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Namibias Buschholz zur Energiegewinnung in Deutschland?
Namibias Buschholz zur Energiegewinnung in Deutschland?

Namibias Buschholz zur Energiegewinnung in Deutschland?

Betreff: Energie mit Biomasse erzeugen
Claudia Reiter
Mit großem Erstaunen lese ich, dass Deutschland plant, Buschholz aus Namibia zu importieren und zur Stromproduktion zu nutzen, um den Kohleausstieg zu erleichtern. Noch verwunderlicher ist es, dass diese Nachricht aus Deutschland kommt und in namibischen Medien erst kürzlich erscheint.

„Energie aus namibischer Biomasse könnte uns helfen, bei der Fernwärme-Versorge schneller aus der Kohle auszusteigen. Die Bedingung dafür ist, dass über die gesamte Lieferkette die soziale und ökologische Bilanz stimmt“, sagt der Hamburger Staatsrat der Behörde für Umwelt und Energie Michael Pollmann von den Grünen. Mehrere deutsche Zeitungen berichten ähnliches, ohne die möglichen Folgen zu hinterfragen.

Das Projekt, bekannt unter dem Namen 'Bush Control and Biomass Utilization', ist eine bilaterale Zusammenarbeit zwischen den Regierungen Namibias und Deutschlands, unter der Führung der GIZ und in Zusammenarbeit mit dem Department für Forstwirtschaft des Ministeriums für Umwelt und Tourismus.

Mit diesem Projekt würde ein Problem durch ein anderes ersetzt werden. Es wird gesagt, dass der gewonnene „grüne“ Treibstoff ein klimaneutraler Ersatz für die fossilen Brennstoffe sei. Unter dem Deckmantel von Klimaschutz und nachhaltige Nutzung von Biomasse soll das Projekt akzeptabel gemacht werden.

Unter enormem Energieaufwand und Erzeugung von Treibhausgasen sollen gewaltige Mengen Buschholz über 8,000km von Namibia nach Deutschland transportiert werden, während in Deutschland Industrieholz aus von Stürmen und Borkenkäfern verwüsteten Wäldern nach Skandinavien exportiert und dort in Energie umgewandelt wird. Wie abartig ist das? Eine positive Energiebilanz ist das nicht!

In der Tat verursacht die Verbuschung riesiger Weideflächen in Namibia massive wirtschaftliche und ökologische Schäden. Die Regierung, Experten und Farmer sind sich einig, dass die Wiederherstellung der Weideflächen eine große Herausforderung ist. Viele Anstrengungen wurden und werden unternommen, die Verbuschung einzudämmen. Die Anwendung von Giftstoffen, arbeitsintensive Ausdünnung, buschbasierte Wertschöpfung wie die Verwendung von Busch zur Produktion von Holzkohle, Biokohle und Viehfutter bringen nicht den gewünschten Effekt. Die Verbuschung fordert viel mehr Landflächen als ‚gereinigt‘ werden können. Also muss eine wirksame Methode gefunden werden, um der Verbuschung nachhaltig entgegen zu wirken und das Weideland zurückzugewinnen.

Namibia importiert bis zu 60% des eigenen Energiebedarfs zu einem hohen Preis aus anderen Ländern. Zwar ist das Thema Energie aus Biomasse sehr umstritten, aber wenn namibisches Buschholz zur Energiegewinnung genutzt werden soll, dann doch vorzugsweise im Land des Ursprungs. Namibia sollte Wertschöpfung aus den eigenen Ressourcen schaffen und sie nicht exportieren.

Die Absicht hinter der Ausdünnung des Buschwaldes ist die Wiederherstellung offener Savannen, die ökologisch vielfältiger und produktiver sind als das vom Busch verwüstete Weideland. Die Abbaumethoden sollten also so strukturiert sein, daß die Savanne offenbleibt und wieder als Weideland genutzt werden kann, was bedeutet, daß danach bei gutem Management keine weiteren Ernten mehr möglich sein werden.

Ein verantwortungsvoller Umgang beim Holzabbau muss definitiv an oberster Stelle stehen und auf ökologisch vertretbare Weise geschehen. Es muss dafür gesorgt werden, dass eine artenreiche und stabile Natur gewahrt bleibt. Ein gesundes Maß an Entbuschung ist angebracht. Wissenschaftlich fundierte Kontrollen müssen für eine selektive Ausdünnung und eine angemessene Nachpflege geschehen, um einen Kahlschlag zu verhindern und geschützte Bäume zu erhalten. Ansonsten könnte es geschehen, dass, wie z.B. in Deutschland, große Naturflächen in Monokulturflächen umgewandelt werden, in denen Insekten keinen Lebensraum mehr finden und die Biodiversität systematisch zugrunde gewirtschaftet wird. Um Nachhaltigkeit zu gewährleisten, ist es nötig, in sich regenerierende Ökosystemfunktionen zu investieren und die mit dem geernteten Holz entfernten Mineralien und andere Nährstoffe dem Boden wieder zuzuführen.

Sollte das geplante Projekt zustande kommen, dann ist größte Vorsicht geboten, damit es zum nachhaltigen Nutzen Namibias, zum Schutz der Umwelt und zum Gewinn der Landnutzer geschieht. Die gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsstudien sollten von hiesigen Experten durchgeführt werden. In Namibia gibt es Wissenschaftler, die das nötige Wissen und die Erfahrung haben und langjährige Forschung auf dem Gebiet der Verbuschung betreiben. Dieses wertvolle und lokale Fachwissen muss genutzt werden.

Earthlife Namibia,

Bertchen Kohrs

(Die AZ berichtet regelmäßig über die Vorzüge sowie die mit der Holzkohle-Industrie verbundenen, nachteiligen Auswirkungen. Hier ein paar der Beispiele dieser Berichte: 31. Oktober 2018: Nicht Theorie, sondern Praxis – Ein Biomasse-Demonstrationstag; 1. März 2019: Delegation streift durch verbuschtes Farmland und Wälder; 12. April 2019: Mehr Technik für Entbuschung; 15. August 2019: Alternative in der Landwirtschaft; 1. Oktober 2019: Namibia baut auf Biomasse; 17. März 2020: Biomasse-Expo für drei Tage angesetzt. Diese Artikel können alle auf der Internetseite der AZ (az.com.na) nachgelesen werden. Daraus wird und wurde auch immer wieder deutlich, dass Deutschland die namibische Holzkohle-Industrie (vor allem die „Namibia Charcoal Association“, NCA) unterstützt und diese Biomasse massenweise aus Namibia nach Deutschland exportieren möchte. Anmerkung des Redakteurs)

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-14

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