Mit filigraner Maßarbeit zum Nachwuchspreis
Von Simon Kunert
Windhoek – Wenn man so will, ist der Goldschmiedeberuf die Legierung aus Kunst und Handwerk. Aus brachialen Schmiedefähigkeiten und kreativen Ideen. Gerade dieses Spannungsfeld ist es, das Julius Brettschneider an seinem Job fasziniert. „Unser Beruf ist Jahrtausende alt und dennoch jung geblieben. Ich liebe das kreative Arbeiten mit wertvollen Steinen und Metallen“, sagt der 26-Jährige Deutsche.
Für eine seiner Arbeiten ist Brettschneider nun ausgezeichnet worden. Anfang Juli wurde ihm der „Shining Light Development Award“ verliehen. Ein Wettbewerb der De Beers-Gruppe, der die Werke junger Goldschmiede honoriert. „Natürlich habe ich mich riesig gefreut. Da steckt ja schließlich auch eine ganze Menge Überlegung drin“, erklärt Brettschneider im Verkaufsraum des Juwelierladens Adrian & Meyer an der Independence Avenue. Hier entwickelte er die Idee für seine Schmuckstücke und feilte an den Entwürfen. Viel Zeit hatte er dafür nicht. Aufgrund der kurzfristigen Ausschreibung musste er in nur sieben Tagen fertig sein. Zwei Tage nahm er sich für die Vorentwürfe, drei weitere für das Tüfteln und drei für die entscheidenden technischen Zeichnungen – dann war das Werk vollbracht: Eine Kollektion aus Ohrringen, Anhänger, Ring und Armschmuck. Bemerkenswert: Nebenher ging Brettschneider seiner ganz normalen Arbeit nach. Zeit für den Wettbewerb hatte er nur in den Mittagspausen und abends.
Die Vorgaben für den Wettbewerb waren dabei relativ frei. Es sollten vier Schmuckstücke eingereicht werden, die sich rund um das Thema „Versprechen“ drehen und mindestens 1,5 Karat Diamant enthalten. Alle Stücke mussten darüber hinaus tragbar und für eine Kollektion geeignet – das heißt in einem vertretbaren preislichen Rahmen – sein. Denn der Wettbewerb wurde dieses Mal komplett umgestellt: Von unbezahlbaren Schaustücken, hin zu Entwürfen für tragbare Kollektionen. Zielgruppe waren junge Designer, die in Zukunft bei der Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs eine Rolle spielen sollen. Deswegen wurden als Preise Stipendien zur Fortbildung vergeben.
Da deshalb in diesem Jahr erstmals nur junge Goldschmiede teilnehmen durften, rechnete sich Brettschneider von Anfang gute Chancen aus. Er sollte nicht enttäuscht werden. „Es gibt an Julius‘ Entwürfen nichts auszusetzen. Er hat einen völlig eigenen Weg beschritten, auf die Kosten geachtet und auch innerhalb der zwölf Finalisten etwas Besonderes präsentiert.“ Überzeugt habe vor allem die technische Ausgereiftheit, verbunden mit dem guten Design, erklärt Brettschneiders Chef Rolf Adrian. „Die technische Seite ist hochkomplex und bedarf genauer Berechnungen. Julius hat da sehr sauber gearbeitet.“
Das Besondere an Brettschneiders Entwurf: Die Stücke lassen sich miteinander verbinden. „Die Ohrringe können an den Armreif geklippt werden und sind dort ein besonderer Blickfang. Falls die Frau keine Lust den Ring zu tragen, kann sie ihn zusammenklappen und als Anhänger für eine Halskette benutzen“, erklärt er. Alle Objekte fertigte der Nachwuchsgoldschmied in einer abstrakten Herzform. „In Verbindung mit dem kleinen und dem großen Ring (Armreif) stehen sie für das Versprechen, dass sich Mann und Frau in der Ehe geben. Der Kreis ist ohne Anfang und Ende schließlich das Symbol der Unendlichkeit.“
Der Ursprung seiner Goldschmiedekarriere liegt schon in Brettschneiders Zeit an der Waldorfschule in seinem Geburtsort Schwäbisch Gmünd. Durch die vielen praktischen Fächer entdeckte er seine Vorliebe für handwerkliches Arbeiten. Während eines Praktikums in einer Kunstschlosserei entwickelte sich sein Interesse für eine Laufbahn als Goldschmied. „Der Meister dort erkannte mein Talent und riet mir noch genauer zu arbeiten.“ Das Berufskolleg für Design, Schmuck und Gerät in Schwäbisch Gmünd bot dafür die ideale Anlaufstelle. Durch seine herausragenden Arbeiten während der Lehrzeit verdiente sich der junge Schwabe ein Stipendium in Finnland. Es folgte eine weitere Station in England. Danach baute sich Brettschneider im Gewölbekeller seiner Eltern seinen eigenen Schmuck- und Weinladen auf und finanzierte sich damit die Meisterschule. Mittlerweile ist er Goldschmiedemeister und zertifizierter Gestalter. „Am meisten Spaß macht es mir Anhänger aus mehreren Materialien zu gestalten. Da hat man die meiste Handlungsfreiheit und kann sich voll entfalten.“ Seit Dezember 2013 entfaltet er seine Kreativität im Juweliergeschäft Adrian & Meyer. „Die Auslandserfahrungen davor haben mir unwahrscheinlich viel gebracht. Deswegen wollte ich nochmal weg. So bin ich in Windhoek gelandet.“ Seinen Laden führen derweil seine Eltern weiter.
Der Award wurde 1996 zum ersten Mal verliehen. Zunächst begrenzte sich das Teilnehmerfeld nur auf Südafrikaner, schon bald wurden aber auch Goldschmiede aus Botswana und Namibia eingeladen. Adrian & Meyer mauserte sich schnell zum Seriensieger. Mit Brettschneiders Auszeichnung ist das Juweliergeschäft bereits zum sechsten Mal bei diesem begehrten Preis vertreten. „Ich finde, das ist ein toller Wettbewerb, der Talente fördert und neue Anreize setzt. De Beers will damit die Nachwuchsförderung anschieben und aufstrebenden Leuten eine Chance geben“, erklärt Adrian.
Da es sich beim Shining Light Diamond Design Award um einen reinen Designwettbewerb handelt, wurde Brettschneiders Stück noch nicht angefertigt. Bisher existieren sie lediglich auf Papier und in Form einer Computeranimation. „Die Probe aufs Exempel ist natürlich der Bau. Aber ich sehe da keine Probleme“, sagt Adrian, verweist aber gleichzeitig darauf, dass sich zunächst ein Sponsor finden müsse, denn ein Probeversuch ohne Käufer sei zu teuer. Obwohl Brettschneider sehr auf die Kosten geachtet hat, würde das ganze Set mindestens 250 000 N$ kosten. Das teuerste daran sind natürlich die Diamanten. Sie machen rund 60 Prozent der Kosten aus. Dazu kommen Silber-, Gold- oder Paladiumelemente für die Fassungen, Weißgold für die Verschlüsse. Die Fertigungszeit würde vier bis sechs Wochen dauern.
Für Julius Brettschneider ist der Bau aber eigentlich gar nicht so wichtig: „Es wäre natürlich schön, das Ganze in der Realität zu sehen und für die Tüftelei belohnt zu werden. Aber durch den Preis habe ich eine neue, großartige Chance bekommen, die mir deutlich mehr wert ist.“ Der Award sichert dem 26-Jährigen ein Stipendium in der renommierten Keith White-Werkstatt in Johannesburg zu. Dort wird Brettschneider wahrscheinlich ab 2016 seine nächsten beruflichen Meriten sammeln. „Darauf freue ich mich schon“, sagt er. Sein Chef Rolf Adrian sieht den nahenden Abgang seines Schützlings dagegen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Mit Julius verlieren wir einen tollen Mitarbeiter. Aber Goldschmiede müssen sich in verschiedenen Werkstätten ihre Hörner abstoßen. Nur so können sie auf Dauer gegen die Billigkonkurrenz bestehen. Ich freue mich, dass Julian diese tolle Chance bekommen hat.“ Den Laden im heimischen Schwäbisch Gmünd müssen die Eltern also noch eine Weile selbst weiterführen.
Windhoek – Wenn man so will, ist der Goldschmiedeberuf die Legierung aus Kunst und Handwerk. Aus brachialen Schmiedefähigkeiten und kreativen Ideen. Gerade dieses Spannungsfeld ist es, das Julius Brettschneider an seinem Job fasziniert. „Unser Beruf ist Jahrtausende alt und dennoch jung geblieben. Ich liebe das kreative Arbeiten mit wertvollen Steinen und Metallen“, sagt der 26-Jährige Deutsche.
Für eine seiner Arbeiten ist Brettschneider nun ausgezeichnet worden. Anfang Juli wurde ihm der „Shining Light Development Award“ verliehen. Ein Wettbewerb der De Beers-Gruppe, der die Werke junger Goldschmiede honoriert. „Natürlich habe ich mich riesig gefreut. Da steckt ja schließlich auch eine ganze Menge Überlegung drin“, erklärt Brettschneider im Verkaufsraum des Juwelierladens Adrian & Meyer an der Independence Avenue. Hier entwickelte er die Idee für seine Schmuckstücke und feilte an den Entwürfen. Viel Zeit hatte er dafür nicht. Aufgrund der kurzfristigen Ausschreibung musste er in nur sieben Tagen fertig sein. Zwei Tage nahm er sich für die Vorentwürfe, drei weitere für das Tüfteln und drei für die entscheidenden technischen Zeichnungen – dann war das Werk vollbracht: Eine Kollektion aus Ohrringen, Anhänger, Ring und Armschmuck. Bemerkenswert: Nebenher ging Brettschneider seiner ganz normalen Arbeit nach. Zeit für den Wettbewerb hatte er nur in den Mittagspausen und abends.
Die Vorgaben für den Wettbewerb waren dabei relativ frei. Es sollten vier Schmuckstücke eingereicht werden, die sich rund um das Thema „Versprechen“ drehen und mindestens 1,5 Karat Diamant enthalten. Alle Stücke mussten darüber hinaus tragbar und für eine Kollektion geeignet – das heißt in einem vertretbaren preislichen Rahmen – sein. Denn der Wettbewerb wurde dieses Mal komplett umgestellt: Von unbezahlbaren Schaustücken, hin zu Entwürfen für tragbare Kollektionen. Zielgruppe waren junge Designer, die in Zukunft bei der Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs eine Rolle spielen sollen. Deswegen wurden als Preise Stipendien zur Fortbildung vergeben.
Da deshalb in diesem Jahr erstmals nur junge Goldschmiede teilnehmen durften, rechnete sich Brettschneider von Anfang gute Chancen aus. Er sollte nicht enttäuscht werden. „Es gibt an Julius‘ Entwürfen nichts auszusetzen. Er hat einen völlig eigenen Weg beschritten, auf die Kosten geachtet und auch innerhalb der zwölf Finalisten etwas Besonderes präsentiert.“ Überzeugt habe vor allem die technische Ausgereiftheit, verbunden mit dem guten Design, erklärt Brettschneiders Chef Rolf Adrian. „Die technische Seite ist hochkomplex und bedarf genauer Berechnungen. Julius hat da sehr sauber gearbeitet.“
Das Besondere an Brettschneiders Entwurf: Die Stücke lassen sich miteinander verbinden. „Die Ohrringe können an den Armreif geklippt werden und sind dort ein besonderer Blickfang. Falls die Frau keine Lust den Ring zu tragen, kann sie ihn zusammenklappen und als Anhänger für eine Halskette benutzen“, erklärt er. Alle Objekte fertigte der Nachwuchsgoldschmied in einer abstrakten Herzform. „In Verbindung mit dem kleinen und dem großen Ring (Armreif) stehen sie für das Versprechen, dass sich Mann und Frau in der Ehe geben. Der Kreis ist ohne Anfang und Ende schließlich das Symbol der Unendlichkeit.“
Der Ursprung seiner Goldschmiedekarriere liegt schon in Brettschneiders Zeit an der Waldorfschule in seinem Geburtsort Schwäbisch Gmünd. Durch die vielen praktischen Fächer entdeckte er seine Vorliebe für handwerkliches Arbeiten. Während eines Praktikums in einer Kunstschlosserei entwickelte sich sein Interesse für eine Laufbahn als Goldschmied. „Der Meister dort erkannte mein Talent und riet mir noch genauer zu arbeiten.“ Das Berufskolleg für Design, Schmuck und Gerät in Schwäbisch Gmünd bot dafür die ideale Anlaufstelle. Durch seine herausragenden Arbeiten während der Lehrzeit verdiente sich der junge Schwabe ein Stipendium in Finnland. Es folgte eine weitere Station in England. Danach baute sich Brettschneider im Gewölbekeller seiner Eltern seinen eigenen Schmuck- und Weinladen auf und finanzierte sich damit die Meisterschule. Mittlerweile ist er Goldschmiedemeister und zertifizierter Gestalter. „Am meisten Spaß macht es mir Anhänger aus mehreren Materialien zu gestalten. Da hat man die meiste Handlungsfreiheit und kann sich voll entfalten.“ Seit Dezember 2013 entfaltet er seine Kreativität im Juweliergeschäft Adrian & Meyer. „Die Auslandserfahrungen davor haben mir unwahrscheinlich viel gebracht. Deswegen wollte ich nochmal weg. So bin ich in Windhoek gelandet.“ Seinen Laden führen derweil seine Eltern weiter.
Der Award wurde 1996 zum ersten Mal verliehen. Zunächst begrenzte sich das Teilnehmerfeld nur auf Südafrikaner, schon bald wurden aber auch Goldschmiede aus Botswana und Namibia eingeladen. Adrian & Meyer mauserte sich schnell zum Seriensieger. Mit Brettschneiders Auszeichnung ist das Juweliergeschäft bereits zum sechsten Mal bei diesem begehrten Preis vertreten. „Ich finde, das ist ein toller Wettbewerb, der Talente fördert und neue Anreize setzt. De Beers will damit die Nachwuchsförderung anschieben und aufstrebenden Leuten eine Chance geben“, erklärt Adrian.
Da es sich beim Shining Light Diamond Design Award um einen reinen Designwettbewerb handelt, wurde Brettschneiders Stück noch nicht angefertigt. Bisher existieren sie lediglich auf Papier und in Form einer Computeranimation. „Die Probe aufs Exempel ist natürlich der Bau. Aber ich sehe da keine Probleme“, sagt Adrian, verweist aber gleichzeitig darauf, dass sich zunächst ein Sponsor finden müsse, denn ein Probeversuch ohne Käufer sei zu teuer. Obwohl Brettschneider sehr auf die Kosten geachtet hat, würde das ganze Set mindestens 250 000 N$ kosten. Das teuerste daran sind natürlich die Diamanten. Sie machen rund 60 Prozent der Kosten aus. Dazu kommen Silber-, Gold- oder Paladiumelemente für die Fassungen, Weißgold für die Verschlüsse. Die Fertigungszeit würde vier bis sechs Wochen dauern.
Für Julius Brettschneider ist der Bau aber eigentlich gar nicht so wichtig: „Es wäre natürlich schön, das Ganze in der Realität zu sehen und für die Tüftelei belohnt zu werden. Aber durch den Preis habe ich eine neue, großartige Chance bekommen, die mir deutlich mehr wert ist.“ Der Award sichert dem 26-Jährigen ein Stipendium in der renommierten Keith White-Werkstatt in Johannesburg zu. Dort wird Brettschneider wahrscheinlich ab 2016 seine nächsten beruflichen Meriten sammeln. „Darauf freue ich mich schon“, sagt er. Sein Chef Rolf Adrian sieht den nahenden Abgang seines Schützlings dagegen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Mit Julius verlieren wir einen tollen Mitarbeiter. Aber Goldschmiede müssen sich in verschiedenen Werkstätten ihre Hörner abstoßen. Nur so können sie auf Dauer gegen die Billigkonkurrenz bestehen. Ich freue mich, dass Julian diese tolle Chance bekommen hat.“ Den Laden im heimischen Schwäbisch Gmünd müssen die Eltern also noch eine Weile selbst weiterführen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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