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Namibia favorisiert Jamaika-Koalition

Deutsch-namibische Reaktionen zum Wahlausgang: Von Schock bis Hoffnung
Stefan Fischer
Von Stefan Fischer, Windhoek

Die Zahlen, die kurz nach 18 Uhr bei der ersten Prognose nach Schließung der Wahllokale auf den Fernsehmonitoren eingeblendet wurden, sorgten beim Erscheinen der AfD-Stimmen zwar für ein Raunen, aber insgesamt nicht unbedingt für eine Überraschung. Das ergab eine kleine AZ-Umfrage am Wahlabend in der Residenz des deutschen Botschafters Christian Schlaga, der mit seiner Frau Eva Maria Koep-Schlaga rund 80 Gäste zu Besuch hatte.

„Nach den Umfragen der vergangenen zwei Wochen ist das jetzige Ergebnis nicht überraschend, nur das Abschneiden der AfD hatte ich so nicht erwartet“, sagte Botschafter Schlaga und fügte hinzu. „Wir werden einen völlig neuen Bundestag erleben, auf den sich alle erstmal einstellen müssen.“ Auf Namibia bzw. die bilaterale Zusammenarbeit mit diesem Land sollte sich das nicht auswirken, meinte der Diplomat. „Bei den möglichen Regierungs-Koalitionen sehe ich keinen Grund, die Fortsetzung der Verhandlungen infrage zu stellen.“ Allerdings gab Schlaga zu bedenken: „Mit der Präsenz der AfD, die angekündigt hat, mit der Vergangenheit anders umzugehen, wird ein anderer Zungenschlag in die Debatte kommen. Das habe ich schon vielen Gesprächspartnern in Namibia gesagt, dass es einen anderen Bundestag und andere Töne im Umgang mit der Geschichte geben wird, als man das bisher kannte.“

Nicht genügend Gehör

Unternehmerin Benita Herma sieht eine „Veränderung, die ich mir so nicht erhofft habe“, denn sie habe auf mehr Stimmen für die großen Parteien gehofft. Dennoch: „Veränderung ist grundsätzlich nicht schlecht. Dass jetzt mehr Parteien im Bundestag sind, wird die Debatte beleben. Politiker machen den Fehler, den Menschen nicht genügend Gehör zu schenken“, sagte sie und verwies auf Wahlen in den USA und den Niederlanden sowie das EU-Referendum in Großbritannien. „Die großen Parteien müssen das Volk ernster nehmen, denn Unzufriedenheit geht nicht von allein weg“ schlussfolgert Herma.

Thomas Keller, Landesdirektor der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, hält den Wahlausgang für ein „aus Sicht der Union dramatisches Ergebnis“. Dennoch sagte er anerkennend, dass die Union die stärkste Kraft im Bundestag sei. Und: „Alle, die diesmal aus Protest links oder rechts gewählt haben, werden hoffentlich in den nächsten vier Jahren ernüchtert sein und zur CDU zurückkehren.“

„Das Ergebnis der Union ist schwächer als ich gedacht habe“, wenngleich der gesamte Wahlausgang so „zu erwarten war“, räumte Dr. Clemens von Doderer, Landesdirektor der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, ein. Die AfD habe er bei „unter zehn Prozent“ erwartet, die FDP sei hingegen „wie Phoenix aus der Asche“ gestiegen, fügte er hinzu.

Werte sind in Gefahr

Indes zeigte sich Kristin Eichholz, Schulleiterin der Deutschen Höheren Privatschule (DHPS) Windhoek, „etwas erschrocken über das Abschneiden der Populisten“. Das Ergebnis der AfD bereite ihr „Bauchschmerzen“, denn dadurch „geraten demokratische Werte in Gefahr“. An der Schule soll die „Demokratie-Erziehung“ ein Schwerpunkt bleiben. Man wolle „künftige Wähler darauf aufmerksam machen, dass populistische Partei nur Ängste schüren, aber mit den Ämtern, in die sie gewählt werden, überfordert sind“. Und: „Mir ist wichtig, dass Toleranz in Deutschland als Wert gesehen wird und das so bleibt.“

Hanjo Böhme, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Schulvereine in Namibia (AGDS), sieht mit dem Ausgang der Wahl seine „Erwartungen bestätigt, bis auf das gute Abschneiden der AfD“. Er meint, dass bei den großen Parteien nun „ein Umdenken gefragt“ sei.

Ihr Debüt bei der Stimmabgabe für die Bundestagswahl hatte Jana Steinbacher. Die 21-jährige Deutsche, die momentan als Assistenzlehrkraft an der DHPS arbeitet, zeigte sich angesichts der vielen Stimmen für die AfD „nicht sehr erfreut“ über den Wahlausgang. Allerdings sei sie „erleichtert, dass die CDU die meisten Stimmen erhalten hat“. Und: „Ich bin sicher, dass sich das Wahlverhalten zurück in die Mitte entwickeln wird“, sagte die Bundestags-Erstwählerin.

Jamaika ist Trumpf

Die meisten befragten Personen favorisieren eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grüne, und zwar mehrheitlich deswegen, weil dann die SPD und nicht die AfD die offizielle (weil stärkste) Oppositionspartei wäre. „Im Sinne der Demokratie wäre das sinnvoll, eine große Koalition würde nur die AfD und andere Extremparteien stärken“, kommentierte CSU-Mann von Doderer. In der Oppositionsrolle könne sich die SPD zudem wieder „profilieren“, sagte Unternehmerin Herma. Einige wenige Befragte wollten sich zu einem gewünschten Regierungsbündnis nicht äußern.

In Namibia gewinnt die CDU

Auch Botschafter Schlaga lud seine Gäste zu einem Urnengang ein, um eine Tendenz zu ermitteln; es ging darum, vor Schließung der Wahllokale seine Parteiensympathie auszudrücken, wobei nur eine Stimme möglich war. Das Ergebnis wich indes sehr stark von dem in Deutschland ab: So stimmten die meisten Gäste für die CDU (63,3%), gefolgt von Grüne (16,5%), SPD (11,4%), FDP (3,8%), AfD (2,5%) und Linke (2,5%).

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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