Mitreisende gingen auf Pirsch - Geschichte(n) einer Lokomotive
Die eine Lok steht vor dem Museum in Tsumeb, die andere wird demnächst wieder ihren alten Stammplatz vor der Küstenstadt Swakopmund einnehmen. Zwischen diesen alten Stahlrossen gibt es eine Parallele: Sie stammen beide aus Deutschland.
So wie die Swakopmunder auf ihren Martin Luther stolz sind, so halten die Tsumeber auch ihre hundert Jahre alte Lok in Ehren. Mit dem einen Unterschied: Martin Luther quälte sich durch den Wüstensand und blieb an der Küste stehen, kurz vor den Toren Swakopmunds, während die Dampflokomotive in Tsumeb über sechs Jahrzehnte lang schnaufend auf Schmalspurschienen rollte.
Waltraud Reinhardt, als Museumsleiterin in Tsumeb Nachfolgerin von Ilse Schatz, blätterte für die AZ in der Museumschronik und stellte fest, dass diese Schmalspurlok aus Jungenthal bei Kirchen a.d. Sieg in Deutschland stammt. Entdeckt hatte sie Bruno Becher aus Muderbach, der später nach Tsumeb zog.
Becher lieferte auch die technischen Daten: Gebaut wurde die Maschine in der Lokomotivfabrik Arnold Jung. Sie trägt die Nummer 715. Becher lernte später den Lokführer Opa Schmal kennen, der 1905 nach Tsumeb kam und bis 1960 bei der Otavi-Bahn arbeitete. Der heute 80-jährige Becher erinnert sich an so manche Episode und berichtet:
?Im Jahre 1900 wurde die Otavi-Minen-und Eisenbahngesellschaft als eine Kolonialgesellschaft zur Erwerbung und Ausnutzung von Land und Minenrechten im damaligen Deutsch-Südwestafrika gebildet. Schon wenige Jahre später entstand die berühmt gewordene Otavi-Bahn (1903), eine Schmalspurbahn, auf der man die abgebauten Erze an die Küste nach Swakopmund zur Verschiffung transportierte. Tsumeb hieß die Endstation dieser 650 Kilometer langen Bahnlinie, die über Otavi führte. Später kam eine Abzweigung nach Grootfontein hinzu."
Bruno Becher fand auch heraus, dass diese Lok 715, die aus einer Bau-Serie von zehn Stück schon beim Streckenbau dabei war, eine Leistungskraft von 120 PS besaß und bis zu 30 Kilometer pro Stunde fuhr. Opa Schmal schwärmt noch heute davon: ?Der Einsatz dieser Lok verdient hohe Anerkennung?. Den Bau der Otavi-Bahn von der Küste bis zum 1300 Meter hoch gelegenen Tsumeb bezeichnet er als ?keine Kleinigkeit, das war mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden?. Die Lok habe, so Opa Schmal weiter, bis zum Jahr 1960 auf der bis dahin verbliebenen Schmalspurstrecke treu und brav ihren Dienst getan. Während der langen Reise von Tsumeb nach Usakos etwa, habe man sich immer auf sie verlassen können.
Die Bahnstrecke verglich Opa Schmal mit einer ?riesigen Schlangenlinie, ohne die es niemals möglich gewesen wäre, die enormen Höhenunterschiede vom Otavi-Bergland bis zur Küste zu überwinden. Schaffte es eine Lok nicht allein, musste eine zweite davor gespannt werden". Das Fahrtempo sei dadurch eingeschränkt worden. Opa Schmal: ?In Afrika hatte man damals noch viel, viel Zeit, auf eine Stunde mehr oder weniger kam es nicht an. Außerdem durften Farmer, die an der Strecke wohnten, kostenlos per Anhalter auf den Erzzügen mitfahren.? Es sei auch vorgekommen, dass sich so manche Vierbeiner auf den Gleisen ausruhten. Und - für heutige Verhältnisse unvorstellbar - es sei passiert, dass der Lokführer die Fahrt unterbrach, um Mitreisenden die Gelegenheit zur Jagd zu geben. Und wenn die Zeit aufgeholt werden musste, habe mancher Lokführer der Maschine sogar 40 Stundenkilometer abverlangt. Die 715 habe nicht einmal schlapp gemacht.
Doch jede Ära geht einmal zu Ende. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte die Tsumeb Corporation Limited die Otavi-Minen- und Eisenbahngesellschaft auf. Die Lok hatte ausgedient, sie war den erhöhten Anforderungen nicht mehr gewachsen. Die letzte Stunde für die Schmalspur-Otavi-Bahn nahte. Die meisten Loks wurden an ein großes Hüttenwerk in der Südafrikanischen Republik verkauft und verschrottet.
Aber eine blieb zurück, die 715. Sie erhielt am eingeweihten Bahnhof in Tsumeb ihren Ehrenplatz und steht heute vor dem Museum. Vor über 40 Gästen feierte das Museum kürzlich den hundertsten Geburtstag der Lok - ein denkwürdiger Tag für Tsumeb.
So wie die Swakopmunder auf ihren Martin Luther stolz sind, so halten die Tsumeber auch ihre hundert Jahre alte Lok in Ehren. Mit dem einen Unterschied: Martin Luther quälte sich durch den Wüstensand und blieb an der Küste stehen, kurz vor den Toren Swakopmunds, während die Dampflokomotive in Tsumeb über sechs Jahrzehnte lang schnaufend auf Schmalspurschienen rollte.
Waltraud Reinhardt, als Museumsleiterin in Tsumeb Nachfolgerin von Ilse Schatz, blätterte für die AZ in der Museumschronik und stellte fest, dass diese Schmalspurlok aus Jungenthal bei Kirchen a.d. Sieg in Deutschland stammt. Entdeckt hatte sie Bruno Becher aus Muderbach, der später nach Tsumeb zog.
Becher lieferte auch die technischen Daten: Gebaut wurde die Maschine in der Lokomotivfabrik Arnold Jung. Sie trägt die Nummer 715. Becher lernte später den Lokführer Opa Schmal kennen, der 1905 nach Tsumeb kam und bis 1960 bei der Otavi-Bahn arbeitete. Der heute 80-jährige Becher erinnert sich an so manche Episode und berichtet:
?Im Jahre 1900 wurde die Otavi-Minen-und Eisenbahngesellschaft als eine Kolonialgesellschaft zur Erwerbung und Ausnutzung von Land und Minenrechten im damaligen Deutsch-Südwestafrika gebildet. Schon wenige Jahre später entstand die berühmt gewordene Otavi-Bahn (1903), eine Schmalspurbahn, auf der man die abgebauten Erze an die Küste nach Swakopmund zur Verschiffung transportierte. Tsumeb hieß die Endstation dieser 650 Kilometer langen Bahnlinie, die über Otavi führte. Später kam eine Abzweigung nach Grootfontein hinzu."
Bruno Becher fand auch heraus, dass diese Lok 715, die aus einer Bau-Serie von zehn Stück schon beim Streckenbau dabei war, eine Leistungskraft von 120 PS besaß und bis zu 30 Kilometer pro Stunde fuhr. Opa Schmal schwärmt noch heute davon: ?Der Einsatz dieser Lok verdient hohe Anerkennung?. Den Bau der Otavi-Bahn von der Küste bis zum 1300 Meter hoch gelegenen Tsumeb bezeichnet er als ?keine Kleinigkeit, das war mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden?. Die Lok habe, so Opa Schmal weiter, bis zum Jahr 1960 auf der bis dahin verbliebenen Schmalspurstrecke treu und brav ihren Dienst getan. Während der langen Reise von Tsumeb nach Usakos etwa, habe man sich immer auf sie verlassen können.
Die Bahnstrecke verglich Opa Schmal mit einer ?riesigen Schlangenlinie, ohne die es niemals möglich gewesen wäre, die enormen Höhenunterschiede vom Otavi-Bergland bis zur Küste zu überwinden. Schaffte es eine Lok nicht allein, musste eine zweite davor gespannt werden". Das Fahrtempo sei dadurch eingeschränkt worden. Opa Schmal: ?In Afrika hatte man damals noch viel, viel Zeit, auf eine Stunde mehr oder weniger kam es nicht an. Außerdem durften Farmer, die an der Strecke wohnten, kostenlos per Anhalter auf den Erzzügen mitfahren.? Es sei auch vorgekommen, dass sich so manche Vierbeiner auf den Gleisen ausruhten. Und - für heutige Verhältnisse unvorstellbar - es sei passiert, dass der Lokführer die Fahrt unterbrach, um Mitreisenden die Gelegenheit zur Jagd zu geben. Und wenn die Zeit aufgeholt werden musste, habe mancher Lokführer der Maschine sogar 40 Stundenkilometer abverlangt. Die 715 habe nicht einmal schlapp gemacht.
Doch jede Ära geht einmal zu Ende. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte die Tsumeb Corporation Limited die Otavi-Minen- und Eisenbahngesellschaft auf. Die Lok hatte ausgedient, sie war den erhöhten Anforderungen nicht mehr gewachsen. Die letzte Stunde für die Schmalspur-Otavi-Bahn nahte. Die meisten Loks wurden an ein großes Hüttenwerk in der Südafrikanischen Republik verkauft und verschrottet.
Aber eine blieb zurück, die 715. Sie erhielt am eingeweihten Bahnhof in Tsumeb ihren Ehrenplatz und steht heute vor dem Museum. Vor über 40 Gästen feierte das Museum kürzlich den hundertsten Geburtstag der Lok - ein denkwürdiger Tag für Tsumeb.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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