Nachruf Friedel Ganschow: Die freundliche Ärztin von nebenan
Tausende Patienten hat sie in ihrer aktiven Zeit als Ärztin in Namibia behandelt. Doch Dr. Friedel Ganschow war nicht nur wegen ihrer Kompetenz, sondern auch als freundliche und hilfsbereite Person bekannt. Vergangene Woche ist sie im Alter von 89 Jahren verstorben.
Dr. Helene Friederike „Friedel“ Ganschow wurde am 5. November 1928 als Älteste von drei Kindern im Maria Douglasheim in Swakopmund geboren. Es war der gleiche Tag, an dem die Eröffnung des neuen Kreissaals gefeiert wurde. Ihr Enkelsohn, Norbert, war 51 Jahre später das zweiletzte Baby in diesem Entbindungsheim.
Aufgewachsen ist Dr. Ganschow allerdings auf der Zinn-Mine Humdigams in der Umgebung von Uis südöstlich vom Brandberg. Diese gehörte ihren Eltern Willi und Ida Ganschow, die aus dem Dorf Beetz in der Mark Brandenburg stammten.
1935 wurde sie in Omaruru eingeschult und wohnte in ihren ersten Jahren dort bei der Missionarsfamilie August und Elisabeth Kuhlmann. Dort lernte sie auch ihre künftige Schwägerin Ilse Dörgeloh kennen. „Sie war ein bisschen älter als ich und war wie eine große Schwester. Sie war eine ganz, ganz liebe Person“, erinnert sich Dörgeloh im Gespräch mit der AZ. Und: „Sie war fleißig, bescheiden… eigentlich kann man nur Gutes über sie sagen.“
Ende 1946 wurde ihrer Familie das Wohnrecht im Okombahe Reservat, in dem sich die Mine befand, genommen. Die Familie wurde auf einem Posten von Frau Margot Mercker untergebracht.
Die Oberschule besuchte Dr. Ganschow in Swakopmund. Eigentlich wollte sie Lehrerin werden, doch als in ihren jungen Jahren gleich drei Bekannte an Unterleibskrebs starben, entschied sie sich für den Ärzteberuf. Als Frau in Südafrika Medizin studieren zu wollen, das sei 1948 noch kein einfaches Anliegen gewesen, hatte sie in einem Interview mit der AZ damals gesagt.
Das Geld für das Studium musste sie leihen und hat es mit dem Schneidern dazuverdient. Ihren erfolgreichen Abschluss als Allgemeinärztin machte sie in Pretoria. Praktische Erfahrung bekam sie am Universitätshospital in Pretoria. Ursprünglich wollte sie sich in der Kinderabteilung spezialisieren, allerdings musste sie dies aufgeben, weil das Gehalt nicht langte. Kurze Zeit arbeitete sie auch in einer Praxis in Potgietersrust/Südafrika.
Danach zog sie zurück in die Heimat: Omaruru. Dies beschrieb sie als sehr interessante Zeit, denn damals gab es kein Hospital für die weiße Bevölkerung. Sie reiste viel in der Gegend und behandelte Patienten in sämtlichen Ortschaften, wie Uis, Omatjete, Okombahe. „Es gab Gegenden, wo manche schwarze Einwohner noch nie einen Weißen gesehen hatten“, hatte sie gesagt.
Vor allem die Chirurgie habe sich während ihrer Praxiszeit große Freude bereitet. „Ich habe aber auch immer dafür gesorgt, dass ich das nötige Wissen habe oder mich vorab gründlich erkundigt“, hatte sie damals betont.
Am 3. Mai 1958 heiratete Dr. Ganschow Albert Dörgeloh. Zusammen hatten sie drei Söhne: Heiner, der im Dezember 2017 tragisch verstorben ist, Uli und Günther.
Im Jahr 1976 zog Dr. Ganschow nach Swakopmund, wo sie weiterhin praktizierte. 1982 kam Dr. Rüdiger Moisel zu ihrer Praxis hinzu. „Sie war nicht nur Allgemeinärztin, sie musste damals viel mehr machen und behandeln“, sagte Dr. Moisel der AZ. Und: „Sie hat für die Berufung gearbeitet. Sie hat hart gearbeitet und es nicht für das Geld gemacht.“ Später trat Dr. Reinhard Matheis in der Praxis bei.
Erst mit 65 Jahren gab Dr. Ganschow alle risikogeladenen Einsätze wie zum Beispiel Entbindungen oder Narkosen auf. Ab 70 kümmerte sie sich um „meine alten Patienten.“ Im Jahr 2004 hörte sie dann ganz mit dem Praktizieren auf. 43 Jahre hatte sie als Ärztin in Namibia gearbeitet. Sie wohnte weiterhin in Swakopmund.
2008 wurde ihr für besondere Verdienste das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Die Urkunde, datiert 9. September 2008, ist unterzeichnet von Bundespräsident Horst Köhler. Damals sagte sie dazu im AZ-Interview: „Ich habe doch nur für die Berufung gearbeitet. So eine Ehre ist mir superfremd und passt gar nicht in mein Leben.“
Was waren aber ihre schönsten Erlebnisse? „Da habe ich tausende. Immer dann, wenn ich ein Neugeborenes in die Arme der Mutter legen und in ihre strahlenden Augen sehen durfte.“
Außerdem: „Zwei Lieder, die mein Vater uns in den ersten Lebensjahren schon beigebracht hatte, haben meinen Lebensweg geprägt: Was frag ich nach Geld und Gut, wenn ich zufrieden bin, gib Gott mit nur gesundes Blut, so habe ich frohen Sinn und sing aus dankbarem Gemüt mein Morgen und mein Abendlied; Dazu: Üb immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab und weiche keine Fingerbreit von Gottes Wegen ab.“
Erwin Leuschner
Dr. Helene Friederike „Friedel“ Ganschow wurde am 5. November 1928 als Älteste von drei Kindern im Maria Douglasheim in Swakopmund geboren. Es war der gleiche Tag, an dem die Eröffnung des neuen Kreissaals gefeiert wurde. Ihr Enkelsohn, Norbert, war 51 Jahre später das zweiletzte Baby in diesem Entbindungsheim.
Aufgewachsen ist Dr. Ganschow allerdings auf der Zinn-Mine Humdigams in der Umgebung von Uis südöstlich vom Brandberg. Diese gehörte ihren Eltern Willi und Ida Ganschow, die aus dem Dorf Beetz in der Mark Brandenburg stammten.
1935 wurde sie in Omaruru eingeschult und wohnte in ihren ersten Jahren dort bei der Missionarsfamilie August und Elisabeth Kuhlmann. Dort lernte sie auch ihre künftige Schwägerin Ilse Dörgeloh kennen. „Sie war ein bisschen älter als ich und war wie eine große Schwester. Sie war eine ganz, ganz liebe Person“, erinnert sich Dörgeloh im Gespräch mit der AZ. Und: „Sie war fleißig, bescheiden… eigentlich kann man nur Gutes über sie sagen.“
Ende 1946 wurde ihrer Familie das Wohnrecht im Okombahe Reservat, in dem sich die Mine befand, genommen. Die Familie wurde auf einem Posten von Frau Margot Mercker untergebracht.
Die Oberschule besuchte Dr. Ganschow in Swakopmund. Eigentlich wollte sie Lehrerin werden, doch als in ihren jungen Jahren gleich drei Bekannte an Unterleibskrebs starben, entschied sie sich für den Ärzteberuf. Als Frau in Südafrika Medizin studieren zu wollen, das sei 1948 noch kein einfaches Anliegen gewesen, hatte sie in einem Interview mit der AZ damals gesagt.
Das Geld für das Studium musste sie leihen und hat es mit dem Schneidern dazuverdient. Ihren erfolgreichen Abschluss als Allgemeinärztin machte sie in Pretoria. Praktische Erfahrung bekam sie am Universitätshospital in Pretoria. Ursprünglich wollte sie sich in der Kinderabteilung spezialisieren, allerdings musste sie dies aufgeben, weil das Gehalt nicht langte. Kurze Zeit arbeitete sie auch in einer Praxis in Potgietersrust/Südafrika.
Danach zog sie zurück in die Heimat: Omaruru. Dies beschrieb sie als sehr interessante Zeit, denn damals gab es kein Hospital für die weiße Bevölkerung. Sie reiste viel in der Gegend und behandelte Patienten in sämtlichen Ortschaften, wie Uis, Omatjete, Okombahe. „Es gab Gegenden, wo manche schwarze Einwohner noch nie einen Weißen gesehen hatten“, hatte sie gesagt.
Vor allem die Chirurgie habe sich während ihrer Praxiszeit große Freude bereitet. „Ich habe aber auch immer dafür gesorgt, dass ich das nötige Wissen habe oder mich vorab gründlich erkundigt“, hatte sie damals betont.
Am 3. Mai 1958 heiratete Dr. Ganschow Albert Dörgeloh. Zusammen hatten sie drei Söhne: Heiner, der im Dezember 2017 tragisch verstorben ist, Uli und Günther.
Im Jahr 1976 zog Dr. Ganschow nach Swakopmund, wo sie weiterhin praktizierte. 1982 kam Dr. Rüdiger Moisel zu ihrer Praxis hinzu. „Sie war nicht nur Allgemeinärztin, sie musste damals viel mehr machen und behandeln“, sagte Dr. Moisel der AZ. Und: „Sie hat für die Berufung gearbeitet. Sie hat hart gearbeitet und es nicht für das Geld gemacht.“ Später trat Dr. Reinhard Matheis in der Praxis bei.
Erst mit 65 Jahren gab Dr. Ganschow alle risikogeladenen Einsätze wie zum Beispiel Entbindungen oder Narkosen auf. Ab 70 kümmerte sie sich um „meine alten Patienten.“ Im Jahr 2004 hörte sie dann ganz mit dem Praktizieren auf. 43 Jahre hatte sie als Ärztin in Namibia gearbeitet. Sie wohnte weiterhin in Swakopmund.
2008 wurde ihr für besondere Verdienste das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Die Urkunde, datiert 9. September 2008, ist unterzeichnet von Bundespräsident Horst Köhler. Damals sagte sie dazu im AZ-Interview: „Ich habe doch nur für die Berufung gearbeitet. So eine Ehre ist mir superfremd und passt gar nicht in mein Leben.“
Was waren aber ihre schönsten Erlebnisse? „Da habe ich tausende. Immer dann, wenn ich ein Neugeborenes in die Arme der Mutter legen und in ihre strahlenden Augen sehen durfte.“
Außerdem: „Zwei Lieder, die mein Vater uns in den ersten Lebensjahren schon beigebracht hatte, haben meinen Lebensweg geprägt: Was frag ich nach Geld und Gut, wenn ich zufrieden bin, gib Gott mit nur gesundes Blut, so habe ich frohen Sinn und sing aus dankbarem Gemüt mein Morgen und mein Abendlied; Dazu: Üb immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab und weiche keine Fingerbreit von Gottes Wegen ab.“
Erwin Leuschner
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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