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Namibia ist chronisch „krank“
Namibia ist chronisch „krank“

Namibia ist chronisch „krank“

Korruption bleibt omnipräsenter Teufelskreis, der abhängig macht
Clemens von Alten
Von Clemens von Alten, Windhoek

Korruption ist eine „sehr komplexe“ Angelegenheit, wie Dr. Johann Cotzee am Mittwoch erklärte, als er in Windhoek einen Bericht über die Rolle des Privatsektors bei der Bewältigung dieses Problems präsentierte. Der führende Dozent an der Fakultät für Humanwissenschaften der Universität NUST hat sich für das Institut öffentlicher Politforschung (IPPR) mit dem Themenkomplex auseinandergesetzt. „Korruption ist von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägt; es ist wie eine soziale Krankheit, an die man sich gewöhnt und schließlich von ihr abhängig wird“, so der Akademiker. „Was wir in den Zeitungen lesen, ist lediglich die Spitze des Eisbergs – wir müssen aufdecken, was unter der Oberfläche liegt und dabei spielt Transparenz eine Schlüsselrolle.“

Chronische Korruption

In seiner Präsentation berief sich der Dozent auf den Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation Transparency International. „Über die vergangenen zwei Jahrzehnte zeigt diese Untersuchung im namibischen Kontext keine wirkliche Verbesserung“, erklärt Coetzee, laut dem sich Namibia auf einer Skala von eins (korrupt) bis zehn (nicht korrupt) im Schnitt bei 4,5 Punkten hält – ein klares „Durchgefallen“. „Wir erliegen oft dem Irrglauben, dass wir die Korruption relativ gut im Griff haben, aber das führt zu Selbstgefälligkeit“, fügte IPPR-Direktor Graham Hopwood hinzu, der in dieser Hinsicht eine breite Verantwortung sieht: „Nicht nur die Regierung sondern auch die Medien, der Privatsektor und die Zivilgesellschaft müssen aktiv werden.“

Korruption zerstört gesellschaftliches Vertrauen. „Wenn politische Führungskräfte als korrupt gelten, ist der Schaden bereits getan, da es sehr schwer ist, den guten Ruf wieder herzustellen“, so der NUST-Dozent. Und gerade wo Entwicklung stattfinden soll, ist Korruption besonders folgenschwer. „Korrupte Machenschaften führen zu ineffizienten Ausgaben und erhöhen so die Geschäftskosten, was Investoren enorm abschreckt“, erklärte Coetzee, der sich vor allem um teilweise Zweckentfremdung von Mitteln für große Infrastruktur- und Kapitalprojekte sorgt: „Im aktuellen Staatshaushalt beträgt das Entwicklungsbudget gerademal 11 Prozent.“ Während Korruption für viele geringverdienende Staatsbeamte eine „Überlebensstrategie“ darstelle, vernachlässige die Regierung oftmals die „spektakulären Fälle“, was dazu führe, dass Korruption hingenommen und toleriert werde.

Privatsektor stark betroffen

Doch das Problem beschränke sich nicht nur auf den öffentlichen Bereich. „Für jeden korrupten Staatsdiener gibt es ebenso eine korrupte Privatperson“, erklärte der Universitätsmitarbeiter und sprach damit die vielschichtige Ausprägung der Problematik an. „Korruption äußert sich in über 40 Erscheinungsformen, wobei Bestechung am geläufigsten ist“, so Coetzee. „Es hilft nichts, lediglich die Symptome zu bekämpfen.“ Gerade im Privatsektor sei das Zahlen von „Schmiergeldern“ weit verbreitet. Auch sogenannte Tenderpreneurs – sprich Unternehmer, die ihren (politischen) Einfluss ausnutzen, um sich an öffentlichen Aufträgen zu bereichern – seien in Namibia ein großes Problem.

Im Rahmen einer anschließenden Podiumsdiskussion äußerte sich Essie Herbst vom namibischen Buchhalterverband (NIPA) zur Korruption im Privatsektor: „Buchprüfer bilden eine der wenigen Kontrollfunktionen einer Wirtschaft.“ Zwar sei es nicht die Aufgabe eines Buchhalters, Betrug aufzudecken – „es ist aber möglich und fällt uns auf“, so die NIPA-Chefin. Sie unterstrich die schwerwiegenden Folgen von Korruption anhand eines persönlichen Beispiels: Der Fall habe sich in den Reihen des Global Funds zugetragen, der sich hierzulande im Kampf gegen HIV und Tuberkulose einsetzte. „Im Jahr 2004 habe ich dort angefangen und es lief alles gut, bis im Jahr 2016 eine Nachwuchskraft 23000 N$ unterschlagen hat und uns somit finanzielle Hilfsmittel in Höhe von 16 Milliarden N$ entzogen wurden“, erzählte Herbst.

Fehlende Rechenschaft

Podiumsgast Tiaan Bazuin, Hauptgeschäftsführer der namibischen Börse (NSX), bemängelte hingegen, dass die vorhandenen Instrumente gegen Korruption „isoliert“ betrachtet werden: „Wir haben die Antikorruptionseinheit ACC, das Unternehmensgesetz, Strafrecht, usw. – die können alle zusammen eingesetzt werden.“ So ermögliche die Gesetzgebung für Firmen, dass Mitglieder des Aufsichtsrates persönlich haftbar seien und „zur Verantwortung gezogen werden können – doch wir machen davon nicht Gebrauch“, so Bazuin.

Positiv äußerte sich der NSX-Chef zu den eingeführten Leistungsverträgen für u.a. Minister. Allerdings hegt der Geschäftsmann auch hier Bedenken: „Wir müssen Konsequenzen für nichterbrachte Leistungen umsetzen und auf Rechenschaftspflicht bestehen, denn sonst kommt es zu einem Schneeballeffekt.“ Ganz ähnlich sei die Situation mit der Offenlegung privater Interessen im Staatsdienst, die unter der Geingob-Administration „recht gut begonnen“ habe. „Doch allmählich ist diese Initiative ins Stocken geraten und je mehr Minister ihr Vermögen offen legen, desto deutlicher wird auch warum“, erklärte Bazuin und fügte hinzu: „Staatsbeamten zu erlauben, Nebentätigkeiten nachzugehen, ist eine Einladung für die Korruption.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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