Namibia-Schriftstellerin Barabra Seelk bereitet ihren neuen Roman "Stunde der Löwin" vor
Die freiberufliche Autorin Barbara Seelk recherchiert zurzeit für ihr neues Buch in Namibia. Dabei besuchte sie auch die Allgemeine Zeitung, um im Archiv zu stöbern. WAZon befragte sie zu ihrer Arbeit in Namibia.
WAZon: Sie sind freiberufliche Autorin, die sich durch Bücher mit Namibia-Bezug einen Namen gemacht hat. Warum denn gerade Namibia?
Seelk: Ich bin in meinem Leben sehr viel gereist, zum einen berufsbedingt und zum anderen mit meinem Mann, der Großwildjäger ist. Vor ungefähr 17 Jahren waren wir zum ersten Mal zur Jagd in Namibia. Es folgte Südafrika, Simbabwe und Sambia. Aber Namibia ist uns sofort unter die Haut gegangen. Nirgendwo in der Welt spürt man so eine unverfälschte deutsche Tradition, wie hier. Es ist faszinierend, neben einem Dornbusch plötzlich eine deutsche Bäckerei zu entdecken. Und dann haben wir hier gute Freunde gefunden. Ein zusätzlicher Grund, weshalb wir immer wieder herkommen.
WAZon: Jetzt stöbern Sie im Archiv der Allgemeinen Zeitung für ein neues Werk. Warum nutzen Sie diese Quellen?
Seelk: Eine Zeitung ist verpflichtet, immer im Detail vollkommen korrekt die Stimmung oder die Politik, ja jedes Geschehen wiederzugeben. Ich muss authentisch sein bei meinem Roman. Man kann natürlich leicht abweichen, um vielleicht das eine oder andere besser erklären zu können. Aber das muss man vorher sagen. Man sollte schon immer bei der historischen Wahrheit bleiben. Da ist eine Zeitung die beste Quelle.
WAZon: Haben Sie vorher noch woanders recherchiert?
Seelk: Ja, ich war unter anderm drei Tage in Swakopmund. In der dortigen Sam-Cohen Bibliothek durfte ich mit meinem Laptop einen Schreibtisch besetzen und bekam von den liebenswürdigen Mitarbeiterinnen Schriftmaterial aus mehr als 50 Jahren vorgelegt. Fantastisch! Ich habe in Bücher schauen und lesen können, die von einfachen Farmerfrauen in den 20er oder 30er Jahren geschrieben waren. Ich habe ihre Gefühle gespürt, mit ihnen den Sonnenuntergang erlebt, mit ihnen an Geburt und Krankheiten teilgenommen und den Tod ihrer Lieben betrauert. Dieses Eintauchen in eine Zeit, die schon lange vergangen ist, war besonders wichtig für mich, weil mein neuer Roman vier Frauengenerationen von 1913 bis zur Unabhängigkeit in Namibia umspannt. Es ist wirklich beeindruckend, was diese Frauen an der Seite ihrer Männer in einem Land geleistet haben, das keinen Fehler zulässt.
WAZon: Was können Sie zur Handlung Ihres neuen Romans sagen?
Seelk: Eine junge Magd verlässt 1913 Deutschland, um als kommende Ehefrau eines Schutztrupplers nach Deutsch-Südwest-Afrika zu gehen. Sie folgt damit dem Aufruf des damaligen Reichskanzlers Bismarck, der damit die deutsche Kolonialisierung dieses afrikanischen Landes vorantreiben wollte. Die junge Magd ist in einem Obrigkeitsstaat groß geworden. In Namibia gelten die Gesetze aus dem Kaiserreich plötzlich nicht mehr, sie muss sich ihre eigenen Gesetzte schaffen. Deshalb heißt auch dieses neue Buch "Die Stunde der Löwin". Sie baut mit ihrem Mann eine Farm aus und bekommt eine Tochter, die in die NS-Zeit hineinwächst. Nach Kriegsende ist es die politische Problematik mit Südafrika, die in der dritten Generation beschrieben wird. Und mit der vierten Generation nimmt der Leser an der Unabhängigkeit von Namibia teil. Es ist sehr wichtig, dass man in die Beschreibung der jeweiligen Geschichtsdekaden die richtige Stimmung hineinbringt. Keine Entschuldigung, kein Verteufeln, keine Verurteilung, kein Beifall. Geschichte muss stimmen und das Urteil darüber, wie auch immer, obliegt dem Leser.
WAZon: Wann soll Ihr neuer Roman "Die Stunde der Löwin" denn voraussichtlich erscheinen?
Seelk: Nun, ich glaube, ich habe hier sehr gut recherchieren können, so, wie ich es auch in Deutschland bereits getan habe. Ich schätze, dass ich etwa eineinhalb Jahre für die Fertigstellung brauchen werde. Erst dann werde ich "Die Stunde der Löwin" einem Verlag vorlegen. Die Zeiten, in denen man Romane nach Vorlage der ersten Seiten verkaufen konnte, sind vorbei. Das ist, wenn überhaupt, nur noch bei großen und sehr bekannten Schriftstellern möglich. Ausländische Schriftsteller, besonders Amerikaner werden momentan ungemein gefördert, die deutschen Schriftsteller haben nicht diesen Stellenwert. Gerade in solchen Krisenzeiten sollte es anders sein. Das ist sehr bedauerlich.
WAZon: Welche Themen kommen in Ihren Büchern sonst vor?
Seelk: Schon mein erster Roman "Die Roggenmuhme" war eine Familiengeschichte und umfasst die Zeit in Deutschland von September 1939 bis zum Fall der Mauer 1989. Drei Kapitel spielen in diesem wunderbaren Land Namibia. Das zweite Buch "Die kleine weiße Frau" ist ein moderner Namibia-Roman. Es handelt sich um ein aktuelles Thema, auf das ich durch eine Berichterstattung der AZ gestoßen bin. Ich traf in der Redaktion eine junge Frau, deren fließendes Deutsch mich überraschte. Ich ging mit ihr essen und habe ihre Lebensgeschichte erfahren. Sie war die Tochter eines Swapo-Kämpfers, die zu den Kindern gehörte, die zur Ausbildung in die damalige DDR geschickt wurden.
WAZon: Dreht sich immer alles um Namibia?
Seelk: Nein. Ich schreibe über alles. Ich arbeitete früher unter anderm viel und oft für eine amerikanische Filmgesellschaft. Ich habe für sie Filmwerbung gemacht. Man bekommt einen Film vorgelegt und muss aus dieser großen Substanz eine Inhaltsangabe machen. Diese müssen sie dann wieder und wieder reduzieren, ohne den Sinn zu verändern. Ich habe mir immer gewünscht, es einmal andershe-rum zu machen. So bin ich vor zehn Jahren zum Schreiben gekommen. Seit ich meinen eigentlichen Job auf reinen Lizenzhandel reduziert habe, habe ich viel mehr Zeit dafür.
WAZon: Wie ist die Resonanz auf Ihre Namibia-Bücher?
Seelk: Mein letztes Buch "Kleine weiße Frau" ist in der zweiten Auflage, die dritte ist in Planung. Es verkauft sich in den deutschsprachigen Ländern sehr gut. Es war auch Buch des Monats im Scherz-Verlag. Ich habe gute Kritiken bekommen, vielleicht, weil es nicht diesen glorifizierenden Hemingway-Touch hat, sondern sehr realistisch geschrieben ist.
WAZon: Was fasziniert Sie an Namibia?
Seelk: Die Stille, die Einsamkeit und der gute Wein! Zweimal im Jahr bin ich für sechs Wochen hier. Sonst lebe ich in Düsseldorf in Deutschland und auch in der Schweiz. Wenn ich hier bin, wohne ich in der Nähe von Okahandja bei Freunden auf der Farm oder reise.
WAZon: Was sagen Sie zur politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes?
Seelk: Als Gast dieses Landes habe ich in den letzten Jahren kontinuierlich eine zwar kleine, aber doch merkliche Verschlechterung bemerkt. Die Preise sind gestiegen und die Schere zwischen Arm und Reich ist weiter auseinandergegangen. Das tut mir sehr leid, denn Namibia hat die Chance, druch die Kraft seiner multikulturellen Gesellschaft wirtschaftlich und auch demokratisch an der Spitze aller afrikanischen Länder zu stehen. Es sollte keine Zwei-Klassengesellschaft, egal welcher Hautfarbe, geben. Die Leute kommen in ein Land, das früher keiner haben wollte, weil es so karg war. Heute ist das der Reichtum dieses Landes. Es sollte bewahrt und beschützt werden und so auch die Touristen, die dieses wunderbare Land besuchen.
WAZon: Haben Sie dennoch Hoffnung auf eine Veränderung?
Seelk: Ich bin vor vier Wochen gekommen und habe die Rede Sam Nujomas zum 1. Mai gehört. Dort hat er zum ersten Mal gesagt, dass man einen Gast mit einem Lächeln begrüßen sollte und dass Namibia mehr Engagement braucht. Um ein Land, einen Staat, eine Firma oder sich selbst nach vorne zu bringen, ist viel Einsatz und Optimismus nötig. Ich hoffe, dass Sam Nujoma dies mit seinen Worten gemeint hat.
WAZon: Sie sind freiberufliche Autorin, die sich durch Bücher mit Namibia-Bezug einen Namen gemacht hat. Warum denn gerade Namibia?
Seelk: Ich bin in meinem Leben sehr viel gereist, zum einen berufsbedingt und zum anderen mit meinem Mann, der Großwildjäger ist. Vor ungefähr 17 Jahren waren wir zum ersten Mal zur Jagd in Namibia. Es folgte Südafrika, Simbabwe und Sambia. Aber Namibia ist uns sofort unter die Haut gegangen. Nirgendwo in der Welt spürt man so eine unverfälschte deutsche Tradition, wie hier. Es ist faszinierend, neben einem Dornbusch plötzlich eine deutsche Bäckerei zu entdecken. Und dann haben wir hier gute Freunde gefunden. Ein zusätzlicher Grund, weshalb wir immer wieder herkommen.
WAZon: Jetzt stöbern Sie im Archiv der Allgemeinen Zeitung für ein neues Werk. Warum nutzen Sie diese Quellen?
Seelk: Eine Zeitung ist verpflichtet, immer im Detail vollkommen korrekt die Stimmung oder die Politik, ja jedes Geschehen wiederzugeben. Ich muss authentisch sein bei meinem Roman. Man kann natürlich leicht abweichen, um vielleicht das eine oder andere besser erklären zu können. Aber das muss man vorher sagen. Man sollte schon immer bei der historischen Wahrheit bleiben. Da ist eine Zeitung die beste Quelle.
WAZon: Haben Sie vorher noch woanders recherchiert?
Seelk: Ja, ich war unter anderm drei Tage in Swakopmund. In der dortigen Sam-Cohen Bibliothek durfte ich mit meinem Laptop einen Schreibtisch besetzen und bekam von den liebenswürdigen Mitarbeiterinnen Schriftmaterial aus mehr als 50 Jahren vorgelegt. Fantastisch! Ich habe in Bücher schauen und lesen können, die von einfachen Farmerfrauen in den 20er oder 30er Jahren geschrieben waren. Ich habe ihre Gefühle gespürt, mit ihnen den Sonnenuntergang erlebt, mit ihnen an Geburt und Krankheiten teilgenommen und den Tod ihrer Lieben betrauert. Dieses Eintauchen in eine Zeit, die schon lange vergangen ist, war besonders wichtig für mich, weil mein neuer Roman vier Frauengenerationen von 1913 bis zur Unabhängigkeit in Namibia umspannt. Es ist wirklich beeindruckend, was diese Frauen an der Seite ihrer Männer in einem Land geleistet haben, das keinen Fehler zulässt.
WAZon: Was können Sie zur Handlung Ihres neuen Romans sagen?
Seelk: Eine junge Magd verlässt 1913 Deutschland, um als kommende Ehefrau eines Schutztrupplers nach Deutsch-Südwest-Afrika zu gehen. Sie folgt damit dem Aufruf des damaligen Reichskanzlers Bismarck, der damit die deutsche Kolonialisierung dieses afrikanischen Landes vorantreiben wollte. Die junge Magd ist in einem Obrigkeitsstaat groß geworden. In Namibia gelten die Gesetze aus dem Kaiserreich plötzlich nicht mehr, sie muss sich ihre eigenen Gesetzte schaffen. Deshalb heißt auch dieses neue Buch "Die Stunde der Löwin". Sie baut mit ihrem Mann eine Farm aus und bekommt eine Tochter, die in die NS-Zeit hineinwächst. Nach Kriegsende ist es die politische Problematik mit Südafrika, die in der dritten Generation beschrieben wird. Und mit der vierten Generation nimmt der Leser an der Unabhängigkeit von Namibia teil. Es ist sehr wichtig, dass man in die Beschreibung der jeweiligen Geschichtsdekaden die richtige Stimmung hineinbringt. Keine Entschuldigung, kein Verteufeln, keine Verurteilung, kein Beifall. Geschichte muss stimmen und das Urteil darüber, wie auch immer, obliegt dem Leser.
WAZon: Wann soll Ihr neuer Roman "Die Stunde der Löwin" denn voraussichtlich erscheinen?
Seelk: Nun, ich glaube, ich habe hier sehr gut recherchieren können, so, wie ich es auch in Deutschland bereits getan habe. Ich schätze, dass ich etwa eineinhalb Jahre für die Fertigstellung brauchen werde. Erst dann werde ich "Die Stunde der Löwin" einem Verlag vorlegen. Die Zeiten, in denen man Romane nach Vorlage der ersten Seiten verkaufen konnte, sind vorbei. Das ist, wenn überhaupt, nur noch bei großen und sehr bekannten Schriftstellern möglich. Ausländische Schriftsteller, besonders Amerikaner werden momentan ungemein gefördert, die deutschen Schriftsteller haben nicht diesen Stellenwert. Gerade in solchen Krisenzeiten sollte es anders sein. Das ist sehr bedauerlich.
WAZon: Welche Themen kommen in Ihren Büchern sonst vor?
Seelk: Schon mein erster Roman "Die Roggenmuhme" war eine Familiengeschichte und umfasst die Zeit in Deutschland von September 1939 bis zum Fall der Mauer 1989. Drei Kapitel spielen in diesem wunderbaren Land Namibia. Das zweite Buch "Die kleine weiße Frau" ist ein moderner Namibia-Roman. Es handelt sich um ein aktuelles Thema, auf das ich durch eine Berichterstattung der AZ gestoßen bin. Ich traf in der Redaktion eine junge Frau, deren fließendes Deutsch mich überraschte. Ich ging mit ihr essen und habe ihre Lebensgeschichte erfahren. Sie war die Tochter eines Swapo-Kämpfers, die zu den Kindern gehörte, die zur Ausbildung in die damalige DDR geschickt wurden.
WAZon: Dreht sich immer alles um Namibia?
Seelk: Nein. Ich schreibe über alles. Ich arbeitete früher unter anderm viel und oft für eine amerikanische Filmgesellschaft. Ich habe für sie Filmwerbung gemacht. Man bekommt einen Film vorgelegt und muss aus dieser großen Substanz eine Inhaltsangabe machen. Diese müssen sie dann wieder und wieder reduzieren, ohne den Sinn zu verändern. Ich habe mir immer gewünscht, es einmal andershe-rum zu machen. So bin ich vor zehn Jahren zum Schreiben gekommen. Seit ich meinen eigentlichen Job auf reinen Lizenzhandel reduziert habe, habe ich viel mehr Zeit dafür.
WAZon: Wie ist die Resonanz auf Ihre Namibia-Bücher?
Seelk: Mein letztes Buch "Kleine weiße Frau" ist in der zweiten Auflage, die dritte ist in Planung. Es verkauft sich in den deutschsprachigen Ländern sehr gut. Es war auch Buch des Monats im Scherz-Verlag. Ich habe gute Kritiken bekommen, vielleicht, weil es nicht diesen glorifizierenden Hemingway-Touch hat, sondern sehr realistisch geschrieben ist.
WAZon: Was fasziniert Sie an Namibia?
Seelk: Die Stille, die Einsamkeit und der gute Wein! Zweimal im Jahr bin ich für sechs Wochen hier. Sonst lebe ich in Düsseldorf in Deutschland und auch in der Schweiz. Wenn ich hier bin, wohne ich in der Nähe von Okahandja bei Freunden auf der Farm oder reise.
WAZon: Was sagen Sie zur politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes?
Seelk: Als Gast dieses Landes habe ich in den letzten Jahren kontinuierlich eine zwar kleine, aber doch merkliche Verschlechterung bemerkt. Die Preise sind gestiegen und die Schere zwischen Arm und Reich ist weiter auseinandergegangen. Das tut mir sehr leid, denn Namibia hat die Chance, druch die Kraft seiner multikulturellen Gesellschaft wirtschaftlich und auch demokratisch an der Spitze aller afrikanischen Länder zu stehen. Es sollte keine Zwei-Klassengesellschaft, egal welcher Hautfarbe, geben. Die Leute kommen in ein Land, das früher keiner haben wollte, weil es so karg war. Heute ist das der Reichtum dieses Landes. Es sollte bewahrt und beschützt werden und so auch die Touristen, die dieses wunderbare Land besuchen.
WAZon: Haben Sie dennoch Hoffnung auf eine Veränderung?
Seelk: Ich bin vor vier Wochen gekommen und habe die Rede Sam Nujomas zum 1. Mai gehört. Dort hat er zum ersten Mal gesagt, dass man einen Gast mit einem Lächeln begrüßen sollte und dass Namibia mehr Engagement braucht. Um ein Land, einen Staat, eine Firma oder sich selbst nach vorne zu bringen, ist viel Einsatz und Optimismus nötig. Ich hoffe, dass Sam Nujoma dies mit seinen Worten gemeint hat.
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