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Namibia fordert zu viel Geld
Namibia fordert zu viel Geld

Namibia fordert zu viel Geld

Genozid-Dialog: Sondervermittler Polenz äußert seine Sorgen
Stefan Fischer
Von Stefan Fischer, Windhoek/Berlin

Erst im Januar war ein internes Dokument aus den Verhandlungen zwischen Namibia und Deutschland an die Medien gelangt, worin die Bundesrepublik vorschlägt, gezielte Interventionen zu tätigen, die den damals betroffenen Gemeinschaften der Herero und Nama zugute kommen, aber auch zu „Namibias Entwicklungsprioritäten beitragen“ sollen. In dem Papier ist von Schwerpunktinvestitionen mit einem Gesamtbetrag von 289 Millionen Euro (derzeit ca. 4,3 Milliarden N$) die Rede (AZ berichtete). Doch Namibier fodert offenbar eine „überzogen hohe Summe als Wiedergutmachung“ schreibt die Deutsche Presse-Agentur (dpa) mit Berufung auf ein Gespräch mit dem deutschen Sondervermittler Ruprecht Polenz.

Erwartungen höher

„Die namibischen Erwartungen sind deutlich höher, als das was Deutschland tun kann“, wird der deutsche Verhandlungsführer zitiert. Die Bundesregierung habe zusätzlich zur laufenden Entwicklungshilfe ein „sehr substanzielles materielles Engagement“ angeboten, sagte Polenz der Deutschen Presse-Agentur. Zahlen hat aber weder er, noch die namibische Seite bisher preisgegeben.

Die Diskussionen fänden in guter Atmosphäre statt, aber bei der Frage des „wie viel“ gebe es weiter Gesprächsbedarf, sagte Polenz zur dpa. Die Verhandlungen gehen inzwischen bereits ins dritte Jahr. „Das macht mir auch ein bisschen Sorge“, sagte Polenz, der bis 2013 im Bundestag Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses war. Die Stimmung in Namibia werde gereizter, führte Polenz aus. Diesen Eindruck vermitteln auch immer mehr Farmer in Namibia. Nachdem es seit dem letzten Treffen im September 2017 eine lange Pause gegeben hat, soll die nächste Verhandlungsrunde voraussichtlich in den kommenden Wochen stattfinden, sagte Polenz der dpa.

Die Wunden heilen

Für Deutschland sei eine Einigung mit Namibia eine moralische Verpflichtung, um „Wunden zu heilen“, sagte Polenz. Eine rechtliche Verpflichtung sieht die Bundesregierung indes nicht. Deswegen lehnt sie für die möglichen bevorstehenden Zahlungen auch die juristisch verbindlicheren Begriffe „Wiedergutmachung“ und „Reparationen“ ab. Das hatte auch der deutsche Botschafter in Namibia, Christian Schlaga, immer wieder vor Ort erklärt. Deutschland werde in den Verhandlungen von der Überzeugung geleitet, dass der Kolonialkrieg „nur mit einem historisch-moralischen Ansatz aufgearbeitet werden“ könne, sagte der Diplomat (AZ berichtete).

Laut dpa bzw. Polenz will Namibia, dass die Zahlungen dem ganzen Land gleichermaßen zu Gute kommen. Deutschland hingegen hofft, vor allem Programme für die Volksgruppen der Herero und Nama zu finanzieren. In dem o.g. Dokument werden Bereich mit konkreten Fördersummen genannt: Berufsausbildung (80 Mio. Euro), Landreform (70 Mio. Euro), ländliche Elektrifizierung (54 Mio. Euro), Wohnungsbau (50 Mio. Euro) sowie Regionalentwicklung und Unterstützungsmaßnahmen (35 Mio. Euro). Als zeitlicher Rahmen für die gezielten Maßnahmen wird in dem schriftlichen Vorschlag 2018 bis 2030 angegeben, weil die Projekte im Einklang mit der Vision 2030 und dem Programm für nachhaltige Entwicklung 2030 stünden. „Dieser Zeitraum könnte als Jahrzehnt der Versöhnung und Kooperation erklärt werden“, heißt es.

Wer entschuldigt sich wie?

Eine wichtige Rolle spielt laut dpa bei den Verhandlungen auch die Frage, wie Deutschland für das Geschehene um Entschuldigung bitten soll - etwa durch eine Parlamentsresolution oder zusätzlich eine Erklärung der Kanzlerin. Wenn die Verhandlungen Erfolg hätten, sei es für beide Seiten ein Gewinn, sagte Polenz. „Deutschland hat dann kein gutes Gewissen, aber die Erleichterung, die mit einer angenommenen Bitte um Entschuldigung einhergeht“, wird der Altpolitiker zitiert. Und weiter: Namibia wisse dann, dass „die Schuld akzeptiert ist“ und das Land „moralisch Recht bekommen hat“.

Botschafter Schlaga sieht keine Notwendigkeit, die aktuellen Aussagen zu kommentieren: „Herr Polenz hat damit alles gesagt, was derzeit zu sagen ist“, erklärte er gestern auf AZ-Nachfrage.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-21

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