Mit den Skiern durch die Namib-Wüste
Unterwegs mit „Duneracer“ Henrik May - seine Mission: Schneefreier Wintersport für alle
Von Andrea Lindner, Swakopmund
Wenn Henrik May nach einem anstrengenden Skitag nach Hause kommt, leert er als erstes seine Skischuhe aus. Auf dem Boden türmen sich dann zwei Häufchen Sand auf. Auch seine Klamotten, seine Skier und Stöcke - alles voller Sand. „Normale“ Skifahrer, die im Schnee fahren, kennen dieses Problem nicht. Für Henrik ist das Alltag, dafür muss er bei seinen Abfahrten nicht frieren. Sein Hobby hat der gebürtige Thüringer mittlerweile zum Beruf gemacht.
1998 war Henrik May, gebürtig aus Zella-Mehlis in Thüringen, nach Namibia ausgewandert. Er suchte die Freiheit und versprach sich diese durch Namibias weite Flächen. Ihn zog es an die Küste, nach Swakopmund. Hier führte er zusammen mit seiner Mutter das Sophia Dale Restcamp und war so den Dünen von Anfang an nah. Auf die Idee, hier Ski zu fahren, kam er jedoch noch nicht.
Dabei drehte sich fast sein ganzes Lebens ums Skifahren und den Wintersport: Mit drei Jahren stand er das erste Mal auf Skiern, bald wachste er mit dem alten Bügeleisen seinen Großvaters seine Bretter und kurz darauf wurde er an der Sportschule angenommen. Er wurde Leistungssportler. „Schon immer liebte ich es, in der Natur und frei zu sein - nicht zu vergessen die Geschwindigkeit“, erzählt Henrik begeistert. „Und in der DDR warst du entweder Rot oder Sportler. Politik war noch nie so mein Ding…“
Seine Leidenschaft fürs Skifahren ließ jedoch auch in Namibia nicht nach. Er vermisste seine Skier, die schnellen Abfahrten und den Gegenwind. Und so schulterte Henrik eines Tages alte Abfahrtsski und stapfte eine nahe Düne herauf. „Es war ein unglaubliches Gefühl, als ich das erste Mal durch den Sand raste“, erinnert sich May.
Die Sand-Ski-Geschichte beginnt
An diesem Tag, im August 2002, wurde das Skifahren wieder zu seinem Lebensinhalt. „Von da an habe ich ununterbrochen an meinen Brettern getüftelt“, erzählt Henrik. Seine Oma habe ihm zu diesem Zweck immer wieder Wachs aus dem fernen Thüringen geschickt. „Ich habe jede Mischung auf ihre Tauglichkeit getestet - mal mit mehr, häufig aber auch mit weniger Erfolg.“ Der Belag muss beim Fahren im Sand nämlich deutlich mehr aushalten als auf Schnee. So muss auch das Wachs extrem hart sein. Durch die vielen Jahre an Erfahrung weiß Henrik mittlerweile genau, wie er seine Skier präparieren muss.
Seine Garage, in der er tüftelt und die Skier auf die nächste Abfahrt vorbereitet, ist voll: Unzählige Skier in allen Größen hängen an der Wand, in einem Regal stehen Skischuhe und Langlaufschuhe und in der Ecke stehen die passenden Stöcke. Ein eigener kleiner Skiverleih mitten in Swakopmund. Das Material hat er sich nach und nach zusammen gesammelt. Aus der ersten, vielleicht verrückten Idee hat Henrik sich eine eigene Marke aufgebaut. Das Restcamp hat er verkauft und seit 2009 konzentriert er sich nur noch auf seine Ski-Projekte. Neben den rasanten Abfahrten bietet er auch diverse Touren für Touristen durch die Wüste an.
Eine eigene Mission
Seine eigentliche Mission ist aber viel größer. Es geht ihm nicht darum, möglichst viele Touristen abzufertigen. Er will den schneefreien Wintersport massentauglich machen. Weltweit. Alle Wüstenvölker dieser Erde sollen von seinen Ideen, Erfahrungen und Entwicklungen profitieren können. „Ich habe hier viel geforscht. Über die perfekte Skiausrüstung und Kleidung. Aber auch über die beste Technik im Sand“, erklärt der Ski-Pionier. Nun möchte er gemeinsam mit Wüstenvölkern die Dünen für den Sport erschließen. Dafür wird er in Kürze zum Beispiel nach Saudi-Arabien fliegen. „Ich treffe mich mit Politikern und privaten Investoren - gemeinsam wollen wir Ideen entwickeln, wie wir den Sport in der Wüste den Menschen zugänglich machen können“, erzählt Henrik sichtlich stolz. Er glaubt fest daran, dass das Sand-Skifahren und Langlaufen massentauglich ist. Egal in welchem Land.
Dass es in vielen Wüsten noch keine Infrastruktur für ein Skigebiet gibt, sieht er nicht als Problem. „Dafür lässt sich dann schon eine Lösung finden“, meint der Ski-Fan. Auch in „seinen“ Dünen zwischen Swakopmund und Walvis Bay gibt es natürlich keine Skilifte, wie man das aus Skigebieten in Europa kennt.
Henrik schultert also seine Bretter und stapft los. 114 Höhenmeter, immer entlang des Kammes gen Gipfel. „Feines Training ist das“, meint er. Ganz schön anstrengend, weil man immer wieder einsackt und wegrutscht. Oben angekommen wird man dafür mit einem atemberaubenden Blick belohnt: Sanddünen soweit das Auge reicht, und ganz hinten am Horizont der Atlantik. Und wenn man dann endlich mit Henrik zusammen die Düne wieder runter rasen kann, dann kann man seine Leidenschaft und seine Begeisterung verstehen. Unten angekommen ist man fast etwas neidisch, dass Henrik dieses Erlebnis jeden Tag, immer wieder haben kann.
„Ja, ich bin schon glücklich. Mein Leben ist so voller Abenteuer“, sagt Henrik und wischt sich den Sand und den Schweiß von der Stirn. „Aber ich bin auch total stolz. Fast niemand hat an meine Idee geglaubt und viele hielten mich für verrückt. Seit 2009 ist aber mein Traum wahr geworden und ich kann vom Skifahren im Sand leben.“ Er hätte es selbst nie für möglich gehalten - aber heute steht er in Namibia öfter auf den Brettern als während seiner Zeit in der Sportschule in Deutschland. „Das ist doch Magie“, meint er nachdenklich und lässt seinen Blick über die Dünen schweifen. Die Sandberge - das ist sein Zuhause. Jede einzelne Düne hat er bereits erklommen.
Große Pläne für die Zukunft
Für die nächsten Monate und Jahre hat Henrik noch viele Ideen und Projekte, die er umsetzten möchte. Sein selbst entwickeltes Wachs zum Sand-Skifahren möchte er weiter verbessern. „Gerade eben ist auch der neue Prototyp meines Schlittens, der Skeleton Scorpion, fertig geworden. Und auch einen Abfahrtsski möchte ich selbst entwickeln“, erzählt er von seinen Plänen. Neben diesen Produkten forscht der Pionier auch an der passenden Kleidung und an Skiern, für Wüstenwanderungen. Bisher verwendet er dafür Back Country Ski - breite Langlaufski mit Schuppen für den einfachen Aufstieg und Stahlkanten für die Abfahrt. Die seien zwar gut, aber noch nicht perfekt, erklärt der Sand-Ski-Experte.
Und irgendwann, wenn es in vielen Wüsten dieser Welt Sand-Skigebiete gibt, tourt Henrik nur noch von Skirennen zu Skirennen und führt ab und zu Gruppen für ganz spezielle Touren durch die Wüste. „Mein erstes Ziel wäre aber erst einmal ein Skirennen hier in meinen Dünen bei Swakop“, sagt Henrik, packt seine Skier auf die Dachträger und fährt der untergehenden Sonne Richtung Küste entgegen. Morgen wird er wieder hier sein und die Dünen hinunterheizen. Und dabei froh sein, dass er an sich und seine verrückten Ideen geglaubt hat.
Wenn Henrik May nach einem anstrengenden Skitag nach Hause kommt, leert er als erstes seine Skischuhe aus. Auf dem Boden türmen sich dann zwei Häufchen Sand auf. Auch seine Klamotten, seine Skier und Stöcke - alles voller Sand. „Normale“ Skifahrer, die im Schnee fahren, kennen dieses Problem nicht. Für Henrik ist das Alltag, dafür muss er bei seinen Abfahrten nicht frieren. Sein Hobby hat der gebürtige Thüringer mittlerweile zum Beruf gemacht.
1998 war Henrik May, gebürtig aus Zella-Mehlis in Thüringen, nach Namibia ausgewandert. Er suchte die Freiheit und versprach sich diese durch Namibias weite Flächen. Ihn zog es an die Küste, nach Swakopmund. Hier führte er zusammen mit seiner Mutter das Sophia Dale Restcamp und war so den Dünen von Anfang an nah. Auf die Idee, hier Ski zu fahren, kam er jedoch noch nicht.
Dabei drehte sich fast sein ganzes Lebens ums Skifahren und den Wintersport: Mit drei Jahren stand er das erste Mal auf Skiern, bald wachste er mit dem alten Bügeleisen seinen Großvaters seine Bretter und kurz darauf wurde er an der Sportschule angenommen. Er wurde Leistungssportler. „Schon immer liebte ich es, in der Natur und frei zu sein - nicht zu vergessen die Geschwindigkeit“, erzählt Henrik begeistert. „Und in der DDR warst du entweder Rot oder Sportler. Politik war noch nie so mein Ding…“
Seine Leidenschaft fürs Skifahren ließ jedoch auch in Namibia nicht nach. Er vermisste seine Skier, die schnellen Abfahrten und den Gegenwind. Und so schulterte Henrik eines Tages alte Abfahrtsski und stapfte eine nahe Düne herauf. „Es war ein unglaubliches Gefühl, als ich das erste Mal durch den Sand raste“, erinnert sich May.
Die Sand-Ski-Geschichte beginnt
An diesem Tag, im August 2002, wurde das Skifahren wieder zu seinem Lebensinhalt. „Von da an habe ich ununterbrochen an meinen Brettern getüftelt“, erzählt Henrik. Seine Oma habe ihm zu diesem Zweck immer wieder Wachs aus dem fernen Thüringen geschickt. „Ich habe jede Mischung auf ihre Tauglichkeit getestet - mal mit mehr, häufig aber auch mit weniger Erfolg.“ Der Belag muss beim Fahren im Sand nämlich deutlich mehr aushalten als auf Schnee. So muss auch das Wachs extrem hart sein. Durch die vielen Jahre an Erfahrung weiß Henrik mittlerweile genau, wie er seine Skier präparieren muss.
Seine Garage, in der er tüftelt und die Skier auf die nächste Abfahrt vorbereitet, ist voll: Unzählige Skier in allen Größen hängen an der Wand, in einem Regal stehen Skischuhe und Langlaufschuhe und in der Ecke stehen die passenden Stöcke. Ein eigener kleiner Skiverleih mitten in Swakopmund. Das Material hat er sich nach und nach zusammen gesammelt. Aus der ersten, vielleicht verrückten Idee hat Henrik sich eine eigene Marke aufgebaut. Das Restcamp hat er verkauft und seit 2009 konzentriert er sich nur noch auf seine Ski-Projekte. Neben den rasanten Abfahrten bietet er auch diverse Touren für Touristen durch die Wüste an.
Eine eigene Mission
Seine eigentliche Mission ist aber viel größer. Es geht ihm nicht darum, möglichst viele Touristen abzufertigen. Er will den schneefreien Wintersport massentauglich machen. Weltweit. Alle Wüstenvölker dieser Erde sollen von seinen Ideen, Erfahrungen und Entwicklungen profitieren können. „Ich habe hier viel geforscht. Über die perfekte Skiausrüstung und Kleidung. Aber auch über die beste Technik im Sand“, erklärt der Ski-Pionier. Nun möchte er gemeinsam mit Wüstenvölkern die Dünen für den Sport erschließen. Dafür wird er in Kürze zum Beispiel nach Saudi-Arabien fliegen. „Ich treffe mich mit Politikern und privaten Investoren - gemeinsam wollen wir Ideen entwickeln, wie wir den Sport in der Wüste den Menschen zugänglich machen können“, erzählt Henrik sichtlich stolz. Er glaubt fest daran, dass das Sand-Skifahren und Langlaufen massentauglich ist. Egal in welchem Land.
Dass es in vielen Wüsten noch keine Infrastruktur für ein Skigebiet gibt, sieht er nicht als Problem. „Dafür lässt sich dann schon eine Lösung finden“, meint der Ski-Fan. Auch in „seinen“ Dünen zwischen Swakopmund und Walvis Bay gibt es natürlich keine Skilifte, wie man das aus Skigebieten in Europa kennt.
Henrik schultert also seine Bretter und stapft los. 114 Höhenmeter, immer entlang des Kammes gen Gipfel. „Feines Training ist das“, meint er. Ganz schön anstrengend, weil man immer wieder einsackt und wegrutscht. Oben angekommen wird man dafür mit einem atemberaubenden Blick belohnt: Sanddünen soweit das Auge reicht, und ganz hinten am Horizont der Atlantik. Und wenn man dann endlich mit Henrik zusammen die Düne wieder runter rasen kann, dann kann man seine Leidenschaft und seine Begeisterung verstehen. Unten angekommen ist man fast etwas neidisch, dass Henrik dieses Erlebnis jeden Tag, immer wieder haben kann.
„Ja, ich bin schon glücklich. Mein Leben ist so voller Abenteuer“, sagt Henrik und wischt sich den Sand und den Schweiß von der Stirn. „Aber ich bin auch total stolz. Fast niemand hat an meine Idee geglaubt und viele hielten mich für verrückt. Seit 2009 ist aber mein Traum wahr geworden und ich kann vom Skifahren im Sand leben.“ Er hätte es selbst nie für möglich gehalten - aber heute steht er in Namibia öfter auf den Brettern als während seiner Zeit in der Sportschule in Deutschland. „Das ist doch Magie“, meint er nachdenklich und lässt seinen Blick über die Dünen schweifen. Die Sandberge - das ist sein Zuhause. Jede einzelne Düne hat er bereits erklommen.
Große Pläne für die Zukunft
Für die nächsten Monate und Jahre hat Henrik noch viele Ideen und Projekte, die er umsetzten möchte. Sein selbst entwickeltes Wachs zum Sand-Skifahren möchte er weiter verbessern. „Gerade eben ist auch der neue Prototyp meines Schlittens, der Skeleton Scorpion, fertig geworden. Und auch einen Abfahrtsski möchte ich selbst entwickeln“, erzählt er von seinen Plänen. Neben diesen Produkten forscht der Pionier auch an der passenden Kleidung und an Skiern, für Wüstenwanderungen. Bisher verwendet er dafür Back Country Ski - breite Langlaufski mit Schuppen für den einfachen Aufstieg und Stahlkanten für die Abfahrt. Die seien zwar gut, aber noch nicht perfekt, erklärt der Sand-Ski-Experte.
Und irgendwann, wenn es in vielen Wüsten dieser Welt Sand-Skigebiete gibt, tourt Henrik nur noch von Skirennen zu Skirennen und führt ab und zu Gruppen für ganz spezielle Touren durch die Wüste. „Mein erstes Ziel wäre aber erst einmal ein Skirennen hier in meinen Dünen bei Swakop“, sagt Henrik, packt seine Skier auf die Dachträger und fährt der untergehenden Sonne Richtung Küste entgegen. Morgen wird er wieder hier sein und die Dünen hinunterheizen. Und dabei froh sein, dass er an sich und seine verrückten Ideen geglaubt hat.
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Allgemeine Zeitung
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