie nicht, obwohl sie teilweise um die 41 Grad Fieber hat. Die gesamte Fieberkurve sieht wie ein Dromedar Höcker aus. Auf und Ab. Es erinnert mich an ein Symptom einer tropischen Erkrankung. Und tatsächlich - plötzlich werden ihre Augen Kanarienvogel-gelb. Hepatitis! Zum Glück nicht der gefährlichste Typus.

Da Hepatitis (Gelbsucht) jedoch hoch ansteckend ist, muss auch ich mich einem Bluttest unterziehen. Gott sei Dank habe ich noch ausreichend Impfschutz und bleibe somit von der Erkrankung verschont.

Viele Menschen haben solche Impfungen jedoch nicht oder wissen gar nicht, dass man sich gegen viele Krankheiten vorbeugend impfen lassen kann. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig.

Neue Liebe?

Ich möchte mehr über die Immunschwächeerkrankung HIV erfahren. Deshalb bewerbe ich mich, um an einem einwöchigen Workshop über HIV am Arbeitsplatz teilzunehmen zu können. Gesponsert wird das Ganze von der Deutschen Regierung. Ich habe. Der Workshop ist super gut. Informativ und kreativ. Und da wir auch noch in einer tollen Lodge in Okahandja untergebracht sind, fühlt es sich auch ein bisschen wie Ferien an. Gleich am ersten Abend, beim Abendessen, fällt mir mein Tischnachbar auf. Er ist clever und humorvoll und sieht dazu noch blendend aus. Er engagiert sich bei Aids Care Trust, einer Organisation, die in Katutura Aidskranken in den verschiedensten Belangen zur Seite stehen. Es knistert sofort mächtig zwischen uns. Nach meiner Erfahrung mit Johan will ich es aber langsam angehen lassen. Wir verbringen öfters Zeit miteinander. Es fühlt sich gut an. Unsere Beziehung ist von großem Respekt vor einander gekennzeichnet. Wir sind glücklich. Als wir gerade dabei sind, in unserer Freundschaft auf das nächste „Level“ zu gehen, meldet sich seine Ex-Freundin bei ihm. Sie sei im fünften Monat schwanger. Wie viel Pech kann man in Beziehungen eigentlich haben? Mit einem Kind möchte ich nicht konkurrieren. Das Kind braucht seinen Vater. Außerdem kann ich komplizierte Beziehungskonstellationen und Verstrickungen nach dem Scheitern meiner Ehe mit Johan nicht gebrauchen. Ich beende die Beziehung. Mir sind drei Tage vor Liebeskummer verheulte Augen lieber als Dauerstress. Gabes versteht das. Er versucht, der Mutter des Kindes ein guter Partner und dem Kind ein Vater zu sein. Ich wusste, dass Gabes Charakter hat. Vielen Männern in Namibia sind ihre gezeugten Kinder total egal. Noch nicht einmal finanziell übernehmen sie Verantwortung. Viele Kinder kennen ihren Vater nicht einmal. Deshalb habe ich um so mehr Respekt vor Gabes, der seine eigenen Wünsche hintenan stellt und Verantwortung übernimmt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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