Mit Versicherung gegen Armut
Windhoek - In dieser Region gebe es eine "einzigartige Situation", sagte Vusi Mandosela aus Südafrika und brachte es auf den Punkt: Ausgehend von der Infizierungsrate mit dem HI-Virus werde das südliche Afrika "weltweit die größten Auswirkungen" spüren, sagte er. "Was das für die Sozialversicherungen bedeutet, müssen wir noch herausfinden." Eine weitere Herausforderung sei der informelle Sektor. Hierbei gehe es um Strategien, die Menschen aus diesem Bereich in die Versicherungsstrukturen zu integrieren. "Die Sozialversicherungen sind ein integraler Teil des sozialen Schutzes - vor allem für ältere Menschen - und für die Entwicklung der Gesellschaft", führte Mandosela aus. Sie seien überdies für viele Menschen die "einzige Hoffnung" im Schutz vor Verarmung.
Der Gastredner wies auf das Teilen als Grundprinzip einer Sozialversicherung hin und erklärte, dass bei künftigen Reformen die Rolle von Staat und Privatwirtschaft neu überdacht werden müsse. Mandosela meint: "Der Staat hat eine wichtige Rolle zu spielen und muss direkt involviert sein - nicht nur als Regulierer bzw. Aufsichtsorgan."
Prof. Marius Olivier, Direktor des Instituts für Sozialrecht und -konzepte (ISLP) sowie Vorsitzender der SADC-Kerngruppe von Sozialversicherungsexperten, wies auf Armut und soziale Ungleichheit auf diesem Kontinent hin. Rund 290 Millionen Menschen (davon überwiegend Frauen) in den Ländern südlich der Sahara würden laut einer UN-Erhebung des Jahres 2000 ein Einkommen von weniger als einen US-Dollar pro Tag haben. In diesen Ländern würde zudem eine Arbeitslosenquote von bis zu 50 Prozent herrschen. "Das übt großen Druck auf die Sozialversicherungen aus", so der Gast aus Südafrika.
Noch sei die Sozialversicherung ein "exklusives Privileg für diejenigen, die im formellen Sektor arbeiten", führte Olivier aus, und: In manchen Ländern seien nur fünf Prozent der berufstätigen Bevölkerung sozialversichert. Es liege auf der Hand, dass die Sozialversicherung im südlichen Afrika "eine große Rolle im Kampf gegen Armut" spiele. Die im informellen Sektor tätigen Menschen könnten sich aber die Beiträge nicht leisten, hier müsse der Staat finanziell aushelfen, fordert der Institutsdirektor. Dies gehöre zu den Überlegungen zur Reform der Sozialversicherungsstruktur, die dringend notwendig sei. Weiteren Handlungsbedarf sieht Olivier in der mangelnden Flexibilität der Versicherungen (zum Beispiel beim Wechsel eines Versicherten in ein anderes SADC-Land), im unzureichenden Schutz während der Schwangerschaft, in hohen Verwaltungskosten und in der Unzufriedenheit durch das niedrige Niveau der Leistungen, selbst im Privatsektor. Manche Versicherungen würden gar eine finanzielle Deckungslücke aufweisen, führte er aus. "Es muss noch viel getan werden", sagte der ISLP-Direktor und formulierte seinen Anspruch wie folgt: "Jeder sollte das Recht haben, versichert zu sein."
David Keendjele, Betriebsleiter der namibischen Sozialversicherungskommission (SSC), gab Auskunft über die hiesige Situation. So habe die Zahl der Arbeitgeber von 25270 (Februar 2006) auf 32088 (Januar 2008) erhöht, die Zahl der Arbeitnehmer sei im gleichen Zeitraum von 212096 auf 317409 gestiegen. Die SSC verzeichne nur wenige Mitglieder, die selbstständig seien. Die kurzfristige Sozialversicherung beinhalte Schwangerschaftsurlaub, Krankenurlaub und Vergütung im Todesfall - von der SSC als MSD abgekürzt. Der MSD-Fonds sei seit 1995 aktiv, Ende Juli dieses Jahre habe dieser rund 340000 aktive Mitglieder verzeichnet. Großen Mitgliederzuwachs gab es im Jahr 2007, als per Gesetz festgelegt wurde, dass alle Arbeitnehmer, die ein regelmäßiges Gehalt beziehen, bei der SSC registriert werden müssen. Zuvor galt dies nur für Arbeitnehmer, die mehr als zwei Tage pro Woche beschäftigt waren.
Im vergangenen Jahr seien im Zuge der SSC-Reform die Leistungen des MSD-Fonds angehoben worden. So sei die Auszahlung für den Schwangerschaftsurlaub (3 Monate) um 100 Prozent (bezogen auf das Bruttogehalt) erhöht worden, maximal seien es 6000 Namibia-Dollar pro Monat. Die Auszahlung für den Krankenurlaub sei von 60 auf 75 Prozent (für die ersten sechs Monate) gestiegen, danach gebe es 60 Prozent für weitere 18 Monate. Für Todesfälle, Behinderungen und Ruhestand seien die Leistungen von 3000 auf 3500 Namibia-Dollar pro Monat angehoben worden.
Indes arbeite die SSC laut Keendjele an der Umsetzung des Konzepts, alle Sozialversicherungsfonds unter ein Dach zu bekommen. Dazu gehörten der Nationale Pensionsfonds (NPF), der Nationale Krankenversicherungsfonds und der Entwicklungsfonds. Beim NPF seien die Planungen am weitesten fortgeschritten. So werde derzeit eine Studie zu diesem Modell der Altersvorsorge angefertigt, die einen öffentlich verwalteten Fonds vorsieht, in den Arbeitgeber und -nehmer einzahlen müssten und der zudem offen für Selbstständige sei. Sensibilität werde im Umgang mit dem Privatsektor verlangt, denn man wolle "diese Branche nicht kaputtmachen", so Keendjele. Die Untersuchung soll etwa in einem halben Jahr abgeschlossen sein, die neue Struktur ab 2012 eingeführt werden. Das neue Modell soll deutlich mehr pensionierten Arbeitnehmern zugute kommen als bisher. Laut Keendjele hätten Untersuchungen gezeigt, dass in Namibia zwar 90% der Firmen ihren Arbeitnehmern die Mitgliedschaft in einem (privaten) Rentenfonds anbieten, aber nur 40% davon Gebrauch machen. Die Hürden seien zu hohe Beiträge und Verwaltungskosten (AZ berichtete).
Der Gastredner wies auf das Teilen als Grundprinzip einer Sozialversicherung hin und erklärte, dass bei künftigen Reformen die Rolle von Staat und Privatwirtschaft neu überdacht werden müsse. Mandosela meint: "Der Staat hat eine wichtige Rolle zu spielen und muss direkt involviert sein - nicht nur als Regulierer bzw. Aufsichtsorgan."
Prof. Marius Olivier, Direktor des Instituts für Sozialrecht und -konzepte (ISLP) sowie Vorsitzender der SADC-Kerngruppe von Sozialversicherungsexperten, wies auf Armut und soziale Ungleichheit auf diesem Kontinent hin. Rund 290 Millionen Menschen (davon überwiegend Frauen) in den Ländern südlich der Sahara würden laut einer UN-Erhebung des Jahres 2000 ein Einkommen von weniger als einen US-Dollar pro Tag haben. In diesen Ländern würde zudem eine Arbeitslosenquote von bis zu 50 Prozent herrschen. "Das übt großen Druck auf die Sozialversicherungen aus", so der Gast aus Südafrika.
Noch sei die Sozialversicherung ein "exklusives Privileg für diejenigen, die im formellen Sektor arbeiten", führte Olivier aus, und: In manchen Ländern seien nur fünf Prozent der berufstätigen Bevölkerung sozialversichert. Es liege auf der Hand, dass die Sozialversicherung im südlichen Afrika "eine große Rolle im Kampf gegen Armut" spiele. Die im informellen Sektor tätigen Menschen könnten sich aber die Beiträge nicht leisten, hier müsse der Staat finanziell aushelfen, fordert der Institutsdirektor. Dies gehöre zu den Überlegungen zur Reform der Sozialversicherungsstruktur, die dringend notwendig sei. Weiteren Handlungsbedarf sieht Olivier in der mangelnden Flexibilität der Versicherungen (zum Beispiel beim Wechsel eines Versicherten in ein anderes SADC-Land), im unzureichenden Schutz während der Schwangerschaft, in hohen Verwaltungskosten und in der Unzufriedenheit durch das niedrige Niveau der Leistungen, selbst im Privatsektor. Manche Versicherungen würden gar eine finanzielle Deckungslücke aufweisen, führte er aus. "Es muss noch viel getan werden", sagte der ISLP-Direktor und formulierte seinen Anspruch wie folgt: "Jeder sollte das Recht haben, versichert zu sein."
David Keendjele, Betriebsleiter der namibischen Sozialversicherungskommission (SSC), gab Auskunft über die hiesige Situation. So habe die Zahl der Arbeitgeber von 25270 (Februar 2006) auf 32088 (Januar 2008) erhöht, die Zahl der Arbeitnehmer sei im gleichen Zeitraum von 212096 auf 317409 gestiegen. Die SSC verzeichne nur wenige Mitglieder, die selbstständig seien. Die kurzfristige Sozialversicherung beinhalte Schwangerschaftsurlaub, Krankenurlaub und Vergütung im Todesfall - von der SSC als MSD abgekürzt. Der MSD-Fonds sei seit 1995 aktiv, Ende Juli dieses Jahre habe dieser rund 340000 aktive Mitglieder verzeichnet. Großen Mitgliederzuwachs gab es im Jahr 2007, als per Gesetz festgelegt wurde, dass alle Arbeitnehmer, die ein regelmäßiges Gehalt beziehen, bei der SSC registriert werden müssen. Zuvor galt dies nur für Arbeitnehmer, die mehr als zwei Tage pro Woche beschäftigt waren.
Im vergangenen Jahr seien im Zuge der SSC-Reform die Leistungen des MSD-Fonds angehoben worden. So sei die Auszahlung für den Schwangerschaftsurlaub (3 Monate) um 100 Prozent (bezogen auf das Bruttogehalt) erhöht worden, maximal seien es 6000 Namibia-Dollar pro Monat. Die Auszahlung für den Krankenurlaub sei von 60 auf 75 Prozent (für die ersten sechs Monate) gestiegen, danach gebe es 60 Prozent für weitere 18 Monate. Für Todesfälle, Behinderungen und Ruhestand seien die Leistungen von 3000 auf 3500 Namibia-Dollar pro Monat angehoben worden.
Indes arbeite die SSC laut Keendjele an der Umsetzung des Konzepts, alle Sozialversicherungsfonds unter ein Dach zu bekommen. Dazu gehörten der Nationale Pensionsfonds (NPF), der Nationale Krankenversicherungsfonds und der Entwicklungsfonds. Beim NPF seien die Planungen am weitesten fortgeschritten. So werde derzeit eine Studie zu diesem Modell der Altersvorsorge angefertigt, die einen öffentlich verwalteten Fonds vorsieht, in den Arbeitgeber und -nehmer einzahlen müssten und der zudem offen für Selbstständige sei. Sensibilität werde im Umgang mit dem Privatsektor verlangt, denn man wolle "diese Branche nicht kaputtmachen", so Keendjele. Die Untersuchung soll etwa in einem halben Jahr abgeschlossen sein, die neue Struktur ab 2012 eingeführt werden. Das neue Modell soll deutlich mehr pensionierten Arbeitnehmern zugute kommen als bisher. Laut Keendjele hätten Untersuchungen gezeigt, dass in Namibia zwar 90% der Firmen ihren Arbeitnehmern die Mitgliedschaft in einem (privaten) Rentenfonds anbieten, aber nur 40% davon Gebrauch machen. Die Hürden seien zu hohe Beiträge und Verwaltungskosten (AZ berichtete).
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen