Mit Shakespeare und Schrott
Von Benjamin Schaller, Omaruru
Beim diesjährigen Omaruru Artist Trail konnten die Besucher neben vielen namibischen Künstlern auch auf William Shakespeare treffen – oder zumindest auf seine Bühnenstücke. Eine Theatergruppe unter Führung der Regisseurin Sandy Rudd zeigte eine Bühnencollage mit den Dramastücken des englischen Poeten. Die Pläne für eine humoristische Umsetzung der Klassiker – von Romeo & Julia über Julius Cäsar bis hin zu Hamlet – hatte Rudd schon seit längerem in der Schublade: „Seit 20 Jahren wollte ich dieses Stück aufführen. Nun hatte ich endlich die richtigen Schauspieler dafür. Dennoch gab es Rückschläge. Im Februar wollten wir es aufführen, im Juni wollten wir es aufführen, immer kam etwas dazwischen. Jetzt ist es September und hier sind wir, in Omaruru.“
Die Nervosität war Rudd trotz ihrer enthusiastischen und impulsiven Art anzusehen, zumal sie sich auch der Schwierigkeiten des Genres Komödie bewusst zeigte: „Jeder kann auf der Bühne weinen und ernst sein, das ist einfach. Es mag paradox klingen, aber versuchst du komisch zu sein, machst du dich gegenüber dem Publikum verletzlicher“, so Rudd. „Du weißt nicht, ob die Leute lachen werden. Und du darfst selbst nicht zu weit gehen. Wenn das Publikum merkt, dass die auf der Bühne mehr Spaß haben als sie selbst, dann langweilen sie sich.“
Doch das Schauspieltrio, bestehend aus Helouis Goraseb, Gloria Shilongo und Ndino Ndilula, löste die Aufgabe hervorragend. Sie überzeugten in diversen grundverschiedenen Rollen, bewiesen ein gutes Timing in der Aufführung und brachten auch die modernen Elemente keinesfalls aufdringlich, sondern charmant und mit einem guten Gespür für die Stimmung im Publikum ein. Bei Sandy Rudd herrschte anschließend Erleichterung, aber auch Bescheidenheit: „Es ist mir fast peinlich, jetzt die Glückwünsche zu bekommen. Ich musste noch nie so wenig zu einem Stück beitragen, die Schauspieler waren während der gesamten Proben bereits großartig. Ich liebe sie. Die Synergien in unserem Team waren und sind fantastisch, und ich bin mehr als aufgeregt auf unsere zukünftigen Projekte.“
Wenn das Stück auch in Englisch aufgeführt wurde, so war im Publikum und bei den Besuchern des Artist Trails generell die deutsche Sprache ebenbürtig vertretern. Dies bemerkte auch Joachim von Wietersheim von der Swakopmunder Buchhandlung, der mit einem Verkaufsstand in Omaruru vertreten war: „Die Nachfrage nach afrikaansen Büchern ist hier eher gering, deshalb habe ich vor allem deutsche und englische Titel dabei.“
Von Wietersheim reiste zum dritten Mal zum Artist Trail. Wenn er während des Omaruru-Wochenendes Zeit zum Lesen fand, vertiefte er sich in das Buch „Sturm über Südwest“ von Walter Nuhn über den Hererokrieg 1904, das ihm ein Kunde am Verkaufsstand ausgeliehen hatte. Auch aufgrund eben solcher Begegnungen und Gespräche freut er sich auf das jährliche Aufeinandertreffen unter Künstlern und Kunstliebhabern: „Die Atmosphäre ist einfach angenehm, man spürt auch den starken Zusammenhalt unter den Omaruruern. Nette Gastgeber und eine freundliche Umgebung – vielleicht ist das ja auch deshalb möglich, weil Omaruru so klein ist.“
Ein Bestandteil des diesjährigen Artist Trail im kleinen Omaruru waren auch kleine, oder besser gesagt junge Künstler. Das „Ayomo“-Projekt (Art for Young Omaruru Artists) stellte die künstlerischen Arbeiten von Schülerinnen und Schülern in den Blickpunkt. Zunächst wurden an Schulen aufgerufen, die Kinder Bilder von Tieren malen zu lassen. Das Thema war in diesem Jahr „Säugetiere“. Unter den insgesamt 2000 Einsendungen wählte eine Jury die 15 besten aus. Die Gewinnerkinder wurden während des Artist Trails mit Urkunden geehrt, bereits einige Wochen vorher durften sie an einem Workshop teilnehmen, in dem sie lernten, Metalltonnen mit Tiermotiven zu bemalen. Diese Tonnen wurden nach der Siegerehrung versteigert, von den Einnahmen soll der nächstjährige Workshop finanziert werden. „Leider müssen wir fast komplett ohne Sponsorengelder auskommen“, so die Rentnerin Sabine Stumpfe, die das Projekt initiiert hatte.
„Nichtsdestotrotz lässt sich für dieses Jahr festhalten, dass die Qualität der Einreichungen viel besser geworden ist. Auch, weil sich in diesem Jahr acht Schulen beteiligt haben, doppelt so viele wie im Vorjahr. Und auch der Rückhalt unter der Lehrerschaft war höher.“ Stumpfe hofft, dass sich ihr Projekt in den kommenden Jahren weiter wird etablieren können, denn: „Omaruru will ein Künstlerdorf sein, dann müssen wir auch die zukünftigen Künstler beachten!“
Trotz allen Engagements wird die Zukunft des Künstlerdorfes von den Bewohnern nicht durch die rosarote Brille gesehen. „Es ist sehr schwierig, in so einem Dorf als Künstler zu überleben“, sagt Mitorganisatorin Hanne Alpers. „Kunst ist eine intellektuelle Disziplin. Und als Künstler und alternativer Denker ist ein Dorf eben ein Dorf. Mittlerweile denke ich, dass Großstädte eigentlich besser für die Kunst geeignet sind.“ Alpers hofft dennoch, dass insbesondere durch einen möglichen internationalen Austausch neue, benötigte Impulse nach Omaruru gebracht werden können. So kam ein diesjähriger Besuch des schwedischen Sandkünstlers Nisse Ottenhagen in Zusammenarbeit mit der Partnerstadt Vänersborg zustande. „Künstler aus dem Ausland finden hier ein ganz anderes Ambiente als sie es von zu Hause kennen. Und uns lassen sie dafür eine neue Perspektive, frische Inspiration da“, glaubt Hanne Alpers.
Ihre diesjährige Bilanz mit dem Veranstaltungswochenende zeigt positive wie negative Aspekte auf: „Ich denke, dass die Qualität dieses Jahr sehr hoch war. Aber es waren wohl etwas weniger Besucher als letztes Jahr da. Teilweise fällt es schwer, die Leute aus Windhoek oder Swakopmund loszubekommen.“
Diejenigen, die nach Omaruru angereist waren, konnten hingegen das sommerliche Wetter auch bei einem Spaziergang durch Hanne Alpers’ Garten genießen. Dieser wird für Besucher geöffnet, hier finden Workshops statt, an einer Bar werden Erfrischungsgetränke ausgeschenkt. Auch der Bücherstand von Joachim von Wietersheim fand hier seinen Platz. Zu entdecken gibt es hier viel, Hanne Alpers hat im Garten zahlreiche Skulpturen ausgestellt. Teils in Eigenarbeit angefertigt, teils von verschiedenen Künstlern angekauft. Ein bedeutender Anteil der Kunstwerke ist aus Schrott gefertigt. „Es ist für mich ein Gegenentwurf zum allgegenwärtigen Konsum. So vieles wird billig wieder eingekauft oder zu schnell weggeworfen. Das sehe ich als sehr destruktiven Trend der Menschheit“, zeigt sich Alpers besorgt. „Dabei ist das Material an sich schön, gebrauchte Dinge haben einen Charakter. Aber der Konsum verdirbt die Kreativität. Ich denke, wir sollten in unserem Leben lernen, auch die Schönheit im Alten wieder zu entdecken.“
Beim diesjährigen Omaruru Artist Trail konnten die Besucher neben vielen namibischen Künstlern auch auf William Shakespeare treffen – oder zumindest auf seine Bühnenstücke. Eine Theatergruppe unter Führung der Regisseurin Sandy Rudd zeigte eine Bühnencollage mit den Dramastücken des englischen Poeten. Die Pläne für eine humoristische Umsetzung der Klassiker – von Romeo & Julia über Julius Cäsar bis hin zu Hamlet – hatte Rudd schon seit längerem in der Schublade: „Seit 20 Jahren wollte ich dieses Stück aufführen. Nun hatte ich endlich die richtigen Schauspieler dafür. Dennoch gab es Rückschläge. Im Februar wollten wir es aufführen, im Juni wollten wir es aufführen, immer kam etwas dazwischen. Jetzt ist es September und hier sind wir, in Omaruru.“
Die Nervosität war Rudd trotz ihrer enthusiastischen und impulsiven Art anzusehen, zumal sie sich auch der Schwierigkeiten des Genres Komödie bewusst zeigte: „Jeder kann auf der Bühne weinen und ernst sein, das ist einfach. Es mag paradox klingen, aber versuchst du komisch zu sein, machst du dich gegenüber dem Publikum verletzlicher“, so Rudd. „Du weißt nicht, ob die Leute lachen werden. Und du darfst selbst nicht zu weit gehen. Wenn das Publikum merkt, dass die auf der Bühne mehr Spaß haben als sie selbst, dann langweilen sie sich.“
Doch das Schauspieltrio, bestehend aus Helouis Goraseb, Gloria Shilongo und Ndino Ndilula, löste die Aufgabe hervorragend. Sie überzeugten in diversen grundverschiedenen Rollen, bewiesen ein gutes Timing in der Aufführung und brachten auch die modernen Elemente keinesfalls aufdringlich, sondern charmant und mit einem guten Gespür für die Stimmung im Publikum ein. Bei Sandy Rudd herrschte anschließend Erleichterung, aber auch Bescheidenheit: „Es ist mir fast peinlich, jetzt die Glückwünsche zu bekommen. Ich musste noch nie so wenig zu einem Stück beitragen, die Schauspieler waren während der gesamten Proben bereits großartig. Ich liebe sie. Die Synergien in unserem Team waren und sind fantastisch, und ich bin mehr als aufgeregt auf unsere zukünftigen Projekte.“
Wenn das Stück auch in Englisch aufgeführt wurde, so war im Publikum und bei den Besuchern des Artist Trails generell die deutsche Sprache ebenbürtig vertretern. Dies bemerkte auch Joachim von Wietersheim von der Swakopmunder Buchhandlung, der mit einem Verkaufsstand in Omaruru vertreten war: „Die Nachfrage nach afrikaansen Büchern ist hier eher gering, deshalb habe ich vor allem deutsche und englische Titel dabei.“
Von Wietersheim reiste zum dritten Mal zum Artist Trail. Wenn er während des Omaruru-Wochenendes Zeit zum Lesen fand, vertiefte er sich in das Buch „Sturm über Südwest“ von Walter Nuhn über den Hererokrieg 1904, das ihm ein Kunde am Verkaufsstand ausgeliehen hatte. Auch aufgrund eben solcher Begegnungen und Gespräche freut er sich auf das jährliche Aufeinandertreffen unter Künstlern und Kunstliebhabern: „Die Atmosphäre ist einfach angenehm, man spürt auch den starken Zusammenhalt unter den Omaruruern. Nette Gastgeber und eine freundliche Umgebung – vielleicht ist das ja auch deshalb möglich, weil Omaruru so klein ist.“
Ein Bestandteil des diesjährigen Artist Trail im kleinen Omaruru waren auch kleine, oder besser gesagt junge Künstler. Das „Ayomo“-Projekt (Art for Young Omaruru Artists) stellte die künstlerischen Arbeiten von Schülerinnen und Schülern in den Blickpunkt. Zunächst wurden an Schulen aufgerufen, die Kinder Bilder von Tieren malen zu lassen. Das Thema war in diesem Jahr „Säugetiere“. Unter den insgesamt 2000 Einsendungen wählte eine Jury die 15 besten aus. Die Gewinnerkinder wurden während des Artist Trails mit Urkunden geehrt, bereits einige Wochen vorher durften sie an einem Workshop teilnehmen, in dem sie lernten, Metalltonnen mit Tiermotiven zu bemalen. Diese Tonnen wurden nach der Siegerehrung versteigert, von den Einnahmen soll der nächstjährige Workshop finanziert werden. „Leider müssen wir fast komplett ohne Sponsorengelder auskommen“, so die Rentnerin Sabine Stumpfe, die das Projekt initiiert hatte.
„Nichtsdestotrotz lässt sich für dieses Jahr festhalten, dass die Qualität der Einreichungen viel besser geworden ist. Auch, weil sich in diesem Jahr acht Schulen beteiligt haben, doppelt so viele wie im Vorjahr. Und auch der Rückhalt unter der Lehrerschaft war höher.“ Stumpfe hofft, dass sich ihr Projekt in den kommenden Jahren weiter wird etablieren können, denn: „Omaruru will ein Künstlerdorf sein, dann müssen wir auch die zukünftigen Künstler beachten!“
Trotz allen Engagements wird die Zukunft des Künstlerdorfes von den Bewohnern nicht durch die rosarote Brille gesehen. „Es ist sehr schwierig, in so einem Dorf als Künstler zu überleben“, sagt Mitorganisatorin Hanne Alpers. „Kunst ist eine intellektuelle Disziplin. Und als Künstler und alternativer Denker ist ein Dorf eben ein Dorf. Mittlerweile denke ich, dass Großstädte eigentlich besser für die Kunst geeignet sind.“ Alpers hofft dennoch, dass insbesondere durch einen möglichen internationalen Austausch neue, benötigte Impulse nach Omaruru gebracht werden können. So kam ein diesjähriger Besuch des schwedischen Sandkünstlers Nisse Ottenhagen in Zusammenarbeit mit der Partnerstadt Vänersborg zustande. „Künstler aus dem Ausland finden hier ein ganz anderes Ambiente als sie es von zu Hause kennen. Und uns lassen sie dafür eine neue Perspektive, frische Inspiration da“, glaubt Hanne Alpers.
Ihre diesjährige Bilanz mit dem Veranstaltungswochenende zeigt positive wie negative Aspekte auf: „Ich denke, dass die Qualität dieses Jahr sehr hoch war. Aber es waren wohl etwas weniger Besucher als letztes Jahr da. Teilweise fällt es schwer, die Leute aus Windhoek oder Swakopmund loszubekommen.“
Diejenigen, die nach Omaruru angereist waren, konnten hingegen das sommerliche Wetter auch bei einem Spaziergang durch Hanne Alpers’ Garten genießen. Dieser wird für Besucher geöffnet, hier finden Workshops statt, an einer Bar werden Erfrischungsgetränke ausgeschenkt. Auch der Bücherstand von Joachim von Wietersheim fand hier seinen Platz. Zu entdecken gibt es hier viel, Hanne Alpers hat im Garten zahlreiche Skulpturen ausgestellt. Teils in Eigenarbeit angefertigt, teils von verschiedenen Künstlern angekauft. Ein bedeutender Anteil der Kunstwerke ist aus Schrott gefertigt. „Es ist für mich ein Gegenentwurf zum allgegenwärtigen Konsum. So vieles wird billig wieder eingekauft oder zu schnell weggeworfen. Das sehe ich als sehr destruktiven Trend der Menschheit“, zeigt sich Alpers besorgt. „Dabei ist das Material an sich schön, gebrauchte Dinge haben einen Charakter. Aber der Konsum verdirbt die Kreativität. Ich denke, wir sollten in unserem Leben lernen, auch die Schönheit im Alten wieder zu entdecken.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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