Loading svg Please wait while we translate the article

Mit Sonnenantrieb zum Hoffnungsträger

Praktikant Praktikant
Von Simon Kunert, Windhoek

Es sieht aus wie ein Schnellboot aus einer anderen Zeit. Hätte es am Ende eine Schraube und keine vier Räder, würde man ihm ohne weiteres abnehmen, für gewöhnlich übers Wasser zu gleiten. Windschnittig, futuristisch, innovativ. Doch das seltsame orangene Ding mit dem Namen „Ilanga II“ und den Solarplatten auf dem Rumpf erfüllt eine andere Bestimmung. Es ist ein Solarauto, das entwickelt wurde, um die Bevölkerung wachzurütteln. Es ist zugleich Sirene und Hoffnungsträger für die vielleicht größte Herausforderung unserer Zeit: Die Energiefrage.

Das Wort „Ilanga“ ist der IsiZulu-Sprache entnommen und bedeutet schlicht „Die Sonne“. „Ilanga II“ ist somit das „zweite Sonnenauto“. Es wurde an der Universität von Johannesburg (UJ) geplant und gebaut. Während der Vorgänger lediglich zu Promotions- und Marketingzwecken diente, ist „Ilanga II“ in rund eineinhalb Jahren Bauzeit für den dauerhaften Betrieb und als Testplattform entwickelt worden. Das Besondere: „Ilanga II“ ist das erste sonnenbetriebene Fahrzeug, das ausschließlich in Afrika gefertigt wurde. Besonderen Wert legen die Entwickler auch darauf, dass alle Planungs- und Bauphasen ausschließlich von Studenten ausgeführt wurden. Darin eingeschlossen sind auch Marketing-, Personal- und Buchführungstätigkeiten.

Noch ist „Ilanga II“ nur ein Prototyp, doch es liefert bereits wertvolle Hinweise für eine Technologie, der die Zukunft gehören könnte. Flexibilität ohne umweltschädliche Emissionen. Um dafür zu werben, hat die Universität Johannesburg den „Africa Solar Drive 2015“ ins Leben gerufen. Ein Roadtrip, der das Bewusstsein für grüne Technologien erhöhen soll. Am 18. Juni nahm die lange Reise von „Ilanga II“ in Kimberley ihren Auftakt. Über Upington, Keetmanshoop und Rehoboth erreichte das Solar-Fahrzeug am Montag Windhoek. Am Polytechnikum wurde es mit großen Erwartungen empfangen. Universitätsleiter, Politiker, Studenten, Schüler und Medienvertreter waren gekommen, um den Hoffnungsträger zu bestaunen. Danach ging die 4160 Kilometer lange Reise nach Walvis Bay und Swakopmund weiter, bevor sie in Botswana (Buitepos, Kang und Gaborone) am 27. Juni ihr Ende findet. An jeder Station präsentieren die Forscher ihr Fahrzeug und halten Vorträge. „Wir wollen den Leuten erklären, warum wir das machen und sie ermutigen, selbst darüber nachzudenken. Wir brauchen neue Ideen, um die grüne Revolution vollziehen zu können“, sagte Projektleiterin Nickey Janse van Rendsburg am Montag.

„Ilanga II“ absolviert die komplette Strecke alleine mit Sonnenenergie. Im Begleitfahrzeug sammeln die Wissenschaftler wertvolle Daten zum Verhalten der Solarzellen, der Batterien und zum Fahrverhalten. „Unser Auto ist ein Prototyp, der ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke ausgelegt ist. Für die Massenproduktion ist es nicht geeignet. Ähnlich wie ein Formel-1-Fahrzeug“, betonte van Rendsburg.

Ihr Kollege und Technologiemanager des Teams, Warren Hurter, erklärte die Funktionsweise des Gefährts. 18 Galliumarsenid-Solarpanels mit einer Fläche von rund drei Quadratmetern liefern über einen MPPT-Converter 160 Volt Spannung. Damit werden die 400 Zellen der Lithiumbatterien geladen. Sie geben den Strom an „axiel flux brushless DC hub Motors“ – bürstenlose Gleichstrommotoren – ab, die in die Radaufhängungen eingebaut sind. Er liefert zehn Kilowatt Maximalleistung und 1,8 Kilowatt durchgehende Leistung. Die abgebende Energiemenge und die Geschwindigkeit werden durch ein ausgeklügeltes telemetrisches System gesteuert und erfasst. Gelenkt wird über die hinteren beiden Räder. Alle vier Reifen sind extrem dünn und mit rund acht Bar Druck gefüllt, um die Auflagefläche zu minimieren.

Das Fahren ist deshalb nur zu Beginn ein Spaß. Die Fahrerzelle ist einem Formel-1-Cockpit nachempfunden und äußerst spartanisch eingerichtet. „Man spürt darin jede Unebenheit und es ist extrem laut“, erklärt Fahrer Nick Harvey. Radio oder Klimaanlage sucht man vergebens. Der einzige Luxus ist eine telemetrische Anzeige mit den Batterie- und Motordaten. Harvey ist wie Hurter einer von vier Fahrern, für die die Fahrerzelle entwickelt wurde. Für Menschen jenseits der 1,75 Meter Körpergröße ist sie zu klein.

„Auto und Motor sind auf Effizienz, nicht auf Maximalleistung ausgelegt“, erklärte Hurter. Für die Beschleunigung von 0 auf 60 km/h braucht das nur 120 Kilogramm schwere Gefährt mehr als zehn Sekunden. Von 60 auf 80 Kilometer pro Stunde ein bis zwei Sekunden. Bei Vollgas und ebener Strecke kann es eine Maximalgeschwindigkeit von circa 140 Stundenkilometern erreichen.

Wie schnell das Fahrzeug wirklich ist, wollen die Forscher bei der „Sasol Solar Challenge“ im Oktober testen. Zu dem Rennen werden Forschungsteams aus aller Welt mit ihren Fahrzeugen anreisen. Es ist ein großer Austausch für Solarforscher. Im letzten Jahr belegte das UJ-Team den fünften Platz. Van Rendsburg und Hunter ermutigten deshalb auch die Schüler und Studenten in Namibia, ein Fahrzeug zu bauen und nach Johannesburg zu kommen. „Geht raus zu den Unternehmen in Eurem Land. Arbeitet mit ihnen zusammen und holt Euch deren Expertise. Danach setzt Euch zusammen und baut ein Auto. Es ist eine Menge Arbeit, aber Ihr werdet sehen, es lohnt sich“, sagte Hurter.

Allerdings ist es kein billiges Unterfangen. Die Baukosten für „Ilanga II“ betrugen rund 18 Millionen N$. Allein die Solarpanels, die mit 35 Prozent einen enorm hohen Wirkungsgrad haben und von der NASA entwickelt wurden, kosteten fünf Millionen N$. „Der Return of Investment ist aber sicher 20 mal so hoch“, so Hurter. „Schon allein die Werbung für die Universität ist von unschätzbarem Wert.“ Die Mittel für das Projekt kamen aus der privaten Wirtschaft, der Universität selbst und von Spenden. Um die Reise entsprechend aufzubereiten, wird das Solar Car-Team von einer Gruppe Medienwissenschaftlern begleitet. Die IntelliLAB-Crew testet neue Film- und Fotoideen. Mit Drohnen, Go-Pro-Kameras und einer selbstentwickelten App produziert sie atemberaubende Bilder, die auch die Schönheit der vorbeiziehenden Landschaft dokumentieren sollen.

Warum „Ilanga II“ gerade in Namibia am richtigen Ort ist, erklärte Dr. Tobias Bischof Niemz. „Namibia hat nach Chile und vor Südafrika die meisten Sonnenstunden pro Jahr. Nirgendwo anders könnte man ein Solarauto effizienter nutzen als hier“, sagte der Manager für Wissenschaftliche und industrielle Forschung der Universität von Johannesburg. Anschließend sprach Bischof Niemz über das Wachstum erneuerbarer Energien und deren Potenzial. „Die G7-Staaten wollen bis 2100 völlig auf fossile Brennstoffe verzichten. Aufgrund der guten Sonnen- und Windpotenziale ist die Chance, dieses Ziel zu erreichen nirgends höher als in Afrika“, sagte der Wissenschaftler. Voraussetzung dafür sei ein sinnvoller Energiemix aller möglichen Technologien. „Der Weg dahin sollte frei sein“, sagte Bischof Niemz. „Denn schon heute ist die Stromerzeugung mit Wind und Photovoltaik pro Kilowattstunde billiger als mit Kohle.“

Auch die stellvertretende Ministerin für Energie und Bergbau, Kornelia Shilunga, zeigte sich begeistert von dem Solarauto und ermutigte die namibischen Studenten, ein Auto zu bauen. Nähere Infos zur Unterstützung des Projekts von staatlicher Seite gab sie nicht.

Auch wenn „Ilanga II“ große Aufmerksamkeit erregt, kann man von ihm nicht erwarten, die Energie- und Transportfrage im Alleingang zu lösen. Doch dies ist auch nicht der Anspruch des „African Solar Cars“. Es soll vielmehr das Bewusstsein für das Problem wecken und ein Baustein sein, um eines der großen Probleme unserer Zeit zu lösen. In Zeiten, in denen die Erdbevölkerung wächst, die Wirtschaft nach immer mehr Energie dürstet und die Menschen sich nach Flexibilität sehnen, ist es so etwas wie der Silberstreif am Horizont. Das Licht am Ende des Tunnels. Denn die Idee, eines Tages nur mit Sonnenenergie – ohne die teuren und umweltschädlichen fossilen Brennstoffe – durch die Welt zu reisen, ist schlichtweg großartig.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu hinterlassen

Katima Mulilo: 23° | 38° Rundu: 24° | 35° Eenhana: 23° | 35° Oshakati: 25° | 34° Ruacana: 24° | 35° Tsumeb: 22° | 33° Otjiwarongo: 20° | 32° Omaruru: 22° | 36° Windhoek: 21° | 33° Gobabis: 23° | 34° Henties Bay: 15° | 19° Swakopmund: 15° | 16° Walvis Bay: 14° | 23° Rehoboth: 21° | 34° Mariental: 21° | 36° Keetmanshoop: 18° | 36° Aranos: 22° | 36° Lüderitz: 15° | 26° Ariamsvlei: 18° | 36° Oranjemund: 14° | 22° Luanda: 24° | 25° Gaborone: 22° | 36° Lubumbashi: 17° | 34° Mbabane: 18° | 32° Maseru: 15° | 32° Antananarivo: 17° | 29° Lilongwe: 22° | 35° Maputo: 22° | 36° Windhoek: 21° | 33° Cape Town: 16° | 23° Durban: 20° | 26° Johannesburg: 18° | 33° Dar es Salaam: 26° | 32° Lusaka: 22° | 36° Harare: 20° | 31° #REF! #REF!