Nachruf Heide Wucher – Gründerin der Gästefarm Bergquell
Am 12. August 2017 verstarb in Windhoek nach langer schwerer Krankheit im Alter von 82 Jahren Heide Wucher, die ab 1969 eine der ersten Gästefarmen des Landes aufgebaut hatte.
Geboren wurde sie am 17. Mai 1935 in der niedersächsischen Kleinstadt Melle als Heide Wedegärtner. Aus der Ehe ihrer Eltern, Otto und Elsbeth Wedegärtner, gingen sieben Kinder hervor, von denen jedoch vier im Säuglingsalter starben. Heide war die älteste der überlebenden Geschwister, Bruder Otto wurde 1939 und Bruder Hans 1945 geboren. Noch kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam der Vater am 18. April 1945 bei Gefechten im fränkischen Ansbach ums Leben, und so musste sich die erst 37-jährige Witwe mit ihren kleinen Kindern allein durchschlagen. Heide wollte nach dem Abitur 1954 eigentlich Medizin studieren, doch die Mutter wehrte sich gegen das lange Studium und bestand zunächst auf ein hauswirtschaftliches Jahr, das die Tochter an der Landfrauenschule Chattenbühl absolvierte. Anschließend begann sie im Herbst 1955 eine Ausbildung als Krankengymnastin in Göttingen.
Im selben Jahr begegnete sie bei einem Besuch von Verwandten in der Schweiz ihrem späteren Ehemann Franz Wucher, der erstmals seit dem Ende des Krieges aus seiner Heimat Südwestafrika nach Europa gekommen war, um dort auf den Spuren seiner Vorfahren zu wandeln. Es war Liebe auf den ersten Blick, doch auch jetzt mahnte Heides Mutter ein Jahr „Bewährungsfrist“ an. Im Frühjahr 1956 machte sich leider zum ersten Mal eine latente Muskelschwäche im Bereich von Schultern und Armen bemerkbar, die sich bis zu ihrem Lebensende stetig verschlimmerte. Im Mai 1956 brach Heide ihre Ausbildung ab und reiste nach Südwestafrika, das ihre neue Heimat werden sollte. Im Herbst desselben Jahres flogen Franz und Heide dann nach Deutschland, wo sie sich am 14. Oktober verlobten und am 8. Dezember in Melle Hochzeit feierten. Anfang 1957 verließen sie Europa und reisten mit dem Schiff nach Kapstadt, wobei sie Heides Sportwagen, einen Karmann-Ghia, mitnahmen, in dem sie weiter nach Okahandja fuhren. Am 12. Februar erreichten sie schließlich die Kleinsiedlung Otjihua, wo Franz' Elternhaus stand.
Nachdem sich das frisch vermählte Ehepaar Wucher 1957 auf der Kleinsiedlung bei Okahandja niedergelassen hatte, gingen sie sofort daran, die nahegelegene Farm Bergquell (Osona 65) auszubauen. Am 15. Juli 1966 erfolgte der Umzug ins fertiggestellte Farmhaus, wobei sich die Familie inzwischen um vier Mitglieder vergrößert hatte: 1957 war Sohn Martin geboren worden, es folgten die Töchter Heide (1958), Katrin (1961) und Dörte (1965). Als 1969 per Zeitungsanzeige für eine deutsche Familie eine vorübergehende Unterkunft gesucht wurde, boten Franz und Heide Wucher ein Gästezimmer an. Aus dieser eher zufälligen Situation entstand der Gedanke eines grundsätzlich dauerhaften Gästefarmbetriebes. Und so wurde Bergquell am 12. Juli 1971 als Gästefarm mit zwei Sternen registriert, am 26. Februar 1975 kam der dritte Stern dazu (die höchste Kategorie, die ein solcher Betrieb erlangen konnte).
Das Ehepaar bot für die Gäste Fahrten nach Windhoek an, ebenso an die Küste, ins Damaraland und in die Kalahari. Leider verunglückte Franz Wucher bei einer dieser Fahrten in der Nähe von Bethanien und erlag drei Tage später, am 27. August 1986, seinen Verletzungen. Heide führte den Betrieb bis Ende 1988 fort, dann musste sie die Gästefarm schweren Herzens schließen, zumal ihre Muskelschwäche jetzt immer mehr zunahm. In den 19 Jahren hatte die Farm rund 2900 Gäste gesehen, davon viele prominente Persönlichkeiten aus Übersee. Und so wurden manche politischen Entscheidungen bereits vorab am Kamin auf Bergquell getroffen, wie der Verfasser dieses Nachrufs es mehr als einmal erlebte, der 1976 erstmals die Farm besuchte. Im Jahr darauf kam er erneut und brachte seine damalige Freundin mit. Nach einem weiteren Aufenthalt 1978 reifte der Entschluss, dort zu heiraten. So fand am 29. Juni 1979 auf Bergquell die Verlobung statt. Am 28. März 1980 folgte die zivilrechtliche Eheschließung in Okahandja, und Franz und Heide Wucher fungierten als Trauzeugen. Einen Tag später nahm Landespropst Kauffenstein in Windhoek die kirchliche Trauung vor. Gefeiert wurde am ersten Tag auf Farm Bergquell, am nächsten dann im Hotel Fürstenhof in Windhoek. Seit dieser Zeit verband das Ehepaar Reith eine enge Freundschaft mit der Familie Wucher. Als Gertraud und Wolfgang Reith 2005 ihre Silberhochzeit feierten, war selbstverständlich auch Heide Wucher dabei, die es sich nicht nehmen ließ, eine sehr verbindliche Rede zu halten.
Im Januar 1989 erfolgte der Umbau des bisherigen Gästehauses auf Bergquell in eine „Seniorenresidenz“ für Heide Wucher. Drei Jahre später übernahmen Sohn Martin und seine Ehefrau offiziell auch den Rinderbetrieb, den Heide bis dahin noch geführt hatte.
Heide Wucher siedelte im Juli 2001 nach Windhoek über, zunächst in eine eigene Wohnung, doch als sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechterte, zog sie in ein Seniorenheim. Gleichwohl geistig fit, blieb sie im gesellschaftlichen Leben aktiv. So verfasste sie 2003 die Familienchronik und veröffentlichte 2005 ihr Buch „Gästefarm – Afrika einmal anders“, in dem sie unterhaltsame Anekdoten aus dem Farmleben mit Gästen beschrieb. Außerdem arbeitete sie an verschiedenen Projekten der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft mit. Ihre Kinder und Enkelkinder gaben ihr immer wieder Halt, überdies erhielt sie regelmäßig Besuch von ihren vielen Freunden und Bekannten aus aller Welt. Jetzt ist Heide Wucher von ihrem langjährigen Leiden erlöst worden. Liebe Heide, wir haben Dir unendlich viel zu verdanken – Requiescat in pace!
Gertraud und Wolfgang Reith, Neuss und Kapstadt
Geboren wurde sie am 17. Mai 1935 in der niedersächsischen Kleinstadt Melle als Heide Wedegärtner. Aus der Ehe ihrer Eltern, Otto und Elsbeth Wedegärtner, gingen sieben Kinder hervor, von denen jedoch vier im Säuglingsalter starben. Heide war die älteste der überlebenden Geschwister, Bruder Otto wurde 1939 und Bruder Hans 1945 geboren. Noch kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam der Vater am 18. April 1945 bei Gefechten im fränkischen Ansbach ums Leben, und so musste sich die erst 37-jährige Witwe mit ihren kleinen Kindern allein durchschlagen. Heide wollte nach dem Abitur 1954 eigentlich Medizin studieren, doch die Mutter wehrte sich gegen das lange Studium und bestand zunächst auf ein hauswirtschaftliches Jahr, das die Tochter an der Landfrauenschule Chattenbühl absolvierte. Anschließend begann sie im Herbst 1955 eine Ausbildung als Krankengymnastin in Göttingen.
Im selben Jahr begegnete sie bei einem Besuch von Verwandten in der Schweiz ihrem späteren Ehemann Franz Wucher, der erstmals seit dem Ende des Krieges aus seiner Heimat Südwestafrika nach Europa gekommen war, um dort auf den Spuren seiner Vorfahren zu wandeln. Es war Liebe auf den ersten Blick, doch auch jetzt mahnte Heides Mutter ein Jahr „Bewährungsfrist“ an. Im Frühjahr 1956 machte sich leider zum ersten Mal eine latente Muskelschwäche im Bereich von Schultern und Armen bemerkbar, die sich bis zu ihrem Lebensende stetig verschlimmerte. Im Mai 1956 brach Heide ihre Ausbildung ab und reiste nach Südwestafrika, das ihre neue Heimat werden sollte. Im Herbst desselben Jahres flogen Franz und Heide dann nach Deutschland, wo sie sich am 14. Oktober verlobten und am 8. Dezember in Melle Hochzeit feierten. Anfang 1957 verließen sie Europa und reisten mit dem Schiff nach Kapstadt, wobei sie Heides Sportwagen, einen Karmann-Ghia, mitnahmen, in dem sie weiter nach Okahandja fuhren. Am 12. Februar erreichten sie schließlich die Kleinsiedlung Otjihua, wo Franz' Elternhaus stand.
Nachdem sich das frisch vermählte Ehepaar Wucher 1957 auf der Kleinsiedlung bei Okahandja niedergelassen hatte, gingen sie sofort daran, die nahegelegene Farm Bergquell (Osona 65) auszubauen. Am 15. Juli 1966 erfolgte der Umzug ins fertiggestellte Farmhaus, wobei sich die Familie inzwischen um vier Mitglieder vergrößert hatte: 1957 war Sohn Martin geboren worden, es folgten die Töchter Heide (1958), Katrin (1961) und Dörte (1965). Als 1969 per Zeitungsanzeige für eine deutsche Familie eine vorübergehende Unterkunft gesucht wurde, boten Franz und Heide Wucher ein Gästezimmer an. Aus dieser eher zufälligen Situation entstand der Gedanke eines grundsätzlich dauerhaften Gästefarmbetriebes. Und so wurde Bergquell am 12. Juli 1971 als Gästefarm mit zwei Sternen registriert, am 26. Februar 1975 kam der dritte Stern dazu (die höchste Kategorie, die ein solcher Betrieb erlangen konnte).
Das Ehepaar bot für die Gäste Fahrten nach Windhoek an, ebenso an die Küste, ins Damaraland und in die Kalahari. Leider verunglückte Franz Wucher bei einer dieser Fahrten in der Nähe von Bethanien und erlag drei Tage später, am 27. August 1986, seinen Verletzungen. Heide führte den Betrieb bis Ende 1988 fort, dann musste sie die Gästefarm schweren Herzens schließen, zumal ihre Muskelschwäche jetzt immer mehr zunahm. In den 19 Jahren hatte die Farm rund 2900 Gäste gesehen, davon viele prominente Persönlichkeiten aus Übersee. Und so wurden manche politischen Entscheidungen bereits vorab am Kamin auf Bergquell getroffen, wie der Verfasser dieses Nachrufs es mehr als einmal erlebte, der 1976 erstmals die Farm besuchte. Im Jahr darauf kam er erneut und brachte seine damalige Freundin mit. Nach einem weiteren Aufenthalt 1978 reifte der Entschluss, dort zu heiraten. So fand am 29. Juni 1979 auf Bergquell die Verlobung statt. Am 28. März 1980 folgte die zivilrechtliche Eheschließung in Okahandja, und Franz und Heide Wucher fungierten als Trauzeugen. Einen Tag später nahm Landespropst Kauffenstein in Windhoek die kirchliche Trauung vor. Gefeiert wurde am ersten Tag auf Farm Bergquell, am nächsten dann im Hotel Fürstenhof in Windhoek. Seit dieser Zeit verband das Ehepaar Reith eine enge Freundschaft mit der Familie Wucher. Als Gertraud und Wolfgang Reith 2005 ihre Silberhochzeit feierten, war selbstverständlich auch Heide Wucher dabei, die es sich nicht nehmen ließ, eine sehr verbindliche Rede zu halten.
Im Januar 1989 erfolgte der Umbau des bisherigen Gästehauses auf Bergquell in eine „Seniorenresidenz“ für Heide Wucher. Drei Jahre später übernahmen Sohn Martin und seine Ehefrau offiziell auch den Rinderbetrieb, den Heide bis dahin noch geführt hatte.
Heide Wucher siedelte im Juli 2001 nach Windhoek über, zunächst in eine eigene Wohnung, doch als sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechterte, zog sie in ein Seniorenheim. Gleichwohl geistig fit, blieb sie im gesellschaftlichen Leben aktiv. So verfasste sie 2003 die Familienchronik und veröffentlichte 2005 ihr Buch „Gästefarm – Afrika einmal anders“, in dem sie unterhaltsame Anekdoten aus dem Farmleben mit Gästen beschrieb. Außerdem arbeitete sie an verschiedenen Projekten der Namibia Wissenschaftlichen Gesellschaft mit. Ihre Kinder und Enkelkinder gaben ihr immer wieder Halt, überdies erhielt sie regelmäßig Besuch von ihren vielen Freunden und Bekannten aus aller Welt. Jetzt ist Heide Wucher von ihrem langjährigen Leiden erlöst worden. Liebe Heide, wir haben Dir unendlich viel zu verdanken – Requiescat in pace!
Gertraud und Wolfgang Reith, Neuss und Kapstadt
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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